Geschichtssendungen

2001

Die folgende Übersicht enthält die Inhalte meiner Geschichtssendungen aus dem Jahr 2001.

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29.01.2001 Geschichte Sendemanuskript auf Anfrage

Karl Marx schrieb 1852 in der Einleitung seiner Schrift über den Staatsstreich Napoleons III. in Frankreich - Der 18te Brumaire des Louis Napoleon -:

Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.

Aber sie machen sie selbst, darauf bestand Rosa Luxemburg. Geschichte wird aber auch dadurch gemacht, daß in der Geschichtswissenschaft ein Bild von Geschichte entworfen wird, das mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen meist kompatibel ist. Eine kapitalistische Leistungsgesellschaft wird kein revolutionäres Geschichtsverständnis entwerfen und oppositionelle Basisbewegungen werden sich kaum im vorherrschenden historischen mainstream wiederfinden. Geschichte ist also auch Ideologie.

Auch wenn sich in den vergangenen vierzig Jahren viel an Deutschlands Schulen getan hat - auch heute sind die Geschichtsbücher eine Ansammlung von Zahlen und Fakten aus herrschender Sicht. Sicher, auch Vorstellungen einer Geschichte von unten haben Einzug in den Geschichtsunterricht gehalten, sicher, heute wird die Zeit des Nationalsozialismus diskutiert und der Geschichtsunterricht nicht mit dem Ende der Weimarer Republik abgebrochen. Was aber weiterhin nicht vermittelt wird, ist der Zusammenhang zwischen Macht und Herrschaft, Ausbeutung und Unterdrückung, Wirtschaft, Politik und Krieg. Eine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse, eine Infragestellung des eurozentrierten Weltbildes findet kaum statt. Es ist, letztlich, eine Geschichtsschreibung der Sieger, das heißt, der Europäer. Der Rest ist Folklore.

Worauf Marx mit seiner Bemerkung hinauswollte, war, daß sich die Unterdrückten und Ausgebeuteten zu allen Zeiten dies nicht gefallen ließen. Sie rebellierten, wie die Sklaven im antiken Rom, wie die aufständischen Bauern in den Bauernkriegen quer durch Europa, wie die Sklavinnen und Sklaven in den USA und auch deren Nachkommen ein Jahrhundert später. Die größten Rebellionen, die zu Revolutionen wurden, wie in Rußland, sogar in Deutschland, in China, auf Kuba, in Vietnam und noch an vielen anderen Stellen, nicht zu vergessen. In ihren Vorstellungen einer anderen, einer besseren Welt waren sie meist gefangen und auch befangen in den in ihrer Gesellschaft entwickelten Vorstellungen. Aber jeder Akt des Widerstandes entwickelt Bewußtsein und damit auch Vorstellungen, wie eine Welt aussehen könnte, die frei von Ausbeutung und Unterdrückung ist.

Und mit dieser Vision machen die Menschen in der Tat ihre Geschichte selbst.

Nach dem fast vollständigen Verschwinden der Staaten, die historisch gesehen aus einer solchen Vision entstanden sind, zuerst durch die Oktoberrevolution in Rußland, später auch in vielen Teilen der Erde, gibt es zur Geschichtsschreibung der Sieger keine Konkurrenz mehr. Geschichtsschreibung wird so zur Legitimation der heute herrschenden Verhältnisse, zur Ideologie. Aber das gelingt nicht durchgängig, denn im letzten Jahrhundert ist viel geschehen, was selbstverständlich auch Spuren im Geschichtsverständnis und in der Geschichtsschreibung hinterlassen hat. Aber über den gegebenen Rahmen dieser Gesellschaft hinauszudenken, den Kapitalismus nicht für das Ende und die Krönung der Geschichte zu halten, das ist sozusagen aus der Mode gekommen.

Jedoch zeigt auch die Diskussion um die politische Vergangenheit unseres Außenministers, daß immer noch ein Bedürfnis danach besteht, die Geschichte der letzten 40 Jahre umzuschreiben und die Bedeutung der 68er Bewegung wegzuwischen. Es soll nicht gewesen sein. Alle Visionen, die damit verbunden waren, alle Utopien einer gerechteren Welt, dürfen nicht mehr gedacht werden können. Der Kapitalismus hat gesiegt, also ist er wahr.

Diese Utopien sollen - ganz im Sinne von Big Brother - aus dem gesellschaftlichen Bewußtsein gestrichen und durch eine postmoderne Ideologie allgemeiner Beliebigkeit und Bewußtlosigkeit ersetzt werden. Und anstatt sich dagegen zur Wehr zu setzen, schreibt auch ein Joschka Fischer seine Geschichte um. Dabei ist Gewalt ein Motor geschichtlicher Entwicklung, und die Macht kommt - zumindest seit Entwicklung des Schießpulvers - aus den Gewehrläufen. Woher auch sonst, fragte Mao Zedong 1938 zurecht. Das ist kein Plädoyer für Gewalt, sondern nur die Anerkennung einer simplen Tatsache.

Die heutige Sendung ist eine Geschichtssendung. Ich werde sechs sehr unterschiedliche Bücher vorstellen, von der Bronzezeit bis zu den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Dabei muß immer die Frage gestellt werden, um was für eine Geschichtsschreibung handelt es sich?

Besprochene Bücher :

  • Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier : Bernstorf, Konrad Theiss Verlag
  • Von Augustus bis Attila, Konrad Theiss Verlag
  • Peter Sawyer (Hg.) : Die Wikinger, Konrad Theiss Verlag
  • Die Stadt Soest, Konrad Theiss Verlag
  • Klaus Kinner : Der deutsche Kommunismus Band 1, Karl Dietz Verlag Berlin
  • Hartmut Kühn: Das Jahrzehnt der Solidarnosc, BasisDruck Verlag

 

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30.04.2001 Der Trojanische Krieg (Teil 1) Sendemanuskript

Troia - Traum und Wirklichkeit war und ist nicht nur der Titel einer Ausstellung und umstrittenen Visualisierung der Grabungsergebnisse, sondern auch der Titel eines wahrhaft fundamentalen Bandes, der so ziemlich alles zusammenfaßt, was es zu Troia/Troja zu sagen gibt.

Besprochene Bücher :

  • Troia - Traum und Wirklichkeit, Konrad Theiss Verlag
  • Troia - 3000 Jahre Geschichte im Modell, Konrad Theiss Verlag [CD-ROM]

 

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29.05.2001 Der Trojanische Krieg (Teil 2) Sendemanuskript

Im ersten Teil der Sendung geht es um Hintergründe und wissenschaftliche Erkenntnisse zu Troia, zum homerischen Epos und dessen möglichen Entstehungsbedingungen. Im zweiten Teil wird der Katalog zur Ausstellung Das Gold der Barbarenfürsten besprochen.

Wer den Katalog zur Ausstellung mit seinen rund 240 meist farbigen Abbildungen betrachtet, findet eine einheitliche Fürstenkultur vor. Daraus jedoch - wie es im Katalog unterschwellig geschieht - eine kulturelle Einheit Europas zu erschließen, erscheint mir doch zu gewagt. Denn es handelt sich erst einmal nur um die Kunst und Kultur der Herrschenden. Auch heute sind die Reichen und Mächtigen kulturell einheitlicher als der Rest der Welt. Über das Schicksal der Beherrschten sagt diese Kultur also gar nichts aus. Auch das Kokettieren mit dem internationalen flair dieser Kultur geht mir doch etwas zu weit. Es ist richtig: im 3. und 4. Jahrhundert von geschlossenen Völkern oder Ethnien zu reden, ist absurd. Die Stämme der Völkerwanderungszeit sind ein Gemisch aus verschiedensten Gruppen germanischen, hunnischen oder iranischen Ursprungs. Gote zu sein, war keine Volksbezeichnung, sondern nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, die als Goten definiert wurde. Aber deswegen fühlten sie sich noch lange nicht alle zu denselben Prinzipien zugehörig. Um es zuzuspitzen: die Barbaren waren sich selbst gegenüber ebenfalls Barbaren. Das ändert allerdings nichts an der sorgfältigen Zusammenstellung des Katalogs Das Gold der Barbarenfürsten. Der Katalog zeigt nicht nur den Prunk und Reichtum, sondern stellt im Textteil den Zusammenhang zwischen all diesen Gräbern und Funden auf eine verständliche und lehrreiche Weise her.

Besprochene Bücher :

  • Joachim Latacz : Troia und Homer, Verlag Koehler & Amelang
  • Studia Troica, Band 10, Verlag Philipp von Zabern
  • Das Gold der Barbarenfürsten, Konrad Theiss Verlag

 

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03.07.2001 Totalitarismustheorie Sendemanuskript auf Anfrage

Nach dem Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten findet die längst widerlegt geglaubte Totalitarismustheorie wieder zu neuen (pseudo)wissenschaftlichen Ehren. Insbesondere das Hannah-Arendt-Institut in Dresden bastelt fleißig an einer Geschichtskonzeption, die nur ein Ziel hat: linke, emanzipatorische, kommunistische Ansätze zu denunzieren. Die Marktgesellschaft Kapitalismus - sozusagen in der Mitte zwischen Faschismus und Sozialismus / Kommunismus - gilt als das Geschichtsmodell schlechthin. Seine Legitimation zieht es jedoch nicht aus einer positiven Bestimmung von Ausbeutung, Entfremdung, Hunger und Völkermord, sondern allein aus der negativen Abgrenzung zu Faschismus und Kommunismus. Und leider fahren inzwischen auch (ehemals) Linke darauf ab.

Besprochenes Buch :

Wolfgang Kraushaar : Linke Geisterfahrer, Verlag Neue Kritik

 

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23.07.2001 Menschenbilder Sendemanuskript auf Anfrage

In der zweiten Hälfte der Sendung stelle ich ein Buch vor, daß erstaunlich wissenschaftlich ist und sich wissenschaftstheoretisch dem Modetrend entzieht, unser heutiges menschliches Verhalten als genetisch oder evolutionsbiologisch bedingt zu betrachten. Wissenschaft ist für mich ein methodisches Vorgehen, das sich nicht von ideologischen Vorstellungen leiten läßt und das nur das behauptet, was auch nachweisbar ist, ohne Zirkelschlüsse zu ziehen.

Wenn wir die Sozio- oder Evolutionsbiologie nehmen, dann funktioniert dieser Zirkelschluß in etwa so: Wir betrachten unsere entfernten Verwandten, die Schimpansen, Paviane oder Gorillas, und analysieren ihr Verhalten so, als würden sie mit menschlichen Interessen und Verhaltensweisen handeln. Unsere heutige sozial gewachsene hierarchische Ordnung wird den Affen übergestülpt, um dann im Zirkelschluß zu behaupten, wir verhalten uns in einer bestimmten Weise, die im Naturzustand bei Affen oder Menschenaffen betrachtet werden könne.

Auch wenn ich dieses Vorgehen etwas überzeichnet haben mag - im Prinzip funktioniert die evolutionsbiologische Sicht des Menschen auf diese Weise. Das hat sehr viel damit zu tun, daß die Gesellschaftswissenschaft nach dem Fall der Mauer ungehemmt soziales Handeln als weitgehend naturgegeben betrachtet. Die Theorie vom egoistischen Gen ist so ein Fall. Unsere sexuellen Vorlieben und das egoistische Verhalten von Männern gegenüber Frauen wird auf ähnlicher Grundlage als natürlich hingestellt.

Uns wird so eine natürliche Ordnung vorgespiegelt, nach der sich der Mensch angeblich richtet und auch richten soll, um zu verhindern, daß wir Menschen als selbstbewußt handelnde Wesen selbstbestimmt die gegebene gesellschaftliche (nicht etwa natürliche) Ordnung in Frage stellen. Kapitalismus ist wahr und gut, weil er gesiegt hat. Als wäre der jetzige Gesellschaftszustand das Ende der Geschichte.

Gerd-Christian Weniger hat ein Buch über das Projekt Menschwerdung geschrieben, das den Untertitel Streifzüge durch die Entwicklungsgeschichte des Menschen trägt. Gerd-Christian Weniger ist Direktor des Neanderthal-Museums in Mettmann bei Düsseldorf und zusätzlich Archäologe und Paläoanthropologe. Also jemand, der die Ur- und Frühgeschichte des Menschen untersucht. Welche Aufgabe haben nun Archäologie und Anthropologie?

Unsere urgeschichtliche Vergangenheit wird in einer archäologischen Erzählung sichtbar, die sich an den überlieferten Realia der Vergangenheit entzündet. Jede Erzählung benötigt den Ereignisfluß, und sie benötigt auch die archäologische Rekonstruktion ihrer missing links und ihre Verbindungsklammern.

Was im Zeitraffer der Archäologie wie ein gerichteter Entwicklungsprozeß erscheint, war tatsächlich ein evolutiver Slalom aus Schleifen und Unterbrüchen, aus Verlust und Neubeginn. Die fragmentarischen Realia werden mit den chronologisch älteren und den chronologisch jüngeren verbunden. Ein Sinnzusammenhang entsteht, der Erzählfluß ist hergestellt. [...]

Der Archäologie fällt daher die Aufgabe zu, ihre Quellen und ihre Lesbarkeit gründlich darzustellen. [...] Unser Dasein muß nicht verklärt werden aufgrund unserer aktuellen Stellung im globalen System der biologischen Arten, sondern erklärt werden aus der Millionen von Jahren andauernden Interaktion zwischen biologischem Erbe und kultureller Innovation. Unser Menschsein ist offen angelegt [...].

Leben folgt keiner strengen Norm, sondern ist für uns Menschen nur als Kernphänomen mit statistischer Wahrscheinlichkeit faßbar, aus der wir kurzfristige Handlungsanleitungen ableiten. Aus dieser Wahrscheinlichkeit resultiert Hoffnung, aber keine Gewißheit. [...] Es wäre unsinnig, die Biologie dieses beeinflußbaren Wesens Mensch ändern zu wollen, wenn doch der Rahmen aus natürlicher und sozialer Umwelt viel direkter sein Handeln bestimmt.

Oder anders gesagt: Die Archäologie ist die Suche nach uns selbst; und die Menschen bestimmen ihre eigene Zukunft - ohne daß sie dabei von ihren Genen oder dem Verhalten ihrer Urahnen von vor drei Millionen Jahren gesteuert werden. Der Prozeß ist offen; und deshalb kann der Kapitalismus auch nicht das Ende der Geschichte und der menschlichen Entwicklung sein. Und - die Frühgeschichte des Menschen läßt sich nur dann begreifen, wenn wir die solidarischen Wurzeln dieser Geschichte erkennen. Der Mensch ist seinem Wesen nach ein gesellschaftliches Tier und kein egoistisches, wie es die neoliberalen Propheten verkünden. Der homo oeconomicus, der nur sein eigenes Interesse rationell verfolgende, nur in Kategorien von Vorteil, Geld und Profit denkende und lebende Mensch, ist ein soziologisches Konstrukt.

Besprochenes Buch :

Gerd-Christian Weniger : Projekt Menschwerdung, Spektrum Akademischer Verlag

 

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27.08.2001 Troia und die wissenschaftliche Erkenntnis Sendemanuskript

Im dritten Teil der Troia-Reihe wird die mehr oder weniger wissenschaftliche Kontroverse um die Ausgrabungen in Troia, ihre Interpretation und Präsentation dargestellt und auf ihre Motive abgeklopft.

Bleibt für uns die Frage - was neben dem Wissenschaftsstreit so wesentlich ist an den Ausgrabungen in Troia? Welchen Wert hat es, alte Friedhöfe auszugraben oder Schutthügel nach dem fehlenden Puzzlestück durchzusieben? Angesichts dessen, daß Troia und seine Rezeption, und damit verbunden seine Wirkungsgeschichte bis heute das Bild der Entstehung der europäischen Kultur mitbestimmen, ist es sicher sinnvoll, Antworten auch dort zu suchen, wo sie zu finden sind.

Die Archäologie hilft uns dabei bei der Suche nach uns selbst, unserer Vorgeschichte, unserer Vergangenheit. Nicht, um sie multimedial zeigen zu können, vor allem für diejenigen, die lieber Bilder schauen als Bücher lesen. Die Suggestivkraft von Bildern sollte vorsichtig eingesetzt werden und sie muß der Reflektion jederzeit offenstehen. Die CD-ROM zur Ausstellung sollte daraufhin noch einmal überarbeitet werden, weil sie eine cleane Welt suggeriert, von der zwar unser Ordnungsdezernent Horst Knechtel begeistert gewesen wäre - keine Graffiti! -, aber sicher nur sehr begrenzt zeigen kann, wie Troia damals wirklich aussah. Klar, die Modelle sind Modelle, mehr nicht. Aber sie suggerieren mehr; und genau in diesem Sinn ist die Kritik an ihnen auch berechtigt. Bauten ohne wirkliche Menschen, ohne Ausbeutung, ohne Herrschaft, ohne Elend. Ob Daimler-Chrysler, ja auch nicht unbeteiligt an den Zuständen dieser Welt, dies lieber nicht sehen wollte?

Aber Geschichte ist auch kein Multimedia-Spektakel. Wir beschäftigen uns mit ihr nicht nur, um uns als historisch gewachsene Gesellschaftswesen besser verstehen zu können, sondern auch, um diese Welt zu verändern. In einer professoralen Gelehrtenrepublik, in der Geschichte auf Symposien abgehandelt wird, ist ein solches Verständnis sicher fehl am Platz. Wer die Gegenwart nicht reflektiert, die Ungerechtigkeit dieser Welt nicht begreift, dürfte Schwierigkeiten haben, die Vergangenheit richtig zu interpretieren.

Besprochenes Buch :

Dieter Hertel : Troia, Verlag C.H. Beck

 

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02.10.2001 Europas Mitte um 1000 Sendemanuskript auf Anfrage

Pünktlich zum Millenium finden einige osteuropäische Länder einen Weg, sich als Teil Mitteleuropas zu begreifen (und ihre Ambitionen auf Aufnahme in die EU zu untermauern), indem sie - in einem gemeinsamen Projekt mit Institutionen in der BRD - die europäische Intergrationsgeschichte um das Jahr 1000 thematisieren. Doch die drei Katalogbände zur Ausstellung zerstreuen die damit verbundenen ideologischen Befürchtungen weitgehend - es handelt sich durchaus um ein solides wissenschaftliches und dennoch auch für Laien verständliches Werk.

Besprochenes Buch :

Europas Mitte um 1000 (3 Bände), Konrad Theiss Verlag

 

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06.11.2001 Frühes Mittelalter / Ruhrgebiet / Hethiter / Essen und Trinken bei den alten Römern Sendemanuskript auf Anfrage

Ungewollt aktuell ist das Buch über den Aufbruch ins Mittelalter mit dem Titel Von Mohammed zu Karl dem Großen. Es belegt, daß beide Religionen und die damit verbundenen Gesellschaftssysteme offener und auch offener füreinander waren, als dies die heutigen Fundamentalisten auf beiden Seiten wahrhaben wollen. Insofern wird hier der Islam wesentlich vielschichtiger dargestellt, als dies bei so manchem Schnellschuß der Buchverlage nach dem 11. September der Fall gewesen ist.

Das zweite Buch, das ich vorstelle, führt uns ins Ruhrgebiet, das vor den Kohlenzechen durchaus eine interessante Vorgeschichte aufweisen kann, etwa das Römerlager bei Haltern, aus dem Varus loszog, um seine Legionen niedermetzeln zu lassen. Von hier aus führt mich mein Weg in die Türkei - oder genauer gesagt, in das Großreich der Hethiter im 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Die Hethiter waren - erst recht in ihrer Zeit - in ihren gesellschaftspolitischen Anschauungen erstaunlich modern. Ein Grund, sich mit ihrer Geschichte und Kultur näher zu befassen. Und zum Schluß widme ich mich den kulinarischen Genüssen der Römer - zumindest derer, die sich diesen Luxus leisten konnten.

Besprochene Bücher :

  • Roberto Cassanelli und Eduard Carbonell Hg.) : Von Mohammed zu Karl dem Großen, Konrad Theiss Verlag
  • Harald Polenz : Götter, Gräber, Grubengold, Klartext Verlag
  • Birgit Brandau und Hartmut Schickert : Hethiter, Piper Verlag
  • Gudrun Gerlach : Zu Tisch bei den alten Römern, Konrad Theiss Verlag

 

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04.12.2001 Etrusker / Frieden = Krieg Sendemanuskript auf Anfrage

Den geheimnisvollen Etruskern widmet sich ein kürzlich neu erschienenes Buch, das die etruskische Kultur im Rahmen eines kulturellen Austauschs mit anderen Mittelmeerkulturen begreift. Im zweiten Teil der Sendung wird die Erfindung des Friedens als eine historisch moderne Innovation vorgestellt, aber ohne zu verhehlen, daß die derzeitige Weltordnung nicht gerade die friedlichste ist.

Doch immer wieder erstaunlich finde ich es, mit welch unglaublicher Dreistigkeit Männer für sich in Anspruch nehmen, die Rolle von Männern und Frauen zu definieren. Martin van Creveld, gebürtiger Holländer, aber seit 50 Jahren in Israel lebend, ist Autor von 15 Büchern zur Militärgeschichte und Militärstrategie. In seinem dieses Jahr im Gerling Akademie Verlag erschienenen Buch Frauen und Krieg thematisiert er, ob und inwieweit Frauen in Kriege verwickelt waren, diese geführt haben oder dafür verantwortlich gewesen sind. Seine grundlegenden Thesen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Die in Mythen beschworenen kämpfenden Frauen, beispielsweise die Amazonenkriegerinnen, lassen sich historisch nicht nachweisen und sind eine - zumeist männliche - Projektion.
2. Frauen sind für den Militärdienst untauglich, da sie die harte Grundausbildung genausowenig erfolgreich absolvieren können wie sie sich im Kampf gegen Männer behaupten können. Die Erfahrung mit Soldatinnen in den Kriegen des 20. Jahrhunderts zeige, daß Frauen nur untergeordnete Funktionen einnehmen konnten. In Kampfeinsätze waren sie meist überhaupt nicht und, wenn, dann nur am Rande beteiligt.
3. Der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtende Zustrom von Frauen in die Armeen der westlichen Industriestaaten ist nicht Ausdruck eines Emanzipationsprozesses der Frauen, sondern gleichermaßen Symptom und Ursache für den Niedergang des Militärs - was, wenn es stimmen würde, nur zu begrüßen wäre, aber für Martin van Creveld eine Horrorvision darstellt.

Und damit könnten wir das Buch wieder zuschlagen, es in die Ecke stellen und wieder vergessen. Martin van Crevelds Frauenbild ist geprägt von Chauvinismus und Ignoranz, von Biologismus und Antifeminismus. Insofern befindet er sich in einem derzeit wiedererstarkenden Männer- und Frauenbild, das die Erkenntnisse und Errungenschaften des Feminismus der 70er Jahre und der Gender-Forschung der 90er Jahre bewußt ignoriert und auch zurückdrängen will. Dennoch möchte ich auf dieses Buch ein wenig näher eingehen, um an einigen Beispielen aufzuzeigen, wie billig und haltlos und vor allem unwissenschaftlich vor allem Männer, aber leider auch immer mehr Frauen an diesem Männer- und Frauenbild arbeiten.

Diese Sendung wurde am 16. Juli 2003 (17 Uhr) wiederholt.

Besprochene Bücher :

  • Franco Falchetti und Antonella Romualdi : Die Etrusker, Konrad Theiss Verlag
  • Michael Howard : Die Erfindung des Friedens, zu Klampen! Verlag
  • Martin van Creveld : Frauen und Krieg, Gerling Akademie Verlag

 

Diese Seite wurde zuletzt am 1. Juni 2009 aktualisiert.
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