Kapital Verbrechen |
Befreit und doch nicht befreit |
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Inhaltsverzeichnis |
Kapitel 1 : Einleitung |
Kapitel 2 : Mythen über ein Gewerbe |
Kapitel 3 : Sumer, Akkad, Babylon |
Kapitel 4 : Befreiung als Praxis |
Kapitel 5 : Schweigen und ein deutscher Diskurs |
Kapitel 6 : Erzählte Geschichte |
Kapitel 7 : Illusionen |
Kapitel 8 : Schluß |
Anmerkungen zum Sendemanuskript |
EinleitungJingle Alltag und Geschichte Am 8. und 9. Mai wird international der Befreiung vom Faschismus gedacht. In den offiziellen Reden wird die Versöhnung der ehemaligen Kriegsgegner betont, und man wird nicht müde, sich gegenseitig zu versichern, daß man aus der Geschichte gelernt habe. Man ist richtig lieb zueinander. Imperialisten tun einander derzeit nicht weh. Die Kapitulation Nazideutschlands vor 60 Jahren markierte das Ende des zweiten Versuchs des deutschen Kapitals, die vorherrschende Weltmacht zu werden. Es hat daraus gelernt. Am 9. Mai 1945 hätte sich wohl kaum eine oder jemand vorstellen können, daß deutsche Soldaten in Afghanistan, im Sudan und auch wieder auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawien stationiert sein würden. Im dritten Anlauf war das deutsche Kapital klüger und geduldiger. Keine und niemand scheint ein Problem damit zu haben, daß deutsche Waffen und deutsches Geld überall vorzufinden sind. Clevere Strategie erst verbrannte Erde zu hinterlassen, dann den Krieg zu verlieren, anschließend kräftig abzusahnen, und schließlich auch noch über Brandnächte und Vertreibungen zu lamentieren! Die Zeiten haben sich jedenfalls geändert. Nach 1945 begann eine lange Prosperitätsphase des globalen Kapitalismus unter Führung der USA. Doch Mitte der 70er Jahre bewahrheitete es sich, daß auf jeden Boom die Krise folgt. Seither gibt es Krisenmanagement pur. Vor allem die Länder der Dritten Welt wurden durch das Instrument der Schuldensklaverei systematisch ausgeplündert. Doch wie schon vor dem Ersten Weltkrieg schlägt die organisierte Barbarei auf die Metropolen zurück. Die Kolonialkriege Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gaben einen kleinen Vorgeschmack auf die entgrenzten Greuel der beiden Weltkriege. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist aus der neoliberalen Konterrevolution eine zivilisatorische Errungenschaft geworden. Sozialdemokratinnen und Gewerkschafter finden nichts dabei, ihre eigene Klientel dem Kapital zum Fraß vorzuwerfen. Mit der Agenda 2010 und den sogenannten Hartz IVReformen wird der Maßlosigkeit des globalen Kapitalismus gehuldigt. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, daß die Praktiken der Dritten Welt zum Standard der Ersten werden. Dies ist die Freiheit des Kapitals und sie ist grenzenlos. Ich habe meine heutige Sendung aus der Reihe Kapital Verbrechen Befreit und doch nicht befreit genannt. Das Ende des 2. Weltkrieges mit der Niederlage Deutschlands und Japans war sicherlich befreiend, aber wohl weniger für Deutsche und Japaner. Sie knabbern bis heute an dieser Niederlage herum. Das hindert sie nicht daran, den ganz normalen Wahnsinn mit zu verwalten. Ich werde heute auf einen sexistischen Aspekt der Hartz IV |
Mythen über ein GewerbeBesprechung von : Henry W.F. Saggs Völker im Lande Babylon, Theiss Verlag 2005, 224 Seiten, € 24,90 [ab 1.1.2006: € 29,90] Am 18. Dezember letzten Jahres [2004] schrieb Kai von Appen in der Hamburger Lokalausgabe der taz, daß die neuen Sozialstandards seit Januar 2005 es zumutbar machen, arbeitslose Frauen ins Rotlichtmilieu zu vermitteln. Rechtlich gebe es hier keine Untergrenze der Zumutbarkeit. Gemäß den Zumutbarkeitsregeln für das Arbeitslosengeld II können langzeitarbeitslose Frauen im Prinzip in seriöse Bordelle vermittelt werden als Bedienung, aber auch als Prostituierte. Denn seit 2002 ist der Beruf der Prostituierten legalisiert; die Tätigkeit einer Sexarbeiterin gilt als Job wie jeder andere. Und natürlich sind im Zweifelsfall alle kapitalistischen Bordelle seriös, wie das Kapital überhaupt seriös daherkommt; die Schwarzen Schafe sind immer die anderen. Zwar soll es eine Selbstverpflichtungserklärung der Arbeitsämter geben, nicht in den Bereich Prostitution zu vermitteln. Doch es existiert eine große Grauzone. Aurel Jahn, unser Verfechter von Dienstarbeitskleidung, hätte sicher nichts dagegen einzuwenden, daß langzeitarbeitslose Frauen als Dienstkleidung ein knappes Röckchen tragen müssen [1]. Knut Börnsen, Sprecher des Hamburger Arbeitsamtes, erklärte zwar, daß man akzeptieren würde, wenn eine Frau da nicht arbeiten wolle. Aber, so fuhr er fort, im Einzelfall müssen die Folgen dieser Arbeitsverweigerung geprüft werden. [2] Eben. Jede Frau hat das Recht, sich sexistischen Arbeitsbedingungen zu verweigern. Aber sie bekommt dann auch kein Geld mehr vom Arbeitsamt. Dies ist die Freiheit des Kapitals. Der soziale Erosionsprozeß hat schon längst dazu geführt, daß Frauen sich wieder mehr gefallen lassen müssen als beispielsweise in den 80er Jahren. Die Frage nach der Schwangerschaft bei arbeitslosen Frauen in der ehemaligen DDR war hier nur ein kleiner Vorgeschmack. Die angesprochene Selbstverpflichtungserklärung der Arbeitsämter steht nur auf dem Papier. Am 30. Januar schrieb die britische Tageszeitung Daily Telegraph über eine 25 Prostitution gehört zu jeder Klassengesellschaft, die etwas auf sich hält, dazu. Die männliche Verfügungsgewalt über Frauen ist eine gesellschaftliche Norm, seit es eine gesellschaftliche Arbeitsteilung gibt. Es ist jedoch falsch, hier vom ältesten Gewerbe der Welt zu sprechen. Die gesellschaftliche Verfügbarkeit von Frauen ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die nach den handwerkschaftlichen Tätigkeiten aufkam. Zudem handelte es sich von Anfang an nicht einfach um ein Gewerbe, sondern um patriarchale Unterdrückung. Prostitution war keine Erfindung von Frauen, sondern von Männern. Sie entstand nicht freiwillig, sondern mit Gewalt. |
Sumer, Akkad, BabylonDer Übergang von den Jägern und Sammlerinnen am Ende der letzten Eiszeit zur Schriftkultur des 3. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung war ein langer und nicht gradliniger Prozeß. Da uns keine schriftlichen Dokumente zur Verfügung stehen, sind wir auf (begründete) Vermutungen angewiesen. Die sogenannte Neolithische Revolution vor etwa 10.000 Jahren an den Bergrändern vom Mittelmeer bis zum Persischen Golf schuf neue Bedingungen für die Aneignung von landwirtschaftlichen Produkten. Regenfeldbau und künstliche Bewässerung waren Ausdruck einer technologischen Entwicklung, die fast zwangsläufig zu Bevölkerungswachstum und Siedlungskonzentrationen führen mußten. Neu war hierbei auch der Gedanke von Besitz und Eigentum. Es ist ja nicht so, daß die Menschen in ihrer langen Evolutionsgeschichte von Anfang an habgierige, gewalttätige oder konsumfreudige Wesen waren. All dies entwickelte sich erst unter bestimmten Voraussetzungen; und diese Voraussetzungen waren erst gegeben, als das Lebensnotwendige durch harte Arbeit in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Das nomadische Herumstreunen hatte dann ein Ende. Henry W.F. Saggs, emeritierter Professor für Semitische Sprachen an der walisischen Universität von Cardiff, benennt in seinem jüngst bei Theiss erschienenen Buch Völker im Lande Babylon zwei wesentliche Prinzipien früher Staatsbildung. Das eine ist die Sklaverei, das andere die Rechtsprechung nach dem Prinzip des Auge um Auge. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung vielleicht nicht egalitärer, aber sicherlich auch nicht hierarchischer Nomaden hin zu städtischen Klassengesellschaften und den für unsere Vorstellung barbarisch anmutenden Rechtsvorstellungen. Der Kodex des babylonischen Königs Hammurabi aus dem 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung vermittelt ein genaues Bild von der Notwendigkeit einer strengen Gesetzgebung. Zwar gibt es zu Hammurabis Zeiten schon seit einigen tausend Jahren städtische Siedlungen, aber offensichtlich waren die Menschen zur damaligen Zeit noch nicht bereit, sich den Notwendigkeiten der Klassengesellschaft freiwillig zu unterwerfen. Als notwendig wurden hierbei erachtet: Eigentum und Besitz, Religion und Herrschaft, Militär und Sklaverei. Wer hiergegen verstieß, machte sich eines schwerwiegenden Verbrechens schuldig. Die Todesstrafe wurde für eine große Anzahl von Vergehen festgeschrieben. Falsche Anschuldigungen gehören hierzu wie Beihilfe zur Flucht eines Sklaven. Neben der Todesstrafe kamen auch andere körperliche Bestrafungen zur Anwendung: das Blenden, das Brechen von Körperteilen, das Ausbrechen eines Zahnes, das Abschneiden von Hand, Zunge oder Ohr. Foltern, Verbrennen und Ertränken waren weitere Kennzeichen des frühbabylonischen Rechtssystems. Hammurabi war jedoch nicht der erste Gesetzgeber. Schon im dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung wurde die Notwendigkeit einer gnadenlosen Rechtspraxis gesehen. Die Menschen mußten zu ihrem Glück gezwungen werden. Und da man sie nicht mit Konsum ködern konnte, mußten sie mit Gewalt dazu gezwungen werden. Gewisse Parallelen zur Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise im 17. bis 19. Jahrhundert, mit Arbeitshäusern, Strafkolonien und Massenmord, sind nicht zufällig. Sie gehören zu jeder ordentlichen Zivilisation dazu. Wahrscheinlich müssen wir bis ins 4. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurückgehen, um den Entstehungsprozeß städtischer Strukturen zu beobachten. Zwar gab es schon im 8. und 7. Jahrtausend erste städtische Siedlungen, doch sie scheinen sich nicht gehalten zu haben. Wo wir auf deren Überreste stoßen, gibt es einen Zeitpunkt, an dem sie geradezu implosionsartig verschwanden. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, dieses Phänomen zu erklären. Es könnte zum Beispiel sein, daß die Bewohnerinnen und Bewohner der ersten Ballungszentren mit einem Phänomen konfrontiert wurden, das sie noch nicht gelernt hatten zu beherrschen: Den sozialen Streß, der entsteht, wenn Menschen eng aufeinanderhocken. [4] So bedurfte es langer Jahrhunderte, bis die Menschen gelernt hatten, so miteinander umzugehen, daß nicht gleich Mord und Totschlag herrschten, wenn sie ihre Ansprüche gegeneinander durchzusetzen versuchten. Diese Ansprüche waren gleichzeitig neu und nie ganz gesichert. Die Verfügungsgewalt über Boden, Vieh und Wasser führte immer zu Streitigkeiten und Legitimationsproblemen. Eigentum und Besitz galten lange als nicht normal; sie mußten mit Gewalt gesichert werden. Im vierten, vielleicht auch erst im 3. Jahrtausend führte diese Entwicklung zu einem qualitativen Sprung. Die gesellschaftliche Macht wurde in den Händen einer Person konzentriert einem König oder einem Priester. Es handelte sich hierbei noch um kleinere Siedlungen oder um etwas größere Städte. Wobei diese Kleinstädte von etwa 30.000 BewohnerInnen für die damalige Zeit riesige Metropolen gewesen sein müssen. Erst Mitte des 3. Jahrtausends führte die Dynamik der bestehenden Klassengesellschaften dazu, sich andere Städte und deren Ressourcen einzuverleiben. Wahrscheinlich war der Punkt dann erreicht, wenn zwei Siedlungsgebiete mit ihren Kanälen und Feldern aneinanderstießen. Die Gewalt, welcher jeder Klassengesellschaft innewohnt, wurde nach außen getragen. Und die ersten Kriege, von denen wir hören, waren eine gnadenlose Metzelei. Was auch logisch ist: es galt zu verhindern, daß sich die Unterlegenen neu organisieren konnten, um zurückzuschlagen. Deshalb wurden alle Männer besiegter Städte getötet und die Frauen versklavt. Der akkadische König Rimusch aus dem späten 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung brüstete sich damit, mehr als 100.000 Menschen umgebracht zu haben. Henry W.F. Saggs zeigt, daß die Sklaverei bereits im frühen 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung existierte, möglicherweise auch schon vorher. Ursprünglich beschaffte man sich Sklaven bei Kriegszügen in andere Länder. Das Ideogramm [= Deutezeichen] für Angesichts der zu Anfang des 3. Jahrtausends noch bestehenden Stadtstaatenstruktur ist es schon bemerkenswert, daß einzelne Fürsten mehrere hundert Kilometer weit in die Berge zogen, um Frauen zu erbeuten. Wir wissen mangels schriftlicher Quellen nicht, ob sich die jeweiligen Stadtstaaten zunächst in Frieden gelassen haben und ob sie gar bereitwillig miteinander kooperierten, um den begehrten Rohstoff Frau zu erbeuten. Jedenfalls sind Berichte über kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Stadtstaaten des sumerischen Mesopotamien erst später entstanden. Aus den verschiedenen juristischen Texten geht klar hervor, daß eine Sklavin selbstverständlich zu sexuellen Dienstleistungen zur Verfügung stand. Wenn Henry W.F. Saggs schreibt, daß der männliche Wille erst gebrochen werden mußte und es deshalb sinnvoller schien, Männer gleich zu töten, dann zeigt dies auch, daß der Wille der Frauen schon lange vorher gebrochen worden war. Nach der Unterordnung kam die Sklaverei hinzu. Von Frauen ging keine Gefahr mehr aus. Das angeblich älteste Gewerbe konnte nur auf dieser Grundlage reibungslos geschehen. Heute kommen die Frauen nicht aus den Bergen, sondern aus den Elendsregionen dieser Erde. Manchen bleibt freiwillig nichts anderes übrig, als ihrem Elend mit einem deutschen Sklavenhalter ehelicherseits zu entfliehen. Manche werden unter den wachsamen Augen der Bundeswehr zwangsweise aus Mazedonien und dem Kosovo importiert. Trotz Legalisierung der Prostitution zocken Zuhälter und Bordelle weiterhin den von Prostituierten geschaffenen Mehrwert ab und verdienen fleißig an der Unterwürfigkeit von Frauen. Je jünger, desto besser. Der allgemeine Fleischmarkt der Gesellschaft wird hier in seiner Verlogenheit, Gewalttätigkeit und Konsumierbarkeit fokussiert. Sollten wir nicht fragen, wie viele dieser Frauen diesen Job freiwillig machen würden, wenn sie eine tragfähige Alternative hätten? Vergessen wir zudem nicht den Gesellschaftsvertrag der Ehe mit seinen prostitutiven Elementen. Gewalt gegen Frauen, auch in der Ehe, sind auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts aufgeklärter zivilisatorischer Standard. Es ist zuweilen nützlich, sich den Entstehungsprozeß zivilisierter Gesellschaften genauer anzuschauen. Die Schrift entstand aus der Buchhaltung. Die Schrift ermöglichte es jedoch auch, Gedanken festzuhalten, die für uns mitunter so skurril sind wie die Werbung im Fernsehen. Richtig gelesen und verstanden, zeigen diese verschriftlichten Gedanken jedoch auch, wie die Menschen damals ihre Welt gesehen haben und wie sie sich mehr schlecht als recht darin wiedergefunden haben mögen. Kodifiziertes Recht, religiöse Liturgien, aber auch Keilschrifttafeln mit Übersetzungslisten geben Zeugnis von den Schwierigkeiten, die Menschen an Unterordnung, Herrschaft, Eigentum und Gewalt zu gewöhnen. Das Buch Völker im Lande Babylon von Henry W.F. Saggs führt uns in einem geographisch begrenzten Raum ein die südliche Hälfte des heutigen Irak, das damalige Babylonien. Könige und Dynastien kamen und gingen, aber die geschichtliche Entwicklung ging weiter. Die Königreiche wurden größer und überschritten bald den geographischen Horizont Babyloniens. Die Herrscher nannten sich Könige der Vier Weltgegenden und waren in ihren Ansprüchen ähnlich maßlos wie heute das Kapital. Allerdings hatten diese Könige auch die Versorgung ihrer Untertanen mit Lebensmitteln und Rohstoffen sicherzustellen. Die Geschichte Babyloniens endete 539 mit der Eroberung Babylons durch die Perser. Der Mythos Babylon wurde jedoch weiterhin überliefert. Herodots Historien, sowie die Schilderung der Hängenden Gärten durch antike Autoren wie Diodorus Siculus und Strabon, aber auch durch die Bibel sind unterschiedliche Zeugnisse von der Überheblichkeit der Macht. [6] Das einzige, was ich in diesem Buch wirklich vermißt habe aber das ist ohnehin ein Problem der Geschichtsschreibung über die Antike und nicht auf diesen Autor beschränkt , ist eine Antwort auf die Frage, wie diese Gesellschaft funktioniert hat, welches ihre Triebkräfte waren, wie sich die herrschende Klasse organisiert hat. Wir kennen die Namen der Könige; aber wie absolut ihre Herrschaft war, wissen wir nicht. Mit dem Buch Völker im Lande Babylon von Henry W.F. Saggs erhalten wir auf 224 Seiten eine solide Einführung in die Wirtschafts und Rechtsverhältnisse des Landes. Das Kapitel über die gesellschaftliche Schichtung ist vielleicht etwas zu knapp ausgefallen und hätte gerade hinsichtlich der Stellung der Frauen ausführlicher ausfallen müssen. Ich empfehle hierzu als ergänzende Lektüre Gerda Lerners Studie Die Entstehung des Patriarchats. [7] Das von mir für die Entstehungsgeschichte der Prostitution herangezogene Buch von Henry W.F. Saggs über die Völker im Lande Babylon aus dem Theiss Verlag kostet 24 Euro 90. |
Befreiung als PraxisBesprechung von : Dan Baron Erzähl dein Leben!, edition Körber Der israelische Psychologe Dan BarOn ist in mehreren Studien und Büchern der Frage nachgegangen, warum sich Befreiung für die Betroffenen gar nicht so befreiend ausgewirkt hat. In Israel traf er eine Generation an, welche ihr Überleben in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern nicht thematisierten. In den 80er Jahren sprach er mit den Nachkommen der Nazi Die Körber Sein Buch über Die Im vergangenen Jahrveröffentlichte die Körber Was ist er für ein Mensch? Kurz vor seinem 65. Lebensjahr habe er so gar nichts von einem Ruheständler an sich, der womöglich zufrieden auf sein Leben zurückblicken könne. Dan BarOn bezeichnet sich als einen rastlosen Menschen, der inmitten der Wirbelstürme dieser Welt, gegen die er anzukämpfen versucht, seinen eigenen Weg finden möchte. Seine Eltern verließen Deutschland 1933; er selbst wurde 1938 in Haifa geboren: Ich fürchte, als Nachkomme von Auswanderern und Überlebenden des Holocaust hängt meine Rastlosigkeit damit zusammen, dass ich die Illusion eines friedlichen und unantastbaren Zufluchtortes aufgeben muss. Ich habe nie diese andere Welt, die wir verloren haben, kennen gelernt die Welt, die unsere Eltern noch als berechenbar und sicher erlebt hatten. Für uns war die Shoah bereits eine historische Tatsache, und die Welt danach schien ein chaotischer und unberechenbarer Ort, ebenso wie die Menschen, die sie bewohnen. [8] Als Einwandererkind aus deutsch Nach seiner Doktorarbeit beschloß Dan BarOn, nicht mehr in seinen Kibbuz zurückzugehen. Andererseits war er jetzt 45 Jahre alt, zu alt also für eine ganz normale akademische Karriere. Ein Stipendium führte ihn in die USA und dort bemerkte er, daß er zwischen der Theorie und der Praxis wählen mußte. Oder genauer: Wiederholt bewegte ich mich also zwischen Praxis und Theorie hin und her. Ich lernte, dass Theorien in der Praxis immer an den Zusammenhang angepasst werden mussten eine Verfahrensweise, die die Hauptströmungen der Psychologie nicht gerne sahen, da sie auf der Suche nach verallgemeinerten Es wäre berechtigt zu fragen, ob man meine Arbeit überhaupt als Forschung und nicht als Poesie oder Fiktion bezeichnen kann. [10] Dan BarOn verlegte sich von quantitativen statistischen Untersuchungen auf qualitative Methoden. Er kam zu dem Schluß, daß die erzählte Geschichte eines einzelnen Menschen wichtiger war als die Theorie, die nur an Diagnosen interessiert war. Menschen können sich und ihre Ansichten verändern; seine Aufgabe war es, ihnen dabei zu helfen. Dabei ist nicht immer klar, ob die Geschichten wahr sind. Wenn wir die Menschen, denen wir zuhören, ernst nehmen wollen, dann müssen wir sie auch ausreden lassen, ihnen den Raum geben, sich dabei auch sicher zu fühlen. Interpretierende theoretische Konzepte, die auf jede Aussage eine Diagnose bereit stellen, können hier hinderlich sein. Das bedeutet nicht, alles für wahr zu halten. Wie Dan BarOn noch bemerken wird, kann es sein, daß es für bestimmte Ereignisse mehrere Wahrheiten gibt. Gerade innerhalb von Machtstrukturen kann es sehr unterschiedliche Formen der Wahrnehmung und der Verarbeitung geben. Das zu wählende Verfahren ist daher als intuitiv zu bezeichnen. Natürlich ist es sinnvoll, eine bestimmte wissenschaftliche Theorie im Kopf zu haben. Aber die Methode erfordert, dass man diese mindestens bis zum Abschluss seiner Datenauswertung zurückstellt, um zu sehen, ob sie nicht andere, unerwartete theoretische Erklärungen für die erhaltenen Ergebnisse zutage fördert. [11] So gibt es Theorien zu den traumatischen Nachwirkungen des Holocaust auf Überlebende und ihre Nachkommen. Aber wie integrieren diese ihre Erfahrungen in ihre jeweiligen Lebensgeschichten? Bei den Kindern von NS |
Schweigen und ein deutscher DiskursWarum schweigen Menschen über ihre eigene Geschichte? Hier ist sicher nicht das Schweigen einer ganzen Generation nach dem verloren gegangenen Zweiten Weltkrieg gemeint. Sie schwiegen, weil sie wußten, daß sie besser nicht erzählten, was sie getan oder gesehen hatten, wovon sie wußten und was sie gut geheißen hatten. Nein, ganze normale Deutsche hatten allen Grund zum Schweigen. Doch dieses Schweigen war nicht das, wofür sich Dan BarOn interessierte: Die Gründe für das Schweigen können sich bei Überlebenden und Tätern unterscheiden. Die Ersteren leiden am häufigsten unter einer In der jüdisch eine kollektiv verdrängte Aggression. Seit Generationen wahrscheinlich schon in früheren Pogromen, besonders aber seit der Shoah wurde diese Aggression verinnerlicht, nie völlig eingestanden, geschweige denn ausgeübt oder verarbeitet. Sie fand nun ein Ventil im israelisch Vielleicht ist es sinnvoll, diese verdrängte und dann ausgelebte Aggression im Rahmen einer mit dem Holocaust nicht unbedingt zusammenhängenden Siedlungsgeschichte zu begreifen. Wenn Kolonisatoren aus anderen Ländern mit Vertreibung und Mord ganze Landstriche eroberten und deren Ressourcen ausplünderten, dann geschah dies sicher nicht aus der verdrängten Aggression früherer erfahrener Gewalt. Es gibt genügend Schilderungen des Verhaltens jüdischer bzw. zionistischer Kolonisatoren, welche die als Naturressource vorgefundenen Araberinnen und Araber nicht anders behandelt haben, als dies anderswo in Afrika, Asien oder Lateinamerika geschah. Nur in diesem konkreten Fall mag es durchaus sein, daß eine Gewalt, die man und frau gegen deutsche Täter nicht ausleben konnte, später an unerwarteter Stelle zum Durchbruch kommt. Dies führt mich jedoch zu einer anderen Fragestellung. Mit welchem Recht maßen sich Deutsche an, Israelis für ihre Methoden der Kriegsführung zu kritisieren? Der Vorwurf erhält oftmals eine pikante Note. Haben die Jüdinnen und Juden Israels aus der Geschichte nichts gelernt? Müßten sie aufgrund ihrer Erfahrungen nicht die besseren Menschen sein? Warum eigentlich? Sind Opfer die besseren Menschen? Oder soll es uns nur sagen: ihr wart das Opfer nicht wert? [14] Spätestens im Mai 1945 wurden zwar die Überlebenden der deutschen Lager befreit aber die psychische Befreiung von unvorstellbarem Leid ist damit doch nicht verbunden gewesen. Schon gar nicht in Verhältnissen, welche Menschen abverlangen, mit den eigenen Problemen möglichst selbst fertig zu werden. Hinzu kommt: ein deutscher Diskurs, der das eigene Leid in den Mittelpunkt stellt, ein Diskurs, der ausblendet, daß es eine deutsche Gewaltgeschichte gewesen ist, die sich jetzt gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser wendet, ist einfach unehrlich und widerlich. Es besteht ja wohl ein Unterschied zwischen Bombennächten und Auschwitz, zwischen Tätern und Opfern. |
Erzählte GeschichteMitte der 80er Jahre kam Dan BarOn nach Deutschland, um in einer Studie herauszufinden, wie Kinder von NS Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, daß ein solcher Prozeß im Mikrokosmos nur dann ausstrahlen kann, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dies zu lassen. Gerade im israelisch Mitte der 90er Jahre dachte er über einen Perspektivwechsel nach. Er wollte seine Arbeit nicht auf den Holocaust und die Beschäftigung mit den Narben der Täterkinder reduziert sehen. Da er annahm, daß seine Forschungen auch für Konflikte der Gegenwart nutzbar gemacht werden könnten, wollte er seine Erfahrungen auf den israelisch Den ehemaligen Feind in den Köpfen der Israelis in einen echten Partner zu verwandeln, erforderte viel Vertrauen und Hoffnung, und ich wusste aus meinen Holocaust Die Darstellung der israelisch Die Geschichte Israels ist ohne die Kriege gegen seine Nachbarn nicht zu verstehen. Die Bunkermentalität schlägt sich nicht zuletzt in den Köpfen wieder auf beiden Seiten. Das Projekt eines gemeinsamen israelisch Ein anderes Projekt führte Dan BarOn in seine Heimatstadt Haifa zurück. Er wuchs mit der zionistischen Erzählung der Staatsgründung auf und hierin spielte Haifa und die Flucht seiner arabischen Bevölkerung eine wichtige Rolle. Im Jahr 2000 begann er, etwa 40 Juden und Araber, Moslems und Christen, Männer und Frauen, zu befragen. Dabei kam eine wesentlich vielschichtigere Darstellung der Ereignisse heraus, als sie in jedem Geschichtsbuch zu finden ist. |
IllusionenDan BarOn warnt davor, sich Illusionen über die Möglichkeit rascher Veränderungen zu machen. Seine Projekte waren begrenzt und bewegten sich nicht im gesellschaftlichen mainstream. Der Prozeß, der Bewußtsein von unten nach oben fördern will (bottom up), bedarf der Begleitung durch den politischen Willen, der von oben nach unten durchgesetzt wird (top down): Sicherlich kann unsere Arbeit auch eine positive Wirkung haben, wenn sie zeitlich mit top down verlaufenden gesellschaftlichen und politischen Prozessen übereinstimmt. Man könnte sagen: Wenn der politische Prozess ohnehin zu dieser Zeit stattfand und die erwartete gesellschaftliche Veränderung bewirkte, wozu braucht man dann überhaupt noch Projekte an der Basis, die bottom up wirken sollen? Die politischen oder wirtschaftlichen Prozesse werden den gesellschaftlichen Wandel mit sich bringen [ ]. Diese Kritik ist nicht so leicht von der Hand zu weisen. [16] Doch woher sollen die politischen Veränderungen kommen? Es gibt eine Schwachstelle in Dan BarOns Ausführungen und sie betreffen das Wesen der Politik. Es geht ja nicht darum, ob politische Führer oder gesellschaftliche Multiplikatorinnen mit ihrer Definitionsmacht die Lösung für ein Problem initiieren oder gar durchsetzen. Es geht nicht um guten Willen, sondern um Realpolitik, also um Macht. Israel braucht Palästina, und zwar ein Palästina, das billige Arbeitskräfte und landwirtschaftliche Produkte liefert. Mitunter fällt hier der Begriff der Apartheid. Israel bewegt sich wie Palästina im globalen Kapitalismus. Und es gelten dessen Gesetze. Die Erwartung oder die Illusion einer neuen Ära nach dem Ende des Kalten Krieges beruhte auf der Annahme, dass die westliche Welt nun endlich in der Lage wäre, sich zu entspannen und sich auf einige globale Probleme zu konzentrieren, die viele Jahre lang vernachlässigt worden waren: Hunger, Gesundheit, Umwelt und Bildung. Es bestand die Illusion, dass der Wohlstand der westlichen Welt und der Prozess der Globalisierung große Teile der weniger Privilegierten positiv beeinflussen würden. Aber als Psychologen mit unserem Wissen über unterdrückte soziale Prozesse hätten wir wissen können, dass die Erwartungen keine soliden Fundamente besaßen: Während des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs waren so viele negative Emotionen von so vielen Individuen und so viele gesellschaftliche Agenden der Vergangenheit unterdrückt, verschwiegen und nicht verarbeitet worden, dass ihr chaotischer Ausbruch nach dem Ende der deterministischen und scheinbar stabilen Polarisierung zwischen zwei großen Weltmächten durchaus vorhersehbar gewesen wäre. Als Psychologen hätten wir es wissen sollen. Aber wir wollten zu sehr an die Illusion einer neuen Ära glauben. Wir selbst sind ja ein Teil der Gesellschaft und ihrer Wünsche. [17] Die Psychologinnen und Psychologen sind genauso in den Lebenslügen des Kapitalismus gefangen wie ganz normale Sterbliche auch. Dennoch zeigt das Buch von Dan BarOn Möglichkeiten auf, die damit verbunden sind, wenn wir uns in begrenzten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einfach nur einmal genauer zuhören. Wer ein Interesse an emanzipatorischen Fortschritten hat, kommt an derartigen Erfahrungen (und somit auch an den Büchern Dan BarOns) nicht vorbei. Dan BarOn beschreibt in seinem autobiographischem Buch Erzähl dein Leben! seine eigenen Wege zur Dialogarbeit und politischen Verständigung. Der Band ist letztes Jahr in der edition Körber |
SchlußJingle Alltag und Geschichte heute zum Thema Befreit und doch nicht befreit. Ein sexistisches Arbeitsangebot einer Arbeitsagentur führte mich zur Entstehungsgeschichte der Prostitution. Im zweiten Teil ließ ich den israelischen Psychologen Dan BarOn sein Leben erzählen. Die beiden dabei vorgestellten Bücher waren:
Die nicht befreiten Deutschen des Mai 1945 bauten eine neue Republik auf und entsorgten ihre Vergangenheit. Sie verdrängten sie nicht; denn sie wußten genau, was sie getan haben. Aber sie bemühten sich jahrzehntelang, das Offensichtliche umzudeuten. Die Brandkatastrophenbücher von Jörg Friedrich sind ein gutes Beispiel für die nachträgliche Umschreibung der eigenen Geschichte. Der Historiker Hannes Heer, Leiter der ersten Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung, sprach am 26. April [2005] in Darmstadt über das Verschwinden der Täter. Einen Mitschnitt seines anregenden und ziemlich klaren Vortrags werde ich in meiner nächsten Sendung in zwei Wochen, also am Montag, den 23. Mai, senden. Zu hören auch in der Wiederholung am Dienstag, den 24. Mai, morgens um 8 und nachmittags um 14 Uhr. Nächste Woche könnt ihr auf diesem Sendeplatz Katharina Mann und Niko Martin mit ihrem Blick hinter die Spiegel hören; jetzt folgt nickelodeon mit Gerhard Schönberger. Für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt verabschiedet sich Walter Kuhl. |
ANMERKUNGEN |
[1] Siehe seinen von mir als rassistisch und in der Wahl seiner Beispiel auch als sexistisch beanstandeten Sendebeitrag "Gesellschaftlicher Konsens für alle", in dem er die kapitalistische Kleiderordnung als selbstverständlich bezeichnet hat. Dokumentiert als Anmerkung 3 meiner Sendung Zensur vom 20. April 2005. |
[2] Kai Appen : Ein Job wie jeder andere, in: taz (Hamburg) vom 18. Dezember 2004. Siehe auch seinen Artikel Prostitution im Prinzip zumutbar in der taz vom 18. April 2005. |
[3] Siehe hierzu die Dokumentation Hartz IV: Vermittlung ins Bordell. |
[4] Siehe hierzu auch meine Besprechung des Ausstellungskatalogs Gesichter des Orients 10.000 Jahre Kunst und Kultur aus Jordanien in meiner Sendung Von Jordanien nach Byzanz am 22. November 2004. |
[5] Henry W.F. Saggs : Völker im Lande Babylon, Seite 64. Das Töten männlicher Kriegsgefangener war und ist nicht auf Babylonien beschränkt. Solange männliche Sklaven nicht beherrschbar waren, wurden sie für wertlos erachtet und einfach getötet. Frauen wurden in der Regel durch Vergewaltigung unterworfen und fügsam gemacht. Prostitution bedarf fügsamer Frauen. |
[6] Unsinnig ist es jedoch, Babylon als Musterbeispiel für Dekadenz zu bezeichnen. Der Untergang großer Reiche liegt nicht in Luxus, Ausschweifung oder Dekadenz begründet. Frühe Reiche (und das gilt bis ins Mittelalter hinein) können sich nur solange behaupten, wie es ihnen gelingt, die hierfür notwendigen Ressourcen aufzubringen entweder durch Expansion nach Außen oder durch intensivierte Ausbeutung nach Innen. |
[7] Gerda Lerner : Die Entstehung des Patriarchats, Campus Verlag, Studienausgabe 1995. Gerda Lerner untersucht die Entstehungsgeschichte des Patriarchats vorzugsweise anhand vorderasiatischer Quellen aus den letzten drei Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung. |
[7a] Meine Besprechungen der drei Bücher von Dan BarOn:
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[8] Dan BarOn : Erzähl dein Leben!, Seite 12 |
[9] Dan BarOn, Seite 2728 |
[10] Dan BarOn, Seite 32 |
[11] Dan BarOn, Seite 37 |
[12] Dan BarOn, Seite 48. Geradezu typisch ist die nach außen getragene Darstellung guter und liebevoller Familienväter, die in ihrem wirklichen Leben knallharte Banker, Politiker, Wirtschaftsbosse oder KZAufseher waren und sind. Der sich darin aufzeigende Widerspruch ist keiner. Es wäre eher danach zu fragen, wie sich beides innerhalb einer Familienstruktur vereinbart und welche Traumata und Macken dies bei den Kindern derartiger Väter hinterläßt. |
[13] Dan BarOn, Seite 8788 |
[14] Der Verschwörungstheoretker Gerhard Wisnewski hat diesen Sachverhalt auf seinen antisemitischen Punkt gebracht, als er auf seiner Homepage schrieb: Die Verbrechen an den Juden haben ein Recht auf einen angemessenen Platz in der Geschichte. Sie haben ein Recht darauf, daß man an sie denkt und sich ihrer als Warnung erinnert auch als Warnung vor Verbrechen der Juden. Denn sonst wäre das Opfer Millionen jüdischer Menschen völlig umsonst gewesen. Dies war zumindest noch im August 2003 nachzulesen. Soll heißen: die Verbrechen an den Juden haben ein Recht auf einen angemessen Platz in der Geschichte. Vor allem haben die von uns begangenen Verbrechen das Recht, euch Juden daran zu erinnern, euch gefälligst nicht so aufzuführen, weil ihr erinnert euch ja, was mit euch passiert ist. Weil: wenn ihr so weiter macht, war das Opfer von Millionen Menschen völlig umsonst. Natürlich hat Wisnewski das ganz gewiß nicht antisemitisch gemeint, schon gar nicht die daraus unausgesprochene Konsequenz, aber er hat es so geschrieben. Siehe ausführlich hierzu auch das Sendemanuskript zu meiner Sendung Antisemitismus vom 11. August 2003. |
[15] Dan BarOn, Seite 93 |
[16] Dan BarOn, Seite 222 |
[17] Dan BarOn, Seite 230. Selbstverständlich ist es eine weitere Illusion, auch nur daran zu denken, der globale Kapitalismus und seine Manager könnten auf die absurde Idee kommen, Hunger und Kriege für überflüssig halten. Der Sinn einer kapitalistischen Gesellschaft liegt nun einmal nicht darin, lebenswerte Verhältnisse für alle Menschen zu schaffen. Auch wenn Dan BarOn sich in den 70er Jahren der Linken zugehörig fühlte und es womöglich auch heute noch tut ein bißchen mehr und radikalere Kapitalismuskritik könnte seinen Illusionen nur gut bekommen. |
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