Radio Darmstadt ist ein nichtkommerzielles Lokalradio. Sein Trägerverein wurde 1994 gegründet, um eine Alternative und Ergänzung zu den bestehenden öffentlich-rechtlichen und privaten kommerziellen Hörfunksendern aufzubauen. Menschen und Nachrichten, die im ansonsten durchformatierten Sendebetrieb keine Chance auf Öffentlichkeit besaßen, sollten hier ihren Platz finden. Dies galt für politische Fragen, lokale Themen und musikalische Nischen. Ende 1996 erhielt der Verein für ein derartiges Programm die Sendelizenz. Zehn Jahre später läßt sich die Tendenz beschreiben, daß (lokal)politische Themen immer weniger Platz im Darmstädter Lokalradio finden, während die Musikberieselung zunimmt. Zu diesem Wandel gehört, daß Fragen der Außendarstellung ein wesentlich größeres Gewicht erhalten als das Verbreiten journalistisch abgesicherter Tatsachen. Wer diese neue journalistische Ethik nicht mitträgt, wird aus dem Verein und dem Radio hinausgedrängt. [mehr]
Diese Dokumentation geht auf die Vorgänge seit April 2006 ein. Hierbei werden nicht nur die Qualität des Programms thematisiert, sondern auch die Hintergründe und Abläufe des Wandels vom alternativen Massenmedium zum imageorientierten Berieselungsprogramm dargestellt.
Der Autor dieser Dokumentation ist seit Juni 1997 Redakteur bei Radio Darmstadt und erfreute sich von Januar bis Oktober 2007 eines nur aus dieser Umbruchssituation zu verstehenden, binnenpolitisch motivierten Sendeverbots. Nachdem das Sendeverbot nicht länger aufrecht erhalten werden konnte, wurde es flugs in ein Hausverbot umgewandelt. Als Schatzmeister [1999 bis 2001], Vorstand für Studio und Technik [2002 bis 2004] und Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit [2004 bis 2006] kennt der Verfasser die Interna wie kaum ein anderer. [mehr]
Zwangsläufig erscheinen in dieser Dokumentation auch einzelne handelnde Personen mit Klarnamen. Damit sollen einzelne Argumentationsstränge leichter nachvollziehbarer gemacht und Verantwortliche benannt werden. Zur Klarstellung: Eine Diffamierung einzelner Personen oder gar des gesamten Radioprojekts ist hiermit nicht beabsichtigt [mehr]. Das Wesen einer Dokumentation besteht darin, daß sie etwas dokumentiert, nämlich das, was tatsächlich vorgefallen ist.
Zuweilen ergeht sich der 2006 bzw. 2008 gewählte Vorstand des Trägervereins von Radio Darmstadt in Belehrungen über angebliche Papierverschwendung oder die politisch korrekte Bezeichung von Männern und Frauen. Wie das so mit Glashäusern ist, befindet sich auch eines am Steubenplatz.
Sollte der Rechtsanwalt des Trägervereins dieses Senders auch diese Dokumentationsseite für Schmähkritik halten, wäre er gut beraten, seiner Mandantschaft zu empfehlen, kein Papier zu verschwenden und seine Mitglieder nicht mit unsinnigen Belehrungen vor den Kopf zu stoßen.
Am Abend des 8. Mai 2009 findet in den Räumen von Radio Darmstadt eine Mitgliederversammlung seines Trägervereins statt. Kurioserweise trägt die Einladung das Datum „15. April 2008“, was wohl bedeuten soll, daß gute Dinge eine geraume Weile benötigen. Nun wäre dieser Lapsus nicht erwähnenswert, wenn nicht die Art der Verschickung der Einladung einige heikle ökologische und fachliche Fragen aufwerfen würde. Zwar trägt die Einladung die Unterschrift des für die Betreuung der Mitglieder zuständigen Vorstandsmitglieds Susanne Schuckmann, doch können wir wohl mit Recht davon ausgehen, daß sie diese Einladung erst gesehen hat, als sie bei ihr eingetroffen ist. Die Unterschrift wäre dann per Grafikdatei in die Einladung einmontiert worden.
Bemerkenswert hingegen ist, daß zur Verschickung in Fensterbriefumschlägen ein eigenes Blatt eigens für die in das Fenster passende Anschrift ausgedruckt werden mußte. Möglicherweise war den auf Minijob-Basis im Sekretariat des Senders Beschäftigten die Funktion „Serienbrief“ unbekannt, obwohl ich mir das eigentlich kaum vorstellen kann. Wurden doch diese Minijobberinnen in einem Beiblatt zu einer früheren Mitgliederversammlung von ihren Chefinnen und Chefs geradezu über den grünen Klee gelobt. Wie dem auch sei – so wurden nun mindestens 500 Blatt Papier eigens und nur dafür verschwendet, um die Einladung postalisch korrekt den Empfängerinnen und Empfängern zukommen zu lassen. Diesem Deckblatt folgte der beidseitig bedruckte Einladungstext.
Warum ich für diesen Unsinn eine eigene Seite in meiner Dokumentation zum Image von Radio Darmstadt erstelle?
Nun, der Vorstand um den Chefökologen des Vereins, den lokalen Greenpeace-Pressesprecher Markus Lang, meinte Anfang 2008, die um die Sendelizenz konkurrierende Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt darüber belehren zu müssen, daß das Versenden eines Schreibens an die einzelnen Vorstandsmitglieder jeweils einzeln geradezu als ökologische Katastrophe zu betrachten sei:
„Aus Umweltschutzgründen bitten wir Sie außerdem, nicht jedes Vorstandsmitglied einzeln mit identischem Inhalt anzuschreiben. Es reicht völlig aus, wenn Sie ein Anschreiben an alle schicken. Im Weiteren fordern wir Sie auf, die Höflichkeitsformen der Anrede uns gegen über zu wahren.“
So Susanne Schuckmann und Peter Fritscher auf einem Blatt grauen Recyclingpapiers. Die guten Vorsätze sind schnell vergessen. Die Einladung zur Mitgliederversammlung entstammt abgeholzten Bäumen und unter den derzeitigen Vorstandsmitgliedern gibt es einen, der durch demonstratives Nichtgrüßen, also die bewußt gewählte Ignoranz glänzt.
Überhaupt – was bedeutet eine Ausfertigung eines Anschreibens in sechsfacher Anzahl gegenüber einem ganzen Packen Papier, für den wieder einmal ein halber Wald daran glauben mußte? Ob die Kassenprüfung auf der Mitgliederversammlung eine derart unsinnige Papierverschwendung moniert? Wohl kaum, gehörte doch Papierverschwendung – beispielsweise zum Ausdruck redaktioneller Faxe, die ohnehin keine und niemand zur Kenntnis nimmt – zum ökologischen Standard des Senders zumindest im Jahre 2007. Siehe hierzu meine Dokumentation Probleme mit der redaktionellen Arbeit.
Eine Belehrung ganz anderer Art erhalten Mitglieder, die in Verdacht stehen, mit der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt in engerem Kontakt zu stehen. So mußte sich beispielsweise ein Vereinsmitglied vorhalten lassen, es habe gefälligst in internen Schreiben an den Vorstand des Trägervereins die männliche und die weibliche Form zu benutzen. Nun ist es eine Sache, Frauen auch eigens zu benennen und nicht, wie häufig anzutreffen, in der männlichen Form mitzumeinen. Eine andere Sache ist es, ein Vereinsmitglied zurechtzuweisen, dem man und frau aus ganz anderen Gründen verdeutlichen möchte, wo der Hammer hängt.
Daß Radio Darmstadt vorwiegend ein Männerradio mit einer eindeutigen Männersprache ist, wird schon bei flüchtigem Anhören deutlich. Auch gibt es keine Frauenredaktion mehr, außerdem beteiligt sich der Sender am Girls' Day des Jahres 2009 erstmals nicht mehr. Es gibt Dinge, die sind dann eben doch nicht so wichtig.
Diese Seite wurde zuletzt am 24. April 2009 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. © Walter Kuhl 2001, 2009. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.
Das Titelfoto zeigt vier von etwa fünfundzwanzig Mädchen, die 2006 unter der medienkompetenten Betreuung durch Teodora Katzenmayer und Sonya Raissi engagiert ihre Sendung zum Girls' Day vorbereitet und moderativ gestaltet hatten.
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