Wandgemälde Ausschnitt
Wandgemälde, Hafenstraße in Hamburg, 1990 (Ausschnitt)

Kapital – Verbrechen

Widerstand ist zwecklos

Sendemanuskript

Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte

Radio: Radio Darmstadt

Redaktion und Moderation: Walter Kuhl

Ausstrahlung am:

Montag, 25. April 2005, 17.00 bis 18.00 Uhr

Wiederholt:

Montag/Dienstag, 25./26. April 2005, 23.10 bis 00.10 Uhr
Dienstag, 26. April 2005, 08.00 bis 09.00 Uhr
Dienstag, 26. April 2005, 14.00 bis 15.00 Uhr

Zusammenfassung:

Der kapitalistische Normalzustand kennt keinen Widerstand, und gibt es ihn, wird er publizistisch denunziert und mit den klassischen Methoden der Repression behandelt. Dennoch schwingt in einzelnen Büchern ein Moment der Unbeugsamkeit mit, der auch durch Hochsicherheits­trakte nicht ausgelöscht werden kann.

Besprochene Bücher:

Zur Neoliberalisierung von Radio Darmstadt und seinem Trägerverein und zur Ausgrenzung mehrerer Mitglieder meiner Redaktion seit 2006 siehe meine ausführliche Dokumentation.


Inhaltsverzeichnis


Wir sind die Borg 

Wir sind die Borg. Deaktivieren Sie Ihre Schutzschilde und ergeben Sie sich. Wir werden Ihre biologischen und technologischen Charakteristika den unsrigen hinzufügen. Ihre Kultur wird sich anpassen und uns dienen. Widerstand ist zwecklos. [1]

Jingle Alltag und Geschichte

Fünfhundert Jahre Kapitalismus bedeuten fünfhundert Jahre Eroberung, Plünderung, Massenmord, Hunger, Armut und Elend. Millionen Menschen wurden versklavt und unter unwürdigsten Bedingungen gefangen gehalten und ausgebeutet. Das verbrecherische Nazi-Regime war hier nur die Spitze eines Eisberges. Der Eisberg trudelt immer noch im Meer der Marktwirtschaft. Wir sind die Borg. Oder genauer: alle diejenigen, die mitmachen und profitieren, und erst recht alle, die befehlen und regieren, und auch diejenigen, welche ideologische Schützenhilfe in Rundfunk und Fernsehen, in Büchern und Zeitungen geben.

Was –wie die Borg – wie eine technologisch aufgeblasene Geschichte des 24. Jahrhunderts daherkommt, ist kapitalistischer Normalzustand. Kulturen wurden zerstört und deren Errungenschaften abtransportiert und in Museen ausgestellt. Vieles dient auch heute noch der herrschenden Klasse als Requisit für gehobenen Lebensstil. Orientteppiche und Seiden­spinnereien wandern genauso zu uns wie Kaffee und Kakao, Öl und strategische Rohstoffe. Abgebaut, weggeschafft und hergestellt unter menschenverachtenden Bedingungen. Kinderarbeit, Frauenunterdrückung, Militarismus und der Internationale Währungs­fonds sind hierbei unerläßlich.

Und auch hierzulande eignen wir uns fremde Kulturen an, wenn wir die multikulturelle Folklore konsumieren, wenn wir die uns eigentlich fremde Küche genießen, auf Konzerten mit internationaler Musik abhotten, uns an exotischen Klängen berauschen oder im Urlaub an den Sandstränden uns mit der Idylle eines überhaupt nicht idyllischen Lebens etwas vormachen. Die Zurichtung ganzer Länder auf die Tourismus­industrie hat mehr mit der Assimilation durch die Borg zu tun, als uns lieb sein kann. Der einzige wirkliche Unterschied besteht darin, daß den Menschen der Dritten Welten selten die Gelegenheit gegeben wird, sich zu regenerieren. [2]

Widerstand ist zwecklos. So hätten sie es gerne. Doch die Geschichte von fünfhundert Jahren der Zivilisationserrungen­schaft Kapitalismus bedeuten ebenso fünfhundert Jahre Auflehnung und Widerstand, Befreiungskriege und unsäglich viele Niederlagen. Der globale Wahnsinn hat sein Zentrum in den Metropolen des Kapitals. Die Befreiung von diesem Wahnsinn kann daher auch nur gelingen, wenn die Verhältnisse hierzulande zum Tanzen gebracht werden. Manchmal ist es vielleicht angebracht, den Verhältnissen ihre eigene Melodie vorzuspielen [3]. Meine heutige Sendung soll dazu beitragen.

Am Mikrofon für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt ist Walter Kuhl.

 

Sieger ohne Moral

Die Geschichtsschreibung nach 1989 ist eine Geschichts­schreibung der Sieger. Der realsozialistische Versuch, aus der Umklammerung des Weltmarktes und seiner imperialistischen Mächte auszubrechen, war gescheitert. Vieles, was die Menschen in den Jahren nach 1917 an Hoffnungen mit diesem Aufbruch verbunden hatten, wurde sehr schnell durch die stalinistische Reaktion zerstört. Der Glaube an den Kommunismus als eine Gesellschaftsform, welche ohne Ausbeutung und Herrschaft auskommt, wurde sträflichst von den damit verbundenen Illusionen befreit.

Aber es ist dennoch nicht so, daß der Kapitalismus das Wahre und Richtige ist, nur weil er gesiegt hat. Es sind nicht die Borg, welche die Kriterien für Wahrheit bestimmen, sondern die Menschen, die sich gegen dieses Unrecht zur Wehr setzen. In den 1960er Jahren gab es deshalb den ersten wirklich weltweiten Aufbruch in eine utopische, mitunter romantisierende, aber immer auch eine bessere Welt fordernde Zukunft. Wie wir heute wissen, ist dieser Aufbruch weitgehend gescheitert. Die Borg sitzen weiter an den Schalthebeln der Macht. Aber sie können die Widersprüche ihres verbrecherischen Systems nicht zudecken. Die Widersprüche brechen immer wieder auf. Der globale Kapitalismus bringt seine Totengräber immer wieder neu hervor [4]. Das kann auch gar nicht anders sein. Der in Darmstadt lebende spanische Philosoph Heleno Saña hat in seinem Buch „Macht ohne Moral“ sehr richtig festgestellt,

je zynischer die Welt wird, desto dringender und notwendiger ist es, sich für ein ethisches Verhalten zu entscheiden. Das Ziel dieser Wahl kann kein anderes sein, als möglichst human zu handeln. [5]

Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Humanitäts­geseiere unserer herrschenden Klasse. Ob Papst oder Bundespräsident, Arbeitgeberchef; Außenminister oder Spendensammler. All diese Menschen betrachten Menschlichkeit als ein Geschäft. The proof of the pudding is in the eating – oder auf Deutsch: nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten sind sie zu messen. Deshalb noch einmal Heleno Saña:

»Wer nicht revoltiert, ist kein wahrer Mensch« hat mein Landsmann Miguel de Unamuno geschrieben, kein »hombre de verdad«. Damit erfasst er das ganze Wesen der Revolte, das darin besteht, unsere Selbstachtung und unser Selbstbestimmungs­recht bis zur äußersten Konsequenz und unter allen Umständen zu bejahen und zu verteidigen. [6]

Der Aufbruch der 60er Jahre, die Befreiungskämpfe in den Kolonien und Diktaturen, die Revolte der Studentinnen und Studenten in den Metropolen, der Pariser Mai 1968 und die Ghettoaufstände in den USA stehen in dieser Tradition. Damals verkündete der weltweit geachtete afroamerikanische Politiker Malcolm X, daß der Befreiungskampf mit allen hierzu erforderlichen Mitteln geführt werden müsse. Wenn es sein muß, dann auch mit Gewalt. Aber Gewalt muß immer auch reflektiert werden. Gewalt ist kein Mittel an sich, auch keine ultima ratio. Wenn wir festhalten, daß Kapitalismus Gewalt ist, was können diejenigen, die gegen ihn aufstehen, Schlimmeres anstellen, als fünfhundert Jahre Mord und Totschlag, Sklaverei und Völkermord vermochten?

Buchcover Birgit HogefeldVielleicht ist es hier angebracht, eine einzige Zahl zu nennen. Wenn wir die offiziellen Statistiken der UNO zur Hand nehmen, dann sind in den sechzig Jahren seit Ende des Zweiten Weltkriegs weltweit eine halbe Milliarde Kinder an Hunger oder leicht heilbaren Krankheiten gestorben. Fünfhundert Millionen Kinder, die aufgrund des technologischen und materiellen Entwicklungs­standes unserer globalen Gesellschaft nicht hätten sterben müssen. Die nur deshalb gestorben sind, weil es nicht profitabel war, sie zu kleiden, zu ernähren, sie gesundheitlich zu versorgen und ihnen sauberes Trinkwasser zu geben. Soviel zur Humanität unserer globalen Welt.

Die Revolte der 60er Jahre erfaßte auch Deutschland. Die Studenten­bewegung erreichte mehr, als damals gesehen wurde, allerdings auch anderes, als damals gewollt war. Gerhard Schröder und Joschka Fischer, späte Überlebende der 68er, machen heute dieselbe Politik, gegen die damals auf die Straße gegangen wurde. Ende der 60er zerfiel diese Bewegung. Neben kommunistischen Kleinstparteien, Spontis, feministischen Frauengruppen und dem Marsch durch die Institutionen entstand auch eine kleine Stadtguerilla. Sie nahm die Herausforderung ernst, diese Verhältnisse verändern zu wollen – by all means necessary.

Schon damals und auch heute wurden die Rote Armee Fraktion, die Bewegung 2. Juni und die Revolutionären Zellen als terroristisch bezeichnet. Richtig ist, daß ihre Strategie den Tod von Menschen in Kauf nahm, auch von Menschen, die beim besten Willen nicht als Beteiligte des als mörderisch bekämpften Systems zu begreifen sind. Das RAF-Mitglied Birgit Hogefeld, die in den 90er Jahren in einem skandalösen Schauprozeß vom Oberlandes­gericht Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist [7], fragte hierzu:

Zum einen, wie konnte es dazu kommen, daß Menschen, die aufgestanden waren, um für eine gerechte und menschliche Welt zu kämpfen, sich soweit von ihren ursprünglichen Idealen entfernten, und zum anderen, wie konnte eine Gruppe wie die RAF sich derart von der sozialen Realität im eigenen Land entfernen? [8]

Birgit Hogefeld untersuchte in einer ihrer Prozeßer­klärungen, weshalb beispielsweise der US-Soldat Pimental 1985 einfach erschossen wurde, nur um an seine Identitätskarte zu gelangen. Was hat dies noch mit revolutionärer Moral zu tun? Und doch ist es eine andere Fragestellung als die, welche seit über dreißig Jahren der RAF vorgehalten wurde, nämlich ob sie nicht Schuld empfinde für den Tod der von ihr erschossenen und durch Bomben getöteten Menschen.

Diejenigen, die aus ganz bestimmten, nämlich denunziatorischen Interessen danach fragen, haben den heutigen Bundespräsi­denten keinesfalls danach gefragt, wieviel Schuld er in seinen zweieinhalb Jahren als Chef des Internationalen Währungsfonds auf sich geladen hat. Und um auch hier die Dimensionen einmal klar zu machen. Die RAF hat in ihrer fast dreißigjährigen Geschichte etwa 34 Menschen getötet. So etwas bekommt die globale Weltwirtschaft unter Führung des Internationalen Währungsfonds alle zwei Minuten hin. Ich frage euch besser nicht, was von beiden als terroristisch gilt und was als – wie sagte Marx so richtig? wenn auch in einem anderen Zusammenhang – tote Kosten der Produktion [9].

Es ist ohnehin ein erstaunliches Phänomen, das uns alltäglich begegnet, ohne daß wir uns darüber allzu viele Gedanken machen würden: von den Opfern von Gewalt, Beleidigung, Erniedrigung oder Mißachtung wird Rechenschaft über die Wahl ihrer Mittel verlangt, mit denen sie sich zur Wehr setzen. Die Täterinnen und Täter hingegen kommen – wie so oft – ungeschoren davon.

 

Falsche Ikonen

Ich sprach bewußt von der Geschichts­schreibung der Sieger. Soweit es heute Abhandlungen zur Geschichte der Roten Armee Fraktion gibt, sind sie von den ideologischen Gefolgsleuten der Sieger geschrieben worden. Eine – womöglich gar selbstkritische – Geschichte der RAF aus den Reihen derjenigen, die im Verlauf ihrer Geschichte dabei waren, fehlt hingegen. Wir müssen uns daher zum Verständnis eines Phänomens, das tatsächlich einmal als existenzielle Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland gegolten hat, auf Bruchstücke verlassen, Bruchstücke, die einzelne aus RAF und 2. Juni uns hinterlassen haben.

Die erste Geschichte der Sieger hat 1985 der heutige Spiegel-Chef Stefan Aust geschrieben. Seine Darstellung – der „Baader-Meinhof-Komplex“ – ist wegweisend geworden und wurde weitgehend als die Wahrheit übernommen. Kaum eine oder jemand hat sich die Mühe gemacht, den Ungereimtheiten seines Buches nachzugehen. Insbesondere die Quellen, auf die sich Aust stützt, sind in nicht unerheblichem Maße gar nicht öffentlich zugänglich. Ohnehin ist Quellenkritik in diesem Buch nicht seine Stärke. Denn er hätte nachfragen müssen, wer aus welchem Interesse heraus ihn mit welchen Quellen gefüttert hat. Aber wenn man auf diese Quellen angewiesen ist, stellt man sie auch nicht in Frage. [10]

Ein ähnlich quellenunkritisches Buch hat letztes Jahr der Jurist und Journalist Butz Peters herausgebracht. Seine Geschichte der RAF trägt den Titel „Tödlicher Irrtum“. Dieses Buch stellt sozusagen die auf den neusten Stand gebrachte Erzählung von Stefan Aust dar. Ungeschickter­weise – zumindest für den Autor – läßt sich die Mangelhaftigkeit der Darstellung nachweisen.

Stefan Aust faßte seinerzeit die Legenden über Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof zusammen. Hierzu gehört die seither immer wieder nacherzählten Geschichte des dämonischen Andreas Baader und der eiskalten Gudrun Ensslin, welche die sensible Ulrike Meinhof mit ihren Vorwürfen und Gemeinheiten in den Tod getrieben habe. Wie wenig hiervon wahr ist, erhellt sich nur für diejenigen, welche genauer nachfragen und die die Fakten auch zur Kenntnis nehmen. Eine sehr sympathische Abhandlung auch über den angeblich dämonischen Andreas Baader hat vor zwei Jahren ein früher Weggefährte mit verfaßt.

Der Schriftsteller Daniel Dubbe traf sich mit Thorwald Proll und gewann hierbei ein gänzlich anderes und dennoch stimmiges Bild des Mitbegründers der Roten Armee Fraktion. Daniel Dubbe sprach zudem mit Gabriele Rollnik, einem Mitglied der Bewegung 2. Juni, die 1976 aus einem Berliner Gefängnis ausbrechen konnte. Auch hier werden Facetten der Untergrundtätig­keit erkennbar, welche weder bei Stefan Aust noch bei Butz Peters Erwähnung finden.

Doch wer war Gudrun Ensslin? Ihre Schwester Christiane und ihr Bruder Gottfried haben kürzlich das Buch „»Zieht den Trennungsstrich, jede Minute»“ mit Briefen ihrer Schwester aus dem ersten Jahr im Knast veröffentlicht. Hier wird eine Frau sichtbar, die so gar nicht den Klischees von Aust und Peters entspricht.

Die Geschichte der RAF wäre nicht vollständig ohne den Kampf gegen ihre Haftbedingungen. Isolationshaft wurde in den 70er Jahren als weltweiter Standard eingeführt und traf auf Widerstand. Mit betroffen von der Isolierung der Gefangenen waren auch ihre Anwältinnen und Anwälte. Die 70er Jahre sind nicht zuletzt durch gezielte Gesetzesänderungen gekennzeichnet, die eine politische Verteidigung verhindern, wenn nicht gar unmöglich machen sollten. Am Rande mit betroffen war der Rechtsanwalt Hellmut Brunn, der zusammen mit dem Journalisten Thomas Kirn das Buch „Rechtsanwälte Linksanwälte“ verfaßt hat.

In dieser Sendung werde ich diese fünf in den letzten beiden Jahren erschienenen Bücher vorstellen und herausarbeiten, welche Lektüre sich lohnt und welche eher ein Ärgernis darstellt. Eine Geschichte der RAF, die weitaus mehr ist als eine Kolportage, fehlt jedoch weiterhin. Ob sie jemals geschrieben werden wird, ist zweifelhaft. Nur auf dem kulturellen Sektor gibt es Ansätze einer Aufarbeitung, meist jedoch eine, die nicht versteht und wohl auch nicht verstehen will, warum Widerstand by all means necessary aus dem damaligen Kontext heraus sinnvoll erscheinen mußte. Solange die RAF und der 2. Juni zu Pop-Ikonen verkommen, müssen wir mit Bruchstücken der Erkenntnis leben.

 

Eine künstliche Ausstellung

In Berlin wurde am 29. Januar [2005] die Ausstellung Zur Vorstellung des Terrors. Die RAF eröffnet. Im Vorfeld gab es hierzu eine sehr heftig geführte Kontroverse, die belegt, daß die staatlichen Repräsentanten auch 28 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ immer noch allergisch auf jede noch so harmlose Lebensäußerung reagieren. Die zunächst beantragten Fördermittel für diese Ausstellung aus dem hauptstädtischen Kulturfonds wurden dann doch nicht in Anspruch genommen. Man und frau wollte sich nicht in der künstlerischen Ausdrucksform knebeln lassen. Seit vergangenen Dienstag wird eine Filmreihe zur Ausstellung gezeigt. Hierzu ein Beitrag von Bernd Sobolla, der letzte Woche in der Nacht zum Mittwoch im Deutschlandfunk gesendet wurde.

 

Kein Justizirrtum

Besprechung von : Hellmut Brunn / Thomas Kirn – Rechtsanwälte Linksanwälte, Eichborn Verlag 2004, € 22,90

Der geschauspielerte Andreas Baader sprach in dem gerade gesendeten Beitrag [11] davon, daß er als RAF-Mitglied nicht an demokratische Mittel gebunden sei, aber sein Gegenüber, also der Stammheimer Strafsenat hingegen schon. Hier wird ein Dilemma sichtbar, dessen Auflösung nur dann gelingt, wenn wir uns kurz vergegenwärtigen, welchen Zweck politische Justiz hat.

Das Rechtsstaatsgebot ist im Grunde genommen eine juristische Fiktion. Es soll im Rahmen der herrschenden Verhältnisse gewährleisten, daß die Rechtssubjekte über ein gewisses Maß an Rechtssicher­heit verfügen, also sie nicht der Willkür unterliegen. Dies alles ist möglich, solange sich alle an die Spielregeln halten. Wer jedoch diese Verhältnisse in Frage stellt, weil sie inhuman und mörderisch sind, weil sie Ausbeutung verrechtlichen und Armut und Elend ermöglichen, ja geradezu erfordern, der oder die stellt sich außerhalb der Gesetze.

Buchcover Rechtsanwälte LinksanwälteDas Spannende an dieser Fragestellung ist, daß der Staat nicht im herrschaftsfreien Raum agiert, sondern zugunsten der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse einzugreifen hat. Wird er in Frage gestellt, wäre es widersinnig, von ihm zu erwarten, er hielte sich an seine eigenen Spielregeln. Dementsprechend halten alle Staaten, die etwas auf sich halten, Aufstandsbekämpfungs­pläne vor, die natürlich – dem Rechtsstaats­gebot entsprechend – rechtlich korrekt eingefaßt werden. In Deutschland sind das die Notstandsgesetze, in anderen Staaten wird der Ausnahmezustand anders geregelt, etwa als Maßnahme der nationalen Sicherheit getarnt in den USA.

Und deshalb hat die Justiz zuweilen ein Problem. Sie muß rechtlich aburteilen, was eine politische Frage ist. Deswegen heißt diese Justiz auch politische Justiz. Die 68er erfuhren dies nicht als erste. Schon in der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik verurteilte die Justiz diejenigen, welche es wagten, die herrschende Gesellschafts­ordnung in Frage zu stellen. Egal ob durch Flugblatt oder Banküberfall oder mittels bewaffneten Kampfes – die Keule des Gesetzes schlug unbarmherzig zu. Deshalb sind alle Versuche, die staatlichen Maßnahmen der 60er und 70er Jahre als Überreaktion zu begründen, zum Scheitern verurteilt. Der Staat hat nicht überreagiert, sondern das getan, was man und frau in einer solchen Situation von ihm erwarten kann, erwarten muß.

Die 70er Jahre waren in gewisser Weise auch Experimentierfeld. Der Bevölkerung mußte klargemacht werden, daß Gesetzesver­schärfungen notwendig sind. Sie mußte daran gewöhnt werden, daß bewaffnete Einheiten zum normalen Straßenbild gehören. Dies wurde beispielsweise durch einen Bundesfahndungs­tag mit allgemeinen Personen- und Kraftfahrzeug­kontrollen eingeübt. Angeblich war die terroristische Herausforderung an den Rechtsstaat daran Schuld. Dies ist jedoch ein Mythos.

Die innere Aufrüstung der Bundesrepublik Deutschland begann, bevor es die RAF gab. 1969 kam die sozialliberale Koalition an die Regierung. Während Willy Brandt den genialen Begriff erfand, man müsse mehr Demokratie wagen, was wahr ist, denn für den kapitalistischen Staat ist Demokratie immer ein Wagnis, wurde noch im selben Jahr 1969 das Bundes­kriminalamt aufgestockt. Da gab es die RAF noch nicht. Der Schock kam woanders her. Spätestens seit dem Mai 1968 in Paris stand die Revolution auf der Tagesordnung. Heute mögen wir darüber lächeln, damals war das Ernst. [12]

Warum diese lange Einleitung? Nun, die innere Aufrüstung fand auch im Justizwesen statt. Politischer Delikte Angeklagte wurden durch politische Anwälte verteidigt, die selbstverständ­lich das ihnen zustehende Recht nutzten, die Normen des Rechtsstaates gegen diesen anzuwenden. Diese Rechtsanwälte wurden schnell Linksanwälte genannt. Daher auch der Titel des Buches „Rechtsanwälte Linksanwälte“ aus dem Eichborn Verlag. Die Autoren – der Jurist Hellmut Brunn und der Journalist Thomas Kirn – zeichnen die Entwicklung der rechtsstaatlichen Aufrüstung in einzelnen Facetten nach. Herausgekommen ist allerdings eher ein Ärgernis.

Buchcover StammheimNun würde es zuweit führen, all die Fehler und Ungenauigkeiten dieses Buches herauszustellen. Jedoch läßt sich als stilistische Methode das Einstreuen von unbewiesenen Behauptungen finden. So heißt es auf Seite 97, Gerüchte um Andreas Baader seien unbewiesen und unwiderlegt – warum wird solch Haltloses wiedergegeben? Oder auf Seite 48 steht geschrieben, in einem Plattenspieler sei »wohl« die Schußwaffe versteckt gewesen, mit der Andreas Baader zu Tode kam. Ist es Aufgabe eines Rechtsanwalts, Gerüchte zu kolportieren oder Sachverhalte mit vermutenden Floskeln festzuschreiben?

Dann verstehe ich, wenn der eine Autor auf Seite 118 darüber jammert, daß die Linke in ihrer Kritik an politischen Verfahren an den juristischen Gegebenheiten vorbeiargumentiert hätten. Das klingt nach beleidigter Standesehre. Zum Verständnis der Entwicklung politischer Justiz trägt es wenig bei. Das soll nicht heißen, daß das Buch wertlos ist. Gerade weil vieles in Vergessenheit geraten ist, ist es nützlich, daran zu erinnern. Aber so unsystematisch, wie dies im Buch entwickelt wird, trägt es nicht gerade zum Erkenntnisgewinn bei. Schade eigentlich.

Wer wirklich verstehen will, was die justizielle Aufrüstung der 70er Jahre mit den Möglichkeiten des Verteidigeraus­schlusses, der Verfahrensstraffung und der Kontaktsperre mit politischer Justiz zu tun haben, sollte das „Stammheim“-Buch von Pieter Bakker-Schut zur Hand nehmen [13]. Wer geschichtliche Aufarbeitung in Anekdotenform liebt, kann es auch beim Buch „Rechtsanwälte Linksanwälte“ von Hellmut Brunn und Thomas Kirn belassen. Es ist letztes Jahr bei Eichborn erschienen und kostet 22 Euro 90.

 

Viel Text, aber keine Geschichtsschreibung

Besprechung von : Butz Peters – Tödlicher Irrtum, Argon Verlag 2004, €24,90

Weniger ein Ärgernis als vielmehr grundsätzlich problematisch ist die erweiterte Fassung eines schon älteren Buches von Butz Peters. Er gibt darin vor, „Die Geschichte der RAF“ zu schreiben, und nennt sie einen „Tödlichen Irrtum“. Herausgekommen ist allerdings eher eine an staatlichen Quellen festklebende Abhandlung, die an entscheidenden Punkten ziemlich ungenau ist. Der Autor gibt im Vorwort selbst zu, eigentlich nicht die Geschichte der RAF geschrieben zu haben, sondern das, was sie angerichtet hat. Und das ist doch etwas ganz Anderes!

Buchcover Butz PetersNun ist nicht zu bezweifeln, daß die Geschichte des bewaffneten Kampfes in der Bundesrepublik Deutschland viele Tote hinterlassen hat. Doch ist der Autor nicht in der Lage, die RAF als Zerfallsprodukt der Studentenbewe­gung zu verstehen und damit auch ihre historische Legitimation. Auch wird er wohl kaum erklären können, warum noch 1972, nach zwei Jahren Terroristenhysterie, über 20% der Bevölkerung bereit waren, gegenüber ihnen Wildfremden zuzugeben, sie würden Mitglieder der Roten Armee Fraktion bei sich übernachten lassen. Das war allerdings ein Politikum allerersten Ranges! Und genau hier setzte die psychologische Kriegsführung des Staates und seiner Ideologie­produzentinnen und -produzenten an.

Wer ein bißchen Ahnung von einschlägigen Schriften hat, die sich mit präventiver Konterrevolution (oder auf deutsch: Aufstandsbe­kämpfung) befassen, wird schnell darauf stoßen, daß ein wichtiger Handlungsansatz in der sogenannten Delegitimierung des politischen Gegners besteht. Der Begriff des „Terrorismus“ eignet sich hier wie kein zweiter. Zu dieser Delegitimierung gehörten dann auch Behauptungen, die RAF wolle während der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 ein Fußballstadion mit Raketen beschießen oder das Trinkwasser von Stuttgart vergiften. Selbst 1993 noch behauptetete der damalige Generalbundes­anwalt wider besseres Wissen zunächst, daß Birgit Hogefeld sich in Bad Kleinen an der Schießerei beteiligt habe.

Hier kartet Butz Peters nach, indem er behauptet, Wolfgang Grams habe den Polizeibeamten Michael Newrzella erschossen. Das steht zwar auch so im Urteil des Oberlandes­gerichts Frankfurt gegen Birgit Hogefeld. Aber würde Butz Peters so etwas wie Quellenkritik betreiben, hätte er darauf stoßen können, daß der 5. Strafsenat des Oberlandes­gerichts Frankfurt sich alle Mühe gegeben hatte, Widersprüche zu dieser Version nicht zuzulassen. Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß ich das Verfahren gegen Birgit Hogefeld als Prozeßbesucher beobachtet habe, was mir den gewissen Erkenntnisvor­sprung gibt, um es als skandalös zu umschreiben. [14]

Butz Peters breitet seine Geschichte der RAF auf sage und schreibe 863 Seiten aus; und man und frau fragt sich, wer dieses Buch lesen soll. Mag sein, daß es eher als Nachschlagewerk zu verstehen ist oder zum Durchblättern einladen soll, dafür spricht auch das ausführliche Register. Sollten jedoch jemals diejenigen, die jahrelang in der RAF organisiert waren, einmal mehr als die bisherigen Bruchstücke erzählen oder schreiben, könnte es gut sein, daß Butz Peters' Buch eher als Fallbeispiel dafür dient, wie man und frau einseitige Wälzer besser nicht schreibt. Sich dabei auf die Akten der Bundesanwalt­schaft und die daran angepaßten Urteile der Staatsschutzsenate zu verlassen, ist – wie schon angedeutet – töricht. Gerade die Anklageschriften der Bundesanwalt­schaft sind ein Musterbeispiel für fiktionale Texte. Sie lesen sich mit einer absoluten Gewißheit, so als sei die Bundesanwalt­schaft bei jeder angeklagten Straftat unmittelbar dabei gewesen [15]. Entsprechend unbeirrt hält sie auch in ihren Plädoyers daran fest, selbst dann, wenn die Beweisaufnahme die Haltlosigkeit dieser Fiktionen aufzeigt.

Aber solange die Gerichte ihrem Auftrag auf Aburteilung nachkommen, ist das alles kein Problem. Zum Problem wird es jedoch dann, wenn sich die Geschichts­schreibung darauf stützt. Manchmal ist Quellenkritik eben doch sinnvoll. Das sollte der Jurist und Journalist Butz Peters eigentlich in seiner Ausbildung gelernt haben. Aber vielleicht gilt Quellenkritik nur für Historikerinnen, nicht für Juristen. „Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF“ ist im Argon Verlag erschienen und kostet 24 Euro 90.

 

Dämonische Neugier

Besprechung von : Thorwald Proll / Daniel Dubbe – Wir kamen vom anderen Stern, Edition Nautilus 2003, € 9,90

Zu den Fiktionen [der RAF-Geschichtsschreibung] gehören auch die Charakterdar­stellungen von Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Mag sein, daß, wenn ich den beiden begegnet wäre, ich mit ihnen nicht klargekommen wäre. Dennoch gibt es seit kurzem authentische Texte, die zumindest eine Ahnung davon vermitteln, daß weder Andreas Baader noch Gudrun Ensslin dem Popanz entsprechen, zu dem sie – nicht zuerst, aber auch nicht zuletzt – von Stefan Aust in seinem „Baader-Meinhof-Komplex“ aufgebaut wurden.

Buchcover Proll Dubbe1968 brannten in Frankfurt zwei Kaufhäuser. Ein Jahr zuvor waren in Brüssel über 250 Menschen bei einem Kaufhausbrand ums Leben gekommen. Die Berliner Kommune I funktionierte dieses Ereignis polemisch um, indem sie dazu aufrief, Warenhäuser anzuzünden, weil nur so hierzulande der Geruch von Vietnam sinnlich erfahrbar würde. Zwar gab es jeden Abend die neuesten Bilder aus Vietnam, aber was kümmerte dies das Wohlstands­deutschland? Vier Menschen sahen das anders: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Söhnlein und Thorwald Proll. Sie wurden wegen menschenge­fährdender Brandstiftung verurteilt, aber zunächst freigelassen, weil Revision beantragt worden war.

Für nicht wenige Kommentatoren begann hier die Geschichte der Roten Armee Fraktion. Dabei war noch gar nichts ausgemacht. Denn nach der Freilassung begannen drei der Vier in Frankfurt ein Projekt mit Heimzöglingen. Erst als die Revision verworfen wurde, fielen Entscheidungen. Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Thorwald Proll beschlossen abzutauchen. Nur im Nachhinein ist dies als Vorgeschichte zur RAF zu begreifen; aber es gibt einen Unterschied zwischen Intention und nachträglicher Rekonstruktion. Der Schriftsteller Daniel Dubbe setzte sich mit Thorwald Proll zusammen und befragte ihn „Über 1968, Andreas Baader und ein Kaufhaus“.

Manches wird nur begreiflich, wenn wir uns die spontaneistischen Aktionen der 60er Jahre vergegenwärtigen. Gerichtsverhand­lungen wurden genauso zum Happening umgestaltet wie Demonstrationen. Man und frau machte politischen Klamauk und provozierte damit eine verkrustete Gesellschaft mit ihren Nazitabus. Sie fühlten sich wie die Marx Brothers und – so sieht das Thorwald Proll aus der Distanz von dreieinhalb Jahrzehnten – „Wir kamen vom anderen Stern“.

Thorwald Proll war mittendrin und dennoch ging er nicht den Weg mit, der zur Roten Armee Fraktion führen sollte. Das Interview hierzu ist nicht geradlinig; Thorwald Proll hat sich ein gewisses Maß an Widerspenstig­keit bewahrt. Und dennoch gibt es Passagen, in denen er klar und ehrlich die herrschende Literaturmeinung verneint. Findet sich bei Stefan Aust und anderen der dämonische Andreas Baader, so hat ihn Thorwald Proll anders kennengelernt.

Ich hatte ja am Anfang unserer Unterhaltung eine wesentliche Sache über ihn gesagt: Da hast du gefragt, ob er der Anführer war und da habe ich das ja mit Verführer beantwortet. Er hatte Eigenschaften, die allen Leuten auffielen, weil sie sich immer von ihm bedrängt fühlten, und mit dieser Bedrängung konnte keiner fertig werden. Sie empfanden es immer als Qual […]. Also, dass man sich nie vor ihm sicher fühlte.

Nur war das für Thorwald Proll keine negative Erfahrung. Es steckten Genauigkeit, Neugierde auf Menschen und Inhalte dahinter. In einer atomisierten Gesellschaft wie der unseren ist diese Direktheit nicht gerne gesehen; viele Menschen fühlen sich dabei unwohl. Thorwald Proll jedoch sagt:

Also, ich habe eigentlich viele gute Erinnerungen an ihn. […] Warum die Leute immer so absacken in ihren Beschreibungen, das ist mir auch nicht so klar. Vielleicht sind sie auch einfach neidisch und fertig. [16]

Das Buch „Wir kamen vom anderen Stern. Über 1968, Andreas Baader und ein Kaufhaus“ entstand aus einem Gespräch zwischen Thorwald Proll und Daniel Dubbe. Im Anhang findet sich übrigens ein schönes Beispiel politischer Literatur, nämlich das Schlußwort von Thorwald Proll im Kaufhausbrand­prozeß. Sie ist nicht nur typisch für die damalige Zeit, sondern regt auch heute noch zum Nachdenken über verrechtlichtes Unrecht an: „Vor einer solchen Justiz verteidigen wir uns nicht!“ Das Buch ist in der Edition Nautilus erschienen und kostet 9 Euro 90.

 

Notwendige Trennungsstriche

Besprechung von : Gudrun Ensslin – »Zieht den Trennungsstrich, jede Minute«, Konkret Literatur Verlag 2005, € 15,00

Buchcover Gudrun EnsslinÄhnlich, aber anders spannend ist der von Christiane und Gottfried Ensslin zusammengestellte Band mit Briefen von Gudrun Ensslin an ihre beiden Geschwister. »Zieht den Trennungsstrich, jede Minute«, fordert sie in diesen Briefen, die in den Jahren 1972 und 1973 geschrieben wurden. Im Juni 1972 flog praktisch die gesamte RAF auf: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Jan Carl Raspe, Holger Meins und andere. Doch ihr Gefängnisalltag war nicht der übliche einer Untersuchungs- oder Strafgefangenen.

An den Gefangenen aus der Roten Armee Fraktion wurde sehr früh ein Sonderregime ausprobiert, das immer weiter verfeinert wurde. Es orientierte sich an psychologischen Grundüberlegungen aus der Forschung, wie menschliches Verhalten zu steuern und zu überwachen ist. Anders gesagt: ein Gehirnwäsche-Experiment. Der Tote Trakt in Köln-Ossendorf, in den zunächst Astrid Proll, die Schwester von Thorwald Proll, und dann Ulrike Meinhof eingesperrt wurden, bedeutete nur die Spitze eines Eisberges. [17]

Zunächst ist Gudrun Ensslin nach ihrer Festnahme mit einer neuen Situation konfrontiert. Das gilt im Prinzip natürlich für alle Gefangenen, sobald sie im Knast landen. Doch bei ihr wurde die Desorientierung dadurch verstärkt, daß anfangs ihre ersten Briefe an ihre Schwester beschlagnahmt wurden. Rechtlich gesehen mag dies in Ordnung gewesen sein, aber es steckt mehr dahinter. Das Konditionierungs­programm lief vom ersten Tag der Haft. Dazu gehört auch, die Gefangene mit sinnlosen Anträgen, Beschlagnahmungen und Beschlüssen zu beschäftigen, so daß sie nicht mehr selbst bestimmt, woran sie sich aufreibt.

Doch Gudrun Ensslin hat die Situation erfassen können, wenn auch vieles erst nach und nach klarer wurde. Zunächst einmal mußte sie ihren Knastalltag organisieren und dazu gehörten Kleidungsstücke und Bücher, Kosmetika und Anweisungen. Und bei allen Bitten um das Notwendigste, um im Knast zu überleben, fängt sie an, mit ihren beiden Geschwistern über die nackte Realität zu debattieren. Da spricht keine durchgeknallte Terroristin, wie sie in entsprechenden Schwarten erscheint, sondern eine politische Frau, die auch im Knast nicht aufhört zu kämpfen.

Es bedarf hier keiner differenzierten Beschreibung zur Person. Das ist nicht notwendig, weil sich Gudrun Ensslin in ihren Briefen selbst vorstellt. Und wer sich die Mühe macht, den darin entwickelten Gedanken zu folgen, wird begreifen, daß es einen großen und einen kleinen Knast gibt, auch wenn es da gewisse Unterschiede gibt. Der Trennungsstrich, der zu ziehen ist, ist der gegenüber den Zumutungen und denen, die als Lakaien der herrschenden Macht selbige Zumutungen exekutieren. Dieses Buch setzt also eine gewisse Anstrengung voraus – nicht nur im Lesen, sondern auch darin, sich selbst zu befragen, was wir hier eigentlich tun.

Beschäftige dich mit der bürgerlichen Ordnung, sie hat's verdient. Warum der Aufwand, sie buchstäblich um jeden Preis als »Natur« zu verdealen? Wie funktioniert diese dreckige Lüge aus umfassender Gewalt als gesellschaftlichem Mittel und »Gewaltlosigkeit« als Ideologie eben dieser Gesellschaft? Sie kann alle Götter entbehren, alles mögliche enttabuisieren – nur nicht: die Gewalt. [18]

Gudrun Ensslins Briefe an ihre Schwester Christiane und ihren Bruder Gottfried sind als Buch mit dem Titel „»Zieht den Trennungsstrich, jede Minute«“ im Konkret Literatur Verlag erschienen; der Band kostet 15 Euro.

 

Keine Angst

Besprechung von : Gabriele Rollnik / Daniel Dubbe – Keine Angst vor niemand, Edition Nautilus 2004, € 9,90

Studentenbewegung, Betriebsarbeit, Stadtguerilla, Knast, Ausbruch und wieder Knast. Stationen im Leben von Gabriele Rollnik, die in den 70er Jahren zur Bewegung 2. Juni nach Berlin gegangen ist. Sie war an der Entführung von Peter Lorenz beteiligt und saß 15 Jahre im Knast. In ihrem Buch „Keine Angst vor niemand“ schildert sie im Gespräch mit Daniel Dubbe dieses bewegte Leben. Was heute in manchem naiv klingt, war damals existenziell. Sie schreibt in ihrem Buch: „Ich wollte alle Brücken zur Mittelschichtsexistenz abbrechen.“ Maike Dimar von Radio Z aus Nürnberg wollte es genauer wissen und fragte bei der Autorin nach. [19]

Buchcover Rollnik DubbeWer mehr Über die Siebziger, die Bewegung 2. Juni und die RAF wissen möchte, kann das Buch „Keine Angst vor niemand“ in die Hand nehmen. Daniel Dubbe, der auch schon mit Thorwald Proll über den Kaufhausbrand­prozeß und den Weg zur Gründung der Roten Armee Fraktion gesprochen hatte, befragte Gabriele Rollnik genauer nach ihren Erfahrungen. Sie benennt hierin beispielsweise den Sinn der auch an ihr praktizierten Isolationshaft und zeigt Wege auf, wie im Rahmen des Möglichen das Ziel dieser Haft nicht verwirklicht werden kann. Das Ziel, kurz gesagt: Menschen so fertig zu machen, daß sie nie wieder wissen, warum sie einmal rebelliert haben. Und es ist ein ungemein anstrengender Prozeß, der viel Sensibilität füreinander erfordert, um sich nicht einmachen zu lassen:

Das Ziel der Hochsicherheitstrakte war, die politischen Gefangenen in kleinen Gruppen auf engem Raum zu halten und dann zu sehen: Was passiert? Wie machen die sich gegenseitig fertig? Zerfleischen die sich? Das war ein richtiggehendes Experiment. [20]

Sagt sie. Und Gabriele Rollnik beschreibt, wie dieser Experiment abläuft, das dazu führen soll, daß einzelne im Gruppenprozeß fertig gemacht werden und sich auch selbst fertig machen. Der Trick ist, das zu erkennen und gegenzusteuern. Und so exotisch ist das nicht einmal. Gruppenprozesse laufen im Hochsicherheitstrakt nur unter verschärften Bedingungen ab – doch auch außerhalb der Knäste findet so etwas im ganz normalen Alltag statt. Achten wir doch einfach einmal darauf!

„Keine Angst vor niemand“ ist in der Edition Nautilus erschienen. Der Band hat 127 Seiten und kostet 9 Euro 90. Ich finde: lesenswert.

 

Schluß

Zum Schluß noch einmal kurz zusammengefaßt die bibliographischen Angaben zu den anderen in meiner heutigen Sendung vorgestellten Büchern:

Christiane und Gottfried Ensslin haben eine Zusammenstellung von Briefen ihrer Schwester Gudrun herausgegeben, die direkt nach Gudrun Ensslins Verhaftung im Juni 1972 geschrieben wurden. Hier wird eine Frau sichtbar, die ihr Leben im Knast zu organisieren sucht, gleichzeitig ihrer Schwester und ihrem Bruder den Ernst der Situation verdeutlichen will und die zudem mit Isolation, Verboten und Schikanen zu kämpfen hat. „»Zieht den Trennungsstrich, jede Minute«“, so lautet der Titel dieses im Konkret Literatur Verlag erschienenen Buches. Es hat 198 Seiten, kostet 15 Euro und ist auf jeden Fall empfehlenswert.

Die 70er Jahre bestimmen auch das von Hellmut Brunn und Thomas Kirn geschriebene Buch Rechtsanwälte Linksanwälte aus dem Eichborn Verlag. Die beiden Autoren haben den Trennungsstrich gewiß nicht gezogen, weshalb so manche unsinnige Behauptung nachgeplappert wird. Etwa die der Vergünstigung der Gefangenen im berühmt-berüchtigten 7. Stock des Stammheimer Hochsicherheits­trakts. Wer Isolationshaft als Vergünstigung betrachtet, redet ganz sicher auch statt mit Menschen mit Plattenspielern, Büchern und Schreibmaschinen.

Vor zwei Jahren wurde im Darmstädter Staatstheater das Tanztheater Wenn der Körper eine Stummheit ist gezeigt. Die beiden Autoren wären besser einmal hingegangen; aber es ist zu bezweifeln, ob sie die nackte Wirklichkeit an sich rangelassen hätten. Jedenfalls – derart weitgehend unkritisch und ohne Quellenangabe nachgebetete Behauptungen finden sich im Buch „Rechtsanwälte Linksanwälte“ zuhauf. Sie machen das Buch zu einem Ärgernis. Es hat 397 Seiten, ist bei Eichborn erschienen und kostet 22 Euro 90.

Ein ganz eigenes Stück Literatur ist das Interview, das Daniel Dubbe mit Thorwald Proll geführt hat. Es ist ein wenig sperrig, weil sich der Interviewte zuweilen gegen die Fragen und die damit verbundenen Unterstellungen abgrenzt. Es ist lesenswert, weil Thorwald Proll auch nach über 35 Jahren sehr authentisch den damaligen Zeitgeist wiedergeben kann. Hinzu kommt ein gewisses Maß an Reflektion und damit verbunden einfach Ehrlichkeit. Es ist ein sehr persönliches Buch und es vermeidet die Falle weiterer Mythenbildung. „Wir kamen vom anderen Stern“, so der Titel des Buches Über 1968, Andreas Baader und ein Kaufhaus, ist in der Edition Nautilus erschienen, hat 126 Seiten und kostet 9 Euro 90.

Die dickste Schwarte ist allerdings auch die mit dem geringsten Erkenntniswert. Der Jurist und Journalist Butz Peters hat mit dem 863 Seiten starken Band „Tödlicher Irrtum“ versucht, „Die Geschichte der RAF“ zu schreiben; herausgekommen ist allerdings eine eher unkritische Abhandlung. Oder eine nette Plauderei. Das Buch ist im Argon Verlag erschienen und kostet 24 Euro 90. Dieses Buch verheißt uns tatsächlich: Widerstand ist zwecklos. Und falsch. Und ein tödlicher Irrtum.

We are the Borg. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile. [21]

Jingle Alltag und Geschichte

Heute zum Thema: Widerstand ist zwecklos. Oder auch nicht – das liegt nicht zuletzt an uns selbst. Diese Sendung wird in der Nacht von Montag auf Dienstag um 23.10 Uhr, sowie am Dienstag um 8.00 und um 14.00 Uhr wiederholt. Es folgt nun – am 4. Montag eines Monats – ausnahmsweise einmal nicht Äktschn!. Statt dessen hören wir Rüdiger Gieselmann mit einem literarisch-philosophischen Thema [22]. Für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt verabschiedet sich Walter Kuhl.

 

ANMERKUNGEN
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»» [1]   Sequenz aus dem Star Trek-Film „Der erste Kontakt“, deutsche Synchronisation.

»» [2]   Anspielung auf die Notwendigkeit bei den Borg, sich innerhalb eines bestimmten Zyklus in eine Regenerations­kammer zu begeben.

»» [3]   Karl Marx schrieb 1843/1844 in seiner Schrift Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, in: Marx-Engels-Werke (MEW), Band 1, Seite 381:
„Die Kritik, die sich mit diesem Inhalt befaßt, ist die Kritik im Handgemenge, und im Handgemenge handelt es sich nicht darum, ob der Gegner ein edler, ebenbürtiger, ein interessanter Gegner ist, es handelt sich darum, ihn zu treffen. Es handelt sich darum, den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen. Man muß den wirklichen Druck noch drückender machen, indem man ihm das Bewußtsein des Drucks hinzufügt, die Schmach noch schmachvoller, indem man sie publiziert. Man muß jede Sphäre der deutschen Gesellschaft als die partie honteuse [Schandfleck] der deutschen Gesellschaft schildern, man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen bringen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt! Man muß das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen. Man erfüllt damit ein unabweisbares Bedürfnis des deutschen Volks, und die Bedürfnisse der Völker sind in eigener Person die letzten Gründe ihrer Befriedigung.“

»» [4]   Karl Marx und Friedrich Engels bezeichneten im „Kommunistischen Manifest“ die Bourgeoisie als Produzenten ihrer eigenen Totengräber – des Proletariats.

»» [5]   Heleno Saña : Macht ohne Moral, Seite 243.

»» [6]   Saña Seite 246.

»» [7]   Die auch heute noch authentischsten Informationen zum Prozeß gegen Birgit Hogefeld sind in den infos zum Prozeß gegen Birgit Hogefeld zu finden. Siehe hierzu auch meine allein oder in Kooperation verfaßten Zeitungs- und Zeitschriftenartikel zum Prozeßverlauf.

»» [8]   Birgit Hogefeld : Ein ganz normales Verfahren …, Seite 89.

»» [9]   Karl Marx schrieb 1852 in seinem Artikel Die Chartisten [MEW, Band 8, Seite 342–350, Zitat Seite 342–343] über die Partei des Freihandels: „Was sie verlangen, ist die völlige, unverhüllte Vorherrschaft der Bourgeoisie, ist die offene, offiziell vollstreckte Unterwerfung der ganzen Gesellschaft unter die Gesetze der modernen Bourgeoispro­duktion und unter die Herrschaft jener Männer, die diese Produktion leiten. Sie verstehen unter Freihandel die ungehemmte Bewegung des von allen politischen, nationalen und religiösen Fesseln befreiten Kapitals. […] Kurz, es sollen keine wie auch immer gearteten politischen oder sozialen Einschränkungen, Bestimmungen oder Monopole geduldet werden, es sei denn, sie entsprängen ‚den ewigen Gesetzen der politischen Ökonomie‘ d. h. den Bedingungen, unter denen das Kapital produziert und distributiert. Die Losung im Kampfe dieser Partei gegen die alten englischen Einrichtungen, jenen Produkten eines überalteten, im Schwinden begriffenen Stadiums der sozialen Entwicklung, lautet: Produziere, so billig du kannst, und räume auf mit den faux frais der Produktion (das heißt mit allen überflüssigen, unnötigen Produktionskosten). Und diese Losung wendet sich nicht nur an die einzelne Privatperson, sondern vor allem an die ganze Nation.“ Karl Marx nimmt den Gedanken im 2. Band des „Kapital“ wieder auf, wo er feststellt, daß die Tätigkeit des Kapitalisten, soweit sie im Kauf und Verkauf von Waren besteht, keinen Wert schafft. Er schreibt hierzu [MEW, Band 24, Seite 133–134]: „Er verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktions­prozeß selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein andrer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion.“

»» [10]   Stefan Aust : Der Baader-Meinhof-Komplex, Hoffmann & Campe 1985. Schon am 13. Februar 1986 schrieb die taz: „Kunzelmann erwirkt Korrektur im Aust-Buch“. Stefan Aust hatte Dieter Kunzelmann in der Erstauflage seines Buchs fälschlich als Bombenleger bezeichnet. Siehe hierzu auch meine Besprechung des Buchs „Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus“ von Wolfgang Kraushaar.

»» [11]   Der Beitrag wurde im Deutschlandfunk in der Sendung Fazit am 20. April 2005 um 00.05 Uhr gesendet, und dementsprechend eine Stunde zuvor im Deutschlandradio Kultur. Das Sendemanuskript ist hier zu finden. Der Bezug auf Andreas Baader findet sich nicht in der Textfassung des vorliegenden Beitrags von Bernd Sobolla. Darin wird aus dem Film „Stammheim“ eine Sequenz angespielt, in der Richter Prinzing und Andreas Baader debattieren.
Prinzing : „Herr Baader, ich hätte nichts dagegen, wenn Sie einen Rechtsanwalt finden, dem Sie Vertrauen schenken können.“
Baader : „Es ist aber sehr schwierig geworden, einen Verteidiger zu finden, der die Verfolgung durch Bundeskriminalamt und Bundesanwalt­schaft auf sich nimmt. […] Drei Jahre hat die Anklagebehörde jedes Wort der Verteidigung kontrolliert. In Zellenbesuchen, bei der Durchsuchung von Anwaltskanzleien, durch Beschlagnahme der Post, durch Abhörgeräte in den Besuchszellen für Verteidiger. Wir akzeptieren selbstverständ­lich die Gesetze des bürgerlichen Staates nicht. Aber wenn Sie damit Fußball spielen, wer soll sie dann überhaupt noch ernst nehmen?“
Der Dialog basiert wörtlich auf einer Prozeßmitschrift. Entgegen der Intention der Filmemacher und zum Verdruß der Strafverfolgungsbe­hörden gab es – so wurde berichtet – bei derartigen Szenen zuweilen standing ovations im Kinosaal.

»» [12]   Siehe hierzu: Vorbemerkung Kapitel II.

»» [13]   Pieter H. Bakker-Schut : Stammheim. Der Prozeß gegen die Rote Armee Fraktion, Neuer Malik Verlag 1986. Diese ausführliche Analyse des Stammheimer Prozesses ist zum Verständnis politischer Justiz in den 1970er Jahren unerläßlich.

»» [14]   Vergleiche Anmerkung 7.

»» [15]   Dies würde allerdings die ungemein spannende Frage nach sich ziehen, warum die Strafverfolgungs­behörden Straftaten direkt unter ihrer Nase nicht verhindert haben. Woraus folgt: Die Bundesanwalt­schaft war nicht dabei und die sogenannten Erkenntnisse spielen sich nur im Kopf der Bundesanwälte ab. Bezeichnend ist, daß sowohl BKA wie Bundesanwalt­schaft ein ums andere Mal zugeben müssen, weder zu wissen, wer seit 1984 in der RAF war, noch, wie die RAF organisiert war, wo sie gelebt hat oder wer jetzt wirklich für welche Aktion verantwortlich war.

»» [16]   Thorwald Proll / Daniel Dubbe : Wir kamen vom anderen Stern, Seite 84.

»» [17]   Die Literatur zu Gehirnwäsche­programmen oder der Isolationshaft der politischen Gefangenen in der BRD ist weitläufig. Siehe beispielsweise die Diplomarbeit von Jana Kunath : Die Rote Armee Fraktion und die Reaktion des Staates. Das Kapitel zum Toten Trakt ist auf der Webseite von Burkhard Schröders zu finden.

»» [18]   Gudrun Ensslin : »Zieht den Trennungsstrich, jede Minute«, Seite 82.

»» [19]   Das Interview von Maike Dimar mit Gabriele Rollnik ist auf dem Audioportal des Bundesverbandes Freier Radios derzeit leider nur im geschlossenen Bereich zu finden.

»» [20]   Gabriele Rollnik / Daniel Dubbe : Keine Angst vor niemand, Seite 92.

»» [21]   Sequenz aus dem Star Trek-Film „First Contact“, amerikanische Originalfassung.

»» [22]   Inhalt der Sendung: Martin Heidegger und Ernst Bloch.


Diese Seite wurde zuletzt am 9. Januar 2011 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. ©  Walter Kuhl 2001, 2005, 2011. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.

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