Zum Sinn und Zweck dieser Dokumentation.
Seit 2007 häufen sich Ausfälle im Programm. Verantwortlich hierfür ist einerseits die zunehmende Überforderung einzelner Redaktionen, auf ihren Sendeplätzen qualifiziertes Programm anzubieten, andererseits der der Umbruchsituation geschuldete Weggang einzelner Redakteurinnen und Moderatoren, ein Weggang, der nicht mehr durch den Neueinstieg neuer Sendelustiger kompensiert werden kann. Der Mangel wird ohne schlüssiges Konzept verwaltet. Was folgt, ist vorauszusehen. Es werden Konserven eingelegt. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Sendereihe „Auf den Hund gekommen“, deren letzte Ausgabe vom Juli 2008 datiert.
Sollte der Rechtsanwalt des Trägervereins dieses Senders auch diese Dokumentationsseite für Schmähkritik halten, wäre er gut beraten, seiner Mandantschaft zu empfehlen, den Livecharakter des Radios zu stärken. Und was den Titel betrifft: Wer behauptet, daß Radio Darmstadt auf den Hund gekommen sei, übersieht, daß die Probleme ganz woanders liegen.
Wenn auch keine statistische Auswertung des gesendeten Programms von Radio Darmstadt vorliegt, so kann doch seit 2007 eine Zunahme von Konservensendungen festgehalten werden. Dies ist schon deshalb nicht verwunderlich, weil die Zahl der regelmäßig oder unregelmäßig bei Radio Darmstadt Sendenden von rund 220 im Jahre 2005 auf rund 160 im Jahre 2008 zurückgegangen ist. Fluktuation im nichtkommerziellen Lokalradio ist nichts Ungewöhnliches und auch ein Rückgang der Zahl der aktiv Sendenden um rund 25% nichts, was Besorgnis erregen muß. Wenn jedoch, wie nachfolgend dokumentiert, immer häufiger auf Konserven zurückgegriffen werden muß, um das Kernprogramm zu füllen, dann liegt es auf der Hand, daß im Programmablauf einiges nicht mehr ausreichend austariert ist.
Gegen Konserven im Programmablauf ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Eine gut gemachte Sendung aus der Vergangenheit noch einmal einzuspielen, erfreut nicht nur das Auditorium, sondern auch denjenigen oder diejenige, welche sich die Mühe gemacht haben, eine gute Hörfunksendung zu produzieren. Nun gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten darüber, was eine gute Sendung ausmacht, weshalb dieser Gedanke hier nicht vertieft werden soll. Allerdings müssen wir uns auch fragen, weshalb die hier angesprochenen Konserven ins laufende Programm eingebunden werden. Es geht demnach um Motive und Intentionen. Lege ich eine Konserve ein, um eine Lücke auszufüllen, oder plane ich weit im voraus die Wiederholung einer Sendung ein, weil ich sie bewußt noch einmal präsentieren will.
Meine Antwort ist notwendigerweise eine Interpretation. Dennoch legt die Häufigkeit, mit der ganz bestimmte Sendestunden zu anderen ganz bestimmten Sendestunden wiederholt werden, den Schluß mehr als nahe, daß die Intention darin besteht, Lücken notdürftig zu kaschieren.
In den fast zwölfeinhalb Sendejahren von Radio Darmstadt [Stand: Sommer 2009] sind Tausende von Sendungen produziert worden. Theoretisch wäre es möglich, das Programm einzig mit der Wiederholung bereits gesendeter Beiträge zu bestreiten. Es würde sogar in weiten Teilen nicht auffallen, zumal dann, wenn es sich um beliebig zusammengestellte Musiksendungen mit ein bißchen Moderation handelt. Derlei Sendungen gab es schon 1997, auch wenn wir durchaus den Eindruck gewinnen können, daß derartige Sendungen unangenehm zunehmen. In der Tat bestreitet die Kulturredaktion einen Teil ihres Programms mit derartigen Wiederholungen und nennt die zugehörige Sendereihe schlicht Retro. Es handelt sich um die Nachfolgesendereihe für einen Redakteur, der die Redaktion im Unfrieden verlassen hat. Neue Redaktionsmitglieder haben sich für diesen Sendeplatz nicht finden lassen, also macht man und frau einen auf Retro.
Der Programmrat des Senders hat im August 2009 beschlossen, den Sendeplatz dieser Sendereihe einer Person zuzuweisen, die vom Vorstand des Trägervereins mit einem Hausverbot versehen worden ist. Die Umstände können auf einer eigenen Seite nachgelesen werden. Das Recyceln vorhandener Konserven geht jedoch weiter.
Die Sendereihe „Auf den Hund gekommen“ wurde ausweislich des damaligen Programmflyers erstmalig im März 2005 ausgestrahlt. Der regelmäßige Sendetermin war der 1. Sonntag eines Monats von 14.00 bis 15.00 Uhr. Angesiedelt war diese Sendereihe bei der Sportredaktion von Radio Darmstadt. Die Sportredaktion besteht aus derart wenigen Mitgliedern, daß notgedrungen ab und an eine Sendung ausfallen muß. Praktischerweise war hier das Hundemagazin zur Hand, weswegen es auch eingelegt wurde. Mehrfach konnten wir daher erleben, daß die Erstausstrahlung einer Folge des Hundemagazins am Sonntagnachmittag am selben Sonntagabend um 18.00 Uhr gleich noch einmal zu Gehör gebracht wurde. Hier wird es offensichtlich, daß die Wiederholung nicht intendiert war, sondern notgedrungen erfolgt ist. Es folgt eine Übersicht auf die Nutzung des Hundemagazins als Füllsel.
Wochentag | Datum | Uhrzeit | Ausgabe | anstelle von |
Sonntag | 19. Februar 2006 | 18 | Februar 2006 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 30. April 2006 | 18 | Februar 2006 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 13. Mai 2007 | 18 | unbekannt | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 1. Juli 2007 | 18 | Juli 2007 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 5. August 2007 | 18 | Juni 2007 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 9. September 2007 | 17 | April 2007 | Raumfahrtjournal |
Montag | 8. Oktober 2007 | 19 | August 2007 | Party Monday |
Montag | 8. Oktober 2007 | 20 | vermutlich Mai 2007 | Crazy Monday |
Sonntag | 4. November 2007 | 17 | November 2007 | n/a |
Sonntag | 13. Januar 2008 | 19 | unbekannt | RadaR Medialine |
Sonntag | 10. Februar 2008 | 18 | Februar 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 9. März 2008 | 17 | Januar 2008 | Raumfahrtjournal |
Sonntag | 30. März 2008 | 18 | Februar 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 18. Mai 2008 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 15. Juni 2008 | 18 | Juni 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 6. Juli 2008 | 18 | Juli 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 3. August 2008 | 14 | Juli 2008 | ehemaliger Sendeplatz Hundemagazin |
Sonntag | 3. August 2008 | 18 | Juli 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 7. September 2008 | 14 | Februar 2008 | ehemaliger Sendeplatz Hundemagazin |
Sonntag | 26. Oktober 2008 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 30. November 2008 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 19. April 2009 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Montag | 25. Mai 2009 | 21 | April 2008 | [Redakteur war zur Sendung nicht erschienen] |
Sonntag | 5. Juli 2009 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Sonntag | 2. August 2009 | 18 | April 2008 | RadaR Sportplatz |
Als der stellvertretende Sportredaktionssprecher Bernd S. am 2. August 2009 wieder einmal die redaktionelle Wahrheit verbog und sagte:
„In Abänderung des im Flyer abgedruckten Programms wird heute noch einmal auf vielfachen Wunsch eine Wiederholung der beliebten Hundesportsendung ‚Auf den Hund gekommen‘ […]“
… da habe ich mir doch einmal die Freiheit genommen und ihn per E–Mail gefragt, ob er sich nicht schämt, eine solche Geschichte aufzutischen. Eine Antwort steht bis heute aus.
Gerade an diesem Augustabend war es jedenfalls überdeutlich, daß hier die redaktionelle Wahrheit mit der Wirklichkeit nur beschränkt etwas zu tun hatte. Denn im Programmflyer war nicht nur ein ganz normaler „RadaR Sportplatz“ angekündigt, nein, mehr noch, diese Sendung zum Thema Tennis wurde außerdem noch als Hörtipp der Woche im Programmflyer angepriesen. Wenn wir dann noch berücksichtigen, daß zum ungezählten Male ausgerechnet die offensichtlich im Sendehaus frei verfügbare Aprilausgabe 2008 des Hundemagazins ein weiteres Mal eingelegt wurde, dann ist klar, daß hier keine vielfachen Wünsche, sondern blanke Not das Motiv war. Oder glaubt wirklich eine oder jemand, daß ausgerechnet diese Folge der Hundesendung der „Knaller“ war, den so viele Menschen immer wieder hören wollen? Wenn Herr S. & Co. zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit wenigstens ab und an einmal eine andere Folge einlegen würden …
Derartige Stories ziehen sich durch die Monate. So wird uns häufiger im Brustton der Überzeugung verkündet, daß das Hundemagazin aus wichtigem Anlaß, aus Gründen der Aktualität oder ähnlichem die geplante Sendung ersetzen muß! Insbesondere der schon erwähnte Sportmoderator Bernd S. ist ein Quell derartiger … Geschichten. So auch am 3. August 2008, als er uns erzählt, die geplante Vorschau zu den kurz bevor stehenden Olympischen Spielen in Peking werde ganz aktuell zugunsten des beliebten Hundemagazins – vom Juli! – zurückgestellt. Warum sagt er nicht einfach: keiner da, keiner hat's vorbereitet, sorry, wir sind überlastet, daher noch einmal die Hunde. Ist das Vorgaukeln von nicht vorhandener Aktualität das authentische Image von Radio Darmstadt?
Ich muß leider bekennen, daß der früher von mir durchaus geschätzte Radiokollege für mich einfach nur noch unglaubwürdig ist.
In ähnlicher Weise, wenn auch meist nicht derart „aktuell“ aufgeblasen, wird beispielsweise die Hörzeitung der Darmstädter Tonband- und Stereofreunde vernutzt.
Radio Darmstadt ist ein nichtkommerzielles Lokalradio. Sein Trägerverein wurde 1994 gegründet, um eine Alternative und Ergänzung zu den bestehenden öffentlich-rechtlichen und privaten kommerziellen Hörfunksendern aufzubauen. Menschen und Nachrichten, die im ansonsten durchformatierten Sendebetrieb keine Chance auf Öffentlichkeit besaßen, sollten hier ihren Platz finden. Dies galt für politische Fragen, lokale Themen und musikalische Nischen. Ende 1996 erhielt der Verein für ein derartiges Programm die Sendelizenz. Zehn Jahre später läßt sich die Tendenz beschreiben, daß (lokal)politische Themen immer weniger Platz im Darmstädter Lokalradio finden, während die Musikberieselung zunimmt. Zu diesem Wandel gehört, daß Fragen der Außendarstellung („das Image“) ein wesentlich größeres Gewicht erhalten als das Verbreiten journalistisch abgesicherter Tatsachen. Wer diese neue journalistische Ethik nicht mitträgt, wird aus dem Verein und dem Radio hinausgedrängt. [mehr]
Diese Dokumentation geht auf die Vorgänge seit April 2006 ein. Hierbei werden nicht nur die Qualität des Programms thematisiert, sondern auch die Hintergründe und Abläufe des Wandels vom alternativen Massenmedium zum imageorientierten Berieselungsprogramm dargestellt. Der Autor dieser Dokumentation hat von Juni 1997 bis Januar 2007 bei Radio Darmstadt gesendet, bis ihn ein aus dieser Umbruchssituation zu verstehendes binnenpolitisch motiviertes Sendeverbot ereilte. Als Schatzmeister [1999 bis 2001], Vorstand für Studio und Technik [2002 bis 2004] und Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit [2004 bis 2006] kennt er die Interna wie kaum ein anderer. [mehr]
In der Dokumentation werden die Namen handelnder Personen aufgeführt. Damit werden Argumentationsstränge leichter nachvollziehbarer gemacht und Verantwortliche benannt. Zur Klarstellung: Eine Schmähung einzelner Personen oder gar des gesamten Radiosenders ist hiermit nicht beabsichtigt. [mehr]
Diese Seite wurde zuletzt am 20. August 2009 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. © Walter Kuhl 2001, 2008, 2009. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.
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