Kapital – Verbrechen

Hartz IV,1

 

 

SENDEMANUSKRIPT

 
Sendung :
Kapital – Verbrechen
Hartz IV,1
 
Redaktion und Moderation :
Walter Kuhl
 
gesendet auf :
Radio Darmstadt
 
Redaktion :
Alltag und Geschichte
 
gesendet am :
Montag, 9. August 2004, 17.00–18.00 Uhr
 
wiederholt am :
Montag, 9. August 2004, 23.10–00.10 Uhr
Dienstag, 10. August 2004, 08.00–09.00 Uhr
Dienstag, 10. August 2004, 14.00–15.00 Uhr
 
 
URL dieser Seite : https://www.waltpolitik.de/kv/kv_vier1.htm
 
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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 : Eisberge zur Erfrischung
Kapitel 2 : Raubritter
Kapitel 3 : Fallstricke eines Fragebogens
Kapitel 4 : Aushorchen und abkassieren
Kapitel 5 : Sand ins Getriebe
Kapitel 6 : Da ist Clement aber gar nicht amüsiert
Kapitel 7 : Kein Ende in Sicht

 

Eisberge zur Erfrischung

Jingle Alltag und Geschichte

Die Reformfraktion in unserem Land hat die Daumenschrauben angezogen. Mit der Verteilung der Anträge für das neue Arbeitslosengeld II wird eine neue Phase im Feldzug der sozialen Demontage eingeläutet. Viel ist hierzu in den letzten Tagen gesagt und geschrieben worden. Und doch sind zu wenigen Menschen die Konsequenzen klar, und erst recht scheint es kein Bewußtsein darüber zu geben, was hier tatsächlich geschieht. Mit der heutigen Folge meiner Sendereihe Kapital – Verbrechen möchte ich einen Einstieg zum Verständnis geben, der uns letztlich dazu motivieren soll, die Dinge nicht so zu nehmen, wie sie auf uns zukommen.

Hartz IV ist jedoch nur ein Paket aus einer ganzen Palette von Maßnahmen, die uns die Luft zuschnüren sollen. Der neoliberale Wahn der Zerstörung jedwelcher solidarischer Kultur wird hier nicht haltmachen. Es liegt an uns, und nur an uns selbst, ob dieser Wahnsinn sich austobt oder nicht. Doch zuvor als Einstieg eine Abkühlung. Vor anderthalb Jahren unternahmen Wolfgang Clement, Peter Hartz und Manfred Stolpe einen Ausflug ins arktische Meer, um sich mental fit zu machen für die Schweinereien, die sie noch ausbrüten würden. Hören wir ihnen zu, wie sie zunächst einen Pinguin der rauhen Witterung neoliberaler Politik aussetzen.

Ein Beitrag von Radio Dreyeckland aus dem Herbst 2002, der nichts von seiner Aussagekraft verloren hat. Im Gegenteil ... – Für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt ist am Mikrofon Walter Kuhl.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar [1,4 MB]. Das Minihörspiel trägt den Titel: Hartz, Clement, Stolpe auf Survival–Training im arktischen Eismeer.

 

Raubritter

Am Sonntagmorgen vermeldete der Deutschlandfunk in seinen Nachrichten folgende Einsichten in die Gedankenwelt unseres Abenteuerurlauberers Wolfgang Clement:

Auszugsweise Wiedergabe der Deutschlandfunk–Nachrichten vom 8. August 2004 um 8.30 Uhr und 7.30 Uhr:
Bundesminister Clement hat Gegner der Arbeitsmarktreform zur Mäßigung aufgerufen. Die Art und Weise, wie manche Politiker und Verbände Hysterie erzeugten, sei unerträglich, sagte der SPD–Politiker der Bild am Sonntag. Am Auszahlungsmodus für das neue Arbeitslosengeld II will Clement nach eigenen Worten festhalten. Es dürfte doch nachvollziehbar sein, daß es nicht am 31. Dezember Geld geben könne und am nächsten Tag gleich wieder.
Mit der eingesparten Summe von 1,4 Milliarden Euro könne man 100.000 zusätzliche öffentliche Beschäftigungsverhältnisse schaffen. Damit sei das Geld viel besser angelegt, erklärte Clement.

Unerträglich ist hier in der Tat die Frechheit, mit der sich unser Bundeswirtschaftsminister aufplustert. Den ungeheuerlichen Raub von 1,4 Milliarden Euro, der den Bezieherinnen und Beziehern des Arbeitslosengeldes II aufgrund vorheriger Ansprüche, weil: geleisteter Beitragszahlungen, von Rechts wegen zusteht, verteidigt unser Wirtschaftslobbyist auch noch damit, jede Menge Hungerlohnjobs schaffen zu wollen.

Da stellt sich doch die Frage, warum nicht schon lange besagte 1,4 Milliarden Euro bereit gestellt worden sind, wenn es doch so ungeheuer sinnvoll sei, so viele derartiger neuer Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Die Abschaffung des Männerspielzeugs Bundeswehr würde sogar 25 Milliarden Euro bringen, und das auch noch jedes Jahr! Doch es lohnt sich hier, kurz innezuhalten und nachzurechnen, auf welcher Geschäftsgrundlage dieses miese Arbeitsangebot beruht.

Zunächst einmal sagt uns Herr Clement nicht, für wie lange das Geld reichen soll. Nehmen wir einfach diese 1,4 Milliarden Euro und teilen sie durch 100.000 Beschäftigungsverhältnisse, und nehmen wir der Einfachheit halber einmal an, daß die hierdurch geschaffenen Jobs ein Jahr lang existieren sollen, dann erhält jede und jeder Beschäftigte einen Hungerlohn von 900 Euro netto. Das ist die Jobmaschine des Herrn Clement. Malochen auf niedrigstem Niveau! Mal sehen, ob es jemandem oder einer auffällt, was der Minister populistisch ins Feld geführt hat.

Ich mache daher im Gegenzug folgenden Vorschlag, bei dem ich die markigen Worte unseres Ministers ernst nehme. Es kann ja wohl nicht sein, daß ein Minister, der 100.000 Arbeitslose und ihre Angehörigen hungern lassen will, dieses Jahr Geld bekommt und nächstes Jahr schon wieder. Dieses Geld können wir doch für sinnvollere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einsparen! Daher empfehle ich, die Grundversorgung solcher Politikerinnen und Politiker auf das Niveau des von ihnen selbst erfundenen und heiß gelobten Arbeitslosengeldes II anzupassen.

Wolfgang Clement ist somit aufgefordert, den 16–seitigen Fragebogen der Bundesagentur für Arbeit, den er selbst ja so toll findet, auszufüllen und nachzuweisen, ob er überhaupt bedürftig ist. Wetten, daß Clement kein leuchtendes Vorbild sein wird und ... kneift!?

 

Fallstricke eines Fragebogens

Inzwischen hat auch das Darmstädter Arbeitsamt die ersten Anträge für das neue Arbeitslosengeld II verschickt. Bis Mitte September sollen die mehr als 16.000 Antragsberechtigten in Südhessen mit einem Wust von Papier beschäftigt sein, bei dem nicht einmal die Expertinnen und Experten der Bundesagentur für Arbeit in der Lage sind, korrekte Antworten auf die Nachfragen ratsuchender Arbeitsloser zu geben. Dennoch schreibt das Darmstädter Echo am vergangenen Mittwoch sinn– und kommentarlos die Aufforderung des Arbeitsamtes ab, die Anträge möglichst schnell ausgefüllt wieder zurückzugeben.

Dabei wäre nichts falscher, als sich von der Hektik der wirtschaftspolitisch Verantwortlichen anstecken zu lassen. Im Gegenteil – hier ist ein Blick auf den allseits kundigen Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis zu empfehlen, auf dessen Umschlag bekanntlich die überaus klugen Worte stehen: Keine Panik. Jörg Wunderlich sprach diesbezüglich mit Jürgen Otte vom Erwerbslosenausschuß von ver.di. Ein Beitrag von Radio Corax aus Halle vom 24. Juli 2004.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar [5,4 MB]: Vorsicht! Arbeitslosengeld 2

Jörg Wunderlich sprach mit Jürgen Otte vom Erwerbslosenausschuß von ver.di. Ein Beitrag von Radio Corax aus Halle über die Fallstricke des Antragsformulars zum Arbeitslosengeld II. Schon hier wird deutlich: Nicht in Panik oder Hektik verfallen, sondern ruhig durchatmen und einfach einmal abwarten, was Politik und Gerichte in den kommenden Monaten entscheiden. Weitere Hinweise am Ende der Sendung.

 

Aushorchen und abkassieren

Jürgen Otte hat im soeben gehörten Beitrag von Radio Corax die Problematik des Datenschutzes bei den Antragsformularen für das Arbeitslosengeld II schon angesprochen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hielt die Formulare daher auch für rechtswidrig. Harri Koch von Radio Z aus Nürnberg sprach hierüber am 21. Juli 2004 mit Franz–Josef Hanke von der Humanistischen Union.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar [2,9 MB]: Datenschutzrechtliche Bedenken bei Hartz IV

Harri Koch von Radio Z aus Nürnberg sprach mit Franz–Josef Hanke von der Humanistischen Union über die datenschutzrechtlichen Probleme der Antragsformulare für das Arbeitslosengeld II. Noch ein Grund mehr, derartige Formulare erst einmal beiseite zu legen und auf Rechtsklarheit zu warten.

 

Sand ins Getriebe

Abwarten heißt jedoch nicht, sich zurückzulehnen. Im Gegenteil – gerade jetzt ist Protest und auch Widerstand gegen die Abzocke angesagt. Das Hamburger Sozialforum kündigt beispielsweise für den Herbst auch die Behinderung des Betriebs der Arbeitsagenturen an. Reinhard Pelger von Radio Z sprach hierüber mit Andreas Grünwald, dem Sprecher des Hamburger Sozialforums.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar [2,5 MB]: Hamburger Sozialforum plant Störungen auf Arbeitsämtern

Reinhard Pelger von Radio Z aus Nürnberg sprach mit Andreas Grünwald, dem Sprecher des Hamburger Sozialforums, über konkrete Schritt, gegen die Anmaßungen von Hartz IV vorzugehen.

 

Da ist Clement aber gar nicht amüsiert

Der Verkünder des neoliberalen Raubzuges auf das Geld der Arbeitslosen, Wolfgang Clement, war ganz besonders empört darüber, daß es ausgerechnet in Leipzig Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV geben soll. Wer möchte auch schon gerne mit einem Unrechtsregime verglichen werden? Dabei stellt sich durchaus die Frage, worin denn der Unterschied zwischen der Diktatur der Parteibürokratie und der Diktatur der Bourgeoisie besteht. Stefan Zimmer von Radio Z aus Nürnberg ist der Sache nachgegangen und sprach mit Winfried Helwig vom Leipziger Sozialforum über den Sinn und die Mobilisierungsfähigkeit der Montagsdemonstrationen in der gescheiterten Olympiastadt.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar [5,7 MB]: Sozialforum Leipzig will Montagsdemos gegen Hartz IV etablieren

Stefan Zimmer von Radio Z im Gespräch mit Winfried Helwig vom Leipziger Sozialforum über die Montagsdemonstrationen im Osten Deutschlands.

 

Kein Ende in Sicht

Jingle Alltag und Geschichte –

mit der ersten Folge einer Reihe von Sendungen und Beiträgen zu Hartz IV und dem Arbeitslosengeld II. Hierbei kam eine Survivaltrainerin aus Freiburg zu Wort, die Clement, Hartz und Stolpe fit für den Arbeitsmarkt machte. Jürgen Otte vom ver.di–Erwerbslosenausschuß aus Halle empfahl, die Antragsbögen vorerst nicht abzugeben. Franz–Josef Hanke von der Humanistischen Union klärte über datenschutzrechtliche Bedenken auf. Andreas Grünwald und Winfried Helwig sprachen über geplante Proteste in Hamburg und Leipzig. Und in Darmstadt? Ja, was läuft in Darmstadt?

Nun, zunächst einmal gibt es immer noch die GALIDA – die Gewerkschaftliche Arbeitsloseninitiative. Diese trifft sich normalerweise freitags von 11 bis 13 Uhr zusammen mit dem OS/3Sozialarbeitskreis im Büro im Hinterhof des Mathildenplatzes 1. [Ab Mitte August 2004 hat sich der Termin geändert!: Die GALIDA trifft sich jetzt dienstags um 18 Uhr im OS/3–Büro.] Weitere Informationen hierzu gibt es im Internet unter www.gali–da.de. Von dort wird übrigens auf kompetente Internetseiten zur Problematik des Arbeitslosengeldes II und, wie damit umzugehen ist, hingewiesen.

Mehr hierzu wird es sicher in den kommenden Wochen nicht nur in meinem Sendungen zu den Kapital – Verbrechen geben. In der kommenden Woche will ich den gesellschaftspolitischen Sinn von Hartz IV und den Unsinn geldpolitischer Gegenargumente beleuchten. Solange empfehle ich: fragt euren Bundestagsabgeordneten Walter Hoffmann, warum er der sozialen Demontage zugestimmt hat. Und entlaßt ihn nicht aus seiner Pflicht, als leuchtendes Vorbild den Antragsbogen für das Arbeitslosengeld II wahrheitsgemäß auszufüllen.

In Sendestudio 1 wartet schon Gerhard Schönberger darauf, mit seiner Sendung Nickelodeon zu beginnen. Zeit für mich, mich für heute zu verabschieden, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß das Sendemanuskript zur heutigen Sendung mitsamt aller Verweise auf die gehörten Beiträge in den nächsten Tagen auf meiner Homepage zu finden sein wird: www.waltpolitik.de. Wer die Beiträge lieber noch einmal im Radio hören will, kann dies am Montagabend ab 23 Uhr, am Dienstag nach dem Radiowecker um 8 Uhr und noch einmal am Nachmittag ab 14 Uhr tun. Am Mikrofon für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt war Walter Kuhl.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt am 29. Dezember 2004 aktualisiert.
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©  Walter Kuhl 2001, 2004
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