Infostand.
Der Infostand.

Radio Darmstadt

Neulich in der Fußgängerzone

Dokumentation

Zum Sinn und Zweck dieser Dokumentation.

Zusammenfassung

Am 3. Dezember 2008 verlängerte die LPR Hessen die Sendezu­lassung von Darmstadts nichtkommer­ziellem Lokalradio um weitere vier Jahre. Vorausge­gangen war, so heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung, eine detaillierte Prüfung, ob die bestehenden Hausverbote eine Einschränkung der Zugangs­offenheit bedeuten. Damals winkte die Landesmedienanstalt den Trägerverein von Radio Darmstadt durch und hoffte, das Problem erledige sich von selbst, wenn auch der Vorsitzende der Versammlung, Winfried Engel, anmahnte: „Im Interesse des nichtkommer­ziellen lokalen Rundfunks in Darmstadt hat die Versammlung RAdAR Planungs­sicherheit gegeben. Wir erwarten, dass sich RAdAR und die Medienwerkstatt baldmög­lichst einigen.“ Und darauf wartet er bis heute, denn RadaR verweigert sich dem Dialog.

Wenn schon der Vereinsfunk am Steubenplatz nicht auf Dissent zugeht, so dachten sich zwei Dissent-Mitglieder und ein Redaktions­kollege, dann könne man und frau ja einmal umgekehrt das Exempel auf die Probe stellen. Die passende Gelegenheit fand sich am Samstagmittag des 11. September 2010, als Radio Darmstadt mit zwei Vorstands­mitgliedern einen Infostand in der Innenstadt betreute. Das Ergebnis wird hier kurz und bündig zusammengefaßt.


Gutes Benehmen oder verweigerter Dialog

Der Infostand am Weißen Turm war bevölkert von den beiden Vorständen Aurel Jahn und Markus Lang sowie von der stellvertretenden Programmrats­sprecherin Hacer Y. und dem Musikredakteur Björn B. Sie verteilten ihre bunten Flyer, quatschten die Passantinnen und Passanten an und waren wohl nicht darauf vorbereitet, von uns Dreien angesprochen zu werden. Die Ansprache war wenig fruchtbar, denn das Lamento der beiden Vorstände ähnelte einer Endlosschleife.

Konkrete Frage: Warum stellt ihr die Zugangsoffen­heit nicht her? Markus Lang: Bei uns dürfen fast alle rein. Und die anderen? Aurel Jahn: Die müssen sich erst benehmen. Erheiterung. Radio Darmstadt geriert sich als Super-Nanny. Ungezogene Kinder dürfen nicht ins Sendehaus. Frage: Was bedeutet das, sich nicht zu benehmen? Aurel Jahn: Ihr müßt uns akzeptieren. Ein guter Journalist hakt sofort nach. Und was ist damit gemeint, euch zu akzeptieren? Aurel Jahn: Verlasse unseren Stand (wir standen mitten in der Passage, einige Meter vom Infostand des Senders entfernt), laß uns in Ruhe! Und damit beendete er den Dialog. Leider, so schien es, war es ihm an diesem Ort nicht möglich, das bestehende Hausverbot um ein Standverbot zu erweitern.

Zusammengefaßt: Das geforderte „gute Benehmen“ besteht darin, Aurel Jahn und seinen Verein in Ruhe zu lassen. Oder anders ausgedrückt: wir gewähren wieder vollen Zugang für Alle, wenn ihr davon ablaßt, ihn haben zu wollen. So ungefähr sieht das „Gläserne Studio“ des Offenen Hauses der jetzigen Vereinsführung aus.

Die Subroutinen der Endlosschleifen

1.  Markus Lang insitierte darauf, daß fast alle Zugang zum Sender hätten. Das ist verräterisch, denn das Kriterium, wem der Zugang verweigert wird, liegt im Benehmen. Weder das Hessische Privatrundfunkgesetz als rechtliche Grundlage des Darmstädter Vereinsfunks noch die geltende Sendezulassung sehen irgendwelche Hemmnisse für den Zugang vor. Markus Lang vertritt hier also die Position der Ausgrenzung und des rechtsfreien Raums.

2.  Markus Lang und Aurel Jahn verwiesen des weiteren darauf, daß wir CDs einreichen könnten, auf denen wir ungehindert unsere Meinung – auch zum Sender – kundtun könnten. Man sende dies. Auf die CDs komme ich noch zurück, aber das ungehinderte Reden mußte erst durch die Landesmedien­anstalt mit der Androhung der Nicht­verlängerung der Lizenz erzwungen werden. Vorausge­gangen waren im Januar 2007 drei neun Monate anhaltende Sendeverbote, eines davon mit der Wahrnehmung der freien Rede begründet. Markus Lang gehörte zu denen, die selbige Sendeverbote auf besagter Programmrats­sitzung vehement eingefordert hatten.

3.  Zu den eingereichten CDs erwiderte ich, daß selbige häufig (etwa 25 Mal in der Vergangenheit, siehe beispiels­weise hier und hier) destruiert worden seien. Mal wurden sie gar nicht, mal nur teilweise, mal verlangsamt, mal mit Störgeräuschen, mal mit Hüpfern des Abspielgeräts gesendet. Aurel Jahn: Aber 50 Mal seien sie doch gesendet worden, was ich denn hätte. Nun, übertragen wir das Argument einmal kurz auf den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Da fallen wieder einmal Bomben auf Zivilistinnen und Zivilisten, 25 Menschen sterben. Der Pressesprecher beschwichtigt: Aber 50 Menschen hätten überlebt. Aurel Jahn wäre der erste, der bei einem solchen Stuß aufschreien würde. Aber bei RadaR gelten eben andere Regeln …

4.  Weiterhin verstieg sich Aurel Jahn zu der Bemerkung, daß zu der Zeit, in denen heutige Mitglieder der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt für die Sendetechnik bei Radio Darmstadt zuständig gewesen seien, sie auch nicht besser funktioniert habe. Er habe einmal eine ganze Woche aufgezeichnet und könne das nachweisen. Gute Idee. Soll er machen. Derartige Behauptungen nehme ich nur ernst, wenn sie einer Überprüfung zugänglich sind. Das ist nämlich eine Masche des Vereins und seiner Sendenden: Sie setzen einfach irgendwelche Behauptungen in die Welt, die sich jeder Prüfung entziehen, und ködern damit Unterstützung bei ihrem Fußvolk und potentiellen Unterstützerinnen. Hierzu hat dem Verein das Amtsgericht Darmstadt an passender Stelle einige Worte ins Stammbuch geschrieben. Aurel Jahn wird mir sicherlich mitteilen können, wann und wo welche technischen Probleme auf seiner Aufzeichnungs­woche aufgetreten sind, die – und jetzt wird es spannend – nachträglich nicht umgehend behoben wurden. Während ich seit zwei Jahren darauf warte, daß der Vorstand das ihm bekannte Minute 34-Syndrom, das meine Sendungen destruiert, behebt, waren die damalige Technikerin und der damalige Techniker bestrebt, derartige Probleme umgehend zu beseitigen. Hinzuzufügen ist, daß zu dieser Zeit die schwach­sinnigen Auswüchse einer absurden Basteltechnik, wie sie seit 2007 anzutreffen sind, vollkommen unbekannt waren. Weder wurde ein Stereosignal mißhandelt wie hier, und das selbst noch unter Aurel Jahns Ägide im Juni 2010, noch gab es Hundetechno oder Brummschleifen, um nur besonders ausgewählten Unfug eines ganz speziellen Kompetenzteams anzuführen. Daß die Herren Techniker gewisse Probleme damit haben, rechts von links zu unterscheiden, ist hierbei nur ein – wenn auch bezeichnendes – Unterphänomen.

Nebenbei: meine Behauptungen werden in meiner umfangreichen Dokumentation zu Radio Darmstadt verifiziert und zuweilen mit Dokumenten aus dem Vereinsleben selbst belegt. Das findet der Verein nun gar nicht witzig, zumal er bis heute nicht in der Lage war, den Inhalt dieser Dokumentation zu widerlegen.

5.  Das Beste sind die ebenso zahlreichen „wegen euch“ ausgetretenen Vereinsmit­glieder oder wegge­gangenen Sendenden, die wiederum Aurel Jahn ins Feld führt. Seit Jahren warte ich darauf, daß mir wenigstens auch einmal nur ein Name genannt wird, um diese Behauptung zu verifizieren. Allerdings liegen mir Kopien mehrerer Austritts­schreiben seit 2006 vor, die den Weggang explizit mit den undemokratischen Vorgängen bei Radio Darmstadt und seinem Trägerverein begründen. Objektivieren läßt sich ein rapider Schwund der Mitgliedschaft durch Zahlen, die der Vorstand in seinem letzten Rechenschafts­bericht selbst vorgelegt hat. Während 2005 noch rund 600 Mitglieder durch Beitragszahlung ihre Unterstützung bekundeten, waren es 2009 nur noch rund 470. In der offiziellen Mitglieder­statistik werden Personen oder Gruppen mitgezählt, die ihren Austritt längst erklärt haben oder die seit Jahren ihren Beitrag verweigern. Auch die Zahl der Sendenden, 2005 wurden etwa 220 gezählt, ist deutlich zurückgegangen und dümpelt derzeit bei rund 160. Es macht eben keinen Spaß, bei RadaRs Super-Nanny zu senden.

Diese Schleifen dreht der Vorstand bei allen unpassenden Gelegenheiten, weil er keine Argumente hat, die in einem rechtsstaat­lichen Kontext eine Ausgrenzung vom aktiven Senden auch nur im Entferntesten rechtfertigen könnten. Der Vorstand scheint ebensowenig wie die Mitglieder des Vereins bereit zu sein, den Tatsachen einmal ohne blaugetönte RadaR-Brille ins Auge zu sehen. Das wäre jedoch hilfreich, will man und frau die Sendelizenz behalten. Denn inzwischen hat auch die Landesmedien­anstalt ein differenziertes Bild des Zugangs­hemmnisses der Hausverbote gewonnen.

Einladung, oder: wer hat gekniffen?

Am 9. Oktober (ein Samstag) wird sich Radio Darmstadt wieder einmal in der Innenstadt präsentieren. Vielleicht haben die Leserinnen und Leser dieser Zeilen ja einmal Lust, sich ein eigenes Bild von dieser absurden Wortklauberei des guten Benehmens am Steubenplatz zu überzeugen. Ich werde jedenfalls mittags zwischen 12.00 und 13.00 Uhr vor Ort auf dem Luisenplatz vor dem häßlichen Betonklotz anwesend sein.

Wer am 9. Oktober 2010 mittags kurz nach 12.00 Uhr nicht da war, das war die Infostandab­teilung von Darmstadts niedlichem Vereinsfunk. Sieben Vorstandsmit­glieder, und keine und niemand hat Zeit, den Verein und seinen Lokalfunk der Öffentlich­keit vorzustellen? Etwa 170 sendende Vereinsfunker, und keine und niemand hat Lust, die in fünftausend­facher Auflage extra für dieses Event zusätzlich gedruckten Programm­flyer zu verteilen? Was für eine Papierver­schwendung, Markus Lang! Dabei schien doch so schön die Sonne. Nun, hier zeigt sich deutlich, daß die seit 2006 vereinsintern mantraartig vorgetragenen Behauptungen, mit dem Rausschmiß einiger Vereinsmitglieder werde alles besser und viele Vereinsmitglieder würden sich (wieder) für ihr Radio engagieren, hohles Geschwätz gewesen sind. Autosuggestion. Das war übrigens bei den geplanten Infoständen im Spätsommer und Herbst 2009 auch nicht anders; diese waren reihenweise mangels Beteiligung ausgefallen.

Allerdings zeigt sich hier auch, wie wenig der Verein in Darmstadts Leben wirklich verankert ist. Ganz offenkundig hat die Kalenderab­teilung des Senders (namentlich Vorstandsmit­glied Aurel Jahn) verschlafen, daß an diesem Samstagvor­mittag auf dem Karolinen­platz der herbstliche Flohmarkt aufgebaut sein würde. Was für eine verpaßte Gelegenheit, mehreren tausend Menschen die Existenz des Hinterhof­radios mitzuteilen! Scheuen die Vereinsmit­glieder etwa den von ihnen nicht kontrollierbaren Kontakt zur Öffentlichkeit? Auf dem Programmflyer für Oktober war noch als Ankündigung zu lesen: „wir sehen uns: […] Am 09.10. […] auf dem Luisenplatz“.

Nachtrag : Im Radiowecker am 12. Oktober 2010 behauptet Musikredakteur Björn B., mit dem Infostand des Senders auf dem Luisenplatz gewesen zu sein. Erstaunlich nur, daß nicht nur ich ihn dort nicht gesehen habe. Noch erstaunlicher, daß er auch auf den Bildern, die ich vorsichts­halber angefertigt habe, ebenfalls nicht zu sehen ist. Wann seid ihr denn gekommen? Nachdem der Flohmarkt auf dem Karolinen­platz abgebaut war und alle ansprechbaren Menschen hastig nach Hause geeilt waren? Also gut: schauen wir halt alle einmal zusammen hin. Nach der Vorgabe des städtischen Ordnungsamtes hätte der Stand zwischen 10.00 und 16.00 Uhr auf der Südostseite aufgebaut werden sollen, zwischen Brunnen und Eingang zum Carree.

Luisenplatz.

Allein, wir sehen außer einem Stand religiöser Erweckung nur Passantinnen und Radler, die ihrer Wege gehen und fahren. Die Aufnahme entstand an besagtem 9. Oktober 2010 gegen 12:20 Uhr. Da war der Luisenplatz aufgrund der Konkurrenz des Flohmarktes schon arg leer. Und dann will die Infocombo von Radio Darmstadt allen Ernstes später noch vorbeigeschneit sein, um, wie Rolf B. sich als Redakteur des Radioweckers hat sagen lasen, vorzugsweise Frauen anzuquatschen?


Sinn und Zweck dieser Dokumentation

Radio Darmstadt ist ein nichtkommerzielles Lokalradio. Sein Trägerverein wurde 1994 gegründet, um eine Alternative und Ergänzung zu den bestehenden öffentlich-rechtlichen und privaten kommerziellen Hörfunksendern aufzubauen. Menschen und Nachrichten, die im ansonsten durchformatierten Sendebetrieb keine Chance auf Öffentlichkeit besaßen, sollten hier ihren Platz finden. Dies galt für politische Fragen, lokale Themen und musikalische Nischen. Ende 1996 erhielt der Verein für ein derartiges Programm die Sendelizenz. Zehn Jahre später läßt sich die Tendenz beschreiben, daß (lokal)politische Themen immer weniger Platz im Darmstädter Lokalradio finden, während die Musikberieselung zunimmt. Zu diesem Wandel gehört, daß Fragen der Außendarstellung („das Image“) ein wesentlich größeres Gewicht erhalten als das Verbreiten journalistisch abgesicherter Tatsachen. Wer diese neue journalistische Ethik nicht mitträgt, wird aus dem Verein und dem Radio hinausgedrängt. [mehr]

Diese Dokumentation geht auf die Vorgänge seit April 2006 ein. Hierbei werden nicht nur die Qualität des Programms thematisiert, sondern auch die Hintergründe und Abläufe des Wandels vom alternativen Massenmedium zum imageorientierten Berieselungsprogramm dargestellt. Der Autor dieser Dokumentation hat von Juni 1997 bis Januar 2007 bei Radio Darmstadt gesendet, bis ihn ein aus dieser Umbruchssituation zu verstehendes binnenpolitisch motiviertes Sendeverbot ereilte. Als Schatzmeister [1999 bis 2001], Vorstand für Studio und Technik [2002 bis 2004] und Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit [2004 bis 2006] kennt er die Interna wie kaum ein anderer. [mehr]

In der Dokumentation werden die Namen handelnder Personen aufgeführt. Damit werden Argumentationsstränge leichter nachvollziehbarer gemacht und Verantwortliche benannt. Zur Klarstellung: Eine Schmähung einzelner Personen oder gar des gesamten Radiosenders ist hiermit nicht beabsichtigt. [mehr]

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Diese Seite wurde zuletzt am 17. Oktober 2010 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. ©  Walter Kuhl 2001, 2010. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.

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