Ärgernisse im Verlagswesen

Stilblütensammlung

 

 

Auf dieser Seite finden sich Beispiele für die Auswirkungen neoliberaler Sachzwänge im Buchhandel und Verlagswesen, die eindeutig zu Lasten der Qualität der herausgebrachten Bücher gehen. Die Auswahl ist subjektiv, aber keinesfalls ungerecht. Sie umfaßt Stilblüten genauso wie falsche Übersetzungen, fehlende Anmerkungen wie inhaltliche und sachliche Fehler. Diese Stilblütensammlung wird fortlaufend ergänzt.
 
Schlechte Lektorierung kann einer und einem das Lesen auch wirklich guter Bücher verleiden. Bei einigen der unten aufgeführten Beispiele handelt es sich in der Tat um derart lesenswerten Stoff. Umso ärgerlicher, daß die Verlage den Kostendruck an ihre Leserinnen und Leser weitergeben. Nach dem Motto: das Buch ist verkauft und der schlechte Eindruck verfliegt schon wieder.
 
 
 
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Ä R G E R N I S S E

 

HISTORISCHES UNWISSEN

Verlag : Diederichs im Hugendubel–Verlag

Autorinnen : Nicole Schley und Sabine Busse

Titel : Die Kriege der USA

Ärgernis : "Im Jahr 1389 fand die bis heute legendäre und oft zitierte Schlacht auf dem Amselfeld statt, in der sich die Truppen Serbiens und Byzanz' gegenüberstanden und die Serben geschlagen wurden." [Seite 228]

Grund : Falsch abgeschrieben, schlecht recherchiert oder (wahrscheinlich) geraten. Die serbischen Truppen unterlagen den osmanischen Türken.

Besprechung : (Vergleichsweise) Leichte Kost

 

GESCHICHTSKLITTERUNG

Verlag : Droste Verlag

Autor : Avi Primor

Titel : Terror als Vorwand

Ärgernis : "Die ersten Knospen der moslemischen Demütigung erblühten 1571. Bei der griechischen Stadt Lepante besiegt die Kriegsmarine der christlichen Heiligen Liga […] die um ein Drittel größere türkische Kriegsmarine, die die christliche Welt bedrohte. […] Seitdem siegten noch hin und wieder Muslime über christliche Regenten, darunter fiel sogar die Eroberung von Wien, aber im allgemeinen gewann allmählich die christliche Welt an Macht in allen Teilen der Erdkugel, während die islamische Herrschaft ununterbrochen schrumpfte." [Seite 168–169]

Grund : Unkenntnis des Autors oder (wahrscheinlicher) falsche Übertragung seines Manuskripts ins Deutsche. Wien wurde weder 1529 noch 1683 von den osmanischen Türken erobert. Ich vermute ja stark, daß der Autor im englischen Originaltext den Begriff "besiege" (belagern) benutzt hat und bei der Übersetzung daraus "besiegen", also erobern gemacht wurde.

Besprechung : Geschichtsbilder

 

DATIERUNGSPROBLEME

Verlag : Konrad Theiss Verlag

Autor : Peter Sawyer (Hg.)

Titel : Die Wikinger

Ärgernis : Jahreszahl 800 statt 880 [Seite 63], 866 statt 886 [Seite 67], 944 statt 994 [Seite 87]

Grund : Schlamperei oder falsch ins Deutsche übertragen

Besprechung : Geschichte

 

LEBENDE TOTE

Verlag : Diederichs im Hugendubel–Verlag

Autor : Tariq Ali

Titel : Die Nehrus und die Gandhis

Ärgernis : Allen Ernstes steht in der deutschen Fassung, daß Phoolan Devi und Kim Il Sung noch leben. Zu Phoolan Devi auf Seite 275: "Sie befindet sich, während diese Zeilen geschrieben werden, im Gefängnis." Phoolan Devi wurde 2001 ermordet. Zu Kim Il Sung auf Seite 377: "[…] aber noch lebt Kim […]." Kim Il Sung starb sogar schon 1994! Das hätte der Verlag in dem von ihm selbst verlegten Buch "Nordkorea und die USA" von John Feffer auf den Seiten 12–13 nachlesen können – googeln wäre allerdings noch einfacher gewesen.

Grund : Bei der Übertragung ins Deutsche nicht beachtet, daß Teile des englischen Originals schon in den 90er Jahren geschrieben worden sind. Die deutsche Fassung erschien Anfang 2005.

Besprechung : Eine indische Dynastie

 

ROHÜBERSETZUNG

Verlag : Verlag Philipp von Zabern

Autor : Nicholas Reeves

Übersetzerin : Brigitte Jaroš–Deckert

Titel : Echnaton

Ärgernis : "Die Jahre imperialen Stillstandes unter Hatschepsut hatten … gestattet, es dem Königreich von Mitanni seinen eigenen Einflußbereich in diesen Gebieten aufzubauen." [Seite 44]

Ärgernis : "Hier nun, bei sorgfältiger Durchsicht dieser vielen hundert kleingehackten Fragmente, ein sogar noch größerer Schatz als jener von Tutanchamun zu entdecken sein:" [Seite 93]

Ärgernis : Sinnlose bzw. uneinheitliche Transkription hethitischer Namen. Šuppiluliuma [Seite 102], Schuppiluliuma (derselbe!), Mursili II. [Seite 203]

Grund : Rohübersetzung abgeliefert oder Durcheinander beim Satz

Besprechung : Suche

 

ANTIKE NAMEN

Verlag : Konrad Theiss Verlag

Autorin : J. Lesley Fitton

Übersetzerin : Tanja Ohlsen

Titel : Die Minoer

Ärgernis : Es werden mehrfach Namen der englischen Originalausgabe übernommen, ohne zu bedenken, daß dieselben Namen im Deutschen anders wiedergegeben werden. Beispielsweise: So heißt der Berg des schlafenden Zeus nicht Iuktas, sondern Juchtas [Seite 12 und überall]. Im Gegensatz zu den britischen Gewohnheiten werden im Deutschen die Pharaonen der 18. Dynastie nicht Amenhotep, sondern gräzisiert Amenophis genannt [Seite 30]. Der als Rundbau gestaltete Grabtyp Tholos wird männlich, nicht weiblich dekliniert [Seite 38, sonst überall richtig]. Byblos und Ugarit liegen nicht an der südtürkischen Küste, sondern im heutigen Libanon und Syrien [Seite 57]. Miletos ist im Deutschen Milet [Seite 84 und 144]. Die im Englischen Luvian genannte Sprache wird natürlich nicht mit Luvianisch, sondern korrekt Luwisch übersetzt [Seite 141]. Ein Zeus »Cretagenes« ist ein Zeus Kretagenes, weil die Griechen kein C benutzten [Seite 175]. Rhadamantes ist Rhadamantys [Seite 176].

Grund : Ungeprüfte Übernahme englischer Namenskonventionen von einer fachfremden Übersetzerin.

Besprechung : Radiowecker, 27. Juni 2004

 

DEUTSCHES SPRACK, SCHWERES SPRACK

Verlag : Verlag Die Werkstatt

Autor : Ulrich Hesse–Lichtenberger (Hg.)

Titel : Flutlicht & Schatten. Die Geschichte des Europapokals

Ärgernis : "Vielleicht gab es einige ebenso schöne Treffer in der Geschicte der Europacup–Finals; ein schöneres ganz sicher nicht." [Seite 356]

Besprechung : Reminiszenzen, 30.05.2005

Grund : Entweder wurde das Wort "Tor" zwar gedacht, aber nicht geschrieben; oder eine ursprünglich anders lautende Fassung wurde ungeschickt miteinander kombiniert. Passiert mir auch in der Rohfassung meiner Sendemanuskripte, was ich meist erst bemerke, wenn ich den Text in der Sendung vortrage. Dann muß ich schnell improvisieren. Leider gibt es in diesem ansonsten vorzüglichen Band noch zwei oder drei weitere Fehler: Auf Seite 129 liegt La Valetta auf Zypern (und nicht auf Malta) und auf Seite 206 wird in einer Bildunterschrift der Europapokal der Pokalsieger anstelle des UEFA–Cups genannt. Auf Seite 456 kommt Schiedsrichter Nicolae Rainea aus dem seltsamen Land Romenien. Wo hat der Autor denn da gedankenlos abgeschrieben?

 

ERGEBNISKOSMETIK

Verlag : Sportverlag Berlin

Autor : Marcel Reif (Hg.)

Titel : Euro 2000

Ärgernis : Die Niederlande gewinnen im Halbfinale der Fußball–Europameisterschaft im Elfmeterschießen mit 3:1 [zumindest auf Seite 152]. Die Tabelle der Gruppe B auf Seite 184 ist schlicht falsch.

Besprechung : Radiowecker, 16.07.2000 (derzeit kein Sendemanuskript)

Titel : Fussball WM 2002

Ärgernis : Brasilien spielt im Halbfinale 1:1 unentschieden gegen die Türkei [zumindest auf Seite 62].

Besprechung : Radiowecker, 08.07.2002

Grund : Schlamperei [so war das allerdings nie gemeint gewesen, wenn es heißt, daß Statistiken lügen]

 

WEITERE STATISTIKPROBLEME

Verlag : Agon Sportverlag

Autor : Matthias Kropp

Titel : Fußball–EM Almanach 1960–2000

Ärgernis : Der Fußballspieler Dick Nanninga heißt auf Seite 93 mehrfach Naninga [mit 3 statt mit 4 "n"]. Das wäre ja noch zu verkraften. Ob der ungarische Fußballspieler nun Ku [Seite 66, 67 und 70] oder Kü [Seite 64, 69 und 402] heißt, werden wir hingegen raten müssen; ich vermute einmal, es handelt sich hierbei um Lajos Kü.

Ärgernis : Auf Seite 260 findet die EM 1964 einhundert Jahre früher statt. Auf Seite 214 werden zwei verschiedene Rangfolgen der besten Vorlagengeber aller Europameisterschaften abgedruckt.

Ärgernis : Auf Seite 122 wird behauptet, daß die Sowjetunion 1988 erstmals seit 1964 wieder im Finale einer EM gestanden hätten; aber gegen welche Phantomelf hat dann die Bundesrepublik Deutschland das Finale 1972 gewonnen? Die Europameisterschaft in England begann schon 1995 [Seite 332 und 333]. Auf Seite 254 wird aus dem EM–Halbfinalspiel 2000 Frankreich gegen Portugal ein Viertelfinalspiel.

Ärgernis : Ergebniskosmetik gibt es auch hier. Auf Seite 32 gewinnen die Niederlande 1963 mit 2:1 gegen Luxemburg, obwohl sie das Spiel mit demselben Ergebnis verloren hatten! Auf Seite 42 gewinnt Jugoslawien bei der Qualifikation zur EM 1968 gegen die Bundesrepublik Deutschland mit einem Tor zu hoch (2:0 statt 1:0); Auf Seite 316 steht es dann richtig. Auch das Rückspiel hat mehrere Ergebnisse – das richtige (3:1) und ein falsches auf Seite 45 (1:0). Auf Seite 201 gewinnt die Türkei gegen Italien bei der EM 2000 mit 2:1. Zwei Seiten darauf steht es dann richtig, nämlich 1:2.

Ärgernis : Eine Fußball–Statistik sollte nicht ungeprüft Aussagen treffen, die nichts mit Fußball zu tun haben – auf Seite 192 lauten die belgischen Amtssprachen "Französisch, Flämisch, Wallonisch". Auf Seite 193 ist Brügge mit 120.000 Einwohnern drittgrößte belgische Stadt hinter Lüttich mit 195.000 Einwohnern, Charleroi wäre demnach eine Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern. Was natürlich hinten und vorne nicht stimmt!

Grund : Ungenauigkeit bei der Umsetzung in Satz und Druck, aber auch sachliche Fehler durch ungeprüftes Halbwissen.

Besprechung : Radiowecker, 02.05.2004

 

STATISTIKEXPERTEN

Verlag : Das Neue Berlin

Herausgeberin : Monica Lierhaus

Titel : Germany 2006

Ärgernis : Ergebnis Deutschland gegen Costa Rica 3:0 (richtig 4:2) [Seite 84], Argentinien gegen Angola 6:0 (richtig: Argentinien gegen Serbien und Montenegro) [Seite 187].

Ärgernis : Historische Sachfehler beim Ergebnis des Endspiels der WM 1998 zwischen Frankreich und Brasilien, laut Buch 3:2 (richtig: 3:0) [Seite 30], oder bei der Erfolgsbilanz afrikanischer Mannschaften, laut Buch kam der Senegal 2002 nur ins Achtelfinale (richtig: Viertelfinale) [Seite 81].

Ärgernis : Vorstellung einer neuen rechtsextremen Partei, der NDP [Seite 21].

Ärgernis : Erfundenes drittes Qualifikationsspiel zur WM zwischen Usbekistan und Bahrain, das Usbekistan mit 1:0 gewonnen haben soll. Merkwürdigerweise traf jedoch Bahrain im Interkontinentalvergleich auf Trinidad & Tobago [Seite 191].

Unklug : Der Verlag schreibt in seiner Pressemitteilung zum Buch über den Redaktionsleiter Volker Kluge: "Seine Statistiken gelten als praktisch unfehlbar." Grund : Zu unkontrolliert schnell auf den Büchermarkt geworfenes Buch.

Besprechung : Radiowecker, 23.07.2006

 

UNTERSCHLAGENE ANMERKUNGEN

Verlag : Diederichs im Hugendubel–Verlag

Autorin : Nawal El Saadawi

Titel : Fundamentalismus gegen Frauen

Ärgernis : Die Anmerkungen 29 bis 34 des Kapitels Frauen und der Islam fehlen im Anmerkungs–Apparat.

Grund : Schlamperei

Besprechung : Frauen, Hexen, Männerwahn, Teil 1

 

SCANPROBLEME

Verlag : Psychosozial–Verlag

Autorin : Christa Rohde–Dachser

Titel : Expedition in den dunklen Kontinent

Ärgernis : Beim Einscannen für die Neuauflage des Buchs wurde offensichtlich der OCR–Software blind vertraut. Daraus folgen häufige Umwandlungen von t in r [etwa Seite 72: Überserzung oder Seite 217: Matriarchars], aber auch fehlende Klammern [Seite 34, Zeile 2], Anführungszeichen oder Gedankenstriche [Seite 139]. Diese Fehlerquellen sind derart häufig anzutreffen, daß es beim Lesen mitunter irritiert.

Grund : Mangelnde Nachbearbeitung

Besprechung : Frauen, Hexen, Männerwahn, Teil 2

 

ZEITREISE

Verlag : Droemer Verlag

Autor : Heribert Prantl

Titel : Kein schöner Land

Ärgernis : Nicht überprüfte historische Zeitfolge. Der Autor geht auf Seite 190 davon aus, daß Cicero einen philosophischen Gedanken von Seneca übernommen hat. Seneca lebte jedoch nach Cicero.

Grund : Der Autor hat wohl aus dem Gedächtnis zitiert. Den Fehler mache auch ich öfter. Hier hat es niemand und keine bemerkt.

Besprechung : Vor der Wahl

 

GEOGRAFISCHE UND SONSTIGE WIRRNISS

Verlag : Wilhelm Fink Verlag

Autor : Wolfgang Hagen

Titel : Das Radio

Ärgernis : "Noch heute kann man anhand der »Call Letters« zwischen West– und Ostküstensendern unterscheiden. Die Ostküstensender haben Rufcodes beginnend mit einem »W«, die Ostküstensender beginnend mit einem »K«." [Seite 189]

Ärgernis : "Ein solches Sing kann man heute auf jeder Kirmes kaufen […]" [Seite 42]

Ärgernis : "Unerwarteterweise platzt nun die Märchentante, die eigentlich nachmittags ihre Sendung ist, in die Eröffnung des Abendkonzertes hinein." [Seite 103]

Ärgernisse : "Pepsie" [Seite 278] "Molekel" [Seite 291] "Magen–Vergößerungen" [Seite 51] usw.

Grund : Eingereichtes Manuskript unüberprüft abgedruckt..

Besprechung : Format Radio. Das Buch selbst ist klasse.

 

GEHEIMDIENSTERKENNTNISSE

Verlag : Süddeutsche Zeitung

Autoren : Eduard Augustin / Philipp von Keisenberg / Christian Zaschke

Titel : Fußball unser – Das WM–Gästebuch

Ärgernis : Falsch ins Deutsche übertragene Erkenntnis:
"Der amerikanische Geheimdienst CIA hat ein feines Vergleichssystem entworfen, um den Bürgern der USA einen Eindruck von der Größe der restlichen Welt zu geben.
Mexiko ……… Geringfügig kleiner als ein Drittel von Texas"
So klein ist Mexiko nun auch wieder nicht, auch wenn die USA dem Land im 19. Jahrhundert riesige Gebiete entrissen hatten. Richtig lautet die CIA–Erkenntnis: "Geringfügig kleiner als dreimal die Größe von Texas".

Grund : Bei der Übersetzung nicht aufgepaßt.

Besprechung : Radiowecker

 
 
 
 
Es bleibt allen hier angesprochenen Verlagen, ihren Autorinnen und Lektoren, und erst recht den Leserinnen und Lesern der angesprochenen Bücher unbenommen, meine Homepage nach ähnlich dubiosen Angaben zu durchforsten. Es würde mich wundern, wenn meine Homepage in dieser Hinsicht fehlerfrei wäre. Ich wünsche viel Erfolg!

 
 
 

Diese Seite wurde zuletzt am 28. Juli 2006 aktualisiert.
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©  Walter Kuhl 2001, 2006
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