Beiträge für den Radiowecker

von Radio Darmstadt

– Dezember 2002 –

 

Radiowecker–Redaktion von Radio Darmstadt
 
01.12.2002Sanddüne
08.12.2002Handbuch Selbstmedikation
15.12.2002Videoüberwachung
22.12.2002Farben
29.12.2002It's a Sony
 
 
Seit November 1998 liefere ich auch kleinere redaktionelle Beiträge für den Radiowecker von Radio Darmstadt. Diese Beiträge fasse ich monatsweise zusammen und stelle sie dann auf einer eigenen Seite ins Internet. Eine komplette Übersicht auf alle Beiträge seit 1998 gibt es auf meiner Radiowecker–Startseite. Zudem gibt es eine inhaltliche Übersicht auf alle Beiträge des Jahres 2002.
Meine Radiowecker–Startseite kann auch mit http://www.wkradiowecker.de.vu aufgerufen werden.
 
 
URL dieser Seite : https://www.waltpolitik.de/rawe/rw_dez02.htm
 
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Sanddüne
01.12.2002 *** Wdh. 02.12.2002 Nächster Beitrag

 
Anmoderation

Archäologie in Deutschland ist alles andere als muffig oder verstaubt. Ganz im Gegenteil – die wissenschaftliche Forschung ist auf der Höhe der Zeit und vermittelt anregende Erkenntnisse. Ein Beitrag von Walter Kuhl aus der Redaktion Alltag und Geschichte.

Beitrag Walter Kuhl

Vielleicht werden wir eines Tages die Vorstellung revidieren müssen, daß die ersten Menschen in Savannen und Höhlen gelebt haben. Vielleicht werden wir eines Tages entdecken müssen, daß schon die Steinzeitmenschen in der Lage waren, auch an unwirtlicheren Orten nicht nur zu überleben, sondern daß sie ganz bewußt dort gelebt haben. In der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung im heutigen Südafrika gibt es Anhaltspunkte für eine großflächige Besiedlung der Küstenregionen, die heute unter unwirtlichen Sanddünen verborgen sind.

Diese Sanddünen werden an bestimmten Stellen freundlicherweise von den Atlantikwinden weggefegt, so daß Besiedlungsspuren der letzten 500.000 Jahre relativ leicht und ohne größeren Grabungsaufwand zugänglich sind. Archäologinnen und Archäologen der Universität Tübingen konnten so in einem Forschungsprojekt systematisch ein größeres Areal nach Faustkeilen, Feuerstellen oder Tierknochen absuchen. Man und frau erhofft sich dadurch Aufschluß über die Verbreitung der frühen Menschen.

Nachzulesen ist dies in der jüngst erschienen Ausgabe 6 der Zeitschrift Archäologie in Deutschland. Nun wäre der Titel der Zeitschrift verfehlt, wenn nicht die Archäologie in der Bundesrepublik im Vordergrund stünde. Doch ein Blick über den Tellerrand hinaus ist immer lehrreich und gibt Anlaß zu Fragestellungen, die auch Rückwirkung auf die Archäologie in Deutschland haben.

Holzfunde aus der Steinzeit sind ausgesprochen selten, da organisches Material im Verlauf der Jahrzehntausende schlicht verschwindet. Doch am Rande des Braunkohlentagebaus in Sachsen konnten Archäologinnen und Archäologen kürzlich einen ganzen Kiefern– und Birkenwald freilegen. Hierbei konnten Spuren einer Sammlerinnen– und Jägergesellschaft festgestellt werden, die dort am Übergang von der letzten Eiszeit zur jetzigen Zwischeneiszeit vor etwa 14.000 Jahren gelebt haben müssen.

Womit wir bei der Ausstellung Menschen · Zeiten · Räume angelangt wären, die am 6. Dezember im Berliner Martin–Gropius–Bau bis Ende März ihre Pforten öffnen wird. Anschließend wird die Ausstellung in Bonn zu sehen sein. Bei dieser Ausstellung geht es nicht um die Präsentation von Funden schlechthin. Vielmehr sollen dort vor allem die Fortschritte der wissenschaftlichen Forschung der letzten 25 Jahre sichtbar und erfahrbar gemacht werden.

Nicht Schatzsuche und Abenteuer stehen so im Vordergrund, sondern der Nachweis, daß archäologische Forschung eine nützliche interdisziplinär arbeitende Wissenschaft ist. – Brauchen wir das wirklich? Nun, in Zeiten des Durchmarschs neoliberaler Kosten–Nutzen–Rechnungen ist es vielleicht nützlich, darauf hinzuweisen, daß nicht alles zur Ware gerinnen und in Geld umgerechnet werden muß. Der Nutzen archäologischer Forschung geht über das bloße Interesse an der Verwertung hinaus. Und das ist gut so.

Wenn wir wissen wollen, warum wir so sind, wie wir sind, ist der Blick über den Tellerrand profitorientierter Warenbeziehungen dringend erforderlich. Die Menschen der Steinzeit, der Antike oder des Mittelalters kannten trotz Herrschaft und Patriarchat, trotz Sklaverei und Leibeigenschaft noch andere Werte als Leistung, Arbeit und Geld. Dies herauszuarbeiten, ist eine wichtige Aufgabe anthropologischer Wissenschaft und Forschung.

Die Ausgabe 6 der Zeitschrift Archäologie in Deutschland ist im Theiss Verlag erschienen und kostet 9 Euro 95 Cent. Das Jahresabonnement inclusive des uneingeschränkt empfehlenswerten Sonderhefts knapp 60 Euro. Zu beziehen beim Theiss Verlag in Stuttgart oder per Internet über www.theiss.de.

Der Ausstellungsführer zur Ausstellung Menschen · Zeiten · Räume gibt einen informativen Überblick über die Themenvielfalt der Ausstellung und ihrer Konzeption. Er ist als Sonderheft der Zeitschrift Archäologie in Deutschland zum Preis von 5 Euro 80 erhältlich. Den Katalog zur Ausstellung werde ich am Montag, den 16. Dezember, um 17 Uhr ausführlich vorstellen.

Abmoderation

Ein Beitrag von Walter Kuhl für Radio Darmstadt. Dieser Beitrag ist demnächst nachzulesen auf der Internetseite www.wkradiowecker.de.vu.
 

Moderation : Katharina Mann (Sonntag), Dirk Beutel (Montag)
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Handbuch Selbstmedikation
08.12.2002 *** Wdh. 10.12.2002 Nächster Beitrag

 
Anmoderation

Wie gesund sind die Mittelchen, die uns gesund machen sollen? Die Stiftung Warentest stellte 1500 Präparate auf den Prüfstand. Walter Kuhl aus der Redaktion Alltag und Geschichte fragt daher nach dem Nutzen von Gesundheitskonzepten, die auf Eigenverantwortung setzen.

Beitrag Walter Kuhl

Gesundheitsvorsorge im Kapitalismus ist immer eine Kosten–Nutzen–Rechnung. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit hat seine Grenzen in der Finanzierbarkeit. Nun ist es ja nicht so, daß eine reiche Gesellschaft wie die deutsche nicht genügend Ressourcen hätte. Das Problem ist, daß Gesundheit etwas kostet und daß diese Kosten möglichst abgewälzt werden sollen.

In genau diese Richtung gehen die Überlegungen zur sogenannten Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Anstatt sich jedoch zu fragen, warum so viele Menschen krank werden, anstatt sich also zu fragen, warum diese Gesellschaft mitsamt ihrer Leistungsanforderungen und Umweltbedingungen krank macht, wird Krankheit zum individuellen Problem erklärt. Jede und jeder soll zukünftig selbst daran schuld sein, wenn er oder sie krank wird, wenn er oder sie nicht richtig vorsorgt oder die falschen Medikamente konsumiert.

Eigenverantwortung heißt das neue Schlagwort. Wir sind selbst daran schuld, wenn wir Mobbing psychisch nicht aushalten. Und wir sollen selbst daran schuld sein, wenn wir trotz Husten und Schnupfen zur Arbeit gehen, weil unser Arbeitsplatz in Gefahr ist. Ulla Schmidts Aufgabe im Bundesgesundheitsministerium ist es nun, die entsprechenden Rahmenbedingungen gegen den Widerstand der Betroffenen durchzusetzen. Der unsoziale Kurs der rot–grünen Koalition zeigt sich auch hier.

Vielleicht ist es ja richtig, daß viele Menschen zu oft zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Vielleicht ist es ja auch richtig, daß ihnen viel zu viele unsinnige Medikamente verschrieben werden. Doch Unsinn hin oder her – die Tatsache, daß auch unsinnige Medikamente verschrieben werden, besagt ja nicht, daß es unsinnig war, ein Medikament zu verschreiben. Es besagt nur, daß die Pharmaindustrie viele unsinnige Medikamente herstellt und natürlich auch profitabel verwerten möchte. Zu Risiken und Nebenwirkungen befrage man oder frau sie daher besser nicht. Selbst so manche Ärztin oder so mancher Arzt sind hier hoffnungslos überfordert. Also müssen sich Patientinnen und Patienten selbst informieren.

Das vor kurzem erschienene Handbuch Selbstmedikation der Stiftung Warentest ist hier sicher hilfreich. Ohne Rücksicht auf die Profitinteressen der Pharmaindustrie wird hier ein eher erschreckendes Bild verbreitet. Viele der 1500 meistverkauften Präparate für 70 untersuchte Indikationen erweisen sich als wenig geeignet. Warum das so ist, erklärt das Handbuch kompetent und auch für Laien gut nachvollziehbar.

Und in genau diese Welt der wenig geeigneten Medikamente möchte der Wirtschaftsweise Bert Rürup die Menschen zukünftig stoßen. Bei seinem Einkommen kann er sich ja eine kostenintensive Gesundheitsversorgung leisten. Und dreist wie die Propheten des Neoliberalismus meist sind, machen sie sich zum Maßstab der Welt: an ihrem Wesen soll die Welt genesen. Wer das nicht kann, soll, wie er in einem Interview mit dem Darmstädter Echo am 14.11.2002 erklärte, Bagatellkrankheiten wieder verstärkt selbst behandeln. Und wer wird schon soviel Weisheit hinterfragen? Ulla Schmidt bestimmt nicht. Die Krankenkassen und vor allem die notleidenden Arbeitgeber werden auf Kosten der Gesundheit geschont, denn die von einer angemessenen Gesundheitsvorsorge Ausgestoßenen müssen jetzt sehen, wo sie bleiben. Bert Rürup wird sich dann zurücklehnen und auf die Transparenz des Marktes verweisen. Die Marktteilnehmerinnen und –teilnehmer müssen sich nur einen genauen Überblick über den Markt verschaffen und schon handeln sie so rational, wie es das Kosten–Nutzen–Kalkül vorschreibt.

Stellt sich nur die Frage, ob in diesem Sinne die Krankenkassen als ihren Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitswesen das gewiß nicht preiswerte Handbuch Selbstmedikation für alle bei ihnen Versicherten finanzieren. Denn das von der Stiftung Warentest herausgegebene überaus nützliche Handbuch hat eigentlich nur einen gravierenden Nachteil: es kostet 34 Euro.

Abmoderation

Ein Beitrag von Walter Kuhl für Radio Darmstadt. Dieser Beitrag ist demnächst nachzulesen auf der Internetseite www.wkradiowecker.de.vu.
 

Moderation : Katharina Mann (Sonntag), Holger Coutandin (Dienstag)
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Videoüberwachung
15.12.2002 *** Wdh. 16.12.2002 Nächster Beitrag

 
Anmoderation

Mit Videokameras sichern sich die Reichen und Mächtigen dieser Welt vor den Habenichtsen, denen sie ein Leben in Würde verweigern. Die innere Sicherheit ist so gesehen immer die Sicherheit der Besitzenden vor den Besitzlosen. Doch das darf man und frau nicht so offen sagen. Also suchen sie sich die Opfer ihres Sicherheitswahns gezielt aus. In Darmstadt haben wir hierfür unsere Ordnungsknechtel, aber auch die CDU. Ein Beitrag von Walter Kuhl aus der Redaktion Alltag und Geschichte.

Beitrag Walter Kuhl

Am kommenden Dienstag tagt wieder einmal die Stadtverordnetenversammlung. Kurz vor der Landtagswahl offensichtlich Anlaß für die CDU, ihren Sicherheitswahn vorzuführen. Denn der Landtagskandidat Rafael Reißer möchte, daß jetzt endlich die Videokameras im Bereich des Kleinschmidtstegs, also bei der Goldenen Krone und der Stadtbücherei, installiert werden."Das Sicherheitsgefühl", so der CDU-Politiker, "muß unverzüglich gestärkt werden. Diese Ecke entwickelt sich zu einem Hauptumschlagsplatz für Drogengeschäfte aller Art." Das finde ich dann doch merkwürdig. Werden dort vor den Augen der kauflustigen Darmstädterinnen und Darmstädter jetzt auch Alk ohne Ausschankgenehmigung und Zigaretten steuerfrei vertickt? Oder was soll das heißen: Drogen aller Art?

Nach dieser Logik empfehle ich ein völlig neues Repressionsprogramm. Wenn es dem Herrn Reißer wirklich ernst wäre mit seiner reißerischen Sicherheitspropaganda, dann frage ich ihn, weshalb er nicht vor jeder Kneipe eine solche Kamera installieren lassen will? Doch ihm geht es ja gar nicht um Sicherheit, sondern nur um das Gefühl von Sicherheit. [Damit sollte er besser zu SAT.1 gehen: Powered by Emotion.] Denn alle – auch er – wissen, daß, wenn die Kameras installiert sind, die Drogengeschäfte einfach woanders stattfinden. Das nenne ich wahrlich eine Stärkung des Sicherheitsgefühls.

Und ich frage mich, wann der Bund der Steuerzahler eine solchen Unfug endlich als Verschwendung von Steuergeldern anprangert.

Vor einigen Jahren kochte auch in Darmstadt die Sicherheitshysterie hoch. Gemeingefährliche Handtaschenräuber versetzten ganz Darmstadt in Angst und Schrecken. Ja, tatsächlich, alle acht Tage wurde eine Handtasche geraubt. In diesen acht Tagen starben in Darmstadt an der ganz legalen und von der CDU geförderten Droge Alkohol zwei Personen eines unnatürlichen Todes. Wo bleibt da das Sicherheitsgefühl? Ja, schlimmer noch, mein Sicherheitsgefühl wird durch diese Alkoholiker (meist Männer, wie Reißer einer ist) überhaupt nicht gestärkt. Muß ich doch befürchten, daß sie sich in ihr Auto setzen und von der nicht videoüberwachten Kneipe losfahren und andere in Angst und Schrecken versetzen. Deshalb schlage ich vor, abendlichen Kneipengängerinnen und –gängern das Autofahren ganz zu verbieten und dies durch Videokameras vor allen Kneipen auch zu überwachen. Das stärkt nicht nur das Sicherheitsgefühl, nein, es macht Darmstadts Straßen auch tatsächlich sicherer.

Aber wer wird sich schon mit seinesgleichen anlegen? Doch ein Rafael Reißer nicht! Nein – zum Glück gibt es ja die bewährten Feindbilder. Schon vor der letzten Landtagswahl war Rassismus der Knüller. Jetzt wird er den sicherheitspolitischen Erfordernissen angepaßt. Denn wer dealt in Darmstadt? Deutsche? Kaum. Die können das ja meist legal machen, beispielsweise, indem sie Alk ausschenken. Also setzt die Videoüberwachung mal wieder auf die rassistische Karte. Überwacht werden sollen alle, die nicht angepaßt, auffällig und unerwünscht sind; also den Konsum und den Kaufrausch durch ihre Anwesenheit stören könnten. Ausländer halt. Denn gemeingefährliche nordafrikanische oder sonstige undeutsche Dealer versauen unsere deutsche Jugend mit Drogen, die der Gesetzgeber nicht erlaubt hat, und entziehen dem legalen Weihnachtsmarkt mit seinem Glühwein dringend benötigte Devisen.

Doch während die Drogentoten Jahr für Jahr im Darmstädter Echo gezählt werden, wird die Zahl der durch legale Drogen Getöteten wie immer bewußt verschwiegen. Und während die CDU darauf pocht, daß weiterhin sinnlos Steuergelder für ihren Sicherheitsgefühlswahn geopfert werden, könnte sie ja mal dafür sorgen, daß ihre Klientel nicht dauernd Fußgänger und Radfahrerinnen gefährdet. Mein Sicherheitsgefühl würde sich hierdurch ungemein steigern. Doch ich bin ja nicht gefragt. Kurz vor der Landtagswahl wird wieder einmal die eigene Klientel populistisch auf das richtige Kreuzchen eingeschworen.

Ach ja, ehe ich es vergesse: vor CDU–Parteibüros müssen ja auch noch Kameras installiert werden. Denn wie sollen wir sonst die allgegenwärtigen schwarzen Koffer registrieren? Ansonsten, lieber Rafael Reißer, ein Tip für's christliche Weihnachtsgeschäft: Video ist megaout, DVD ist in. Wie wär's daher mit einer DVD–Überwachung und der Abspeicherung aller Darmstädterinnen und Darmstädter auf handlichen Silberlingen?

Abmoderation

Ein Beitrag von Walter Kuhl für Radio Darmstadt.
 

Moderation : Katharina Mann (Sonntag), Dirk Beutel (Montag)
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Farben
22.12.2002 *** Wdh. 24.12.2002 Nächster Beitrag

 
Anmoderation

Farben bestimmen unser Leben. Walter Kuhl aus der Redaktion Alltag und Geschichte hat sich ein Buch angeschaut, das uns einiges über Farben, ihre Natur und ihre Bedeutung für unser Leben sagen kann.

Beitrag Walter Kuhl

Der Mensch ist ein Augentier. Doch im Gegensatz zu vielen Tieren orientiert er sich nicht nur an Licht und Schatten, Schwarz oder Weiß. Es sind die Farben, die uns Orientierung geben. Farben bestimmen unser Leben; und dies wird selbstverständlich – nüchtern berechnend – eiskalt von der Werbung und der Konsumgüterindustrie ausgenutzt. Zwar wissen wir so einiges über die psychologischen Mechanismen, die uns auf bestimmte Farbreize gezielt reagieren lassen, doch was sind Farben überhaupt?

Norbert Welsch und Claus Liebmann haben das Phänomen Farbe einmal eingehender betrachtet. Dabei geht es nicht nur um die Frage, warum nachts alle Katzen grau sind oder woher der blaue Montag seinen Namen hat (nämlich nicht vom durchzechten Wochenende). Vielmehr geht es ihnen darum, die unterschiedlichen Aspekte von Farben zu untersuchen und darzustellen.

Hierzu gehören Farbtheorien genauso wie der praktische Nutzen derartiger Theorien, etwa bei der Steuerung menschlichen Verhaltens über Farben. Offensichtlich haben die beiden Autoren jedoch noch nichts davon gehört, daß auch in Knästem Farben benutzt werden, um Gefangene ruhigzustellen oder zu desorientieren. Gerade die sensorische Deprivationsforschung hat zum Thema Isolationshaft und ihre bewußt kalkulierten Folgen so einiges zu sagen.

Farben haben eine Geschichte. In unterschiedlichen Kulturen und verschiedenen Epochen werden Farben mit Begriffen und Symboliken belegt, die angeblich diesen Farben innewohnen sollen. Jedoch gibt es keine einheitliche, sozusagen universale Bestimmung. Nein, die Menschen machen sich ihre Farbsymbolik selbst, um ihr Leben als fremdbestimmt hinstellen zu können. Die Astrologie lebt beispielsweise auch von diesem Unsinn, den Welsch und Liebmann klar herausarbeiten.

Die Wahrnehmung von Farben durch das menschliche Auge hat natürliche Ursachen. Also geht es im Farbenbuch von Welsch und Liebmann auch um den physikalischen Sachverhalt, aber genauso um die chemischen Prozesse, welche die Farben hervorbringen. Als praktisches Beispiel einer solchen chemischen Betrachtung gibt es noch einen Tip, wie man und frau Textilien beispielsweise mit Indigo blau färben kann.

Technische Anwendungen von Farben bestimmen ohnehin unser Leben. Computer sind ohne Farben gar nicht mehr zu denken; und wer denkt schon noch mit Grausen an die ersten Schwarz–Weiß– oder gar die nervigen Grünmonitore der Computersteinzeit? Welsch und Liebmann zeigen hier, wie Computerfarben entstehen und eingesetzt werden. Nebenher geht es in unser multimedialen Welt auch um den praktischen Nutzeffekt des am Bildschirm zu sehenden – also um den Druck. Doch beim Druck gibt es ein anderes Farbmodell als am Bildschirm. Die beiden Autoren erläutern den Unterschied.

Leider haben sich einige kleine Fehler in das Buch eingeschlichen, die jedoch nicht wesentlich ins Gewicht fallen. So wurde bei der Farbe Blau ein fahrender Interregio spiegelverkehrt abgedruckt oder bei der Darstellung der Farbe Gelb ein Kornfeld abgebildet, das aber nicht gelb, sondern bräunlich schimmert. Aber abgesehen von derartigen Kleinigkeiten handelt es sich um ein ungemein informatives Buch, das zum Nachschlagen wie zum Schmökern einlädt.

Das Buch über Farben von Norbert Welsch und Claus Liebmann ist also ein umfassendes Nachschlagewerk mit theoretischem Tiefgang. Es eignet sich besonders als repräsentatives Geschenk zu Weihnachten oder zu sonstigen Anlässen. Denn auf den über 400 Seiten finden wir rund 300 farbige Abbildungen, die das Erklärte auch visuell erfahrbar machen – und das in einer besonders ansprechenden Aufmachung. Ein schönes und ein nützliches Buch. Farben von Norbert Welsch und Claus Liebmann ist im Spektrum Akademischer Verlag zum Preis von 49 Euro 95 erschienen.

Abmoderation

Ein Beitrag von Walter Kuhl für Radio Darmstadt. Dieser Beitrag ist demnächst nachzulesen auf der Internetseite www.wkradiowecker.de.vu.
 

Moderation : Katharina Mann (Sonntag), Holger Coutandin (Dienstag)
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It's a Sony
29.12.2002 *** Wdh. 07.01.2003 Nächster Beitrag

 
Anmoderation

Weihnachten ist vorbei, die Geschenke sind ausgepackt. Doch was passiert, wenn irgendwann das schöne neue Gerät repariert werden muß? Radio Darmstadt schickte ein Testgerät auf die Reise. Hier unser Erfahrungsbericht. Ein Beitrag von Walter Kuhl aus der Redaktion Alltag und Geschichte.

Beitrag Walter Kuhl

Viel versprechen die Hersteller, wenn sie ihre Geräte an den Mann und die Frau bringen wollen. Hi Tech vom Feinsten, mit vielen Extras und Sonderangeboten. Doch was, wenn das hochgelobte Gerät – möglichst nach Ablauf der Garantie – seinen Geist aufgibt? Auch bei Radio Darmstadt machen die Studiogeräte nach all dem Dauerstreß irgendwann einmal schlapp. Eines dieser Profigeräte der Firma Sony mußte daher zur Reparatur geschickt werden. Zwei Fehler galt es zu beheben.

Zum einen war das Gerät, ein MiniDisc Recorder, nicht mehr in der Lage, die Tracks abzuspielen, die auf demselben Gerät aufgenommen worden waren. Zum anderen müssen Studiogeräte eingepegelt werden – hierzu gibt es eine Pegelschraube; die war abgebrochen.

Doch wohin schicken? Im Internet wurden wir fündig. Wir wählten die Servicenummer und wollten wissen, an welches Service–Center das Gerät geschickt werden sollte. Der Servicemann am Telefon schien kompetent und erklärte, daß Profigeräte nicht nach Fellbach bei Stuttgart zu schicken seien, sondern nach Unterschleißheim bei München. Er suchte nach der Adresse, doch fand sie nicht. Er versprach zurückzurufen – auf diesen Anruf warten wir noch heute.

Also schickten wir das Gerät nach Fellbach. Der Servicemann hatte ja erklärt, daß Profigeräte automatisch nach Unterschleißheim weitergeschickt würden. Also vertrauten wir seinen Angaben und schickten das Gerät los. Zwei Wochen später kam es zurück. Per Nachnahme. So gesehen kauften wir zwar nicht die Katze, aber die Reparatur im Sack. Und ärgerten uns. Denn die Pegelschraube wurde nicht ersetzt. Obwohl die Serviceabteilung in Fellbach einen fetten Aufkleber auf dem Gerät angebracht hatte: Siehe Schreiben: Die Pegelschraube ist defekt.

Offensichtlich ist das Lesen in Fellbach nicht weit verbreitet. Pisa läßt grüßen. Nach dieser nur halb ausgeführten Reparatur öffnete unsere Technikerin das Gerät selbst und ersetzte die defekte Pegelschraube. Materialwert: 50 Cent. So viel zu Sony und seinen innovativen Produktideen.

It's a Sony? Wenn das Sony ist, dann lautet das Testurteil: mangelhaft. Test nicht bestanden.

Abmoderation

Ein Beitrag von Walter Kuhl für Radio Darmstadt. Dieser Beitrag ist im Internet nachzulesen auf der Homepage www.wkradiowecker.de.vu. Er wurde auf dem reparierten MiniDisc–Recorder abgespielt – diese Reparatur war ja immerhin erfolgreich.
 

 
Das Sendemanuskript dieses Beitrags erreichte auf Umwegen die Sony Kundenbetreuung. Radio Darmstadt erreichte folgendes Schreiben :

Sehr geehrter Herr Kuhl,

unsere Pressestelle hat mir Ihr Schreiben anvertraut.

Ich bedauere sehr, dass die Abwicklung einer Reparatur in unserem Hause zu einem großen Ärgernis für Sie führte. Sie mussten erleben, dass Ihr Reparaturauftrag nicht in vollem Umfang berücksichtigt wurde; und dies bei einem Gerät, das Sie im Sendebetrieb nutzen. Bereits bei der Nachfrage, wo das Gerät repariert werden kann, entstand eine Verärgerung durch einen nicht erfolgten Rückruf. Es ist mir ein persönliches Anliegen, mich bei Ihnen in aller Form für die entstandenen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Mühe, die Sie sich mit der detaillierten Rückmeldung in Ihrem Schreiben machten. Dadurch war es mir möglich, die Ursache für den unglücklichen Verlauf Ihrer Reparatur nachzuvollziehen und für die Zukunft Abhilfe zu schaffen, damit eine Panne dieser Art erst gar nicht entstehen kann.

Ihre Zufriedenheit mit uns liegt mir sehr am Herzen. Als Zeichen meines Bedauerns erstatte ich Ihnen im Rahmen einer Kulanz den Reparaturbetrag in voller Höhe. […]

Ich würde mich sehr freuen, sehr geehrter Herr Kuhl, Sie auch in Zukunft, trotz der erlebten Panne, zu unseren zufriedenen Kunden zählen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Sony Deutschland GmbH
Kundenbetreuung
i.A.
Karl–Heinz Hendricks

Manchmal ist es von Vorteil, ein Medienbetrieb zu sein. Die Reaktion kam prompt und durchaus zufriedenstellend. Wollen wir einmal hoffen, daß in Zukunft auch andere Sony–Kundinnen und –Kunden hiervon profitieren können. – Ein Jahr später schickten wir erneut ein Gerät zur Reparatur zu Sony. Dieser Test fiel nicht besser aus: hier der Testbericht.
 

Moderation : Katharina Mann (Sonntag), Holger Coutandin (Dienstag)
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Diese Seite wurde zuletzt am 1. Oktober 2005 aktualisiert.
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