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Inhaltsverzeichnis |
Erster Teil : Sorgfaltspflicht im nichtkommerziellen Lokalradio Kapitel 1 : Einleitung Kapitel 2 : Von Sendeverantwortung und kritischem Journalismus Kapitel 3 : Goldgruben und rechtliche Fallstricke Kapitel 4 : Neutral pluralistisch offen für Rechtsaußen Zweiter Teil : Analyse einer antikommunistischen Propagandasendung Kapitel 5 : Präludium zur t1w–Sendung Kapitel 6 : Leicht mißglückter Vorspann der Redaktion Kapitel 7 : Märchenstunde Kapitel 8 : Die Tang in der Wissenschaft Kapitel 9 : Schleichwerbung Kapitel 10 : Manifester Antikommunismus Kapitel 11 : Phantasiezahlen Dritter Teil : Eine kleine Geschichte der IGfM Kapitel 12 : Quellen oder nicht Quellen, das ist eine dubiose Frage Kapitel 13 : Emigranten mit geschmeidiger Menschenrechtsrhetorik Kapitel 14 : Wehrsport Kapitel 15 : Mit der Contra solidarisch Kapitel 16 : Verurteilter Internationalismus Kapitel 17 : Führungskader klinken aus Kapitel 18 : Von Falun Gong zu Radio Darmstadt Weiterführende Texte Anmerkungen zum Sendemanuskript |
ERSTER TEIL SORGFALTSPFLICHT IM NICHTKOMMERZIELLEN LOKALRADIO |
Jingle Alltag und Geschichte
Das Thema der heutigen Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte sind die Menschenrechte. Nicht irgendwelche Menschenrechte, sondern das Einfordern von Menschenrechten in anderen Ländern dieser Erde. Den Anlaß zu dieser Sendung gab eine Sendung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte auf einem Sendeplatz der Redaktion treffpunkt eine welt am vergangenen Donnerstag [am 11. August 2005] zu Menschenrechten in China.
Ich hatte die Ausstrahlung dieser Sendung [der Redaktion t1w] beanstandet, nachdem ich im Juli von ihr erfahren hatte. Ich kenne (im Sinne von: Kenntnis haben, nicht aufgrund persönlicher Begegnung) die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte und die mit ihr verbundenen Persönlichkeiten und Organisationen seit zwei Jahrzehnten. Es handelt sich hierbei um eine Organisation mit antikommunistischer Ausrichtung, die in der Literatur als Scharnier zwischen konservativen Kräften auf der einen und dem rechtsextrem-neonazistischen Spektrum auf der anderen Seite beschrieben wird.
So schreibt eine Ilisa_s auf Indymedia am 7. Oktober 2003 : Die IGfM mit Sitz in Frankfurt ist bekannt für ihre Scharnierfunktion zwischen konservativen und faschistischen Gruppen, darunter der inzwischen verbotenen "Wehrsportgruppe Hoffmann" Regelmäß berichten antifaschistische Gruppen wie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN–BdA), die Zeitschrift der "Rechte Rand" oder die "Antifaschistischen Nachrichten" über die Umtriebe dieser Gesellschaft. Die Quelle Indymedia ist wie die Quelle Wikipedia mit einem gewissen Maß an Vorsicht, wenn nicht gar Skepsis zu betrachten. Der relativ ungehinderte Zugang zum Medium verführt nicht selten Einzelne dazu, sich entweder weit aus dem Fenster zu hängen oder eine Verschwörungstheorie breit zu walzen. Bei der Wikipedia lohnt ein Blick in den Diskussionsstrang zum jeweiligen Lexikonbeitrag. Der hier zitierte Beitrag von Indymedia berücksichtigt nicht, daß eine direkte Verbindung zwischen der IGfM und der Wehrsportgruppe Hoffmann nicht nachweisbar ist. Siehe hierzu auch meine diesbezüglichen Ausführungen im vorliegenden Sendemanuskript. Dennoch wird die Organisation mit dem Begriff Scharnierfunktion richtig charakterisiert. |
Ich werde im Verlauf dieser Sendung versuchen, mehrere Stränge miteinander zu verbinden, um aufzuzeigen, daß ich die Sendung zurecht beanstandet habe und daß diese Sendung in einem nichtkommerziellen Lokalradio wie Radio Darmstadt nichts zu suchen hat. Dies hat insofern auch Konsequenzen für die Organisation, aus deren Reihen diese Sendung produziert worden ist.
Angesichts dessen, daß die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte empfindlich auf Kritik, sei sie berechtigt oder auch nicht, reagiert und hierbei auch den Klageweg einschreitet, sage ich für die folgenden zwei Stunden ausdrücklich: Die redaktionelle Verantwortung für diese Sendung zu Menschenrechten liegt allein bei mir. Ich entbinde sowohl RadaR e.V. als Trägerverein wie auch das von ihm betriebene Radio Darmstadt ausdrücklich von dieser redaktionellen Verantwortung inklusive aller möglichen presserechtlichen oder finanziellen Folgen. Ich habe allen Grund, diesen Vorspann zu formulieren; dazu gleich mehr. Für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt ist am Mikrofon Walter Kuhl.
Wie hat alles angefangen? Mitte Juli erhielt ich von der Redaktion treffpunkt eine welt eine Übersicht ihrer Sendungen für August, um sie in den Programmflyer aufzunehmen. Der Programmflyer wird monatlich von mir zusammengestellt und mit Hilfe von Katharina Mann gelayoutet. Die Herausgabe dieses Flyers obliegt eigentlich dem Programmrat von Radio Darmstadt, aber er hat sich leider außerstande gesehen, neben der Produktion von Sendungen selbige auch anzukündigen. Bei der Bearbeitung der Daten für den Programmflyer habe ich somit gesehen, daß eine Sendung geplant war, bei der ich allergrößte Bedenken haben mußte.
Meine Kenntnisse über diese Internationale Gesellschaft für Menschenrechte reichten mir aus, um die Ausstrahlung zu untersagen. Wie komme ich dazu? Nun – ich bin nicht nur Mitglied der Redaktion Alltag und Geschichte auf diesem Sender, sondern auch als Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit für dessen Trägerverein RadaR e.V. tätig. In dieser Funktion bin ich nicht nur der medienrechtlich Verantwortliche für die Homepage von Radio Darmstadt, sondern auch einer der beiden Sendeverantwortlichen gegenüber der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk – kurz: LPR Hessen. Unsere Sendelizenz sieht die Nennung eines oder einer Sendeverantwortlichen ausdrücklich vor.
Angesichts von über 200 Menschen und einigen Gruppen, die bei uns weitgehend unkontrolliert ihre Sendungen produzieren und moderieren, haben wir intern festgelegt, daß wir der LPR Hessen zwei Sendeverantwortliche benennen. Einer oder eine von beiden wird vom Vorstand des Trägervereins bestimmt. Das liegt daran, daß letztlich der Vorstand für alles den Kopf hinhalten muß, was im Verein geschieht und was in dem von ihm betriebenen Lokalradio gesendet wird. Andererseits wollten wir den Programmrat als das zentrale Gremium des Radios nicht übergehen, sondern vielmehr in die redaktionelle Verantwortung für das Programm einbinden.
Der Programmrat wurde als Gremium des Radios, nicht des Vereins, im Herbst 1996 auf Beschluß der Mitgliederversammlung ins Leben gerufen. Seine Aufgaben sind die Vergabe von Sendeplätzen an die einzelnen Redaktionen und die Überwachung der Sendeprinzipien. Der Programmrat besteht aus den in den Redaktionen gewählten Sprecherinnen und Sprechern der jeweiligen Redaktion. Da wir derzeit 15 Redaktionen haben, besteht der Programmrat aus 15 Mitgliedern. Alle drei Monate wechselt turnusgemäß der Vorsitz im Programmrat; und der Programmratssprecher oder die –sprecherin ist dann der bzw. die zweite Sendeverantwortliche gegenüber der LPR Hessen. Derzeit ist dies [zum Zeitpunkt der Sendung] die Sprecherin der Auslandsredaktion, Hacer Yontar.
Im Rechtshandbuch Bürgermedien, herausgegeben von der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR) in Schleswig-Holstein, wird die Funktion des oder der Sendeverantwortlichen näher beschrieben. Dort heißt es:
Grundsätzlich besteht eine Zugangsoffenheit der Bürgermedien für jedermann, teilweise ist eine räumliche Beschränkung vorgesehen. [1]
Die räumliche Beschränkung sieht so aus, daß Personen oder Gruppen, die nicht im Sendegebiet wohnen oder ansässig sind, keinen Rechtsanspruch auf Aufnahme ihres Begehrens haben, bei uns zu senden [2]. Weiter heißt es im Rechtshandbuch:
Ferner gibt die Nutzung der liberal gehandhabten Bürgermedien auch dem Missbrauch, sei es zur weltanschaulichen Indoktrination oder anderweitig unzulässiger Nutzung eines weit reichenden Mediums, Raum. Einer solchen unzulässigen Nutzung von Bürgermedien kann am wirksamsten durch Zugangsverweigerung begegnet werden, weshalb weitestgehend alle Satzungen eine Möglichkeit zur Zugangsbeschränkung vorsehen. Unter welchen Voraussetzungen die Zugangsverweigerung zulässig ist, ergibt sich aus dem grundsätzlich anwendbaren Rundfunkstaatsvertrag. [3]
Von dieser Möglichkeit hat der Trägerverein von Radio Darmstadt Gebrauch gemacht. In seine Vereinssatzung hat er seinen gemeinnützigen Zweck hineingeschrieben. Im Redaktionsstatut des von ihm betriebenen Senders wird dies näher ausgeführt. Beides – Satzung und Redaktionsstatut sind Teil der Sendelizenz von Radio Darmstadt. Das bedeutet: der oder die Programmverantwortliche kann auf dieser Grundlage feststellen, daß bestimmte Inhalte nicht mit der Sendelizenz, der Vereinssatzung und dem Redaktionsstatut vereinbar sind. Weiter heißt es hierzu im Rechtshandbuch Bürgermedien:
Die Einschränkung der Nutzung durch neben– oder hauptamtliche Mitglieder der Redaktion im NKL [also im nichtkommerziellen Lokalradio] erfolgt durch den Programmverantwortlichen […]. Die Voraussetzungen, unter denen eine Nutzungseinschränkung zulässig ist, ergeben sich aus den Programmstatuten sowie dem Rundfunkstaatsvertrag. [4]
Als im Frühjahr 1994 der Trägerverein RadaR e.V. gegründet wurde, haben sich die Gründungsmitglieder den Kopf darüber zerbrochen, wofür ihr Radio stehen soll und welche Inhalte gesendet werden sollen. Dabei stand vor allem der Aspekt der Gegenöffentlichkeit im Vordergrund und auch, das Sprachrohr sozialer Initiativen und Bewegungen zu sein. Was auch heißt: das Nachrichtenmonopol der etablierten Medien zu brechen und Menschen und ihren Anliegen, die ansonsten nicht zu Wort oder zu Gehör kommen, ein Forum zu geben.
Andererseits war es wichtig, hierbei aufzupassen und sexistische und rassistische Inhalte zu verhindern. Zensur wurde deshalb ausdrücklich vorgesehen, und zwar eine Zensur im Rahmen des Presserechtes. Das Radio sollte konfessionsneutral sein und den interkulturellen Dialog fördern. Und es sollte vor allem eins sein: kritisch. Die Gegenöffentlichkeit erforderte daher insbesondere eine Geschichtsschreibung von unten. Der Gründer des Vereins heißt übrigens Norbert Büchner. Ohne ihn und sein Engagement würden wir hier heute wahrscheinlich nicht senden und ihr da draußen an den Rundfunkgeräten diese Sendung nicht hören können. [5]
Wie drücken sich diese Gedanken nun in Satzung und Redaktionsstatut aus? In der Satzung werden die hehren Ziele des Vereins definiert: die kulturelle und Meinungsvielfalt durch Bildung und Information abzubilden, dabei unabhängigen Journalismus zu fördern und dies durch medienpädagogische Arbeit zu begleiten. Dabei sollen ganz normale Bürgerinnen und Bürger zum Umgang mit dem Medium Radio befähigt werden, damit diese ihr Anliegen auch selbst vortragen können. Das Zusammenleben der Allgemeinheit soll sich hierbei in gewaltfreier Konfliktverarbeitung, in Völkerverständigung, Jugend– und Seniorenarbeit und – nicht zuletzt – in Männer– und Frauenemanzipation widerspiegeln.
Im Redaktionsstatut werden diese Grundlagen vertieft. Neu zu gründende Redaktionen müssen in einem Grundsatzpapier ihre Sendeinhalte, Sendeziele und Sendeformen darlegen. Meines Wissens verfügt die Redaktion treffpunkt eine welt über kein derartiges Grundsatzpapier. Parteipolitische, kirchliche oder sonstige Redaktionen weltanschaulich oder ideologisch institutionell organisierter Gruppen dürfen hingegen nicht gegründet werden. Nur, um beim Sendethema zu bleiben: die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte dürfte bei uns keine Menschenrechtsredaktion gründen. Abschließend werden die Redaktionen auf die Satzungsziele des Trägervereins verpflichtet.
Nach diesem allgemeinen Redaktionsstatut sind Redaktionssitzung als öffentlich zu betrachten. Als ich mit meinem Vorstandskollegen Niko Martin am 25. Juli 2005 der Redaktionssitzung beiwohnen wollte, um mit der Redaktion über die Gründe meiner Beanstandung zu reden, wurde uns der Zugang zur Redaktionssitzung verweigert. Man und frau wolle sich zunächstst einmal untereinander verständigen. Erst im Anschluß daran wurden wir zur Sitzung zugelassen. Streng genommen handelt es sich hierbei um einen Verstoß gegen das allgemeine Redaktionsstatut, das selbstverständlich auch für die Redaktion treffpunkt eine welt gilt. Hatte die Redaktion etwas vor uns zu verbergen? Niko und ich waren einmal wieder viel zu nett und haben der Redaktion den Bruch unserer Statuten einfach durchgehen lassen. Wie wir noch sehen werden, wurde unsere Gutmütigkeit an anderer Stelle schamlos ausgenutzt. |
Es gibt jedoch einige weitere Grundsätze, die nicht nur für private kommerzielle Hörfunkprogramme gelten, sondern ausdrücklich auch für nichtkommerzielle Lokalradios. Im Hessischen Privatrundfunkgesetz heißt es hierzu:
Für alle Rundfunkprogramme gilt die verfassungsmäßige Ordnung. Die Programme haben die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. Sie sollen die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland und die internationale Verständigung fördern, zur sozialen Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, zum Schutz von ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten sowie zur Achtung und zum Schutz der Umwelt beitragen.
Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Kommentare sind von der Berichterstattung deutlich zu trennen und unter Nennung des Verfassers als solche zu kennzeichnen. [6]
Das schon genannte Rechtshandbuch Bürgermedien präzisiert:
Danach ist jeder Redakteur verpflichtet, alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zu prüfen. [7]
Und fährt fort:
Selbst bei der Übernahme von Meldungen besteht eine Überprüfungspflicht. […] So muss bei erheblichen Vorwürfen ausreichend sicher sein, dass die Tatsachenbehauptung zutrifft und auf zuverlässigen Quellen basiert. [8]
Dies sind die wesentlichen Grundlagen, auf die ich mich gestützt habe, um die Ausstrahlung der Sendung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zu untersagen.
Als ich im Juli dieses Jahres der Ausstrahlung der Sendung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte auf dem Sendeplatz der Redaktion treffpunkt eine welt widersprach, habe ich hierzu in einer internen E–Mail an den Programmrat geschrieben:
Die IGfM ist eine seit Jahrzehnten bekannte angebliche Menschenrechtsorganisation, die dem rechten Rand zuzuordnen ist. Kontakt mit nationalen und internationalen Rechtsextremisten und noch schlimmeren Organisationen sind bekannt. Es handelt sich um eine Art extrem antikommunistische Vorfeldorganisation zum organisierten Rechtsextremismus, die mit "Menschenrechten" auf Stimmen– und Spendenfang geht. [9]
Hierzu hatte ich bei Abfassung der E–Mail kurz ins Internet geschaut, was ich auf die Schnelle als Beleg heranführen kann, und dies dem Programmrat mit Linkverweis geschickt. Unter diesen Links habe ich ein Dokument angeführt, welches sich als wahre Goldgrube erweisen sollte. Einer der beiden Autoren, Günter Platzdasch, war selbst Ende der 80er Jahre bei der IGfM beschäftigt gewesen.
Als er mit anderen MitarbeiterInnen versuchte, einen Betriebsrat zu gründen, wurde ihm gekündigt. Er gewann die diesbezüglichen Arbeitsgerichtsprozesse, womit festgestellt wurde, daß die IGfM im eigenen Haus mit den Menschenrechten doch sehr selektiv umgeht. In der Satzung der IGfM ist jedoch das Recht auf Vereinigungsfreiheit ausdrücklich als Vereinsziel festgeschrieben! [10] Platzdaschs Materialsammlung ist im Internet als PDF frei verfügbar. Im Verlauf dieser Sendung werde ich auf diesen Text, aber auch auf viele weitere Hinweise zur Tätigkeit der IGfM eingehen.
Auf meine E–Mail hin gab es [am 25. Juli 2005] ein Gespräch mit der Redaktion treffpunkt eine welt in Anwesenheit des der IGfM angehörigen Redaktionsmitgliedes, der angab, von all diesen Dingen, die ich hier noch ausführen werde, keine Kenntnis zu besitzen. Einige Tage später haben wir [am 27. Juli 2005] auf unserer regulären Vorstandssitzung im Beisein von Mitgliedern der Redaktion treffpunkt eine welt über unsere Bedenken gesprochen. Hierbei erhielt der Vorstand eine Zusage der Redaktion, die Sendung vorerst nicht auszustrahlen, um dem Vorstand Gelegenheit zu geben, der Sache nachzugehen und eine wohl erwogene Entscheidung zu treffen. Diese Zusage wurde gebrochen. [11]
Der Vorstand von RadaR e.V. faßte auf seiner Sitzung am 24. August 2005 zu dieser Sendung der Redaktion t1w einen Beschluß, der bis Anfang November 2006 auf der Webseite von Radio Darmstadt dokumentiert war und der auch auf meiner Webseite als PDF nachgelesen werden kann. |
Am Tag nach der Vorstandssitzung erhielten wir von der IGfM-Zentrale in Frankfurt ein Schreiben, in der Bezug auf meine interne E–Mail genommen wurde. Nun ist dieser interne Verteiler ausdrücklich ein interner Verteiler, in dem es zuweilen hoch hergeht. Zwar mag es ein legitimes Bedürfnis für eine Organisation sein zu erfahren, was eine andere Organisation intern über sie bespricht. Andererseits schickt mir die IGfM ja auch nicht ihren internen Schriftverkehr zu. Ich betrachte diese Weitergabe somit als Vertrauensbruch, zumal das uns zugegangene Schreiben der IGfM durch die Blume rechtliche Schritte androht. In Bezug auf meine aus dem Internet herangezogenen Quellen heißt es in dem Schreiben:
Das Oberlandesgericht Oldenburg stellte bereits am 28.11.1997 fest:
Für Recht erkannt:
"Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 18. Juli 1997 geändert. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin als Organisation revanchistischer und faschistischer Prägung zu bezeichnen, deren strukturelle Vernetzung und personelle Verflechtung von ultrarechten Gruppierungen wie der Pan Europa-Union, dem Witiko-Bund, diversen Geheimdiensten etc. bis hin zur rechtsextremistischen Wehrsportgruppe Hoffmann reicht und deren Aktivitäten sich im wesentlichen auf die Unterstützung von Diktaturen konzentrieren."
Soll heißen: drei Frauen aus Norddeutschland, die in Leserinbriefen die IGfM wie gerade vorgelesen bezeichnet hatten, wurden verurteilt. Dieses kostenträchtige Verfahren hat den Nebeneffekt, daß entsprechende Äußerungen seither rechtlich nicht mehr zulässig sind. Allerdings trifft das Urteil meinen Gedankengang nicht. Zum Revanchismus habe ich mich nicht geäußert und von einer personellen Verflechtung zur Wehrsportgruppe Hoffmann habe ich auch nichts geschrieben.
In dem Schreiben des Geschäftsführenden Vorsitzenden Karl Hafen an den Vorstand von Radio Darmstadt vom 27. Juli 2005 heißt es weiter : Auch dem Vorwurf der Toleranz von Folter will ich widersprechen. Die IGFM hat den Anti-Folter-Appell von ai unterzeichnet. Sie steht dazu. Über das Urteil von Herrn Daschner gab es im übrigen keine Kommentare seitens eines Vorstandsmitgliedes. Die IGFM möchte diese von Herrn Walter … geäußerten Tatsachenbehauptungen nicht stehen lassen, denn sie sind falsch und rufschädigend. Ich bitte Sie um ein Gespräch, um Ihnen entsprechende Beweise vom Gegenteil vorzulegen und Ihnen unsere Arbeit vorzustellen. In der Anlage finden Sie ein paar knappe Informationen über die IGFM. Hinweisen möchte ich auch auf den Auszug aus der Festrede von Dr. Joachim Gauck anläßlich unseres 30jährigen Bestehens, der sich mit der selektiven Wahrnehmung befaßt. Bitte geben Sie der Wahrheit die Möglichkeit, ans Tageslicht zu kommen. Wahrscheinlich nahm Karl Hafen Anstoß an der von mir verschickten E–Mail, die eine Passage aus der Wikipedia über seine Organisation enthielt. In dem Wikipedia-Artikel hieß es [gefunden am 24. Juli 2005] : Scharf kritisiert wurde die IGFM in Menschenrechtskreisen jüngst ob ihrer Positionen zum Folterskandal um Wolfgang Daschner. Das milde Urteil für Daschners Folterdrohung wurde von Sprechern der IGFM ausdrücklich begrüßt, was de facto ein Eintreten für straflose Folter in Extremsituationen bedeutet. Vielleicht ist es ja alles nur eine Frage der Wortwahl. Nehmen wir einfach einmal als gegeben an, daß sich die IGfM tatsächlich nicht zum Urteil geäußert hat. Dann hätten wir so einen Fall von Ungenauigkeit in der Wikipedia, wie ich es weiter oben beschrieben habe. Dennoch ist Karl Hafens Anmerkung insofern selbst ungenau, weil er nicht auf seine eigene Äußerung vom 6. März 2003 verweist. Sowohl nach der Netzeitung Deutschland als auch nach der Internetzeitung ngo–online vom selben Tag soll Karl Hafen gesagt haben, daß das Verhalten Daschners eine "erlaubte, wenn nicht sogar verpflichtende Nothilfe" gewesen sei. Um anschließend zu beteuern, der Rechtsstaat dürfe das allgemeine Folterverbot nicht aufweichen. Offensichtlich ist die Androhung von Folter keine Folter. Man biegt sich die erlaubten Fälle mit einem Taschenspielertrick einfach zurecht. Das sieht nicht nur Jan Philipp Reemtsma in seinem Essay Folter im Rechtsstaat? [11a] anders, sondern auch Sylvia Hellwig in ihrem Artikel Zu keiner Zeit, an keinem Ort im ai–Journal vom Juni 2005 [11b], derselben Ausgabe übrigens, in welcher der von Karl Hafen angeführte Aufruf dokumentiert worden ist. Damit ist zumindest klar, was amnesty international unter diesem Aufruf verstanden hat. Ich hoffe, ich habe hiermit der Wahrheit eine Chance gegeben … |
Das heißt: das Schreiben soll einschüchtern, es soll die Pressefreiheit dieses Senders und nicht zuletzt meine eigene einschränken. Aus diesem Grund habe ich, um möglichen Schaden vom Sender wie vom Verein abzuwenden, anfangs dieser Sendung die alleinige Verantwortung für die zweistündige Sendung auf mich genommen.
Und doch – der Verweis auf rechtsradikale Organisationen wie den Witikobund oder die 1980 verbotene Wehrsportgruppe Hoffmann zeigt, daß es da mal etwas gab. Was genau das ist, werde ich noch darlegen. Doch ein Satz zuvor: Ich bezeichne die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte ausdrücklich nicht als faschistisch oder rechtsextrem. Wir werden jedoch noch erfahren, daß einzelne herausragende Persönlichkeiten dieser Organisation den Trennungsstrich nicht so klar ziehen konnten, was, wie ich zeigen werde, durchaus auf die Charakterisierung der Organisation zurückfallen muß.
Nebenbei werden wir erfahren, daß die IGfM eng mit einer Psychosekte zusammenarbeitet.
Meine Argumentation in Bezug auf die von mir beanstandete Sendung lautet daher: eine Organisation, deren Vorstands– und Kuratoriumsmitglieder zuweilen keine Probleme damit gehabt haben, den rechten Rand zu betreten, widerspricht den Prinzipien von RadaR und von Radio Darmstadt, so wie sie in den Statuten niedergelegt sind. Unabhängig davon, wie andere Organisationen aus taktischen oder anderen Gründen hierzu stehen – als Vorstandsmitglied muß ich darauf achten, daß der gute Ruf von Radio Darmstadt nicht beschädigt wird.
Der Programmrat ist meiner Empfehlung nicht gefolgt. Ohne sich mit den von mir vorgelegten Texten auseinanderzusetzen, beschloß er, das Gut der Meinungs– und Pressefreiheit höher zu stellen als eine bedenkliche und für den Sender nicht tragbare Nähe zum rechten Rand dieser Gesellschaft. Er hat damit ein Grundprinzip des Journalismus verletzt: Recherche. Der Programmrat hat es verweigert, sich sachkundig zu machen. Dabei bestand kein Anlaß zur Eile. Die Redaktion treffpunkt eine welt hatte ausdrücklich erklärt, daß diese Sendung nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt gesendet werden müsse. Insofern verstehe ich jedoch die plötzliche Eile nicht, die sich darin ausdrückt, die Zusage gegenüber dem Vorstand stillschweigend zu brechen.
Allerdings hatte ein Programmratsmitglied hierbei eine wichtige Erkenntnis in die Debatte geworfen. Würde die Entscheidung vertagt, um sich ausreichend sachkundig zu machen, sei zu befürchten, daß auch bis zur nächsten Programmratssitzung (im September) kein Programmratsmitglied die entsprechenden Texte gelesen haben werde. Wohl wahr! Aber doch ziemlich beschämend.
Eine kleine Gegebenheit am Rand mag das durch die Redaktion treffpunkt eine welt geschaffene Klima wiedergeben. Nachdem der Programmrat die Sendung mehrheitlich befürwortet hatte, fragte mich ein Mitglied der Redaktion, ob ich als Vorstandsmitglied und Sendeverantwortlicher die Sendung dennoch unterbinden würde? Er frage deshalb, weil er am Donnerstag [dem Sendetag] als Chef vom Dienst vorgesehen sei und er wissen müsse, ob er sich mit mir prügeln müsse. Bemerkenswert – zur Durchsetzung einer Menschenrechtssendung wird mir mit Gewalt gedroht.
Ursprünglich hatte ich als Reaktion auf diese Entscheidung vor, den schon erwähnten Text von Günter Platzdasch in dieser heutigen Sendung einfach vorzulesen. Allerdings stellte sich hierbei sehr schnell das Problem ein, wie ein 34 Seiten langer Text mitsamt der 216 als Anmerkung aufgeführten Belegstellen vorzutragen sei. Ich mache dies deswegen anders.
Ich hatte den Programmratsmitgliedern per E–Mail mitgeteilt, eine entsprechende zweistündige Sendung zu produzieren. Auf meine Bemerkung, daß hiergegen ja wohl keine Bedenken bestehen sollten, antwortete ein Programmratsmitglied:
[…] es stellt sich natürlich die Frage, inwieweit hier neutral berichtet wird. Oder wie stellst du dir eine Sendung "über das Verhältnis des Programmrats zum rechten Rand dieser Gesellschaft" vor? Wird wiedergegeben, was wir gestern auf der Sitzung diskutiert haben oder wird _nur_ deine Ansicht zur IGFM wiedergegeben oder oder oder? [12]
Hier liegt ein ziemlich typisches Mißverständnis vor, das zudem noch verquickt wird mit der Befürchtung, daß es um den guten Ruf des Programmrats geschehen sein könnte. Nun hat das eine in der Tat mit dem anderen zu tun, nur eben anders. Zunächst einmal verwechselt dieses Programmratsmitglied ein nichtkommerzielles Lokalradio mit einem öffentlich-rechtlichen Sender. Dort wird aus Gründen des Parteien– und religiösen Proporzes usw. ein Programm gesendet, das Sachlichkeit und Neutralität … vorgaukelt. Die sogenannte Ausgewogenheit verhindert geradezu, daß Nonkonformes zur besten Sendezeit zum Zuge kommt. Dies ist deshalb auch ein medienpolitischer Grund für die Existenz nichtkommerzieller Medien.
Im Hessischen Privatrundfunkgesetz wird jedoch klargestellt, daß weder Neutralität, noch Ausgewogenheit Kennzeichen der privaten kommerziellen wie nichtkommerziellen Rundfunkanbieter sein sollen. In den Grundsätzen zur Vielfaltssicherung des Paragraphen 14 wird davon gesprochen, daß die Vielfalt der Meinungen im Wesentlichen zum Ausdruck kommen sollen. Keinesfalls ergibt sich daraus, daß dies auf einzelne Sendungen zutrifft. Im Gegenteil – der Gesetzgeber geht davon aus, daß die Gesamtheit aller in Hessen gesendeten Programme diese Meinungsvielfalt ausdrückt. Meinungsmonopole sind hierbei zu vermeiden:
Ein einzelnes Programm darf die Bildung der öffentlichen Meinung nicht in hohem Maße ungleichgewichtig beeinflussen. [13]
Mit Programm ist hier das gesamte Programm eines Senders gemeint. Soll heißen: Radio Darmstadt darf mit einer erlaubten einseitigen Ausrichtung nicht die hessische Medienlandschaft beherrschen. Die vom schon erwähnten Programmratsmitglied in die Diskussion geworfene Vorstellung von Neutralität ist durch die globalisierte Medienpolitik längst über den Haufen geworfen worden. Das ist Programm-Muff von gestern.
Aber auch unabhängig davon stellt sich die Frage, was das sein soll: Neutralität? Schon Berichterstattungen über Fußballspiele sind alles andere als neutral, erst recht bei Liveübertragungen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, wie heute abend [14]. Aber mal Hand aufs Herz – wie bitte sehr soll eine "neutrale" Sendung über den deutschen Faschismus und die Judenvernichtung aussehen? Etwa, daß beide Seiten – Nazis und Überlebende des Holocaust – ausgewogen ihr Anliegen darlegen?
Der dahergeblubberte Begriff "neutral" meint doch offensichtlich etwas anderes: bitte keine Extreme, bitte keine Auseinandersetzungen, ich will meine Ruhe haben. Nichts hören, nichts sehen und dann auch nichts zu sagen haben. Die drei Affen eben. Oder anders gesagt: bitte nicht stören. Doch wobei möchte dieses Programmratsmitglied nicht gestört werden? Oder anders gefragt: wobei sollten wir es vielleicht jetzt erst recht … stören?
Wohin ein solches Denken führen kann, ergab sich gleich am Tag nach der Programmratssitzung. Ein Herr wahrscheinlich gesetzteren Alters rief im Sekretariat von Radio Darmstadt an und fragte mich, ob wir nicht eine Reportage über die Republikaner machen könnten. Ich sage "nein" und wollte auflegen. Doch er ließ nicht locker und eine halbe Minute später schwallte er mich über das Herzensanliegen seiner Partei voll: fünf Millionen Arbeitslose und sieben Millionen Asylbewerber. Seine Worte: Asylbewerber.
Daher, so sein Anliegen, sollen "die Kriminellen" rausfliegen. "Die Kriminellen", fragte ich, "die Deutschen?" Er verstand nicht. Ich wiederholte, er habe doch "die Kriminellen" rauswerfen wollen. Und ich fragte eben: "Die Deutschen?" Es dämmerte ihm. "Ja, wie soll denn das gehen?", erwiderte er leicht irritiert. "Ganz einfach", sagte ich, "man setzt sie in ein Flugzeug und schiebt sie ab." Stille. Und dann: "Sind Sie bei den Grünen?" Nun, das konnte ich leichten Herzens verneinen. Er sah ein, daß er keine Chance hatte, und legte auf. Darüber schrieb ich an den Programmrat, denn er sollte ja wissen, daß ich – unseren Statuten entsprechend – Zensur ausgeübt hatte.
Ein Programmratsmitglied schrieb mir hierzu per E–Mail, daß es nicht angehe, diesem Republikaner ein Forum für seine Ansichten zu geben. Ein anderes sah das anders: Er wollte mit diesem Menschen öffentlich in seiner Sendung diskutieren, um die Dumpfheit dieser Argumentation aufzudecken. Einmal abgesehen von der Frage, warum ausgerechnet Rassisten sich von Argumenten überzeugen lassen sollen, denn sie wollen doch Rassisten sein, frage ich: Warum hat dieses Programmratsmitglied bis heute keine Sendung zur Entstehung und Wirkung derartiger rassistischer Positionen gemacht? Und wozu benötigt er hierzu die Anwesenheit ausgerechnet … eines Rassisten? Es gibt doch genügend kompetente Gesprächspartnerinnen zum Thema. [15]
Wir sehen – es herrscht viel Wirrniss in den Köpfen und wenig Klarheit. Manchmal ist es aber notwendig, Position zu beziehen und Farbe zu bekennen. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, bei denen man und frau nicht "neutral" sein kann. Und noch eins: der Anruf des Republikaners hat zwar nichts mit unserer internen Debatte um die von mir beanstandete Sendung zu tun. Hoffentlich nicht. Aber offensichtlich spricht es sich herum, daß man und frau mit der richtigen rechten Gesinnung bei uns landen kann. Das finde ich in der Tat alarmierend!
ZWEITER TEIL ANALYSE EINER ANTIKOMMUNISTISCHEN PROPAGANDASENDUNG |
Ihr hört zur Zeit eine Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte, die sich mit der Frage der Menschenrechte befaßt. Hierbei vor allem mit der Frage, wie sie auf diesem Sender thematisiert werden und letzte Woche in einer Sendung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte thematisiert worden sind. Ich hatte diese Sendung vor ihrer Ausstrahlung beanstandet und werde die heutige Sendung dazu benutzen, dies ausführlich zu begründen. Hierzu werde ich auf die Geschichte der IGfM eingehen müssen. Obwohl dies allein schon Stoff für eine weitere zweistündige Sendung wäre, möchte ich dies an einigen ausgewählten Beispielen ausführen.
Es gibt zur IGfM zwei grundlegende Darstellungen. Die eine erschien 1986 oder 1987 aus dem Spektrum der internationalistischen Lateinamerika-Solidarität. Ihr Titel Propagandisten des Krieges. Hintermänner der Contra: "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte" gibt einen Hinweis auf die eher untergründigen Tätigkeiten dieser Organisation. Anhand von Dokumenten und Äußerungen von Vorstands– und Kuratoriumsmitgliedern der Organisation wird darin gezeigt, daß die ehrenwerte Gesellschaft antikommunistische Wurzeln hat und dabei durchaus in Kontakt zum neonazistischen Spektrum steht.
Die andere Dokumentation erschien 1990 im Büro der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wiesbaden. Der ehemalige Mitarbeiter der IGfM Günter Platzdasch schrieb zusammen mit dem Journalisten Rainer Fromm über – so der Untertitel – eine rechte Grauzonenorganisation. Diese Dokumentation ist im Gegensatz zu der Hardcover-Broschüre von 1986/87 als PDF im Internet zu finden. Der Co–Autor Rainer Fromm arbeitete damals für Hörfunk und Fernsehen, u.a. für die Tagesthemen, Report, Kennzeichen D und Frontal. Da der Programmrat diese Dokumentation nicht zur Kenntnis nehmen wollte, hatte ich mir gedacht, sie in meiner heutigen Sendung einfach vorzulesen.
Doch nachdem ich die Sendung der IGfM am vergangenen Donnerstag gehört habe, erschien es mir wesentlich ertragreicher, auf diese Sendung selbst näher einzugehen. Ich werde dabei zeigen, daß darin die vorhin dargestellten Grundsätze journalistischer Sorgfaltspflicht sträflichst vernachlässigt worden sind. Vorweg: Fremdbeiträge wurden nicht als solche kenntlich gemacht, etwas, was jede Studentin im 1. Semester an der Universität lernt. Weiterhin wurde Geschichtsklitterung betrieben und mit Phantasiezahlen gearbeitet.
Somit ergibt sich im Nachhinein ein weiterer Grund, die Sendung zu beanstanden.
Die Menschenrechtssituation in China mag schlimm genug sein. Aber die Menschenrechte dort haben keine derart schlechte, um nicht zu sagen: zum Teil wahrheitswidrige, Sendung verdient. In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine Bemerkung loswerden. Wer sich über die Verletzung der Menschenrechte in anderen Teilen der Welt aufregt, muß sich die Frage nach der eigenen Glaubwürdigkeit stellen lassen. Die Arbeit der IGfM konzentriert sich nach dem Zusammenbruch des Realen Sozialismus auf die verbliebenen angeblich kommunistischen Staaten wie China, Nordkorea, Vietnam und Kuba, und neuerdings auf die islamische Welt. Menschenrechtsverletzungen in der westlichen Welt werden hingegen fast ausnahmslos ignoriert.
Dabei böte allein schon die Bundesrepublik Deutschland genügend Anhaltspunkte zur Beschäftigung mit der systematischen Verletzung von Menschenrechten. Das deutsche Asylverfahren ist nicht gerade dazu angetan, eine humanitäre Position dahinter zu vermuten. Abschiebeknäste, das Flughafenverfahren am Frankfurter Flughafen und die Praktiken des Bundesgrenzschutzes bei der Abschiebung waren und sind immer wiederkehrendes Thema von Asyl– und Menschenrechtsgruppen in Deutschland. Wer vor fremden Türen kehrt, sollte zunächst die eigene gesäubert haben. Die Einseitigkeit der IGfM läßt deshalb durchaus Zweifel an der Seriosität des Anliegens zu. (Siehe: Betriebsrat)
Doch steigen wir nun in die Sendung der Redaktion treffpunkt eine welt vom vergangenen Donnerstag ein. Thema war die Menschenrechtssituation in China, Anlaß die mögliche Schließung eines exilchinesischen Fernsehsenders durch den Satellitenbetreiber Eutelsat auf Druck der chinesischen Regierung. Wobei der Druck darin besteht, daß China dem Satellitenbetreiber Eutelsat gute Geschäfte verspricht, wenn dieser im Gegenzug den lästigen Sender NTD–TV abschaltet. Ein normaler kapitalistischer Vorgang also. NTD–TV stellt sich als professioneller alternativer Informant für die Bevölkerung auf dem chinesischen Festland hin. Die chinesische Regierung betrachtet ihn als Falun Gong-Sender, Falun Gong selbst bestreitet das. Selbstverständlich werden jedoch Falun Gong-Inhalte über NTD–TV nach China übertragen.
Vielleicht sollte man und frau den Erklärungen der IGfM nur bedingt über den Weg trauen (siehe hierzu weiter unten in diesem erweiterten Sendemanuskript), aber der Vorstandssprecher der Organisation Martin Lessenthin hat nun einmal am 11. November 2005 anläßlich des Besuchs des chinesischen Ministerpräsidenten Hu Jintao in Deutschland erklärt: "Die Neue Epoche und der TV-Sender NTD–TV stehen der in China verfolgten Meditationsschule Falun Gong nahe". [15a] |
Falun Gong ist eine angeblich unpolitische, dem Buddhismus verhaftete chinesische Meditationsbewegung, doch seit einigen Monaten darf diese Organisation laut Urteil des Landesgerichts Leipzig als "Psychosekte" bezeichnet werden. Ich komme darauf noch zurück. Falun Gong hat die chinesischen Autoritäten herausgefordert, und diese haben mit der üblichen Brutalität versucht, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Daß die chinesische Regierung hierbei nicht vor Folter, Zwangsarbeit, Administrativhaft und Verfolgung zurückschreckt, ist klar. Allerdings scheint es auch so zu sein, daß Falun Gong den Sturz des chinesischen Kommunismus aktiv betreibt. Jede Regierung, deren Umsturz geplant ist, würde sich so oder ähnlich verhalten. Ist Falun Gong wirklich so unpolitisch, wie die Bewegung sich darstellt? Nein. [15b]
Soweit zur Einführung. – Der Redaktion treffpunkt eine welt war vielleicht nicht ganz wohl bei der Sache. Deshalb hat ein Redaktionsmitglied einen Vorspann verfaßt, mit dem die Ungenauigkeit im Umgang mit der redaktionellen Sorgfaltspflicht beginnt.
O–Ton Heinz Bachschuster (t1w):
Liebe Hörerinnen und Hörer von Radio Darmstadt. Im Rahmen der Redaktion treffpunkt eine welt beleuchten heute Beate Gabel und Wolfgang Dietz, beide von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, die Menschenrechtssituation in China. Technische Unterstützung hierzu leistete Heinz Bachschuster aus der Redaktion treffpunkt eine welt. Die Musik dazu stammt von der CD A New Song for the World. Die Redaktion treffpunkt eine welt ist sich bewußt, daß die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte umstritten ist. Die Kritik richtet sich gegen ihre Herkunft, ihre Nähe zum rechten Spektrum und ihr einseitiges Engagement, das fast ausschließlich gegen kommunistische Staaten gerichtet ist und die Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt nicht erfaßt. Die Ausstrahlung der Sendung war innerhalb Radio Darmstadt umstritten. Nach interner Diskussion in der Redaktion treffpunkt eine Welt und im Programmrat haben wir uns entschlossen, die Sendung mit einem entsprechenden Vorspann und trotz einiger Bedenken zu bringen, zumal keine schwerwiegenden Vorwürfe aus den letzten zehn Jahren recherchiert werden konnten. Zudem ist die in der Sendung ausgesprochene Kritik an den menschenverachtenden Praktiken der KP China auch aus unserer Sicht voll berechtigt. Wir wollten Ihnen diese Kritik nicht vorenthalten. Das bedeutet aber nicht, daß sich die Redaktion treffpunkt eine welt in irgendeiner Weise mit der dem rechten Spektrum nahestehenden IGfM identifiziert. [16]
Allein dieser Vorspann veranlaßt mich zu drei Anmerkungen. Erstens heißt der hier genannte Wolfgang Dietz mit Vornamen Volker [17]. Zweitens handelt es sich bei der genannten CD um eine Meditations–CD der Psychosekte Falun Gong. Der einschmeichelnde Sound der CD soll uns hier einnehmen und mitnehmen. Und drittens geht es nicht um ein "rechtes Spektrum". Vielleicht ist es nur eine Ungenauigkeit, eine weitere demnach, vielleicht aber auch nur eine seltsame Art, das politische Spektrum zu benennen.
Ich gehe davon aus, daß sich "rechts" und "links" innerhalb der verfassungsmäßig tolerierten Grenzen bewegen. Das rechte Spektrum würde für mich daher aus FDP, CDU, CSU und – um Beispiele aus einem anderen gesellschaftlichen Bereichen zu nennen – aus dem DFB oder dem Mainstream der Katholischen Kirche bestehen, nur um einige zu nennen. Als "links" würden dann – vielleicht – die Jusos oder Grünen betrachtet werden. Linksaußen wäre die [inzwischen längst sozialdemokratisierte] PDS und am rechten Rand und darüber hinaus das Neonazispektrum. Um dieses geht es jedoch.
Nun mag es sein, daß die bislang gültigen politischen Benennungen längst überholt sind. Was früher als "rechts" galt, ist heute "die Mitte", und was früher weit rechtsaußen angesiedelt war, ist demnach einfach nur noch rechts. Wenn alle großen Parteien sich der Mitte zugehörig fühlen, liegen breite Felder des politischen Spektrums sozusagen brach. Aber lassen wir diese Ungenauigkeit, obwohl sich hierin auch die Unklarheit der Redaktion widerspiegelt. Es geht nicht um "rechts"; es geht um die Überschreitung hin zum rechten Rand. Hören wir statt dessen in die Moderation von Beate Gabel und Volker Dietz hinein.
O–Ton Volker Dietz und Beate Gabel:
Volker Dietz: Beate, du hast Mitte April in Darmstadt im Rahmen einer Unterschriftenaktion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte für den Erhalt des Fernsehsenders NTD–TV Unterschriften gesammelt. Was findest du an diesem Fernsehsender so wichtig?
Beate Gabel: NTD–TV steht für New Tang Dynasty Television. Dieser Sender bemüht sich um eine Renaissance der traditionellen chinesischen Kultur. Dieser in New York ansässige unabhängige Fernsehsender bietet ein vielseitiges und aktuelles Programm 24 Stunden täglich an.
Ich merke hier nur den Frage-und-Antwort-Singsang an, bei dem der eine die Stichworte für die andere liefert. Natürlich sind das keine echten Fragen, da der Fragesteller Volker Dietz ja selbst Mitglied der Organisation ist und – ich nehme es einmal an – an der Unterschriftenaktion beteiligt war. Woraus folgt: es wird eine Scheinobjektivität suggeriert. Im Verlauf der Sendung, die ich hier natürlich nicht in epischer Breite wiedergeben kann, wird er das jedoch nicht durchhalten und beantwortet dann selbst die Fragen, die er gestellt hat. Wie gesagt, ich merke es nur an, weil ich diese Methode nicht für seriös halte. Interessanter finde ich jedoch den Verweis auf die "Renaissance der traditionellen chinesischen Kultur". Worum es sich dabei handelt, mag uns folgender Ausschnitt zeigen.
O-Ton Volker Dietz und Beate Gabel:
Volker Dietz: Die Wichtigkeit der freien, unabhängigen Informationen in China durch den Fernsehsender New Tang Dynasty Television zu erhalten, ist klar. Ich kann mir vorstellen, daß sich viele Hörerinnen und Hörer von Radio Darmstadt fragen: Wieso heißt dieser Fernsehsender New Tang Dynasty? Was hat diese historische Zeit mit uns heute zu tun?
Beate Gabel: Die Tang-Dynastie war die Blütezeit der alten chinesischen Hochkultur. Sie repräsentiert die traditionelle chinesische Lebensweise am besten. Der allgemeine Wohlstand, die Wissenschaften und die Weisheitslehren sind in der ganzen Welt berühmt. Die Weisheitslehren aus dem Taoismus, dem Buddhismus und dem Konfuzianismus boten sich gegenseitig ergänzende Glaubensrichtungen. Konfuzius sagt: "Großes Wissen fördert den Anstieg von Tugenden." Seine fünf Haupttugenden sind Güte, Rechtschaffenheit, Anstand, Weisheit und Zuverlässigkeit. Man bemühte sich, gütig, rechtschaffen, anständig, weise und zuverlässig zu sein. Damals wurde Wert auf Meditation, auf die Körperhaltung und auf das Atmen gelegt. Bei allen Berufen wurde darauf geachtet, das Herz zu reinigen und den Atem zu regulieren. Die ganze Gesellschaft befand sich in so einem Zustand.
Volker Dietz: Damals – wann war das eigentlich genau?
Beate Gabel: Als Tang-Dynastie wird die Zeit zwischen 618 und 907 nach Christus bezeichnet. In der chinesischen Geschichte erreichte die traditionelle Kultur genau während der Tang-Dynastie, in der Zeit, in der China auch am mächtigsten war, ihren Höhepunkt. Die Wissenschaft war auch fortgeschritten und genoß einen einzigartigen Ruf. Gelehrte aus Europa, dem Mittleren Osten und Japan kamen, um in Chang'an, der Hauptstadt der Tang-Dynastie, zu studieren. Der krasse Unterschied vom Zustand damals zur heutigen, von der Kommunistischen Partei praktizierten Vorgehensweise, wird vielleicht noch klarer, wenn ich vom Kaiser von China spreche. [18]
Beate Gabel fährt fort zu fabulieren: Kaiser von China zu sein, war ein sogenanntes Mandat des Himmels. Sie wurden vom Himmel, also vom Tao, eingesetzt. Aber sie mußten nicht unfehlbar sein. Sie wurden kontrolliert. Und dazu gab es Geschichtsschreiber, die jedes Wort und jede Amtshandlung eines Kaisers aufschrieben. Die Intellektuellen, also die wissenschaftskundigen Berater, forschten danach, ob die Entscheidungen und Taten des Kaisers mit den taoistischen Gesetzen übereinstimmten. Wenn das nicht der Fall war, wurde der Kaiser von ihnen kritisiert. Mutige Intellektuelle riskierten manchmal ihr Leben, um den Kaiser zu mahnen, für die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit. Die traditionelle Kultur achtet Menschenleben und lehrt, daß jede Situation, die menschliches Leben betrifft, mit außerordentlicher Sorgfalt behandelt werden muß. Die traditionelle chinesische Kultur glaubt an Gottheiten und an einen himmlischen Auftrag. Einen himmlischen Auftrag anzunehmen, bedeutet, daß die Regierenden weise sein, dem Tao folgen und dem Schicksal ergeben sein müssen. Der Glaube an Gottheiten bedeutet auch zu akzeptieren, daß die Quelle der menschlichen Macht im Himmel bleibt. Heutzutage ist einerseits der Verlust dieser großen Kultur mit ihren Werten sehr bedauerlich. Und andererseits verkehrt die Kommunistische Partei in China diese traditionellen Richtlinien, von denen ich eben gesprochen habe, genau ins Gegenteil. Und wie sieht es aus? Die Kommunistische Partei achtet keine Menschenleben, sie duldet keine Kritik und läßt ihre eigenen Führer wie unfehlbare Gottheiten regieren. [19] Anschließend leitet sie zum Kommunistischen Manifest als Grundlage allen Übels über. Bei der nachfolgenden Analyse des gesendeten Textes zeige ich, wo Beate Gabel abgelesen hat. |
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Nun ist Radio Darmstadt keine Abspielstation für meditative Märchen, sondern ist durch das Hessische Privatrundfunkgesetz verpflichtet, wahrheitsgemäß zu berichten. Außerdem wäre es doch interessant, von welcher Falun Gong-Seite Volker Dietz und Beate Gabel diesen idyllisierenden Müll abgeschrieben haben. Dieser Sprechgesang muß den Techniker der beiden, Heinz Bachschuster [20], so eingelullt haben, daß er auf der Programmratssitzung [am 8. August 2005] tatsächlich begann, von der harmonischen Zeit der Tang-Dynastie zu fabulieren. Ich habe ihn dann schnell wieder auf den Boden der Tataschen geholt, als ich anmerkte, daß es sich ja wohl eher um die übliche Sklavenhaltergesellschaft gehandelt hat. Von kritischer Distanz, wie von ihm im Vorspann zur Sendung behauptet, keine Spur.
Bevor ich eine weniger idyllisierende und dafür umso zutreffendere Darstellung der Geschichte der Tang-Dynastie vortrage, merke ich noch an, wo die beiden ihre Idylle geklaut haben. Es handelt sich hierbei um den sogenannten 6. Kommentar einer neunteiligen Reihe, die schonungslos mit der Kommunistischen Partei Chinas abrechnet. Die Autoren dieser Kommentare werden nicht benannt, angeblich sollen sie ihren Text in China verfaßt haben.
Das mag sein. Die Diktion des Textes spricht aber eher dafür, daß dieser extrem antikommunistische Text aus der Werkstatt von Falun Gong selbst stammt. Der Text kontrastiert die gerade gehörte Märchenidylle mit dem mörderischen Praxis der Kommunistischen Partei, die nur eins kenne: morden, morden und nochmals morden – so übrigens auch in der Diktion von Beate Gabel und Volker Dietz in der Sendung.
Der Sechste Kommentar beschreibt, "Wie die Kommunistische Partei Chinas die traditionelle Kultur zerstört". Eine Analyse dieses Textes verrät uns einiges über das Menschenbild der VerfasserInnen. Das Beschwören der traditionellen chinesischen Kultur mit ihren Familienstrukturen, Kaisern und Legitimationsideologien wird kontrastiert mit dem zerstörerischen Wirken der KP Chinas. Anstatt zu begreifen, daß die Kommunistische Partei der Katalysator und der Fakten schaffende Agent eines gigantischen Modernisierungsprozesses ist, werden diesem Prozeß hilflos die Werte der Vergangenheit entgegengestellt. Das erinnert an das konservative Weltbild Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa, aus dem zwei Weltkriege und der Faschismus hervorgegangen sind. Was den einen ihre chinesischen Ahnen sind, waren den anderen ihre mythischen (wahlweise) germanischen, gotischen, nordischen oder römischen Vorfahren. Wo in Europa der Kapitalismus (und konsequent fortgedacht das Judentum) als Ursache von Umbruch, Entwurzelung und Werteverfall ausgemacht wurde, ist es in China die böse Kommunistische Partei. Ohne die KP Chinas hier in Schutz nehmen zu wollen, sei angemerkt, daß auch diese gleichzeitig treibende Kraft und Getriebene ist. Der Sechste Kommentar steigt in die mythische Verklärung der Vergangenheit ein – und Beate Gabel gibt diese Ideologie auszugsweise brühwarm als historische Tatsache wieder: Die chinesische Kultur, von der es hieß, dass sie von Göttern erschaffen wurde, begann mit solchen Sagen wie "Die Erschaffung von Himmel und Erde" durch Pangu, Nüwas Erschaffung der Menschheit, Shennongs Katalogisierung der Heilpflanzen und Cangjies Erschaffung der chinesischen Schriftzeichen. "Die Menschheit folgt der Erde, die Erde dem Himmel, der Himmel dem Tao und der Tao dem Natürlichen." Die taoistische Weisheit über die Vereinigung von Himmel und Menschheit durchströmte die Adern der chinesischen Kultur. "Großes Wissen fördert den Anstieg von Tugenden." Konfuzius richtete vor über 2000 Jahren eine Schule für seine Schüler ein und hinterließ der Gesellschaft die konfuzianischen Werte, die durch die fünf Haupttugenden von Güte, Rechtschaffenheit, Anstand, Weisheit und Zuverlässigkeit repräsentiert werden. Im ersten Jahrhundert wurde Shakyamunis (der historische Buddha, Gautama Siddhartha) Buddhismus mit seinem Schwerpunkt auf Barmherzigkeit und Erlösung aller Lebewesen in den Osten und schließlich nach China gebracht, wodurch die chinesische Kultur vielseitiger und tiefgründiger wurde. Später wurden der Konfuzianismus, Buddhismus und Taoismus zu sich gegenseitig ergänzenden Glaubensrichtungen in der chinesischen Gesellschaft und brachten die Tang Dynastie (618–907 n. Chr.) zur Blüte mit ihrer Schönheit und ihrem Wohlstand, wie er in der ganzen Welt bekannt ist. Obwohl die chinesische Nation in der Geschichte viele Male Invasionen und Angriffen ausgesetzt war, zeigte die chinesische Kultur ihre integrierende Kraft und Lebensenergie, und so wurde ihre Essenz fortwährend weitergegeben. Die Einheit von Himmel und Menschen repräsentiert die Kosmologie (die Wissenschaft des Kosmos) unserer Ahnen. Es ist Allgemeingut, dass Gutes belohnt und Schlechtes bestraft wird. Es ist eine grundlegende Tugend, dass man anderen nicht das antut, was einem auch selbst nicht widerfahren soll. Loyalität, Achtung gegenüber den Eltern, Ehre und Gerechtigkeit setzten den gesellschaftlichen Standard, und die fünf Haupt-Tugenden von Konfuzius, Güte, Rechtschaffenheit, Anstand, Weisheit und Zuverlässigkeit bildeten die Grundlagen für die gesellschaftliche und persönliche Moral. Mit Hilfe dieser Prinzipien gelang es der chinesischen Nation, Ehrlichkeit, Güte, Harmonie und Toleranz zu verkörpern. Die Grabsteine der gewöhnlichen Chinesen mit ihrem Bezug auf "Himmel, Erde, Kaiser, Familienangehörige und Lehrer" sind ein gesellschaftlicher Ausdruck der tief verwurzelten chinesischen Traditionen, die die Verehrung von Göttern (Himmel und Erde), Loyalität für das Land (Kaiser), Wertschätzung der Familie (Eltern) und Respekt vor den Lehrern beinhalten. Die traditionelle chinesische Kultur erstrebte die Harmonie zwischen den Menschen und dem Kosmos und betonte die Moral und Ethik eines Menschen. Sie war gegründet auf den Glauben der Kultivierungspraxis von Konfuzianismus, Buddhismus und Taoismus und förderte Toleranz und gesellschaftlichen Fortschritt, bewahrte die menschliche Moral und ermöglichte Menschen den rechtschaffenen Glauben. Im Gegensatz zu Gesetzen, die strenge Regeln vorschreiben, hat die Kultur die Wirkung eines lockeren Zügels. Die Gesetze sehen eine Strafe für ein Verbrechen vor, das begangen wurde, während die Kultur, die durch die Moral verstärkt wird, das Verbrechen von vornherein verhindert. Die Moral einer Gesellschaft findet normalerweise ihren konkreten Ausdruck in ihrer Kultur. In der chinesischen Geschichte erreichte die traditionelle Kultur ihren Höhepunkt während der Blüte der Tang Dynastie, gerade zu einer Zeit, in der China am mächtigsten war. Die Wissenschaft war auch sehr fortgeschritten und genoss einen einzigartigen Ruf. Gelehrte aus Europa, dem Mittleren Osten und Japan kamen, um in Chang'an, der Hauptstadt der Tang Dynastie, zu studieren. Benachbarte Länder sahen China als einen ihnen überlegenen Staat an. "Viele Länder kamen, um China Anerkennung zu bezeugen, auch wenn ihre Reden viele Male übersetzt werden mussten und man wohl auch die damit einhergehenden Sitten und Bräuche beleuchten musste." [21] Der letzte Satz hat eine Anmerkung, die da lautet: Aus Aufzeichnungen des Historikers (Shi Ji, auch übersetzt als die Aufzeichnung des Großen Autors) von Sima Qian (145–85 v. Chr.), der Chinas erster großer Historiker war. Er dokumentierte die Geschichte Chinas und seiner Nachbarländer aus der Periode des frühen Altertums bis zu seiner eigenen Zeit. Die Methode seiner histografischen Arbeit war einzigartig und diente für die nächsten 2000 Jahre als Modell für die offiziellen Standardgeschichten der kaiserlichen Dynastien. [22] Ich müßte jetzt lachen. Die Blüte der Tang-Dynastie wird mit einem Gedanken unterlegt, der mindestens 700 Jahre zuvor aufgeschrieben wurde! Die Pointe ist, daß hier ungefiltert Herrschaftsideologie verbreitet wird, womit nur einmal mehr verdeutlicht wird, daß die Ideologie der Neun Kommentare rückwärts gewandt ist. Bodo Wiethoff schreibt 1971 in seinen "Grundzüge[n] der älteren chinesischen Geschichte" zu dieser Art Geschichtsschreibung: In der Han-Zeit entstand mit den "Aufzeichungen des Großhistoriographen" (Shih–chi) eine neue Art von Geschichtsschreibung, in welcher historischer Bericht, geschichtliche Fabel und die "Lehre aus der Vergangenheit" zusammenflossen. Ein Hofastrologe, Ssu–ma T'an (gest. 110 v. Chr.), hatte mit dieser Arbeit begonnen; sein Sohn Ssu–ma Ch'ien (145–86? v. Chr.) vollendete sie. Das Werk, das die Geschichte von der mythologischen Frühzeit bis zum Beginn der Han-Zeit behandelt, sollte durch die sinngebende Verteilung von Lob und Tadel (pao–pien) Lehrbuch für Gegenwart und Zukunft sein; es war jedoch zugleich eine Rechtfertigung der derzeitigen Herrschaft. Ssu–ma Vater und Sohn waren wie die meisten "Geschichtsschreiber" der Chou– und wahrscheinlich auch der Shang-Zeit Astrologen und zugleich Historiographen. Vergangenheits– und Zukunftsdeutung waren funktionell noch identisch. [23] Im Anschluß an den von mir gesendeten Teil der Gabel'schen Geschichtslektion erzählte sie uns ja etwas über den Kaiser von China. Hier die Fundstelle aus dem Sechsten Kommentar: (3) Die traditionelle Kultur ist ein Hindernis für die Diktatur der KPC Mao Tse–tung sagte einst, dass er weder dem Tao noch dem Himmel folge. So war der KPC die traditionelle chinesische Kultur unzweifelhaft ein großes Hindernis bei ihrem Vorhaben, dem Tao zu trotzen und mit dem Himmel zu konkurrieren. Loyalität bedeutet in der traditionellen chinesischen Kultur nicht blinde Unterwerfung. In den Augen der Menschen war der Kaiser der "Sohn des Himmels" – und der Himmel war über ihm. Der Kaiser konnte nicht unfehlbar sein. Dafür gab es Beobachter, die über Fehler des Kaisers zu berichten und Einspruch zu erheben hatten. Die chinesische Chronik hatte Geschichtsschreiber, die jedes Wort und jede Tat des Kaisers aufschrieben. Gebildete Beamte konnten Berater ihrer weisen Könige werden, und das Verhalten der Kaiser wurde nach den klassischen konfuzianischen Werken beurteilt. Wäre der Kaiser unmoralisch und nicht vom Tao geleitet, würde sich das Volk erheben und ihn stürzen, wie bei dem Kampf von Chengtang gegen Jie oder bei der Beseitigung von Zhou durch den König Wu. Diese Aufstände wurden aus der Sicht der traditionellen Kultur nicht als Verletzung der Loyalität oder des Tao betrachtet, sondern man sah sie als Stärkung des Tao im Auftrag des Himmels. […] Die Achtung der traditionellen Kultur gegenüber dem Himmel, der Erde und der Natur wurden zu Hindernissen für den Erfolg der KPC im "Kampf mit der Natur" zur "Wandlung von Himmel und Erde". Die traditionelle Kultur achtet Menschenleben und lehrt, dass "jede Situation, die menschliches Leben betrifft, mit außerordentlicher Sorgfalt behandelt werden muss". Solche Vorstellungen wurden zu einem Hindernis für die Massenmorde der KPC und ihres Terrorregimes. Der grundlegende moralische Maßstab der traditionellen Kultur zur Beurteilung von Gut und Böse – das "himmlische Tao" – würde den Einfluss der KPC auf die moralischen Prinzipien beeinträchtigen. Aus diesen Gründen betrachtete die KPC die traditionelle Kultur als ein großes Hindernis für die Aufrechterhaltung ihrer Macht. (4) Die traditionelle Kultur stellt die Rechtmäßigkeit der Herrschaft der KP in Frage Die traditionelle chinesische Kultur glaubt an Gottheiten und an einen himmlischen Auftrag. Einen himmlischen Auftrag anzunehmen, bedeutet, dass die Regierenden weise sein, dem Tao folgen und dem Schicksal ergeben sein müssen. Der Glaube an Gottheiten bedeutet auch zu akzeptieren, dass die Quelle der menschlichen Macht im Himmel bleibt. [24] |
Wer abschreibt, ist – wie ich vorhin ausgeführt habe – verpflichtet, die Quelle zu nennen. Dies ist nicht geschehen. Da es sich um eine Falun Gong-Quelle handelt, steht hier schon direkt die Seriosität der beiden Hauptakteure in Frage. Es ist ja nicht so, daß sich die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte hier ganz unabhängig und quellenkritisch auf einen Falun Gong-Text stützt. Beide Gruppierungen arbeiten nicht nur zusammen, sondern sind auch miteinander verwoben. Ein Vorstandsmitglied dieser Psychosekte ist nämlich auch Vorstandsmitglied der IGfM und lebt in einem Dorf bei Weinheim.
Diese Verflechtung hätte somit benannt werden müssen, damit die Hörerinnen und Hörer sich ein eigenes Bild von der Unabhängigkeit und Seriosität der dargebotenen Informationsfülle machen können.
Jetzt aber zu den wohl eher zutreffenden Verhältnissen der Tang-Dynastie. Ich zitiere aus der Wikipedia:
Auch in der Tang-Epoche erlebte China eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Die Großstädte wuchsen, mit ihnen die Stadtkultur und Kriminalität. […]
Das Überleben der Kleinbauern und damit den sozialen Frieden sicherten Steuergesetze (619) und die dazugehörigen Agrarverordnungen (624). […] Das System wurde aber schon im späten 7. Jhrd. durch manipulierte Zahlenangaben und Ausdehnung privaten und kirchlichen Gutsbesitzes untergraben. […] Die Klasse der Kleinbauern verfiel im 8. Jhrd. […].
Ein weiterer Punkt war die Weltoffenheit jener Zeit. Der Buddhismus stand […] noch immer in voller Blüte, man verzeichnete viele Pilgerreisen nach Indien. Gebildete Chinesen richteten ihr soziales Verhalten nach den Lehren des Konfuzius, ihre Stellung in der Natur erklärte ihnen der Taoismus und für die Seele war Buddha zuständig. […]
Nach dem An Lushan-Aufstand wurden die Ausländer allerdings für die Lage im Land verantwortlich gemacht. Um 800 kam es dann zu einer Art intellektueller Wende im Land, eine Rückbesinnung auf traditionelles Gedankengut, welche sich in der Vereinfachung als simpler Nationalismus äußerte. 836 verbot man den Kontakt mit Ausländern. Viele Ausländer wurden bei den Unruhen in den Städten erschlagen, einige Tausend 760 in Yangzhou und 120.000 in Kanton 879. Der Kontrollverlust an der Seidenstraße schnitt zudem den Buddhismus von seinen Ursprungsregionen im Südwesten ab und leitete so seinen Niedergang im Land ein. Macht und Reichtum der buddhistischen Klöster erweckte viele Neider. Besonders der Staat war in einer Finanzkrise. – 845 ließ Kaiser Wu–tsung die meisten der 4.600 Klöster und 40.000 Schreine zerstören. [25]
Das muß eine Harmonie gewesen sein! Und darauf beruft sich nicht nur ein Fernsehsender mit seinem guten Namen, sondern zugleich das unbekannte Autorenteam, das stellvertretend für Falun Gong die Kommunistische Partei Chinas herausfordert. Wenn eine derart idyllisierende Ideologie, wie vorhin von Beate Gabel vorgetragen, von Falun Gong per Satellit nach China transportiert wird, dann handelt es sich eindeutig um einen ideologischen Kampf zweier Weltanschauungen.
Warum sollen wir also für einen Fernsehsender eintreten, der Märchen verbreitet? Mehr noch, warum sollen wir für einen Fernsehsender eintreten, der sich ausdrücklich auf ein Regime beruft, bei dem die Ausbeutung in voller Blüte stand und bei dem Ausländer ihres Lebens nicht sicher waren? Beate Gabel und Volker Dietz haben in der Sendung die Verfolgung religiöser Bewegungen im kommunistischen China beklagt. Aber diese Art Verfolgung gab es offensichtlich schon früher, und zwar ausgerechnet in der so harmonischen Tang-Zeit.
Es folgt nun ein längerer Abschnitt aus einem wissenschaftlichen Werk zur Tang-Dynastie. Wer diesen Exkurs überspringen möchte, gelangt hier zur Fortsetzung des Sendemanuskripts.
Angesichts dessen, daß die Wikipedia ein Gemeinschaftswerk vieler AutorInnen ist, die nicht unbedingt befähigt sind, sich zu allen Themen dieser Welt auszulassen, möchte ich eine längere Passage aus dem schon erwähnten Buch Grundzüge der älteren chinesischen Geschichte zitieren. Ein aristokratischer Amtsverwalter der Sui, Li Yüan (566–635), der wie die Sui-Herrscher vorgab, chinesischer Abstammung zu sein, hatte sich bereits 617 gegen diese erhoben und mit Hilfe turkstämmiger Verbündeter die Hauptstadt Ch'ang–an erobert. Ein Jahr später rief er dort die Dynastie T'ang aus. Li Yüan, mit posthumen Namen Kao–tsu, wurde in seinem Streben nach Macht von seinem ambitiösen Sohn, Li Shih–min, mit posthumen Namen T'ai–tsung (reg. 626–649), unterstützt und wie es scheint geradezu angetrieben. Nachdem er seine Brüder ausgeschaltet hatte, veranlaßte Li Shih–min seinen Vater, den Thron an ihn abzutreten (626). T'ai–tsung setzte die expansiven Stöße der Sui in die China umgebende Außenwelt konsequent fort. Grundlage der Macht war immer noch eine dynamische militärische Basis. Die Ausweitung des Herrschaftsraumes hatte wie bereits in der Han-Zeit eine bedeutsame Rückwirkung auf die innere Situation. In dem Maße wie sie auf der einen Seite den Staat belastete, erbrachte sie ihm in seiner entscheidenden Wachstumsphase einen enormen Ausdehnungsraum, der zur Neutralisierung sozialer Spannungen beitrug. Entscheidender für die Sicherung der Zentralmacht als die Erfolge in der Außenwelt war indes die politische und fiskalische Organisation im Innern. Während dabei auf steuer– und wirtschaftspolitischem Gebiet unmittelbar an Vorgaben der Toba-Wei und Sui angeknüpft werden konnte, gab es unmittelbare Anknüpfungspunkte auf politisch-administrativem Gebiet nur wenige. Die Südstaaten waren im Prinzip Autokratien gewesen, die eine durchgreifende Machtentfaltung eines Zentralherrschers unmöglich machten; in den Nordstaaten war mit mehr oder weniger Erfolg durch zentrale Militärgewalt regiert worden. Das System der T'ang ist daher eher als Wiederaufnahme und Weiterentwicklung der hanzeitlichen Machtorganisation zu bezeichnen, dem deutlich die Absicht unterlag, die verschiedenen Machtgruppen in ein Gleichgewicht zu bringen, so daß die Zentralmacht ungefährdet blieb. Bereits an der Spitze setzte die Aufsplitterung der Kompetenzen ein. […] Zur Überwachung aller Ämter dieser Regierungsorgane wie auch der Regionalverwaltung diente das "Zensorat" (yü–shih-t'ai), dessen Angehörige über ihre Aufklärungen unmittelbar dem Kaiser Bericht erstatten konnten. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Überwachung der ideologischen Zuverlässigkeit der Beamten. […] […] Kaiserin Wu war die streng buddhistisch erzogene Tochter eines reichen Kaufmannes gewesen. Während ihrer Herrschaft förderte sie nach Kräften jedoch nicht nur den Buddhismus, sondern auch Taoismus und Konfuzianismus. Unter ihr nahm jener synkretistische Kult Gestalt an, der später als chinesische Einheitsreligion (han san wei i), als chinesischer "Universismus" (de Groot) verstanden worden ist. Der Buddhismus hatte sich seit seinem ersten Vordringen nach China im 1. Jh. n. Chr. in der Zeit der Reichsteilung zwischen Han und T'ang weithin ausbreiten können und in seinen Ausprägungen spezifisch chinesische Züge angenommen. Auch der Taoismus hatte in dieser Zeit weite Verbreitung gefunden. Beide Lehren förderten dabei einander, wenngleich sie auch zeitweise in Opposition zueinander standen. Der Buddhismus profitierte von der taoistischen Vorbereitung der chinesischen Menschen; der Taoismus fand in Anlehnung an den Buddhismus zu Organisationsformen, die seine Position in der Welt stärkten. Der Erfolg beider, namentlich des aus der fernen Außenwelt kommenden Buddhismus, dürfte indes weniger auf die zwischen beiden Weltdeutungen ausgetragene Idealkonkurrenz zurückgeführt werden, als auf die historische Situation nach dem Zusammenbruch der Han. Beide können als Fluchtreligionen bezeichnet werden, die dem Bedürfnis der Menschen, nicht zuletzt der Angehörigen der Oberschicht, für die die Welt mehr noch als für die breite Masse als in Chaos zerfallen erscheinen mußte, entgegenkamen. Die legalistisch-konfuzianische Diesseitslehre schien versagt zu haben. Taoismus und Buddhismus erklärten die Welt nicht nur über den konfuzianischen Rahmen hinaus, sondern gaben auch Hinweise auf Auswege aus der zerbrochenen Welt. Der Konfuzianismus hatte die Stellung des Menschen in einer geordneten Gesellschaft formuliert; der Taoismus erklärte das Verhältnis der Menschen zum gesamten Universum; der Buddhismus zeigte dem Menschen einen Weg zur individuellen Erlösung, der Erlösung sogar aus dem Universum. In nahezu allen Teilstaaten fanden Taoismus und Buddhismus höchste Förderung und Unterstützung. Bei den Toba-Wei entstand sogar eine buddhistische Staatskirche. Stark und privilegiert gingen die verschiedenen Kirchen, Klöster und Sekten aus der Zeit der Reichsteilung hervor. Sie konnten sich in der ersten Hälfte der T'ang-Zeit nahezu ungestört weiter entwickeln, wobei sie auch zur Unterminierung der Zentralmacht beitrugen; denn durch ihre Privilegierung waren vor allem die buddhistischen Klöster, wie die katholischen im europäischen Mitetlalter, zu z. T. riesigen Latifundien und großen Handels– und Finanzzentren, d. h. Leihhäusern geworden. Nur in der T'ang-Zeit stand ein chinesischer Staat einer echten Kirchenorganisation gegenüber, und bezeichnenderweise kulminierte dieser Gegensatz vor allem im ökonomischen Bereich. Aber nicht nur durch die Klöster drohte der Zentralmacht Gefahr. Das System der gleichmäßigen Landverteilung hatte unter den T'ang, wie nahezu stets vorher nur zu einer vorübergehenden und punktuellen Stabilisierung der Besitzverhältnisse und damit Steuereinnahmen geführt. Präferenzen für Beamtenfamilien und den Adel erlaubten die legale Aneignung großer Besitztümer; hinzu kamen illegale Appropriationspraktiken wie falsche Registerführung und die private Enteignung verschuldeter Kleinbauern. Das Erzübel der sozioökonomischen Struktur, die Besitzakkumulation in den Händen privilegierter Kreise, was nicht nur soziale Ungerechtigkeit bedeutete, sondern auch die Zentralmacht gefährdete, grassierte erneut. Hinzu kam, daß seit Ende des 8. Jh. die Zivilverwaltung im ganzen Reich allmählich von Militärkommandanturen überlagert wurde, deren "Befehlshaber" (chieh–tu–shih) auf Dauer eingesetzt waren, als unmittelbare Repräsentanten der kaiserlichen Gewalt galten, über Berufssoldaten geboten und über die Verwendung der Produktion in ihren Kommandanturen praktisch unabhängig entscheiden könnten. Diese Kommandanturen waren eingerichtet worden, um die Zentralmacht gegenüber den zentrifugalen Tendenzen im Reich zu festigen. Bald aber zeigte sich, daß sie mehr als andere Kräfte zur Verselbständigung tendierten. Vor diesem Hintergrund muß die Herrschaft des Kaisers Hsüan–tsung (reg. 713–756) gesehen werden, der wegen der künstlerischen und geistigen Blüte zu seiner Zeit oft als der brillanteste T'ang-Herrscher gefeiert wird. Während zu seiner Zeit das T'ang-Reich zweifellos als das größte, reichste und bestgeordnete Land der fernöstlichen, vielleicht sogar der ganzen Welt erscheinen mochte, war der Zerfallsprozeß bereits eingeleitet. Im Jahre 755 erhob sich der fremdstämmige Befehlshaber dreier Grenzkommandanturen, An Lu–shan (692–757), eroberte in schnellem Zug die beiden Hauptstädte Lo–yang und Ch'ang–an und proklamierte im Jahre 756 seine Dynastie Yen. Ein Jahr später wurde er von seinem Sohn ermordet. Dennoch gelang es erst im Jahre 763 den T'ang, mit Hilfe fremder Truppen die unmittelbare Gefahr zu bannen. Die Militärbefehlshaber hingegen waren nicht unter Kontrolle zu bringen. Gegen Ende des 8. Jh. wurden die Militärkommandanturen bereits allenthalben vererbt. Die kalte Parzellierung des Reiches hatte begonnen. Die Zentralmacht steckte indes nicht auf. Eine Fülle von Neuerungen zur Überwindung der Finanzkrise wurden eingeführt. […] Zu den fiskalischen Neuerungen gehörten auch die Säkularisierungskampagnen, die auf die Auflösung der Klöster-Latifundien und die Rückführung großer Teile ihrer Belegschaft "in die Produktion" zum Ziel hatten (842–845). Alle diese Maßnahmen hatten nachhaltige Wirkungen. Adel und organisierter Buddhismus verloren ihre Vormachtstellung, sie sollten nie mehr eine entscheidende Rolle spielen. [26] Gegen Ende des 9. Jh. trat mit Huang Ch'ao (gest. 884) erstmals ein Aufstandsführer auf den Plan, der anders als seine Vorgänger bereits mehrfach den Versuch gemacht hatte, auf die in seiner Zeit übliche Weise, nämlich über Prüfungen, in die herrschende Oberschicht aufzusteigen. Seine Familie war seit Genrationen im Salzhandel tätig gewesen und hatte dabei ein beachtliches Vermögen gewonnen. Huangs Versuch, in die Bildungsschicht aufzusteigen, scheiterte. Wie es heißt, war er zwar geschickt bei Kriegsspielen, aber nicht beim Lesen. Ob diese Neigung oder die Notwendigkeit, seine halb legalen, halb illegalen Geschäfte zu sichern, letztlich den Ausschlag gaben, daß er sich in den Widerstand begab, ist mit letzter Klarheit nicht auszumachen. Im vorliegenden Kontext bleibt festzuhalten, daß mit ihm als gescheitertem Examenskandidaten der Typus eines Anführers auftrat, der später wiederholt an der Spitze von Aufstandsbewegungen stehen sollte. Bevor Huang Ch'ao mit einer eigenen, vieltausendköpfigen Gefolgschaft im Verlauf von mehr als fünf Jahren das Reich von Norden nach Süden und Westen durchzog, war es bereits in verschiedenen Landesteilen wiederholt zu spontanen Erhebungen gekommen. Im Jahre 873 kam es nach einer extremen Dürre im Raum der heutigen Provinz Honan zu einer Hungersnot, die die zerfallende Zentralregierung der T'ang nicht zu lindern vermochte; auch die lokale Besitzaristokratie unternahm nichts Wesentliches, um die Not zu steuern. Banden von Desperados zogen plündernd durch das Land; große Teile der betroffenen Bevölkerung begaben sich auf die Wanderschaft in andere Regionen. Um das Jahr 875 hatte ein gewisser Hsien–chih (gest. 878) sich als Führer einer der stärksten Banden herauskristallisiert. Wie berichtet wird, unterstützte Huang Ch'ao diese Bande mehrere Jahre. Es besteht jedoch kein Grund zu der Annahme, daß er dies allein aus humanitären Gründen tat. Eine Verbindung zur "Unterwelt" konnte dem im Salzhandel tätigen Huang sehr wohl zustatten kommen. Huang scheint indes noch engere Beziehungen zu Wang gehabt zu haben; er wurde einer seiner Unterführer. Als der T'ang-Hof in einem Versuch, Wang Hsien–chih zu befrieden, diesem das Angebot machte, gegen eine offizielle Pfründe sein Treiben aufzugeben, und Wang bereit war, die Offerte zu akzeptieren, intervenierte Huang Ch'ao, da er selbst dabei leer ausgegangen wäre. Wang Hsien–chih wurde gefaßt und enthauptet (878); Huang Ch'ao übernahm das Kommando über den Rebellenhaufen. Mordend und plündernd zog er bis nach Kanton und der Hauptstadt Chang'an. Er ernannte sich zum Kaiser und versuchte eine Verwaltungsorganisation aufzubauen. Dabei war er gezwungen, die Ämter mit seinen Gefolgsleuten, die oft Analphabeten waren, zu besetzen. Es gelang ihm nicht, die in dem von ihm durchstreiften Gebiet gefangenen T'ang-Beamten zur Mitarbeit zu bewegen. Aber auch die einfache Bevölkerung hatte er nicht für sich gewinnen können. Als er sich 881 aus Chang'an zurückziehen mußte, wurde er mit Steinen beworfen. Dafür soll er, als es ihm noch einmal gelang, in die Hauptstadt einzudringen, 80.000 Bewohner haben hinrichten lassen. Die Bauern der Umgebung flohen in die Berge und entzogen den Aufständischen so ihre Versorgungsbasis. Wie es heißt, verfielen viele von ihnen dem Kannibalismus. Im Jahr 884 schließlich gelang es dem turkstämmigen Sha–t'o General Li K'o–yung (gest. 908), Huang Ch'ao zu vernichten. Damit fand die Aufstandsbewegung, die zwar aus einer sozialrevolutionären Situation hervorgegangen, aber nie unter einer sozialrevolutionären Zielsetzung gestanden hatte, ihr Ende. Sie war im Zuge des Zerfalls der Dynastie entstanden und hatte deren weiteren Zerfall beschleunigt. [27] Ungeachtet des gefestigten Selbstverständnisses war das T'ang-Reich zunächst keine isolierte Welt. Die regionalen Besonderheiten, die sich in der Zeit der Spaltung hatten ausbilden können, gingen in ihrer Vielfalt neben den traditionellen Strukturen zunächst ohne nennenswerte Abschwächung in das T'ang-Reich ein. Weltoffenheit und überlegenes Selbstverständnis schlossen einander noch nicht aus. So konnte sich der Buddhismus, der als bedeutsamster kultureller Import des 1. Jt. n. Chr. anzusehen ist, weiter ausbreiten. […] Aber nicht nur der Buddhismus, eine ganze Reihe anderer Fremdreligionen genossen zu Beginn der T'ang-Zeit den Schutz des Kaisers. Im 6. Jh. bereits war die Lehre Zoroasters, der Mazdaismus, nach China gelangt. Im 8. Jh. gab es Nestorianer, Manichäer, Juden und Mohammedaner im T'ang-Reich. Die Anhänger dieser Glaubensrichtungen waren allerdings vornehmlich Ausländer, und zwar nicht nur auf Besuch weilende Gesandte und Händler, sondern längerfristig ansässige Söldner, Schausteller, Kaufleute und Mönche, von denen es einige Zehn–, vielleicht sogar Hunderttausend gab; denn wie nie zuvor war China in dieser Zeit durch Handel mit der Welt verbunden, und der größte Teil dieses Handels wurde sowohl auf der kontinentalen als auch auf der maritimen Seite von Ausländern besorgt. Die Hauptstadt Chang'an, am Endpunkt der innerasiatischen Handelswege, den "Seidenstraßen" gelegen, war selbst eine der großen Emporien des Außenhandels. Lebhafte Kontakte zum Nahen Osten und Indien bestanden auch über den in dieser Zeit aufblühenden maritimen Handelsplatz im Süden, Kanton. Hier und in einigen anderen wichtigen Häfen gab es größere arabische Gemeinden, die in Rechtsenklaven lebten. Soweit bekannt ist, liegt hier der Beginn des Rechtsinstitutes der Exterritorialität, das später auch gegenüber den Europäern, so in Macao seit 1557 und in den städtischen Konzessionen des 19. Jh. Anwendung finden sollte. Die Fremden und ihr Eigentum waren von der chinesischen Staatsgewalt freigestellt, sie unterstanden der eigenen Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Diese Konzession implizierte keine Abtretung chinesischen Territoriums, sie wurde von der chinesischen Seite überhaupt nicht primär als Konzession verstanden. Die Konzentration der Fremden, die gettoähnliche Züge trug, war ordnungspolitisch wünschenswert und bedeutete eine nicht unwesentliche Verwaltungsvereinfachung. Das frühe T'ang-Reich war weltoffen und weltverbunden. Aber es war die Offenheit des Starken und Überlegenen, und so blieben die vielfältigen Einflüsse von außen mit wenigen Ausnahmen, etwa des Buddhismus und des Vorbildes der Fremden im Fernhandel, ohne nachhaltige Wirkung; Gesellschaftsstruktur und Staatsordnung zumal wurden durch auswärtige Einflüsse so gut wie überhaupt nicht gewandelt. China war das Vorbild und die Quelle der Zivilisation und die Chinesen wußten darum. […] In der 2. Hälfte der T'ang-Zeit wandelte sich Chinas Verhältnis zur Außenwelt rapide. Die Niederlage der Chinesen in einem Kampf mit Arabern bei Talas (Ferghana) im Jahre 751 war nur der Auftakt der beginnenden Abschließung gegen die Außenwelt und alles Fremde. Die entscheidenden Impulse kamen von innen; sie waren finanzieller, politischer und ideologischer Natur. Wie bereits angedeutet, hatten sich die buddhistischen Klöster erhebliche Privilegien sichern und damit große Reichtümer aneignen können, die der staatlichen Besteuerung entzogen waren. Als der Staat in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurden die buddhistischen Einrichtungen zum Hauptziel der Kritik, wobei allerdings weltanschaulich-moralische Argumente im Vordergrund standen, so der Vorwurf der Konfuzianer, d. h. der Beamtenschaft, die Buddhisten verstießen durch ihre Zölibatsvorschriften gegen die Ahnenpflicht. Ungeachtet seiner Förderung seit dem 5. Jh. auch durch chinesische Herrscher in den Südstaaten, hatte der Buddhismus vor allem in konfuzianischen Kreisen nie den Makel, eine fremdländische Religion zu sein, verloren. Daran änderten auch die Anpassungen der buddhistischen Lehre und Kirche an die geistigen und sozialen Verhältnisse in China nichts. Der Buddhismus galt den orthodoxen Konfuzianern, die sich allein für die Bewahrer der chinesischen Tradition hielten und eifersüchtig jede andere Anschauung von dem Herrscher fernzuhalten trachteten, stets als kulturelles Pendant zur militärischen Invasion fremder Stämme. Zwischen 841 und 845 kam es zu der umfangreichsten Säkularisierungskampagne, die je gegen den Buddhismus eingeleitet wurde. Sie richtete sich hauptsächlich gegen die buddhistische Kirche, die Bonzen und Priester, weniger gegen den einzelnen Laien. Von diesem Schlag hat sich der Buddhismus als Kirche ebensowenig erholt wie die Organisation anderer Fremdreligionen, die zur gleichen Zeit, weniger ihrer materiellen Privilegien denn ihrer Fremdartigkeit wegen angegriffen und aufgelöst wurden. Die Schwächung der Zentralregierung und der Verfall der innerstaatlichen Ordnung bedingten eine introvertierte Orientierung, die bald in eine grundsätzliche Aversion gegen alles Fremde ausartete. Bei einem Massaker in Kanton sollen durch die Aufständischen unter Führung von Huang Ch'ao über hunderttausend Fremde, vor allem Mohammedaner, umgekommen sein (879). Dieser Vorfall war nur die sichtbarste Äußerung der aufflammenden Xenophobie. [28] |
Zusammengefaßt: die Blüte der Tang-Dynastie beruhte auf riesigem angehäuften materiellen Reichtum. Dieser entstand hauptsächlich durch unzählige Kriegszüge nach Süden, Norden und Westen, verbunden mit Raub, Vergewaltigung und Sklaverei, und durch die Ausbeutung der Bauernschaft. Also das, was die chinesische Gesellschaft und Geschichte jahrhundertelang vor, während und nach der Tang-Zeit ausgemacht hat. Die Reichen und Gebildeten, vor allem der materiell abgesicherte Kaiser, konnten sich auf dieser Grundlage den Luxus von innerer Kontemplation leisten. Ommmmmm … Alle anderen hatten hierfür zu bluten. In der Diktion von Beate Gabel und Volker Dietz: morden, morden und nochmals morden.
Daneben wiegt ein Flüchtigkeitsfehler harmlos, wonach doch tatsächlich im finstersten Mittelalter europäische Gelehrte nach Chang'an gereist sein sollen. Da hat wohl das Falun Gong-Autorenteam nicht aufgepaßt. Europäer fanden erst [frühestens] Ende des 12. und im 13. Jahrhundert den Weg ins Reich der Mitte. Da ich in der zweiten Stunde dieser Sendung noch etwas darüber erzählen möchte, wer die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte ist und womit wir es bei Falun Gong zu tun haben, werde ich nur noch kurz auf die Sendung vom vergangenen Donnerstag eingehen, obwohl wahrlich fast jeder dort geäußerte Gedanke einer Überprüfung wert ist.
Jingle Alltag und Geschichte
Ihr hört die zweite Stunde einer Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte. Den Anlaß zu dieser Sendung gab eine Sendung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte auf einem Sendeplatz der Redaktion treffpunkt eine welt am vergangenen Donnerstag zu den Menschenrechten in China. In der zweiten Stunde werde ich noch einmal kurz inhaltlich auf diese Sendung eingehen und anschließend dazu überleiten, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte zumindest ansatzweise vorzustellen.
Mit einem kleinen Schwenk zur Psychosekte Falun Gong werde ich abschließend darlegen, warum die Sendung vom vergangenen Donnerstag zu beanstanden war, und den Programmrat auffordern, in Zukunft genauer mit unseren Sendeprinzipien umzugehen. Denn der Programmrat hatte die Sendung vom vergangenen Donnerstag genehmigt. [29]
Volker Dietz und Beate Gabel, die Verantwortlichen der Sendung, die ich als Sendeverantwortlicher des Trägervereins von Radio Darmstadt beanstandet habe, leisten sich noch folgende journalistische Unsauberkeiten:
Sie behaupten, "viele Darmstädter" hätten sich für den Erhalt des Satellitensenders NTD–TV stark gemacht. Was ist das – viele? Zwei, zweihundert, zweihunderttausend? Ich möchte den Beleg für diese Behauptung sehen, und auch wissen, was das ist: "viele".
Volker Dietz fragte Beate Gabel zum Erfolg der Kampagne zum Erhalt des Fernsehsenders: Durch die Unterschriften, die du hier in Darmstadt für den Erhalt des unabhängigen chinesischsprachigen Fernsehsenders New Tang Dynasty Television gesammelt hast, haben sich viele Darmstädter für den Erhalt dieses Fernsehsenders stark gemacht. Mag sein, daß eine unbekannte und in der t1w/IGfM– So betrachtet, ist die Unterschriftenliste ein Muster ohne Wert. Abgesehen davon: in Relation zu was sind diese "viele" zu sehen? Volker Dietz fährt fort: Jetzt habe ich mal eine Frage. Wurde schon etwas erreicht? Wie ist der gegenwärtige Stand? Beate Gabel antwortet auf ihr Stichwort: Neben den in Darmstadt gesammelten Unterschriften haben sich innerhalb von vier Wochen 74 Abgeordnete des Europaparlaments und nationaler Parlamente an Giuliano Beretta, den Vorstandsvorsitzenden von Eutelsat, gewandt. Ebenso 93 Abgeordnete im US–Kongreß, 25 kanadische Parlamentarier und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich alle für eine Verlängerung des Vertrages einsetzen. In einer kurzfristigen Unterschriftenaktion fordern auch über 50.000 westliche Zuschauer und Tausende von Zuschauern aus der Volksrepublik China eine Verlängerung des Vertrages. Wir haben erreicht, daß die Verhandlungen jetzt immer noch andauern. Das ist schon was! [30] Ich könnte zusätzlich fragen: Innerhalb welcher vier Wochen? Wieviel Prozent der Parlamentarier der jeweiligen Parlamente waren dies? Wieviele Antikommunisten sitzen im US–Kongreß, die alles unterschreiben, was gegen China ist? Wo kommen die "Tausende" von Zuschauern aus der VR China her, wo dort doch ein blutrünstiges Regime herrscht, das jede Meinungsäußerung tödlich beendet? Aber lassen wir das! Derartige Zahlenspielereien gehören einfach zu jeder guten Propagandasendung, wobei diese noch nicht einmal eine gute war. |
Sie behaupten: wer könne die Menschenrechtssituation in China besser erklären als der Geschäftsführende Vorsitzende der IGfM, Karl Hafen, und der Sprecher der Organisation, Martin Lessenthin? Ich betrachte das als unzulässige Werbung für die eigene Organisation und merke an, daß amnesty international oder Human Rights Watch bestimmt mindestens genauso kompetent berichten könnten. Ich möchte also den Beleg für diese Behauptung sehen.
Hier der Wortlaut der Werbung in eigener Sache durch Volker Dietz im direkten Anschluß an einen Song von der durch Heinz Bachschuster kurz vorgestellten Falun Gong–CD: Im ersten Teil befaßten wir uns mit der Sendevertragsverlängerung des Senders New Tang Dynasty Television. Nun geht's weiter mit der allgemeinen Situation der Menschenrechte in China. Wer kann die allgemeine Situation der Menschenrechte in China besser erklären als der Vorsitzende der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Karl Hafen, und der Pressesprecher Martin Lessenthin? Karl Hafen sagte dazu: […] [31] |
Falun Gong wird unkritisch als buddhistisch orientierte Meditationsbewegung bezeichnet. Mag sein, daß sie das ist, aber – wie ich noch darlegen werde – sie ist auch eine Psychosekte. Seit wann findet auf diesem Sender Sektenwerbung statt? Die Frage, ob die Beiden selbst Falun Gong-Praktizierende sind, stellt sich spätestens hier. Zwar handelt es sich um eine Privatangelegenheit, welchem Aberglauben man und frau huldigt, aber in Bezug auf eine Sendung, die sich derart stark auf eine Sekte bezieht, wäre Klarheit durchaus angebracht.
Beate Gabel und Volker Dietz behaupten, China biete international politischen Schutz für Menschenrechtsverletzer in Nordkorea, Vietnam und Kuba. Besteht die traditionelle Feindschaft zwischen China und Vietnam nicht mehr? Abgesehen davon, worin drückt sich dieser politische Schutz aus? Bekommt Fidel Castro politisches Asyl in Peking? Soweit mir bekannt ist, hat Kuba aus China massenhaft Fahrräder bezogen, nachdem die Sowjetunion implodiert war. Und selbst wenn Kuba Waffen aus China bezieht, wie in der Sendung behauptet, – wer bedroht denn die Inselrepublik?
Dann wird über den Tod einer Chinesin mit den Worten philosophiert: "Wir vermuten, daß es wieder durch Folter geschah." Seriöse Menschenrechtsorganisationen zeichnen sich jedoch dadurch aus, daß sie belegen, was sie behaupten, und nicht mit Vermutungen Mitleid erheischen. Vermutungen entziehen sich nämlich der Überprüfung.
Beate Gabel berichtet über die Mißhandlung und Folter einer Falun Gong-Praktizierenden und beendet ihren Vortrag mit: […] Jetzt kürzlich erreichte uns die Nachricht, daß Gao Rongrong in einem anderen Arbeitslager, nämlich im berüchtigten Masanjia-Arbeitslager bei Peking, am 16. Juni 2005 ums Leben gekommen ist. Und wir vermuten, daß es wieder durch Folter geschah. [32] |
Einfach nur noch infam ist der Bezug auf das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels. Beate Gabel sagt:
O-Ton Beate Gabel:
Die Kommunistische Partei herrscht mittels Gewaltausübung und Gewaltandrohung, beutet die Menschen in China wie Sklaven aus und füllt die Herzen mit Angst und Grauen. Die Chinesische Kommunistische Partei wurde gegründet als sogenannter asiatischer Zweig der Sowjetischen Kommunistischen Partei und vertritt dieselbe Ideologie und dieselbe Bereitschaft zu töten. Schon im Manifest steht, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Diese kommunistische Ideologie beherrscht China erst seit 56 Jahren. [33]
Einmal abgesehen davon, daß ich das hier schon herausarbeiten muß, damit ihr versteht, worauf sich die vage Angabe irgendeines "Manifestes" bezieht, steht darin eben nicht geschrieben, daß es notwendig oder gar richtig ist, andere Menschen zu töten. Vielmehr wird im Kommunistischen Manifest eine historische Tatsache formuliert, die da lautet: Der Zweck – nämlich eine herrschaftsfreie Gesellschaft – kann nur erreicht werden, wenn alle bisherigen Klassengesellschaften umgestürzt worden sind.
Das ist so banal, daß nur dumme antikommunistische Hetze auf die Idee kommen kann, durch Zitatenklauberei eine Verbindungslinie vom Humanisten Karl Marx zu Josef Stalin oder Mao Zedong ziehen zu können. Mag sein, daß das IGfM-Kuratoriumsmitglied Konrad Löw als Marxismus-Experte so argumentiert. Auf dieses Mitglied werde ich jedoch in einem einschlägigen Zusammenhang noch zurückkommen. Doch auch dieser von Beate Gabel vorgetragene Text ist – in leicht veränderter Fassung – von dem schon erwähnten antikommunistischen Falun Gong-Machwerk geklaut, hier: aus dem 1. Kommentar.
Am Anfang des ersten der neun Kommentare gegen die Kommunistische Partei Chinas finden wir die Fundstelle, aus der sich Beate Gabel so freiherzig bedient hat: 1. Machtergreifung und Machterhalt durch Gewalt und Terror "Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen." Dieser Satz steht am Ende des "Manifestes der Kommunistischen Partei." Gewalt ist das eine und einzige Mittel, mit dem die Kommunistische Partei jemals Macht erlangt hat. Dies ist ein festgefügtes Erbe, das von der Partei seit ihrer Geburt weitergegeben wurde. Tatsächlich fand die Gründung der ersten Kommunistischen Partei erst viele Jahre nach dem Tod von Karl Marx statt. Ein Jahr nach der Oktoberrevolution im Jahr 1917 wurde die "Kommunistische Partei Russlands" (später: "Kommunistische Partei der Sowjetunion") geboren. Diese Partei entstand mit Hilfe von Gewalt gegen die sogenannten "Klassenfeinde" und wurde aufrechterhalten durch Gewalt gegenüber ihren eigenen Leuten, sofern sie für Verräter gehalten wurden. Während Stalins "Säuberungen" in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden mehr als 20 Millionen angebliche Spione und Verräter hingemetzelt, einschließlich all derer, von denen man annahm, dass sie andere Meinungen vertraten. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) wurde als ein Zweig der Dritten Kommunistischen Internationale, die von der Sowjetischen Kommunistischen Partei gesteuert wurde, gegründet. Deshalb erbte sie naturgemäß deren Bereitschaft zu Töten. Während Chinas erstem Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Kuomintang in den Jahren von 1927 bis 1936 sank die Bevölkerungszahl in der Provinz Jiangxi von über 20 Millionen auf etwa 10 Millionen Menschen. Die Katastrophe, die durch den Einsatz von Gewalt verursacht wurde, ist schon allein an diesen Zahlen zu erkennen. [34] Nur nebenbei sei angemerkt, daß die Beweisführung etwas konfus ist. Parteien, auch kommunistische, sind keine biologischen Einheiten, die "naturgemäß" etwas vererben. Und wenn in einer Provinz die Bevölkerungszahl sinkt, sollten vielleicht die Ursachen ergründet und nicht spekulative Behauptungen aufgestellt werden. Aber saubere analytische Beweisführung ist ohnehin nicht die Stärke dieses antikommunistischen Pamphlets. So behaupten die ungenannten AutorInnen aus der Falun Gong-Werkstatt beispielsweise über die Pariser Commune: Vierte Grundeigenschaft: Entfesselung des Abschaums der Gesellschaft – Lumpen und Asoziale bilden die Reihen der KPC Den Abschaum der Gesellschaft zu entfesseln begünstigt das Böse und das Böse muss sich der Asozialen bedienen. Die kommunistischen Revolutionen waren oft Aufstände der Schurken und Lumpen. Die bekannte "Pariser Kommune" etwa war in Totschlag, Brandstiftung und Gewalt verwickelt, angeführt vom Auswurf der Gesellschaft. Selbst Marx verachtete das "Lumpenproletariat". In seinem Manifest der Kommunistischen Partei schreibt Karl Marx: "Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen." Andererseits wurden die Bauern von Marx und Engels auf Grund ihrer so genannten Zersplitterung und Ignoranz als nicht qualifiziert angesehen auch nur irgendeine soziale Klasse bilden zu können. Die KPC entwickelte die dunkle Seite der Theorie von Marx weiter. Mao Tse–tung sagte: "Die Lumpen und die Asozialen wurden von der Gesellschaft immer verschmäht, aber diese sind bei der Revolution in den ländlichen Gebieten die tapfersten, standhaftesten und die, die am kräftigsten vorangehen." Das Lumpenproletariat bringt die gewalttätige Natur der KPC am Besten zur Geltung. Das chinesische Wort für "Revolution" bedeutet "Leben nehmen" und somit für alle guten Menschen Horror und Zerstörung. Die Partei ließ dieser Bezeichnung jedoch positive Bedeutung zukommen. In einer Debatte über den Begriff "Lumpenproletariat" während der Kulturrevolution kam die KPC zu dem Schluss, dass es nicht so gut klingen würde, wenn man sie als "Lumpen" bezeichnete – so wurde dieser Begriff schlicht durch "Proletariat" ersetzt. [35] Wenn man und frau bedenkt, daß Karl Marx diesen angeblichen Lumpen der Pariser Commune mit seiner Schrift Der Bürgerkrieg in Frankreich ein Denkmal gesetzt hat, ist diese Passage schon ziemlich dreist. Doch dabei läßt es das Pamphlet nicht bewenden, sondern fährt fort: 3. Die Revolte der Bauern der Provinz Hunan – Die Anstiftung des Abschaums der Gesellschaft zur Revolution Während der "Ausbreitung nach Norden" schürte die KPC in den ländlichen Gegenden Aufstände um die Macht zu erlangen, während sich die Nationale Revolutionsarmee im Krieg mit den Kriegsherren befand. Der Bauernaufstand in der Provinz Hunan von 1927 war eine Revolte des kriminellen Pöbels, der Schlimmsten der Gesellschaft, so wie bei der berühmten Pariser Kommune von 1871 – der ersten kommunistischen Revolution. Französische Staatsbürger und Ausländer, die zu dieser Zeit in Paris waren, hatten gesehen, dass die Pariser Kommune eine Bande von umherziehenden Räubern war, die keine Perspektive hatte. Sie plünderten große Gebäude und Luxusvillen und lebten darin. Sie kümmerten sich nur um ihren augenblicklichen Vorteil und nicht darum, was folgen könnte. Während des Aufstandes der Pariser Kommune zensierten sie die Presse. Da Georges Darboy, der Erzbischof von Paris, für den König Predigten hielt, nahmen sie ihn als Geisel und erschossen ihn später. Zu ihrer eigenen Belustigung ermordeten sie brutal 64 Geistliche, zündeten Paläste an und zerstörten Regierungsgebäude, private Residenzen, Monumente und Mahnmale. Der Wohlstand und die Schönheit der französischen Hauptstadt fand in Europa nicht seinesgleichen. Aber während des Aufstands der Pariser Kommune blieb von vielen Gebäuden und ebenso von Menschen nur Asche übrig. Derartige Gräueltaten und Grausamkeiten kamen nur selten in der Geschichte vor. Mao Tse–tung gab zu: "Es stimmt, dass die Bauern auf dem Lande in gewissem Sinne sehr ungezügelt sind." Da die Vereinigung der Bauern das Sagen hat, gesteht sie den Gutsherren keinerlei Rechte zu und fegt ihr Ansehen hinweg. Die Landsherren werden niedergeworfen und unten gehalten. Die Bauern drohen: "Wir werden dich auf die andere Liste (die Liste der Reaktionäre) setzen!" Sie bestrafen die örtlichen Tyrannen und den üblen Adel, sie verlangen von ihnen Abgaben und zerschmettern ihre Sänften. Die Menschen plündern die Häuser der schlechten Oberschicht und der örtlichen Tyrannen, die gegen die Bauernvereinigung sind. Sie schlachten ihre Schweine und essen ihr Getreide. Sie lungern sogar auf den mit Elfenbein-Intarsien geschmückten Betten der jungen Damen in den Anwesen der Oberschicht und Tyrannen herum. Bei der kleinsten Provokation nehmen sie Verhaftungen vor, setzen den Verhafteten große Papierhüte auf und zwingen sie so durch die Stadt zu laufen, wobei sie rufen: "Ihr dreckigen Gutsherren, jetzt wisst ihr, wer wir sind!" Sie tun, was sie wollen und stellen alles auf den Kopf. Sie errichteten eine Art Terror auf dem Lande. […] Die Kommunistische Revolution errichtet ein System des Terrors. [36] Lassen wir einmal diese bemerkenswerten historischen Zeitsprünge und konzentrieren uns auf die Pariser Commune. Welches Problem hat Falun Gong mit den Communarden? Deren Gottlosigkeit? Die Dreistigkeit, die konfuzianisch gegebene Ordnung nicht zu wahren? Was auch immer – selbstverständlich übernimmt das AutorInnenteam die Schauergeschichten der bürgerlichen Presse des Jahres 1871 unbesehen, obwohl die darin aufgestellten Behauptungen längst widerlegt sind. Das Pariser Blutbad war eines, das die herrschende Klasse mit Monsieur Thiers an der Spitze angerichtet hat, indem es Paris von außen (mit preußischer Rückendeckung) bombardiert hat. Dem Gemetzel im Mai 1871 fielen in der Tat Tausende Menschen zum Opfer – nämlich diejenigen, die sich geweigert hatten, mit den Deutschen zu kollaborieren. Die Täter: die französische Bourgeoisie und sein Militär. Und was den Erzbischof betrifft: Die Communarden wollten ihn gegen ihre eigenen, in Gefangenschaft geratenenen Leute austauschen, welche reihenweise exekutiert wurden. Thiers brauchte einen toten Erzbischof, lebendig konnte er ihn politisch nicht ausschlachten. Dazu schweigt der Falun Gong-Text. Ein sehr symptomatisches, um nicht zu sagen: verräterisches, Schweigen, das einmal mehr zeigt, auf welcher Seite sich die Sekte positioniert. Die Schauergeschichte, daß der Erzbischof als Geisel genommen wurde, weil er für den König predigte, hat zwei grundsätzliche Fehler: erstens war der König ein Kaiser und zweitens hatte dieser nach der vernichtenden Niederlage der französischen Armee bei Sedan 1870 abgedankt. Aber mit den Fakten nimmt man es bei Falun Gong wohl nicht so genau. Bemerkenswert, daß sich Beate Gabel und Volker Dietz ausgerechnet aus solch einem Müll ihre Textbausteine geklaubt haben! |
Ach, übrigens, Beate Gabel: welche Gesellschaft baut eigentlich nicht auf dem gewaltsamen Sturz ihrer Vorgänger auf? Die Franzosen hatten ihre Revolution, die US–Amerikaner hatten ihre Revolution, die Engländer hatten ihre Revolution, die Spanier hatten einen Bürgerkrieg, die Italiener den [gestürzten] Faschismus. Deutschland wurde von der Roten Armee und den westlichen Alliierten befreit. Durch Gewalt. Und wodurch entstand die Tang-Dynastie? Womöglich gar durch … Gewalt?!
Weiterhin behaupten die beiden, seit der kommunistischen Machtübernahme 1949 wären 60 bis 80 Millionen Chinesinnen und Chinesen gewaltsam zu Tode gekommen. Für diese Zahl gibt es in der wissenschaftlichen Literatur keinen seriösen Beleg. Es ist eine reine Phantasiezahl. Damit bestreite ich nicht, daß die KP Chinas im Laufe von 56 Jahren Menschenleben auf dem Gewissen hat. Dazu gehören sowohl die wirtschaftspolitische Katastrophe des Großen Sprungs nach vorn 1958 mit einer nicht genau bezifferbaren Anzahl von Hungertoten (etwa in der Größenordnung von 20 Millionen) als auch die Exzesse der Kulturrevolution von 1966 bis 1976. [37]
Volker Dietz beginnt eine lange Litanei des Mordens im Anschluß an einen Falun Gong-Musiktitel: China entwickelt sich wirtschaftlich immens. Die Frage ist, warum ändert sich nicht, warum gibt es keine Verbesserung der Menschenrechtslage? Viele denken immer, wenn die Wirtschaft sich ändert, ja dann entwickelt sich der Überbau auch weiter. Aber warum geht das Morden immer weiter? Dies ist das Stichwort für Beate Gabel, aus den schon bekannten Neun Kommentaren vorzutragen: Es gibt in China ein geflügeltes Wort: "Wenn der Wind durch Gräser und Büsche weht, sieht die Kommunistische Partei ihre Feinde darin und schießt los." Das Morden der Kommunistischen Partei hat eine lange Tradition. Es liegt in ihrer Natur, öffentlich Menschen hinzurichten, Massaker zu verüben oder hinter verschlossenen Türen im Geheimen Menschen zu töten. Potentielle Feinde sollen damit beseitigt werden und alle Chinesen werden davor gewarnt, sich dem Willen der Partei zu widersetzen oder Kritik zu üben. Es laufen ständig Kampagnen, das sind Säuberungen, bei denen eine fast willkürlich ausgewählte Gruppe, eine Minderheit zunächst dargestellt wird als Klassenfeind, Reaktionär oder als abergläubisch, um sie dann anschließend grausam verfolgen zu lassen. Hat jemand die eine Kampagne überlebt, trifft ihn vielleicht die nächste. Niemand ist sicher vor den Kampagnen der Kommunistischen Partei. Deren Parteibüros gibt es überall, sogar in kleinen Dörfern, und die Parteigenossen dort stehen grundsätzlich höher als kommunale Beamte. Spitzel gibt es auch überall, denn man kann Geld damit verdienen, jemanden anzuzeigen. Und so wird systematisch Angst in der Bevölkerung erzeugt und aufrecht erhalten. Ich meine die Angst etwa herauszutreten und Veränderungen oder Gerechtigkeit zu verlangen. Das einzige Mittel, womit die Kommunistische Partei Macht erlangte, ist durch Anwendung von Gewalt. Ihre Macht erhält sie durch die gleiche Methode aufrecht, durch Gewalt, Gewaltandrohung und viele viele Morde. Seit ihrer Machtübernahme 1949 kamen ca. 60 bis 80 Millionen Chinesen gewaltsam ums Leben, obwohl es in China während dieser Zeit keinen Krieg oder keine Katastrophe gegeben hat. [38] Bemerkenswert ist die Einsicht, daß Menschen gewaltsam ums Leben kamen, obwohl es keine Katastrophe gegeben habe. Üblicherweise werden Menschen, die durch oder infolge von Katastrophen getötet werden, nicht als Opfer von staatlicher Gewalt betrachtet. Die genannten Zahlen von 60 bis 80 Millionen gewaltsam Getöteten finden sich in den Neun Kommentaren mehrfach, ohne daß sie belegt werden. [39] Offensichtlich hat sich Beate Gabel diesen Text durch Kompilation verschiedener Stellen zusammengeklaubt; es fällt schwer, die entsprechenden Passagen auszumachen. Zwei Stellen lassen sich jedoch finden: Die KPC ist in solch ein verwundbares Stadium geraten, dass sie, wie ein chinesisches Sprichwort sagt, "schon in Gras und Bäumen Feinde sieht, sobald der Wind weht". [40] Nicht einmal die Neun Kommentare schießen in diesem Satz los, dies bleibt allein Beate Gabel überlassen, die ihre Textvorlage sozusagen verschlimmbessert. In China hat sich die KP überallhin ausgedehnt und kontrolliert alles, aber niemand hat die Budgets der KPC gesehen, nur die Budgets für Staat, Bezirksregierungen und Unternehmen. Von der Zentralregierung bis hin zu den Dorfkomitees in ländlichen Gegenden sind die kommunalen Beamten grundsätzlich rangniedriger als die kommunistischen Funktionäre. Die Ausgaben der Partei werden durch die kommunalen Einheiten gedeckt, und es besteht keine unabhängige Rechnungslegung dafür. [41] Für die Kulturrevolution und ihre Niederschlagung 1966 bis 1969 gibt Ronald Lew etwa eine Million Tote an und verweist darauf, daß die Kulturrevolution bewußt nicht auf die ländlichen Gebiete ausgweitet wurde, um eine erneute Hungersnot zu vermeiden. Die Säuberungen nach 1949 waren gewalttätiger, sie trafen jedoch vor allem die Großgrundbesitzer. Die Zahl der Hungertoten des Großen Sprungs ist unklar, sie war auf jeden Fall eine zweistellige Million. Die Repression der Mao-Ära trifft die sozialen Unterschichten wenig. Wir verfügen nicht über gleichwertige Informationen aus den Archiven wie im Fall der Sowjetunion, was uns zu Vorsicht bei der Bewertung zwingt. Doch die verfügbaren Daten zeigen, daß während der Mao-Ära die Repression durch das Lagersystem weder die Bauern (sondern, während der ersten Jahre der VR China, die Grundbesitzer) noch die Arbeiter trifft. Dies erklärt sich möglicherweise durch eine – von breiten Schichten empfundene – Legitimität der Regierung und eine, aktive oder passive, Zustimmung der sozialen Unterschichten zu ihr, zumindest während der 50er Jahre; eine Legitimität, die keine Entsprechung in der UdSSR der 30er Jahre findet. [42]Das chinesische Lagersystem weist unbestreitbare Besonderheiten im Vergleich zu jenem der UdSSR auf. Aus dem sowjetischen Gulag wird der chienesische Laogai, die |
Zwar gibt es eine neue Mao-Biografie, in der die Zahl von 70 Millionen Toten genannt wird. Die Biografie erscheint im Herbst auf Deutsch [44]. Doch die beiden Rezensenten sowohl der renommierten Far Eastern Economic Review (Jonathan Mirsky) [45] wie auch der Times (Perry Link) [46], gewiß keine KP China-freundlichen Blätter und Autoren, fanden die vorgelegten Belege unzureichend.
Beate Gabel und Volker Dietz fahren fort in einem vollkommen unseriösen Umgang mit Mao-Zitaten und einer kompletten Geschichtsfälschung. Sie unterstellen Mao einen regelrechten Blutdurst, der sich darin geäußert haben soll, daß er gesagt hat, man solle einen von 1000 Menschen töten. Wenn man und frau das hochrechnet, kommt man und frau tatsächlich auf eine dreiviertel … Million. Nur – Mao hat den Klassenkampf von unten gegen die Anhänger des alten Kuomintang-Regimes, die Großbauern und die städtische Bourgeoisie tatsächlich forciert und dabei gesagt: tötet einen und erzieht Tausende. Daß es hierbei zu Exzessen gekommen ist, ist unbestreitbar. Aber es fand keine Massenabschlachterei statt, wie Beate Gabel und Volker Dietz uns mit ihrer Wortwahl nahelegen, eine Wortwahl, die sie aus den Neun Kommentaren geklaut haben. [47]
Die Bauernschaft hatte übrigens allen Grund, sich während und nach dem über 30-jährigen Bürgerkrieg an ihren Peinigern zu rächen. Ein Bürgerkrieg, dem im übrigen eine jahrhundertelange Knechtschaft und Ausbeutung voranging. Mao hat diese Stimmung im Volk genau erkannt und für seine Zwecke zu instrumentalisieren gewußt.
Weiterhin behaupten die beiden, mit chinesischer Unterstützung kamen in Tibet, Nordkorea und Kambodscha "zig Millionen" Menschen zu Tode. Wieder so eine Phantasiezahl, die erstens vage, zweitens durch nichts belegt ist und die zudem die historischen Fakten vollkommen außer acht läßt. Richtig ist aber, daß das vorhin noch gescholtene Vietnam Ende der 70er Jahre in Kambodscha einmarschiert ist und dem Morden dort ein Ende bereitet hat. Interessanterweise wurden Pol Pots Rote Khmer anschließend sowohl von China wie auch von den USA am Leben erhalten. [48]
O–Ton Beate Gabel : Das chinesische Wort für Revolution heißt "Leben nehmen". Mao sagte: "Nach dem Chaos kommt die Welt wieder in Frieden. Aber sieben oder acht Jahre später muß das Chaos erneut entstehen, d. h. alle sieben bis acht Jahre sollte es eine politische Revolution geben, alle sieben bis acht Jahre muß eine Unmenge Menschen getötet werden. Weiter in der Tradition des Mordens kamen auch außerhalb Chinas, beispielsweise in Tibet in den 50er Jahren, in Nordkorea und in Kambodscha in den 70er Jahren zig Millionen von Menschen zu Tode. Die Anweisungen dafür kamen von der Kommunistischen Partei aus Peking mit dem Ziel der Machterweiterung. [49] Vager geht's nicht. Was auch immer Zigmillionen sein mögen, bleibt das Geheimnis von Beate Gabel. Ich gehe einmal davon aus, daß zig "mehrere zehn" bedeutet, was einen enormen Blutzoll für die drei angesprochenen Länder bedeutet hätte. Es würde, je nach Interpretation dieses zig, bedeuten, daß auf Befehl der KP Chinas die Bevölkerung Tibets, Nordkoreas und Kambodschas völlig ausgelöscht worden wäre, was dem Augenschein nach kompletter Unsinn ist! Carl Haub gibt für 1950 die Einwohner/innen-Zahl Nordkoreas mit 10,9 Millionen und die Kambodschas mit 4,3 Millionen an [49a]. Der Wahrig schreibt: zig <Num.; umg> eine unbestimmte Anzahl von, sehr viele; es waren ˜ Leute da; ich habe ˜ mal geklingelt; ich habe es ihm schon ˜ mal gesagt [nach dem Suffix …zig zur Bildung von Zehnern < mhd. …zic < ahd. …zug zu *tigiz "Zehner"; Nebenform zu zehn] [50] Büntings Deutsches Wörterbuch führt zu den Stichworten zighundert bzw. zigtausend an, daß es sich um ein unbestimmtes Zahlwort handelt, das (umgangssprachlich) "mehrere hundert" bzw. "mehrere tausend" bedeutet; bzw. meist übertreibend "unzählbar viele". [51] Um eine Übertreibung scheint es sich also auf jeden Fall zu handeln. Wie sehen nun die historischen Tatsachen aus? Als Problem erweist es sich, überhaupt genaue Zahlen zu erhalten. Die Schätzungen zu den Toten, welche dem jeweiligen kommunistischen Regime anzulasten sind, variieren stark. Zudem ist nicht klar, ob Beate Gabel und ihre Falun Gong-Vorlage Hungertote als Getötete begreifen. Nur so würde überhaupt begreiflich werden, weshalb Zahlen in einer solch ungeheuren Dimension zustande kommen. Schauen wir daher erst einmal in die Vorlage. Im Ersten Kommentar heißt es: Das Lumpenproletariat bringt die gewalttätige Natur der KPC am Besten zur Geltung. Das chinesische Wort für "Revolution" bedeutet "Leben nehmen" und somit für alle guten Menschen Horror und Zerstörung. Die Partei ließ dieser Bezeichnung jedoch positive Bedeutung zukommen. [52] Zur Bedeutungsentwicklung dieses Wortes bei der Übertragung aus dem europäischen in den chinesischen Kontext würde ich dann doch lieber einmal einen Sinologen oder eine Sinologin befragen. Der Siebte Kommentar fährt fort: Mao Tse–tung fasste die Ziele der Kulturrevolution folgendermaßen zusammen: "… nach dem Chaos kommt die Welt wieder in Frieden. Aber sieben oder acht Jahre später muss das Chaos erneut entstehen." Anders gesagt, sollte es alle sieben bis acht Jahre eine politische Revolution geben und alle sieben bis acht Jahre muss eine Unmenge von Menschen getötet werden. [53] Nun wissen wir wenigstens, woher Beate Gabel ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse hat! Sie kupfert besinnungslos den größten Schwachsinn ab und verkündet diesen als ihre Weisheit auf Radio Darmstadt. Die "Tradition des Mordens" findet sich, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, ebenfalls im Siebten Kommentar. [54] Tibet hatte nach Angaben der tibetischen Exilregierung um den Dalai Lama 1959 etwa 6,3 Millionen tibetische BewohnerInnen [55]. Hierbei werden Gebiete außerhalb der Autonomen Region Tibet mitgezählt, die chinesischen Provinzen zugeschlagen wurden. Über die Berechtigung derartiger territorialer Ansprüche läßt sich sicher streiten. Tibet und China haben im Verlauf der letzten zwei Jahrtausende eine wechselvolle Geschichte mit entsprechenden Gebietsverläufen gehabt. Aber nehmen wir einfach die Zahl der TibeterInnen als gegeben. Weiterhin werden für den Zeitraum 1949 bis 1979 etwa 1,2 Millionen Tote angegeben, wovon 342.970 verhungert sind und 9.002 sich selbst getötet haben [56]. Ich möchte hier nur anmerken, daß noch keine und niemand auf die Idee gekommen ist, die SelbstmörderInnen in Deutschland der jeweiligen Bundesregierung anzulasten. Die Zahlen sind ohnehin nicht überprüfbar und stellten gewiß eine Obergrenze dar. 1988 sollen in Tibet sechs Millionen TibeterInnen gelebt haben, davon ein Drittel in der Autonomen Region Tibet [57]. Unklar ist, warum es 1988 etwa 300.000 TibeterInnen weniger gegeben haben soll als 40 Jahre zuvor. Das kann mit der chinesischen Repression zusammen hängen, das kann aber auch statistische Gründe haben, beispielsweise unterschiedliche Erfassungsmethoden oder eine willkürliche ethnische Zurechnung der gezählten Menschen. Zu Nordkorea liegen ungenügende Daten vor, die eher spekulativer Natur zu sein scheinen. John Feffer schreibt 2003 in seinem Buch Nordkorea und die USA, daß während des Koreakrieges 1950 bis 1953 etwa 300.000 nordkoreanische Soldaten und 400.000 ZivilistInnen ums Leben kamen. Drei Millionen KoreanerInnen flohen vor den US–amerikanischen Flächenbombardements vom Norden nach Süden [58]. Wieviele Hungertote es seit Mitte der 90er Jahre gegeben hat, ist ungewiß. Feffer gibt Schätzungen in Höhe von 2 Millionen an [59]. Zahlen über Opfer der Repression finden sich nicht. Auf einer Seite von amnesty international findet sich die Angabe, daß nach unterschiedlichen Quellen in den 90er Jahren 220.000 bis 3,5 Millionen Menschen verhungert sein sollen. [60] Auf einer IGfM-Seite fand ich folgende Angabe: Halten wir an dieser Stelle einen Augenblick inne. Wie bereits bei den innerparteilichen Säuberungen kann man auch hier die Zahl der Opfer nur mit einer ungefähren Größenordnung beziffern. Nach der Schätzung eines Zeugen saßen im Lager Nr. 22 10.000 Häftlinge ein, fünf Personen starben pro Tag. Wenn wir davon ausgehen, daß die Zahl der Häftlinge in allen nordkoreanischen Lagern zusammen bei etwa 200.000 liegt, ergibt dies 100 Tote pro Tag, 36.500 pro Jahr. Mit 45 multipliziert (für den Zeitraum 1953 – 1998) kommen wir auf rund 1,5 Millionen Tote, die direkt auf das Konto des koreanischen Kommunismus gehen. [61] Es gibt jedoch keinen plausiblen Grund, eine geschätzte (!) Zahl der in einem nordkoreanischen Lagern Umgekommenen auf alle Lager hochzurechnen und dies mit einer x–beliebigen Jahreszahl zu multiplizieren. Das Ergebnis ist zwangsläufig falsch! Nach dieser Methode läßt sich die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in vollkommen groteske Größen steigern. In Bremerhaven lebten 1954 127.700 Menschen. Es gab 3.786 zugelassene Fahrzeuge und 9 Verkehrstote. Hochgerechnet auf die Zahl der in Gesamtdeutschland 2002 lebenden Menschen und die in diesem Jahr zugelassenen Fahrzeuge bedeutet dies: es müßte etwa 5.780 Verkehrstote geben, wenn wir die Bevölkerungszahl zum Maßstab nehmen, aber knapp 127.000 Verkehrstote, wenn wir von der Zahl der zugelassenen Fahrzeuge ausgehen. Mit willkürlichen Voraussetzungen läßt sich statistisch zwar nicht jede gewünschte, aber eine möglichst hohe Zahl erreichen. Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland betrug 2002 übrigens 6.842. [62] In Kambodscha sollen nach Angaben der Neun Kommentare während der chinesisch unterstützten Herrschaft Pol Pots etwa zwei Millionen Menschen umgekommen sein [63]. Jonathan Neale geht von vier bis fünf Millionen BewohnerInnen Kambodschas Anfang der 70er Jahre aus, von denen durch US–amerikanische Bombardements etwa ein Zehntel getötet wurden [64]. Während der Herrschaft der Roten Khmer 1975 bis 1978 starb die Hälfte der umgesiedelten städtischen Bevölkerung entweder durch Hunger oder durch Krankheiten oder gewaltsam. [65] Nimmt man und frau diese Zahlen als eine vielleicht eher übertriebene als realistische Grundlage, dann erhalten wir etwa acht Millionen Tote, von denen etwa die Hälfte verhungert sein dürfte. Den Toten mag es egal sein, ob sie durch Hunger oder eine Kugel gestorben sind. Mit den zig Phantasiemillionen einer Beate Gabel haben diese Zahlen jedoch nichts zu tun. |
Die nächste Phantasiezahl ist die Zahl der Falun Gong-Praktizierenden in China. Sie wird in der Sendung wie auch in den einschlägigen Schriften von Falun Gong mit 70 bis 100 Millionen Chinesinnen und Chinesen angegeben. Angesichts dessen, daß es sich nach eigenen Angaben nicht um eine feste Organisation mit eingetragenen Mitgliedern handelt, ist vollkommen obskur, wie sich die Zahl errechnet. Womöglich ging es nur darum, eine höhere Zahl vorweisen zu können als die 60 Millionen Mitglieder der Kommunistischen Partei. Womöglich ist es aber auch nur so, daß alle Chinesinnen und Chinesen, die öffentliche Meditationsübungen abhalten, und das sind eine ganze Menge, einfach unter dem Label Falun Gong eingemeindet werden. Wie auch immer – die Zahl selbst ist durch rein gar nichts belegt.
Zehn Jahre später, am 22. Juli 1999, traf die nächste Kampagne Falun Gong, die beliebteste Qigong-Schule Chinas. Diese Kampagne steht heute noch an. Falun Gong wurde als abergläubischen Kult eingestuft. Aber: Falun Gong bedeutet ein System, den menschlichen Körper und Geist zu entwickeln durch das Praktizieren von Energieübungen, Meditation und die geistige Ausrichtung auf Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht im täglichen Leben. Mit dem Verbot von Falun Gong gerieten sozusagen über Nacht 70 bis 100 Millionen Praktizierende in China in die Illegalität. Die Verfolgung wurde von oberster Stelle der KP angeordnet. Ausgeführt wird sie von einer eigens dafür eingerichteten Organisation, dem sogenannten Büro 610, einer gestapoähnlichen Geheimpolizei, welche außerhalb des geltenden Rechtssystems steht und agiert. [66] Vielleicht, aber nur vielleicht, kommt diese Zahl dadurch zustande, daß man und frau einfach die Anzahl der verteilten Lehrschriften des großen Meisters von Falun Gong, Li Hongzhi, zusammenzählte und auf eine bestimmte Anzahl von Mitleserinnen und Mitlesern hochgerechnet hat. Da die Schriften kostenlos verteilt werden, können sie genauso gut achtlos weggeworfen worden sein. So – wie hierzulande jede Menge Flugblätter gedruckt und verteilt werden, die anschließend auf dem Straßenboden oder im Papierkorb landen. Aber dies ist in der Tat nur eine Vermutung, wie eine solche Zahl enstanden sein mag. Bei Thomas Heberer findet sich eine andere Erklärung. Er schreibt in seiner Studie Falungong – Religion, Sekte oder Kult? : In den Qigong praktizierenden Gruppen finden sich daher viele Marginalisierte, die sich als Gleichgesinnte, damit als Gemeinschaft verstehen, Probleme kollektiv verarbeiten und Hoffnung als kollektive Idee, gemeinschaftliche Erwartung und allgemeine Utopie begreifen. Die absolute Mehrheit der Anhänger war mit Sicherheit zunächst nur an Qigong-Praktiken interessiert und kam erst später mit Li Hongzhis weitergehenden Auffassungen in Berührung. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg von Falungong war auch, dass Li ein Paket mit fünf einfachen und rasch zu Erlernenden Qigong-Übungen mit dem Versprechen hoher Wirkungskraft anbot. Vermander zufolge trug das Qigong-Fieber in der chinesischen Gesellschaft in den 80er und 90er Jahren ebenfalls zur Popularität von Falungong bei. […] Bedrohungsszenarien gelten nicht nur für religiöse Bewegungen. Auch die vielfältigen Kampfsport– und Qigong-Vereine (immerhin sollen in den 90er Jahren zwischen 60 Mio. und 200 Mio. Menschen in China Qigong praktiziert haben, davon 20 Mio. aktiv in Vereinen) wurzeln tief in der politischen Kultur Chinas. [67] |
Zum Schluß beziehen sie sich auf die Kampagne von Falun Gong, die zum Austritt aus der KP Chinas aufruft. Nach Erscheinen der schon erwähnten Neun Kommentare sollen schon über drei Millionen Menschen aus der Kommunistischen Partei ausgetreten sein. Sollen. Wo ist der Beweis und vor allem, wie mißt man das? Was wir hier vorliegen haben, ist eine reine Phantasiezahl, wiederum gestreut von Falun Gong.
Zwischen zwei Musikstücken der Falun Gong–CD war Volker Dietz mit folgendem Statement zu hören: Liebe Hörerinnen und Hörer von Radio Darmstadt. Zum Ende der Sendung Darmstädter für Menschenrechte in China stellt sich die Frage: Gibt es eine Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation für die Menschen in China? Und ich kann sagen: Ja, es gibt eine Hoffnung. Es sind nämlich zur Zeit an die drei Millionen Mitglieder aus der Kommunistischen Partei ausgetreten. Und warum diese Austrittswelle begonnen ist, dazu muß ich jetzt erst mal etwas erklären. Und zwar gibt es eine chinesischsprachige Zeitung, die größte chinesischsprachige Zeitung der Welt. Sie heißt Dayiyuan, das ist die chinesischsprachige Epoch Times. Diese Epoch Times hat am 19. November 2004 eine Artikelserie veröffentlicht, die heißt Neun Kommentare über die Kommunistische Partei. Sie ist eine vollständige Aufarbeitung der Geschichte der KP Chinas von ihrem Anfang an bis zur Gegenwart und eine tiefgehende Analyse der Merkmale der KPC enthält. Sie öffnet im Stillen einen Spalt in Chinas Eisernen Vorhang, dem glänzendsten und verschlossensten im globalen Dorf. Eine auf der Webseite der chinesischen Epoch Times dokumentierte Austrittsbewegung aus der Kommunistischen Partei Chinas und aller mit ihr verbundenen Organisationen wurde mittlerweile zu einer Austrittslawine. Täglich werden etwa 30.000 Parteiaustritte registriert. Am 24. Mai 2005 waren es für die KP Chinas schon angsterregende 1,8 Millionen. Nicht mitgerechnet die potentiellen Aussteiger, die wegen der chinesischen Informationsblockade bisher nicht an die elektronischen Austrittsmöglichkeiten gelangten oder die wegen der angedrohten strengen Strafen der KP nicht den Mut zum Austritt hatten, auch nicht unter einem Decknamen. Wie reagierte die Kommunistische Partei Chinas auf diese Austrittswelle? Zuerst reagierte die KPC gar nicht auf diese Neuigkeiten. Nach zwanzig Tagen schließlich fand sich in der Schlagzeile der von der KPC gesteuerten Nachrichtenagentur Xinhua das angebliche Dementi des Austritts eines 71 Jahre alten Mannes, eines ehemaligen hohen Funktionärs der KPC. Zwei Monate später wurde die größte politische Bewegung der KPC seit dem Ende der Kulturrevolution 1976 lautstark und landesweit verkündet, mit der man die Mitglieder der KPC mit dem Fortschritt verbinden will. 65 Millionen KPC-Mitglieder, Rentner nicht mitgezählt, von den obersten Rängen der Staatsorgane bis zu den politischen Dorfhierarchen, werden innerhalb der nächsten anderthalb Jahre in Schulungen auf Parteilinie gebracht. Und jeder muß am Ende der Kampagne seine vierzig Unterrichtsstunden nachweisen. Gleichzeitig läuft eine geheime Suche nach den Autoren der Neun Kommentare. Es kam auch die Nachricht aus China, daß Menschen, die im Besitz dieser Artikelserie über die KPC angetroffen werden, bis zu drei Jahre ins Arbeitslager wandern. Aber die Lawine des Umdenkungsprozesses ist nicht mehr zu stoppen. Seit Anfang April 2005 tauchen in chinesischen Foren und auf Webseiten in Übersee die Fragen auf: Wie baut man eine starke Opposition auf? Wie sollte China ohne KPC regiert werden? Bis hin zu: Wie sollte überhaupt alle Gebiete in China in der Ära nach der KPC Spätestens hier wäre doch eine Anmerkung angebracht gewesen, daß die in der Sendung verbreiteten Weisheiten diesen Neun Kommentaren entstammten! Doch Fehlanzeige. Ob die Neun Kommentare seit dem 19. November 2004, wie Volker Dietz verkündete, oder seit dem 15. November 2004, wie es in einem Sonderdruck des Neunten Kommentars in der deutschsprachigen Ausgabe der Epoch Times zu lesen war [69], veröffentlicht worden sind, ist wahrscheinlich nebensächlich. Möglicherweise trägt eine Falun Gong-Seite im Internet zur Aufklärung bei, denn dort heißt es, daß die Neun Kommentare seit dem 19. November 2004 im Internet veröffentlicht sind [70]. Wie die verkündeten lawinenartigen Austrittszahlen zustande kommen, ist auf einer Falun Gong-Seite selbst nachzulesen [71]. Dort heißt es, daß selbst Menschen, die schon vor Jahren die Partei verlassen haben, als sie aus China in den USA ankamen, jetzt noch einmal aufgefordert werden, öffentlich den schon längst vollzogenen Austritt zu verkünden. Die Abgabe beispielsweise eines Parteibuchs wird nicht verlangt. Stattdessen kann sich jeder x–beliebige mit einem Decknamen oder irgendwelchen Angaben in die Liste eintragen. Gibt es einen automatischen Datenbankabgleich mit der Mitgliederkartei in Peking? Wohl kaum. Daher muß ich fragen: wieviele eindeutig dokumentierte Austritte – und zwar auf dem Territorium der Volksrepublik China – waren es denn jetzt wirklich? |
Also auch hier – reinste Phantasie, unkritisch nachgebetet und zum Besten gegeben. Märchenstunde. Eine Sendung also, die in keinster Weise den journalistischen Anforderungen des Gesetzgebers entspricht. Aber vielleicht war sie dafür so neutral, wie es das schon erwähnte Programmratsmitglied sich gewünscht hat!?
Heinz Bachschuster hat im Anschluß an die ausgestrahlte Sendung keine Ruhe gegeben und mich mehrfach mit E–Mails bombardiert, um zu ergründen, was denn so schlimm am Antikommunismus dieser Sendung gewesen sei und warum dieser nicht den Statuten von RadaR e.V. entspreche. Sollte er diese Zeilen lesen, erhält er hier seine Antwort: Ich habe nichts gegen antikommunistische Sendungen, solange sie solide recherchiert sind und mit fundierten Inhalten aufwarten. Denn selbstverständlich war und ist das Regime des Realen Sozialismus nicht die emanzipatorische Verheißung. Selbst wenn wir vom Stalinismus und seinen verwandten Ideologien absehen, so war und ist selbst der realsozialistische Normalzustand keinesfalls eine befreite Gesellschaft. Soll heißen: Kritikwürdiges gibt es zuhauf. Leider tut mir auf Radio Darmstadt keine und niemand den Gefallen, derart anspruchsvolle antikommunistische Sendungen herzustellen. Es wäre mir eine Freude, den intellektuellen Dialog mit der entsprechenden Person oder Gruppe über den Sender auszutragen. Das wäre nichtkommerzielles Lokalradio, so wie ich es mir vorstelle! Doch statt dessen: Dummschwätz. Von antikommunistischer Hetze spreche ich, wenn – wie in der hier ausführlich wiedergegebenen Sendung der Redaktion t1w – Tatsachen verdreht, Zitate geklaubt, Zahlen erfunden und Zusammenhänge falsch dargestellt werden. Das Ziel besteht hier in der Diffamierung, nicht in der Aufklärung, die dabei transportierte Ideologie will die kapitalistischen Verhältnisse bewahren anstatt dazu aufzurufen, den Kampf um Befreiung von jedem Joch aufzunehmen. |
DRITTER TEIL EINE KLEINE GESCHICHTE DER IGfM |
Wer oder was ist denn nun diese Internationale Gesellschaft für Menschenrechte? Wie ich zu Beginn dieser Sendung angedeutet habe, ist es notwendig, hier genau zu sein. Diese Gesellschaft ist aus gutem Grund reichlich dünnhäutig und zieht vor Gericht, wenn sie nicht korrekt dargestellt wird. Hierzu gibt es ein Gerichtsurteil, aus dem ich schon zitiert habe. Was die IGfM dabei nicht erwähnt hat, fand ich auf ihrer Homepage – nämlich die Urteilsbegründung des Gerichts. Daraus ergibt sich, daß das Oberlandesgericht Oldenburg die vorgelegten Beweismittel für die Richtigkeit der in den Leserbriefen erwähnten Behauptungen nicht geprüft hat. Nach der Nichtprüfung stellte es dann fest, daß die Belege nicht ausreichen und gab der IGfM in diesem Rechtsstreit recht.
Ein Verfahren, das durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit der Entscheidung des Programmrates hatte, die von mir beanstandete Sendung durchzuwinken. Allerdings hatte ich zu Beginn der Sendung ebenfalls gesagt, daß ich die IGfM weder für faschistisch noch für rechtsextrem halte. Was sie statt dessen ist, werden wir gleich erfahren. Zunächst noch eine weitere Anmerkung zu diesem Prozeß in Oldenburg. Das Gericht war der Meinung, daß man und frau alle Behauptungen über die IGfM, die auf andere Quellen Bezug nehmen, darauf abzuklopfen habe, ob sie nicht durch das Ministerium für Staatssicherheit, also die Stasi, gestreut worden seien. Nach Erkenntnissen der Gauck-Behörde habe die Stasi die Verunglimpfung der IGfM systematisch durch Fehlinformationen gesteuert. Dann fährt das Gericht fort:
Selbstverständlich muß damit nicht erwiesen sein, daß die Informationen der Beklagten unrichtig sind. Darauf kommt es aber nicht an. [73]
Unglaublich! Nur weil Bedenken gegen frühere Äußerungen gegenüber der IGfM bestehen könnten, darf man und frau sie nicht einfach verwenden. Aber genau das macht doch die Pressefreiheit aus! Die IGfM kann doch jederzeit klagen und wenn sie nachweisen kann, daß sie verunglimpft wurde, dann setzt es halt was. Zu dieser Stasi-Kampagne gibt es ein Buch von Jürgen Wüst. In einer Online-Rezension von Dennis Kuck wird jedoch festgehalten:
In seinem Fazit wertet Wüst die IGFM als Opfer des Ost-West-Konfliktes. In Zeiten der deutsch-deutschen Annäherung habe die Stasi leichtes Spiel gehabt, den Störenfried zu diskreditieren. So richtig der Verweis ist, so unzureichend ist doch der methodische Weg, die IGFM weitgehend aus der Kritik ihrer Kritiker zu charakterisieren. Die direkte Analyse der Organisation bleibt allzu sehr auf Formales beschränkt. Eine Auseinandersetzung mit den Vorwürfen anhand interner Materialien vermisst der Leser schmerzlich, obwohl der Verfasser diese in Einleitung und Schluss stark hervorhebt. Schließlich erweckt Wüsts Ausdrucksweise häufig den Eindruck unangemessener Parteinahme. [74]
Halten wir fest: die Stasi war am Werk, aber mehr wissen wir nicht. Schon gar nicht, ob die Stasi fleißig gefälscht hat oder eher dafür gesorgt hat, daß die ihr zugespielten Informationen an daran interessierte Kreise weitergeleitet wurden. Über den Wahrheitsgehalt der Stasi-Informationen wird daher nichts ausgesagt. Wie auch immer – ich werde mich dem Phänomen IGfM ohnehin ein wenig anders nähern.
Fangen wir einfach einmal mit den Ursprüngen der späteren Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte an. Diese liegen im russischen Exil nach der Oktoberrevolution in Rußland. Teile der Emigrantenszene ließen sich in Jugoslawien nieder. Bei diesen Emigranten handelte es sich um die von der Roten Armee besiegten Reste der terroristischen "weißen" Truppen. Hier liegen in den 30er Jahren die Anfänge einer Organisation namens NTS, der sich auf Deutsch später Bund russischer Solidaristen nennen sollte. 1937 sickerten die ersten NTS-Trupps in der Sowjetunion ein; beim Einmarsch von Hitlers Armeen stellten sie sich in den Dienst der "guten Nazi-Sache". Günter Platzdasch verweist hierbei auf eine 1951 veröffentlichte Expertise des US-Außenministeriums hin, wonach
der NTS, als einzige von den Nazis im besetzten Rußland akzeptierte Organisation, mit der Russischen Faschistischen Union eine "dauernde Verbindung" eingegangen sei. [75]
1947 gab dieser NTS eine Zeitung heraus, von der Günter Platzdasch als Kenner der Szene schreibt, daß sie noch 1990 erschienen ist, und zwar auch mit Beiträgen von IGfM-Mitgliedern. 1972 wurde als Vorläuferin der IGfM die Gesellschaft für Menschenrechte gegründet; die erste Anschrift, unter der sie firmierte, war eine bekannte NTS-Adresse [76]. In einer Selbstdarstellungsbroschüre des NTS-Verlages wird darauf verwiesen, daß man Betriebe organisiert habe, fiktive und echte, zur Tarnung der Untergrundtätigkeit. Ob damit auch die GfM gemeint war, muß offen bleiben.
Der NTS-Aktivist Iwan Agrusow ist nicht nur Gründungsmitglied der GfM, sondern heute Ehrenvorsitzender der deutschen Sektion der IGfM. Karl Schlögel weist in seinem 1984 erschienenen Buch Der renitente Held über Arbeiterprotest in der Sowjetunion zwischen 1953 und 1983 darauf hin, daß eine der damals wichtigsten russischen Dissidentengruppen der 80er Jahre – SMOT (Freie interprofessionelle Vereinigung der Werktätigen) – unter dem Einfluß des NTS stand [77]. So verwundert es nicht, daß die IGfM 1987 Gruppen in Moskau und Leningrad gründete und sich hierbei von NTS-Mitgliedern repräsentieren ließ. Karl Schlögel beschrieb die Vorgänge um SMOT 1984 so:
Offensichtlich geht innerhalb von SMOT ein Streit über die Form der künftigen Arbeit vor sich, ob sie weiterhin bürgerrechtlich orientiert oder ob sie konspirativ sein soll. Auffallend ist ebenfalls, daß sich zwei SMOT-Führungsmitglieder – Senderov und Evdokimov – als Mitglieder der NTS, einer in ihrem Selbstverständnis klar antisowjetisch orientierten Organisation, erklärt haben. [78]
Günter Platzdasch sieht die Gründung der GfM 1972 in Zusammenhang mit der neuen Ostpolitik zu Beginn der 70er Jahre. Der plumpe Antikommunismus der NTS wurde abgelöst durch die geschmeidigere Menschenrechtspolitik im Zusammenhang mit der 1972 in Helsinki begonnenen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Entsprechend positionierte sich die GfM vor allem im Kampf für die Menschenrechte in den kommunistischen Staaten. [79]
Neben der Menschenrechtssituation in der Sowjetunion, der DDR und anderen Staaten des Realen Sozialismus lag ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der Organisation bei Ländern, in denen kommunistische oder zumindest linkssozialdemokratische Befreiungsbewegungen gegen Diktaturen oder rassistische Kolonialregimes kämpften. Das waren in den 70er und 80er Jahren beispielsweise Angola, Mosambik und Namibia in Afrika, aber auch Nicaragua und El Salvador in Mittelamerika.
Allerdings zeichnete sich hier eine völlig andere Rhetorik ab. Während den herrschenden Regimes allenfalls marginal ein Vorwurf gemacht wurde, nahm sich die Gesellschaft für Menschenrechte, die sich 1981 in IGfM umbenannte, besonders der Menschenrechte in Befreiungsbewegungen an. Diese Politik muß eine ungeheure Anziehungskraft für Elemente gehabt haben, die eher dem rechten Rand zuzuordnen sind, wie beispielsweise der Hochschulring Tübinger Studenten mit seinem Führungskader Axel Heinzmann.
Der Hochschulring Tübinger Studenten war Mitte der 70er Jahre korporatives Mitglied der damaligen GfM. Im Dezember 1976 wollte dieser HTS eine Veranstaltung in Tübingen zu Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, durchführen. Dort sollte der Neonazi Karl-Heinz Hoffmann auftreten, um Söldner für das damalige weiße Rassistenregime zu werben. Eine studentische Demonstration gegen derartige Umtriebe verhinderte die Durchführung der Veranstaltung. Doch Hoffmann war nicht alleine gekommen, sondern hatte Mitglieder seiner Wehrsportgruppe mitgebracht. Diese drosch dann auf die friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten mit Schlagstöcken und Eisenstangen ein und schlug hierbei mehrere Menschen krankenhausreif. [80]
Jürgen Wüst schreibt in seinem 1999 erschienenen Buch "Menschenrechtsarbeit im Zwielicht", daß weder der HTS noch Axel Heinzmann Mitglied der GfM gewesen seien und beruft sich hierbei auf seine Durchsicht sämtlicher Originalmitgliedslisten in den Unterlagen der IGfM-Geschäftsstelle. Andererseits sei Heinzmann 1974 auf einer Jahresversammlung der GfM als Referent aufgetreten [81]. Wüst bemüht sich in seinem Buch, die Vorwürfe der Zusammenarbeit mit rechtsextremistischen bzw. verwandten Personen, Organisationen oder Zusammenhängen als Stasi-lanciert hinzustellen. |
Vor allem auf dieses Ereignis stützt sich der Vorwurf, dem das anfangs der Sendung erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg zugrunde liegt. Die drei Leserbriefschreiberinnen brachten die IGfM über deren Mitglied HTS mit der terroristischen Wehrsportgruppe Hoffmann in Verbindung und stellten hierdurch den vom Gericht gerügten strukturellen Zusammenhang zwischen IGfM und faschistischen Umtrieben her.
Zwar ist es richtig, daß die Wehrsportgruppe Hoffmann als gefährliche Neonaziorganisation Anfang 1980 vom Bundesinnenminister verboten wurde. Auch ist es richtig, daß Hoffmanns Truppe mit dem Anschlag auf das Oktoberfest 1980 in Verbindung gebracht wurde. Einer der Attentäter, Gundolf Köhler, hatte erwiesenermaßen Kontakt sowohl zum HTS von Axel Heinzmann als auch zu Karl-Heinz Hoffmann und seiner Wehrsportgruppe. [82]
Doch da die deutsche Justiz bekanntlich sehr nachsichtig mit der rechten Szenerie umgeht, wollte der damalige Generalbundesanwalt Kurt Rebmann keinen justiziablen Zusammenhang erkennen und vertrat lieber die beliebte Einzeltäterthese. Demnach sind deutsche Neonazis immer eine Ansammlung von Einzeltätern [83]. Im Gerichtsverfahren zu der von den Neonazis angezettelten Schlägerei in Tübingen befand der zuständige Richter in seinem Urteil 1977 (mitten im Deutschen Herbst, am 18. Oktober 1977!), es sei "nicht damit zu rechnen, daß der Angeklagte [Karl-Heinz Hoffmann] bestrebt ist, seine Tat zu wiederholen". Diese Verharmlosung eines Faschisten hatte drei Jahre später tödliche Folgen. [84]
Im Prozeß, der auf die Ereignisse vom 4. Dezember 1976 folgte, wurden die meisten Faschisten […] freigesprochen. Heinzmann wurde zu lächerlichen DM 900,– verurteilt, weitere Faschisten wegen Landfriedensbruchs verwarnt. Nur Hoffmann hätte sich nach Meinung des Richters eines Landfriedensbruches schuldig gemacht, weil er mit seinem Verhalten zu weit gegangen sei. Er, der eine junge Frau am 4.12.76 krankenhausreif geschlagen hatte und mehrere Demonstranten verletzte, wurde zu 10 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Würdigung von Hoffmann Wie das Gericht diesen faschistischen Schläger einschätzt, wird in der Urteilsbegründung deutlich: "Der Angeklagte Hoffmann ist ein lebenserfahrener und berufserfahrener Mann. Aufgrund seiner Intelligenz und nüchtern abwägender Art kennt er die möglichen Folgen dieser oder einer späteren Verurteilung für den Bestand seiner Wehrsportgruppe, die ihm viel bedeutet. Deswegen ist nicht damit zu rechnen, daß der Angeklagte bestrebt ist, seine Tat zu wiederholen. Dafür spricht auch, daß seine Veranstaltungen bis jetzt friedlich verlaufen sind." (schriftl. Urteilsbegründung, S. 61f.) Diese Feststellung trifft nicht zu. Hoffmann wurde mehrmals von der Nürnberger Polizei festgenommen, wegen "Uniformtragens", "Manövern", "Bildung eines bewaffneten Haufens" und "Störung von Veranstaltungen" usw. Das Tübinger Gericht lehnte allerdings ab, die Akten der Nürnberger Staatsanwaltschaft als Beweis für Hoffmanns Aktivitäten anzufordern. In diesen Akten befindet sich auch das politische Programm Hoffmanns, aus dem hervorgeht, daß Hoffmann seine Truppe zum Kampf gegen die "rote Flut" und zur Errichtung eines faschistischen Systems ausbildet. [85] |
Das Problem, was sich hier bei der Beurteilung der IGfM stellt, ist, daß zwar strukturelle Zusammenhänge sichtbar werden, sie aber keinesfalls einfach als Beleg für eine neonazistische Verstrickung der Organisation gewertet werden dürfen. Hierzu – und das befand das Gericht in Oldenburg durchaus zurecht – hätte eine solche Verstrickung, sollte sie vorhanden gewesen sein, genauer nachgewiesen werden müssen. Insofern hatten sich die drei Leserbriefe schreibenden Frauen etwas zu weit hervorgewagt.
Nebenbei: Axel Heinzmann ist mir kein Unbekannter. Ich habe rund 15 Jahre in Tübingen gelebt und kenne daher die Umtriebe dieses Zeitgenossen ziemlich gut. Mit Vorliebe ging er in universitäre Seminare bei den Historikern und Politologen, um zu provozieren. Daber erklärte er auch, sich ebenso notfalls mit Waffengewalt Zugang verschaffen zu wollen, wie über seinen Kumpel C. Fichtner im Schwäbischen Tagblatt vom 10. Dezember 1976 zu lesen war. Heute ist er wieder Mitglied der NPD. [86]
Die anwesenden Teilnehmer des Mittelalter-Proseminars von Herrn Wunder (Mittwoch Hierzu wurde Axel Heinzmann am 7. Dezember 1976 in einem Seminar des Politologen Gerd Meyer zur Rede gestellt. Gedächtnisprotokoll, Dienstag 7.12.1976, 16h 30, Seminar Meier: Frage: "Auf der Morgenstelle hat Fichtner (HTS) mit Waffengewalt gedroht, falls ihm weiterhin der Zugang zur Uni verwehrt werde. Wie stellst Du Dich dazu?" A.H.: "Wenn Fichtner das so gesagt hat, stimme ich dem zu. Ich werde auch in Zukunft meine Rechte mit Gewalt durchsetzen, wenn die Polizei dazu nicht in der Lage ist." [87] |
Man und frau kann natürlich hingehen und sagen, das beweist gar nichts. Man und frau kann sich aber auch fragen, wie eine Menschenrechtsorganisation ein solches Mitglied [88] in ihren Reihen dulden konnte. Aber wahrscheinlich hat, wie in Deutschland üblich, mal wieder keiner etwas gesehen und keine etwas gehört.
In den beiden Dokumentationen zur Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, die 1986 oder 1987 und 1990 erschienen sind, wird an unzähligen Beispielen aufgeführt, wie sich die Organisation in den 70er und 80er Jahren positioniert hat und wo sich daraus Verbindungslinien zum rechten Rand dieser Gesellschaft zeigen. Ich möchte hier – auch angesichts der fortgeschrittenen Zeit – drei Fälle herausheben, weil sie symptomatisch zeigen, wie das Menschenrechtsverständnis genauer ausgesehen hat. Wer sich hier weiter einlesen möchte, den oder die verweise ich auf die im Internet verfügbare Dokumentation von Günter Platzdasch und Rainer Fromm mit dem Titel Die sogenannte Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Eine rechte Grauzonenorganisation.
Ich weise allerdings darauf hin, daß der Programmrat von Radio Darmstadt es vorgezogen hat, diesen Erkenntnissen nicht nachzugehen.
Das IGfM-Gründungsmitglied Iwan Agrusow, den wir schon als alten Antikommunisten vom NTS kennengelernt haben, erklärte auf der Jahreshauptversammlung seiner Organisation im Jahr 1983:
Eine Form menschlichen Zusammenlebens sind Staatensysteme, die Verletzungen der Menschenrechte verhindern oder wenigstens erschweren. Das sind Systeme in denen die Gewaltenteilung verwirklicht ist: echte Volksvertretung, unabhängige Gerichte, eine demokratische Regierung und eine freie Presse machen diese Gewaltenteilung aus.
Als Beispiel für solche Rechtsstaaten möchte ich nur zwei Länder nennen: die Bundesrepublik Deutschland und El Salvador. Daß El Salvador ein Rechtsstaat ist, wird von manchen Presseorganen und Organisationen bestritten. […] Aber wie hier bei uns, so können sich auch dort die Menschen frei äußern und bewegen, und die Würde des Menschen wird sehr weitgehend respektiert. [89]
Angesichts eines in El Salvador damals schon seit mehreren Jahren tobenden Bürgerkrieges eine gewagte Behauptung. Die US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin Joan Didion beschreibt in ihrem 1983 auf Englisch und 1984 bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch Salvador sehr eindrucksvoll, wie dieser weitgehende Respekt vor Meinungsfreiheit und der Würde des Menschen tatsächlich aussah: Von den USA gestützte Todesschwadronen hinterließen Nacht für Nacht aufgeschlitzte Leichen. Die ultrarechte Regierung war entweder an den Massakern selbst beteiligt oder deckte die Mörder.
Aus der antikommunistischen Grundhaltung von Iwan Agrusow läßt sich auch leicht der Grund für seine wahrheitswidrige Darstellung erklären: In El Salvador versuchte eine, zum Teil auch mit kommunistischen Kadern besetzte, Guerillaorganisation, die jahrzehntelange Unterdrückung von Meinungs– und Pressefreiheit, verbunden mit extremer Ausbeutung, zu beenden. In den 90er Jahren, als beide Seiten nicht gewinnen konnten, kam es zu einem international vermittelten Abkommen, bei dem Teile der Guerilla ins salvadorianische Heer übernommen wurden. Bemerkenswert ist hier die Milde, mit der die Staatsterroristen durch Iwan Agrusow charakterisiert werden. Man und frau vergleiche hiermit nur die Hetztiraden vom vergangenen Donnerstag. Die dort zu hörenden Worte waren weder zu Chile noch zu El Salvador zu vernehmen.
Die zweite von mir erwähnte Dokumentation erschien 1986 oder 1987 in Frankfurt: Propagandisten des Krieges. Hintermänner der Contra: "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte". Die Broschüre entstand im Rahmen der Solidaritätsarbeit zu Nicaragua, als sich herausstellte, daß die terroristischen Contra-Truppen nicht nur von den USA unterstützt wurden, sondern ihre Helfershelfer auch in Europa, ja in Deutschland, sitzen hatten. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde in einer Zeitungsanzeige am 30. März 1985 "Hilfe für die bewaffneten und zivilen Sektoren der Opposition" in Nicaragua gefordert. Die bewaffnete Opposition – das waren die Mörder von der Contra. Unterschrieben wurde dieser Aufruf unter anderem vom Kuratoriumsmitglied der IGfM Nikolaus Lobkowicz. [90]
Bemerkenswert ist das auch in anderer Hinsicht. Die Redaktion treffpunkt eine welt hat ihre politischen Wurzeln nicht zuletzt in der Solidaritätsarbeit zu Mittelamerika. Und sie unterstützt heute das Anliegen einer Organisation, deren herausragende Repräsentanten die Mörder ihrer damaligen Solidaritätspartner zumindest publizistisch unterstützt haben. Aber das war damals. Heute ist das ja alles ganz anders [91]. Nun – wir werden sehen.
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte führt in ihrem Briefkopf auf, daß sie den Konsultativstatus beim Europarat, den Roster-Status bei der ECOSOC der Vereinten Nationen, sowie einen assoziierten Status beim Department of Public Information, ebenfalls bei den Vereinten Nationen führt. Was bedeutet beispielsweise dieser "Roster"-Status? Nun, in den einschlägigen Veröffentlichungen der Vereinten Nationen ist hierbei zu erfahren, daß Nichtregierungsorganisationen bei niederschwelligen Anforderungen eine Art minimalen Beraterstatus erhalten können. Daraus wird der jeweiligen Organisation ausdrücklich keine besondere Kompetenz zugemessen. Sie wird allenfalls auch mal gefragt, ob sie auch mal etwas beizutragen habe. Aber als Logo macht sich so ein UN-Emblem natürlich chic auf dem Briefkopf.
Der von mir schon mehrfach angeführte Jürgen Wüst bemerkt, daß der Antrag der IGfM zur Aufname in das ECOSOC-Roster in den 80er Jahren zweimal abgelehnt worden war und zum Zeitpunkt der Arbeit am Buch ein weiteres Antragsverfahren laufe. Dieses scheint erfolgreich gewesen zu sein. Wie Wüst weiter ausführt, sind mit der Aufname in das Roster keinerlei Rechte und Pflichten verbunden. [92] Zur Verwendung des UNO-Logos schreibt Wüst in einer Anmerkung: Obwohl sich der angebliche Mißbrauch des UNO-Emblems, der in der Folgezeit immer wieder von verschiedener Seite erhoben wurde, durch ein entsprechendes Vorgehen von Seiten der UNO leicht hätte beenden lassen, gab es in dieser Richtung keinerlei offizielle Aktivitäten. Ein Einspruch gegen die Nutzung durch die IGFM wurde nicht erhoben. Vielmehr wurde in einem an Gnauck gerichteten Schreiben vom 21.11.1979 der Verwendung des UNO-Symbols vom Direktor des Office of the Legal Council, John F. Scott, ausdrücklich zugestimmt: "The use of the United Nations emblem is indicated in the attachment, i.e. with the Words ‘United Nations' placed above the emblem and the words ‘We Believe' placed below it and the insignia of your Association ‘GFM' appearing separately at some distance, is in keeping with accepted practice as outlined in your letter of 12 October 1979. We therefore authorize thus this use by our Association as a demonstration of its support of the United Nations." [93] Woraus folgt: Die Nutzung des UN-Logos bedeutet die ideelle Unterstützung der UNO durch die IGfM – und nicht etwa umgekehrt! Dies ist für Außenstehende jedoch nicht ersichtlich. Insofern bedient(e) sich die IGfM erfolgreich der Manipulationsmethoden des Marketings. |
Hingegen erzählt uns die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte [auf ihrem Briefkopf] nicht, was in der Resolution 42/14[A] der UN-Vollversammlung steht, die von 131 Staaten ohne Gegenstimme am 6. November 1987 verabschiedet worden ist. Diese Resolution befaßt sich mit dem südafrikanischen Kolonialregime in Namibia und verurteilt hierin alle diejenigen, welche nicht mit der einzig legitimen Vertretung Namibias zusammenarbeiten – der von der IGfM bekämpften SWAPO. In der Resolution heißt es unter anderem, daß die UN-Vollversammlung
eindringlich ebenso die finstere und verleumderische Desinformationskampagne durch das rassistische Regime Südafrikas und seiner Helfer, darin eingeschlossen die sogenannte Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, gegen den gerechten Kampf des namibischen Volkes um Selbstbestimmung und nationale Unabhängigkeit, verurteilt.
Die Resolution 42/14 zur "Question of Namibia" vom 6. November 1987 besteht aus fünf Teilen. Teil A beschäftigt sich mit der Situation in Namibia resulting from the illegal occupation of the Territory of South Africa und führt in Punkt 35 zu der Feststellung: Strongly condemns also the sinister and slanderous campaign of disinformation by the racist regime of South Africa and its agents, including the so-called International Society for Human Rights, against the just struggle of the Namibian people for self-determination and national independece. [94] Dieser Teil der Resolution wurde mit 131 Ja-Stimmen ohne Gegenstimme bei 24 Enthaltungen angenommen. Ein Jahr später, am 17. November 1988, wurde diese Frage noch einmal aufgeworfen. In Resolution 43/26[A] wurde unter Punkt 27 derselbe Text aufgeführt. Diesmal stimmten die VertreterInnen von 130 Staaten dafür und 23 enthielten sich. Gegenstimmen gab es auch diesmal keine. [95] Bemerkenswert ist, daß Jürgen Wüst, der ansonsten hinter fast jeder IGfM-kritischen Äußerung die Stasi an den Fäden ziehen sieht, diese beiden Resolutionen nicht erwähnt, obwohl er eine davon in der Broschüre von Platzdasch und Fromm hätte finden müssen. [96] Die gezielte Realitätswahrnehmung der IGfM–AktivistInnen in Südafrika beschreibt ein Bericht von Brigitte Kols in der Frankfurter Rundschau vom 13. Februar 1986: Nur einmal wie in der Hölle gefühlt Das Sicherheitsgefängnis Pollsmoor bei Kapstadt, in dem auch der Schwarzenführer Nelson Madela inhaftiert ist, unterscheidet sich für den ehemaligen Generalbundesanwalt Ludwig Markus Martin "in Standard und Behandlung der Gefangenen" nicht wesentlich von bundesdeutschen Gefängnissen. Die Haftanstalt liege zudem "in einer sehr schönen Gegend". Der Polizeichef habe ihm gesagt: "Unsere Gefangenen sehen wenigstens etwas von der Landschaft." Ein großer Teil der schwarzen Inhaftierten sei wegen "Raub und Vergewaltigung" in Pollsmoor, fügte er hinzu. Martin, der als Ehrenvorsitzender der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGfM) zwei Wochen lang Südafrika bereiste, berichtete am Mittwoch in Frankfurt mit anderen Mitgliedern seiner siebenköpfigen Delegation über Erlebnisse und Erfahrungen ganz besonderer Art im von Unruhen erschütterten Staat am Kap. Justizminister Hendrik J. Coetsee, der "kurzfristig und überraschend" den Besuch in Pollsmoor genehmigt hatte, gab der Delegation gegenüber immerhin zu, daß unter den Verordnungen des Ausnahmezustandes 2000 Kinder und Jugendliche unter 21 Jahren verhaftet worden sind. Inzwischen sei aber "eine Amnestie für alle Kinder" erlassen worden. Ein Datum für einen solchen Erlaß nannte der Minister allerdings nicht, wie die Delegation einräumte. Daß Eltern oft ohne Nachricht über den Verbleib ihrer verhafteten Kinder seien, begründete der IGfM-Generalsekretär Ivan Agrusov damit, daß es in Südafrika "eben keine Meldepflicht" gebe. Er könne sich zudem nicht vorstellen, wie man "die Eltern im Meer der Hütten" in den Schwarzenvorstädten finden sollte. Angaben des Elternhilfskomitees für die Gefangenen über Gefängnisaufenthalte von Kindern zwischen zwei Nächten und fünf Monaten sowie über Folterungen mit Elektroschocks und Plastiktüten, die den jugendlichen Delinquenten übergestülpt werden, zog die schwedische Rechtsanwältin Brita Norberg in Zweifel, "weil uns keine Statistiken und Namenslisten" vorgelegt wurden. Sie stellte dem den "konkreten Fall eines Studenten" gegenüber, der sechs Monate ohne Anklage im Gefängnis gesessen und dort "sein Examen" gemacht habe. Es gehe ja auch nicht um eine Anklage, sondern darum "zu beruhigen", meinte die Anwältin. Ein Beispiel für Demokratie und Freiheit in Südafrika sah Ivan Agrusov darin, daß die von weißen Frauen in den fünfziger Jahren gegründete Bürgerrechtsorganisation "black shash" nicht registriert sei und auch nicht kontrolliert werde, obwohl "black shash" als "subversive Organisation" verstanden werden könne. Agrusov: "Niemand weiß, was sie genau macht und ob sie zur Revolution aufruft." Von einem Polizeistaat könne im Falle Südafrikas ebenfalls keine Rede sein, gebe es doch dort auf die Bevölkerung umgerechnet nur ein Drittel der in der Bundesrepublik tätigen Polizeibeamten. Und was die Rassentrennung angeht, so sieht der einstige oberste Ankläger in Karlsruhe, Ludwig Martin, zumindest die "sogenannte kleine Apartheid" im Alltag sowohl gesetzlich als auch im praktischen Leben als "behoben" an. Lediglich in der Schwarzensiedlung Crossroad, wo 200.000 Menschen eng zusammengedrängt leben, registrierte die Delegation eine "knisternde Atmosphäre". Es sei "wie in der Hölle", vor allem "schmutzig". Seit dem Krieg habe er so etwas Schlimmes nicht mehr gesehen, meinte Agrusov, allerdings sind die Crossroad-Schwarzen an ihrem Elend, folgt man den Menschenrechtsverfechtern, wohl selbst schuld. Warum sie sich nämlich weigern, in die von der Regierung neugebauten Häuser in Khayetitsha zwangsumgesiedelt zu werden (zwar keine Luxushäuser, eher leicht umgebaute Wochenendhäuser, aber "sauber"), sei "unbegreiflich" Auf die Mitte März zu erwartende Dokumentation der Hüter der Menschenrechte aus Frankfurt, deren Aktivitäten alles andere als unumstritten sind, darf man gespannt sein. Eine Schlußfolgerung aus ihrer Reise verkündete sie bereits vor Ort: Ausländische Firmen sollen in Südafrika investieren so viel es geht. Ein Delegationsmitglied meinte am Mittwoch in allem Ernst, ohne solche Kapitalspritzen des Auslands könne Pretoria die "großen Reformen im Ausbildungswesen nicht fortführen." Ist es nicht nett vom weißen Rassistenregime gewesen, Menschen ohne Anklage einzusperren, damit sie inmitten schöner Landschaften demokratisch und frei ihr Examen ablegen können, zumal es in den südafrikanischen Knästen gewiß nicht schmutzig ist?! |
Am 20. Juni desselben Jahres 1987 fand in den Räumen der Landesgirokasse zu Stuttgart eine Veranstaltung Bürgerrechtler berichten statt, zu der mir der Zugang verwehrt wurde, weil den Veranstaltern das erschienene interessierte Publikum nicht gefiel. Innerhalb dieser Räumlichkeiten zeigte die IGfM eine Ausstellung zur Situation im südlichen Afrika, die bei anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörern wegen ihrer Beschönigung des Apartheid-Regimes auf Empörung stieß. Weiterhin war als Redner eingeladen ein gewisser José Esteban González von der unabhängigen nicaraguanischen Menschenrechtskommission, der in den Jahren zuvor mit erfundenen Berichten über angeblich von den Sandinisten begangene Menschenrechtsverletzungen aufgeflogen war.
In einer Presseerklärung der süddeutschen Mittelamerika-Komitees zur Veranstaltung der IGfM am 20. Juni 1987 in Stuttgart heißt es: Zur Entstehungsgeschichte der IGFM Die Anfänge der Muttergesellschaft der IGFM reichen bis in die 30er Jahre zurück. Damals gründeten russische Emigranten den Bund Russ[ischer] Solidaristen (NTS). 1943–45 führte der NTS innerhalb der "Wlassow Armee" auf Seiten und unter Befehl der Nazi-Wehrmacht Krieg gegen die Rote Armee. Nach dem 2. Weltkrieg kämpfte der NTS weiter für die Beseitigung der ‘Kommunistischen Diktatur'. 1972 riefen Mitglieder des NTS (Rahr, Agrusow, Redlich …) die Gesellschaft für Menschenrechte (GfM) ins Leben, um mit diesem unverfänglichen Namen einen größeren Einfluß auf die Medien zu bekommen. Unter der Vorsitzenden Cornelia Gerstenmaier (1973) beschäftigt sich die GfM nicht nur mit russ[ischen] Dissidenten, sondern weitet ihr Arbeitsgebiet auf ganz Osteuropa aus. 1981 wird die GfM in IGFM umgewandelt, die aber bis 1982 nur Sektionen in der BRD hat, ab 1982 auch in G[roß]B[ritannien], F[rankreich] und den USA. Der Blickwinkel erweitert sich nun über Osteuropa hinaus und richtet sich besonders gegen Cuba, Angola und Mocambique, außerdem gegen Befreiungsbewegungen wie den ANC (Afrikanischer Nationalkongress), die SWAPO (Südwestafrikanische Volksorganisation) und die FMLN (Salvadorianische Nationale Befreiungsbewegung).
Unter dem Deckmantel eines neutral klingenden Namens benutzt die IGFM Menschenrechtsprobleme als Vehikel für die Umsetzung konservativ-reaktionärer Ziele. So werden Menschenrechtsverletzungen in den "totalitären Systemen der UDSSR, DDR, Cubas und Nicaraguas" angeprangert, El Salvador hingegen als ein "freiheitlich demokratischer Rechtsstaat wie die BRD" eingestuft, über Länder wie Chile, Paraguay oder Guatemala erfährt mensch (zufälligerweise!) nichts. Da die Berichte von amnesty international oft die Ammenmärchen der CDU, vor allem die Mittelamerika betreffend, widerlegten, war es für sie wichtig, mit der angeblich neutralen IGFM eine Organisation zu bekommen, die ihre Sicht der Dinge in den Medien stützen konnte. Für Helmut Frenz (ehemaliger Generalsekretär von ai für die BRD) "ist es auch ganz offensichtlich geworden, daß die CDU in den vergangenen Jahren die IGFM ganz systematisch als Parallelorganisation zu ai aufgebaut hat, um nicht immer von den Aussagen von ai abhängig zu sein".
Die IGFM versucht sich als eine seriöse, neutrale Menschenrechtsorganisation in der Öffentlichkeit darzustellen. Zur wissenschaftlichen Untermauerung und auch in ihrer Funktion als neutrale Gutachter sehr nützlich ist die Mitgliedschaft einiger rechtsgewirkter Professoren, als da wären: Einige Multifunktionäre in der IGFM, sei es als Mitglied oder als Kuratoriumsmitglied, ermöglichen es der IGFM, ein ganzes Netz von reaktionären Vereinen und Organisationen zu verknüpfen. Zu erwähnen wären:
Arbeitsweise, Methoden und Ziele der IGFM kann mensch am Beispiel Nicaraguas deutlich machen. Bei ihrer Berichterstattung stützt sich die IGFM ausschließlich auf die CPDH (nic[araguanische] Menschenrechtsorganisation). Zwar wurde die CPDH einst in der Opposition zur Somoza-Diktatur gegründet, was aber heute diesen Namen trägt, ist eher als eine Propagandaorganisation für die US–Intervention in Nicaragua einzustufen. Die IGFM übernimmt die Berichte der CPDH ungeprüft, Berichte internationaler Menschenrechtsorganisationen wie z.B. ai oder America's Watch werden nicht herangezogen. Europäischer Vertreter der CPDH ist Esteban Gonzalez, von 1979–81 Vorsitzender der CPDH und gleichzeitig auch Vorsitzender der Christlich Sozialen Partei (PSC). 1981 behauptete er, daß es 8000 politische Gefangene in Nicaragua gäbe, die gefoltert würden. Außerdem berichtete er von 800 Verschwundenen und zahlreichen willkürlich Erschossenen. Diese Behauptungen stellten sich als Lügenmärchen heraus und er mußte sie öffentlich widerrufen. Bei dem von der CDU am 29.10.1985 veranstalteten "Nicaragua Report" stellte er die Behauptung auf, in Nicaragua existierten 140 geheime Gefängnisse. Juan Mendez, Direktor des Washingtoner Büros von America's Watch, bezeichnete dies gegenüber der taz (31.10.1985) als völligen Unsinn. Der jetzige Leiter der CPDH, Lino Hernandez hat offen zugegeben, daß die CPDH finanzielle Unterstützung von der Konrad-Adenauer-Stiftung erhält. Kein Wort verliert die CPDH über die Grausamkeiten der von den USA finanzierten Contra. Am 2.8.85 sind von den Contras 11 gefangengenommene nic[araguanische] Soldaten in Cuapa erschossen worden. Dies stellt eine eindeutige Verletzung internationaler Normen der Kriegsführung dar. Die CPDH wurde deshalb von America's Watch aufgefordert, an einer Untersuchung des Vorfalls teilzunehmen, was Lino Hernandez ablehnte. Das zentrale Projekt der IGFM in Lateinamerika sieht vor, den nicaraguanischen Indianerstamm der Sumus im von der Contra kontrollierten Grenzgebiet in Honduras anzusiedeln. Das Projekt wurde auf Initiative des früheren Botschafters in Nicaragua unter Somoza, Götz Freiherr von Houwald ins Leben gerufen. Houwald hat auch 1985 an einem Treffen der Contra-Dachorganisation UNO (Union Nicaraguense Opositoria) in Madrid teilgenommen, an dem u.a. die Eröffnung von Contra-Büros in Europa beschlossen wurde.
Logisch, daß die IGfM nicht mit den AktivistInnen der Mittelamerika-Solidarität auf der eigenen Propagandaveranstaltung diskutieren wollte. Symptomatisch war die Reaktion der zu der Veranstaltung zugelassenen IGfM-SympathisantInnen auf die Unmutsäußerungen der wenigen AktivistInnen, denen es gelungen war, Zugang zur Veranstaltung zu finden. Es wurde gefordert, die "Störer" rauszuschmeißen, und so mancher Anwesende versuchte, hier handgreiflich zu werden. Ein seriös verkleideter Mann legte daher die Hand auf die Schulter eines derart ungestümen Rausschmeißers und setzte sich für die "jungen Leute" ein. Darob irritiert ließ der Rausschmeißer doch tatsächlich von seinem Tun ab. In einer Großen Anfrage thematisierte die Grüne Bundestagsfraktion im Juli 1986 das Verhältnis zwischen der nicaraguanischen Contra, der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wie auch der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung und der IGfM [98]. Darin heißt es u.a.: Bereits im April 1985 veröffentlichte der Unterausschuß für Außenpolitik und Rüstungskontrolle des US–Kongresses eine Studie über die Contra, nach der 46 von 48 FDN-Führern ehemalige Nationalgardisten sind […]. Dort wird weiterhin die zwielichtige Rolle des von der IGfM hofierten Menschenrechtsexperten Esteban Gonzáles beleuchtet, nach dem u.a. in der terroristischen FDN-Contra "hervorragende Kräfte" zu finden seien. Kein Wunder, daß die CDU am 29. Oktober 1985 unter der Leitung von Heiner Geißler eine Propagandaveranstaltung namens "Nicaragua-Report" zu den Menschenrechten in Nicaragua durchgeführt hat. Mit dabei die üblichen Verdächtigen: die IGfM und Esteban Gonzáles. Esteban Gonzales und die Quellen der CPDH dienen als zentrale Informationsgrundlage für die Situation der Menschenrechte in Nicaragua für Organisationen wie der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Freiheit und Demokratie, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, der Nicaragua-Gesellschaft, und vor allem auch der Parteien der CDU und der CSU und Politiker aus ihren Reihen, die in ihrer Öffentlichkeitsarbeit Stellung gegen die sandinistische Regierung Nicaraguas beziehen. Daher lautet Frage 24 der grünen Großen Anfrage: Kann die Bundesregierung angesichts der persönlichen und politischen Verflechtung von Houwald und der UNO [politischer Arm der Contra] sowie Houwald und der IGFM, ausschließen, daß die 1985 für drei Jahre vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit bewilligten 435.000 DM zur Finanzierung der IGFM-Sumu-Projekte am Rio Patuca / Honduras, für politische Interessen einiger Contra-Unterorganisationen verwendet werden […] ? |
Sein [González'] Auftritt bei der IGfM muß uns nicht verwundern. Am 4. August 1980 berichtete beispielsweise der Spiegel davon, wie im ZDF "zweifelhafte Praktiken von Menschenrechts-Vereinen, bei denen Moderator Gerhard Löwenthal mitwirkt, nicht aufgedeckt werden" dürfen. Hierbei wurde insbesondere die Gesellschaft für Menschenrechte genannt. Kommentar des ZDF-Chefredakteurs Reinhard Appel: "Mir ist das alles kreuzpeinlich." [99]
Ein letztes Beispiel aus der Vergangenheit, bevor ich in die Gegenwart überleite. Ich erwähnte in der ersten Stunde dieser Sendung, die am Donnerstagmorgen von 11 bis 13 Uhr wiederholt werden wird, das seltsame Verständnis von Menschenrechten, als es um die Wahl eines Betriebsrats bei der IGfM selbst ging. Diese Betriebsratswahl mußte mit Hilfe eines Arbeitsgerichtes durchgesetzt werden. Die langjährige Lateinamerika-Referentin Rosemarie Fleischmann, an der Betriebsratsgründung beteiligt, kündigte ihren Job aufgrund des gegen sie ausgeübten Drucks. Ihr Kündigungsschreiben wurde am 27. Juli 1989 in der taz auszugsweise abgedruckt.
Sie beschreibt darin, wie ihr Länderjahresbericht 1988 zu Chile beanstandet und zur Begutachtung dem damaligen Vorstandsmitglied Konrad Löw zugesandt wurde. Dieser beschwerte sich über die Einseitigkeit des ihm vorgelegten Berichtes. Rosemarie Fleischmann legt dar, wie ihre Dokumentierung von Folter zu Aussagen umgedreht wurde,
daß es zwar "zuweilen" vorkomme, daß Untersuchungsgefangene Verhören "in harter Form ausgesetzt werden", daß jedoch die Haltung der dortigen Regierung hinsichtlich "derartiger Übergriffe" insgesamt "positiv ist" und daß "ein autoritäres Regime" so etwas eben "zwangsläufig nicht völlig ausschließen" könne.
1988 war Chile noch eine Diktatur, demokratische Wahlen fanden erst ein Jahr später statt. Man und frau vergleiche dies mit der Beschreibung der Folter in China am vergangenen Donnerstag. Offensichtlich wird bei bestimmten Regimes gerne einmal ein Auge zugedrückt. Dazu paßt, daß der ehemalige Generalbundesanwalt Ludwig Martin, schon damals Ehrenpräsident der IGfM, der Autorin schrieb,
"eine Ohrfeige etwa, die einem provokant auftretenden Gefangenen von der herausgeforderten Aufsichtsperson verabreicht wird", dürfe [sie] nicht als Folter bezeichnen; einige Zeilen später ist dann die Rede von "einem frech leugnenden Angeklagten".
Der ehemalige Generalbundesanwalt hatte ganz sicher die Vernehmungen geführt und den Angeklagten der Lüge überführt [100]! In der Satzung der IGfM jedenfalls heißt es jedoch mit Bezug auf internationale Menschenrechtsstandards:
Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren […] nachgewiesen ist.
Wie ich schon sagte – zu diesem Zeitpunkt war Chile eine Diktatur. In der gerade erwähnten Satzung der IGfM heißt es dazu passend in Paragraph 11:
Die Mitgliederversammlung kann auf Vorschlag des Vorstandes Persönlichkeiten, die durch ihren hervorragenden Einsatz für die Ziele der Gesellschaft in der Öffentlichkeit hervorgetreten sind, zu Ehrenpräsidenten wählen. [101]
Paragraph 12 [der IGfM-Satzung] behandelt das Kuratorium des Vereins. Hier kann die Mitgliederversammlung
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die Mitglieder der Gesellschaft sind oder ihr nahestehen und für ihre Ziele eintreten, in das Kuratorium aufnehmen. Die Mitglieder des Kuratoriums beraten den Vorstand.
Ich werde daher im Folgenden drei Kuratoriumsmitglieder etwas genauer betrachten, die ja – laut Satzung – für die Ziele des Vereins eintreten. Es sind dies der emeritierte Politikprofessor Klaus Hornung, der ehemalige Staatspräsident von Litauen Vytautas Landsbergis, sowie der schon erwähnte Konrad Löw. Und damit kommen wir in die Jetztzeit. Denn nach dem Zusammenbruch des Realen Sozialismus verflog das antikommunistische Feindbild ein wenig. Es bleiben nur noch China, Nordkorea, Vietnam und Kuba übrig. Und das war wohl zu wenig, weshalb an die Stelle der politisch befehdeten Befreiungsbewegungen in Südafrika und Lateinamerika der Islam trat.
Klaus Hornung ist emeritierter Professor. Als solcher hat er viel Zeit und stand daher als Präsident dem Studienzentrum Weikersheim vor, gegründet durch den ehemaligen Nazi-Marinerichter und späteren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Hans Filbinger. In der Sendung Panorama vom 6. Juni 2002 wird hier in Weikersheim ein Blick auf den rechten Rand der CDU geworfen. Prominente CDU-Mitglieder singen die Nationalhymne – zusammen mit Rechtsradikalen, von denen einer dem Filmteam auch Rede und Antwort steht und auch dazu steht, CDU'ler und Rechtsextremer in einer Person zu sein. [111]
Kommentar: Einige der hier Versammelten sind beides in einer Person: CDU-Mitglied und rechtsradikal. Etwa Albrecht Jebens, Vorstandsmitglied der rechtsextremen "Gesellschaft für freie Publizistik".
Interviewerin (Ariane Reimers): "Herr Jebens, eine Frage an Sie: Sie sind Mitglied der CDU?"
Dr. Albrecht Jebens (CDU): "Ja."
Interviewerin: "Und auf der anderen Seite sind Sie Funktionsträger in der rechtsextremen Gesellschaft für Freie Publizistik – wie geht das zusammen?"
Dr. Albrecht Jebens: "Ich bin ein freier Mensch."
Interviewerin: "Dann geht das zusammen?"
Dr. Albrecht Jebens: "Natürlich geht das zusammen."
Kommentar: Den Verfassungsschützern ist dieser Verein bestens bekannt – durch Hetze gegen Juden und Verharmlosung des Holocaust. In den Verfassungsschutzberichten gilt die Gesellschaft als "bedeutendste rechtsextremistische Kulturvereinigung".
Helmut Rennacher (Verfassungsschutz Baden-Württemberg): "Ich hätte bei der Gesellschaft für freie Publizistik gar keinen Zweifel, dass es sich hier um eine deutlich rechtsextremistische Organisation handelt. Wer dort auftritt, muss sich dies anrechnen lassen, und er muss vor allem auch wissen, dass er sich eindeutig im rechtsextremistischen Milieu bewegt."
Kommentar: Das Vorstandsmitglied dieser rechtsextremistischen Organisation, CDU-Mann Albrecht Jebens, ist hier, bei der vornehmen Gesellschaft in Weikersheim, herzlich willkommen, umringt von prominenten Parteifreunden. Mit dabei auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch – und auch ein Innenminister, der eigentlich Rechtsradikale bekämpfen sollte: Jörg Schönbohm. Doch der will von den Aktivitäten seines rechtsradikalen Parteifreundes nichts wissen.
Das Studienzentrum, eine rechte Kaderschmiede? Der Informationsdienst gegen Rechtsextremismus listet weitere Beispiele von Verbindungen des Studienzentrums zum Neonazispektrum auf. [112] Klaus Hornung war von 2001 bis 2003 Präsident dieser rechten Ideenfabrik. [113] Er schreibt hierzu auf seiner Homepage, daß die Panorama-Sendung Szenen so geschnitten habe, um einen rechtsextremistischen Eindruck zu erwecken. Und er zitiert Martin Walser: "Schnitt und Montage nach Goebbels' Art." [114]
Klaus Hornung hat 1987 in einem Sammelband des Tübinger Hohenrain-Verlags einen Beitrag zum Thema "Identität und Nation" veröffentlicht. Er will nichts davon gewußt haben, daß dieser Verlag dem als Rechtsradikalen bestens bekannten Wigbert Grabert gehört habe. Hierzu heißt es auf der Homepage der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung:
Um nicht nur eine möglichst breit gefächerte Leserschaft zu erreichen, gründete Wigbert Grabert 1984 den Hohenrain-Verlag, der mit Themen wie der Euro-Einführung oder dem Palästina-Konflikt aktueller operiert, womit, so der Verfassungsschutzbericht 2000, "auch nicht-rechtsextremistische Leser angesprochen und so der Kunden– und Wirkungskreis des Verlages erweitert werden [sollen]." [115]
Wigbert Grabert wurde übrigens 1998 wegen Volksverhetzung verurteilt. [116]
Klaus Hornung will also von Graberts Aktivitäten nichts wahrgenommen haben, obwohl er sich ja in Kreisen bewegt, die schon ziemlich rechtslastig sind. Dabei ist er nicht nur Professor, sondern auch … jetzt ratet … Politikwissenschaftler.
Naja, werdet ihr sagen, was sagt das schon? Ja, was sagt das, wenn Klaus Hornung in der nun wirklich ziemlich rechten Jungen Freiheit schreibt, so die Kolumne "Multikultistan". Er wendet sich hierin beispielsweise gegen die "Umgestaltung Deutschlands zu einer multikulturellen Gesellschaft", eine "unheilvolle Entwicklung", wie er am 15. November 2002 zu Papier bringt. [117]
Der Klartext heißt für jeden, die Ablösung des historisch gewachsenen deutschen Volkes durch ein Multikultistan in Mitteleuropa.
Am 21. März 2003 kartet er in der Jungen Freiheit nach. Der Entwurf zum Zuwanderungsgesetz sei ein Affront und ohnehin unnötig, denn:
Die Einwanderung aus Asien und Afrika wird künftig vor allem eine solche in unsere Sozialkassen sein, ungeachtet der Tatsache, daß diese schon längst am Rand der Pleite stehen. [118]
Das "Endziel" (und diese Begrifflichkeit ist wohl gewählt) der "antinationalen Gutmenschen" sei die "Abschaffung der deutschen Mehrheit und [die] Errichtung von Multikultistan im schon genug geplagten Mitteleuropa". – Also, so habe ich mir immer den Einsatz für Menschenrechte vorgestellt!
Am 19. Oktober 2005 sprach der rechtsnationalistische Professor Klaus Hornung aus Reutlingen auf Einladung des Tübinger CDU-Arbeitskreises Christ und Politik in der Burschenschaft Germania Straßburg über "Patriotismus und multikulturelle Gesellschaft". Der folgende Beitrag von Andreas Linder wurde am 28. Oktober 2005 im Tübinger Freien Radio Wüste Welle gesendet. [119] Christ und Politik nennt sich ein Arbeitskreis der Tübinger CDU. Das klingt zunächst völlig unverdächtig. Unter diesem unscheinbaren Mäntelchen verbirgt sich allerdings ein Kreis von religiös angehauchten Nationalkonservativen. Die CDU hat eine Schlagseite an ihrem rechten Rand, der Übergang zum rechtsextremen Lager ist fließend. In Tübingen sammelt sich dieses rechtslastige Spektrum im Arbeitskreis Christ und Politik, unter dem großen Dach der CDU. Zwei oder drei mal im Jahr tritt dieser Arbeitskreis in Tübingen auch an die Öffentlichkeit, meist durch politische Vortragsveranstaltungen. Neulich, am 19. Oktober, war der Politologe Professor Dr. Klaus Hornung eingeladen. Das klingt erst mal ebenso unverdächtig. Ein Professor, ein Politologe, na und? Doch dieser Herr Hornung ist nicht irgendwer. Der 78–jährige Professor Hornung gehört zu den auffälligsten rechtsextremen Intellektuellen in Deutschland. Seit vielen Jahren ist er ein Hans Dampf in allen Gassen der rechtskonservativen bis rechtsextremen Ideologiebildung. Im rechtsextremen Tübinger Grabert-Verlag hat er diverse Bücher veröffentlicht, er schreibt für die einschlägig bekannten rechtsextremen Zeitschriften Junge Freiheit, Criticon und Nation für Europa und er ist seit vielen Jahren Vorstandsmitglied des Studienzentrums Weikersheim. Diese rechtskonservative Ideologieschmiede wurde einst von Ex-Ministerpräsident Hans Karl Filbinger nach dessen unfreiwilligen politischen Karriereende gegründet. In Weikersheim in der Hohenlohe geben sich Geschichtsrevisionisten, Nationalkonservative und honorige Rechtsausleger die Hand – und viele davon sind prominente Mitglieder der CDU – wie zum Beispiel Heinrich Lummer und Jörg Schönbohm. Und auch Professor Hornung ist seit vielen Jahren Mitglied der CDU. Kommen wir zurück zu der Veranstaltung am 19. Oktober in Tübingen. Vor dem Verbindungshaus der Germania Strassburg in der Neckarhalde 47 versammeln sich Burschafter in Frack und Lametta. Die Germania Strassburg gilt als die reaktionärste Studentenverbindung in Tübingen. Offenbar fühlt sich der CDU–Arbeitskreis "Christ und Politik" im Klima eines solchen Verbindungshauses wohl. Auch der Referent Prof. Hornung dürfte im Verbindungshaus kaum gefremdelt haben, ist er doch auch häufiger Vortragsgast beispielsweise bei der neofaschistischen Münchner Verbindung Danubia. Nun ist es gerade in Tübingen nichts Besonderes, wenn ein greiser Emeritus einen Vortrag hält. Bei dieser Konglomeration aus schlagender Verbindung, rechtslastiger Orts-CDU und dem Weikersheim-Professor wäre allerdings Empörung und Protest zu erwarten gewesen. Immerhin wurde die Veranstaltung von der Lokalzeitung schon eine Woche zuvor in einem großzügigen Zweispalter angekündigt. Titel: Patriotismus und multikulturelle Gesellschaft. Aber: Das weltoffene und liberale Tübingen ignoriert solche rechten Umtriebe. Wie der Grabert-Verlag wird auch die rechtslastige Szene geflissentlich übersehen. Vielleicht hätten auch die fünfzehn Antifas mit ihrem kaputten Megaphon lieber zuhause bleiben sollen. Das einzige, das sie bewirkt haben, ist, dass sie vom Referenten und den Veranstaltern zur einfachen Feinbildkonstruktion missbraucht und wegen ihrer organisatorischen Schwäche hämisch verlacht wurden. Zum Inhalt des Vortrags von Prof. Hornung. Thema wie gesagt der deutsche Patriotismus und das Elend der multikulturellen Gesellschaft, ein Lieblingsthema rechter Intellektueller. Wer nun wie ich einen engagierten Vortrag mit scharfen Thesen erwartet hatte, ist enttäuscht worden. Statt einer flammenden Rede kam nur ein jämmerliches und wehleidiges Blabla, die gebetsmühlenhafte Beschwörung rechtskonservativer Wunschbilder, die von der Realität längst überholt sind. Und ein intellektuelles und wissenschaftliches Niveau ließ der Herr Professor auch vermissen. Schauen wir uns dazu mal die aus Sicht des Professors zentralen gesellschaftlichen Probleme an. Da ist erstens die Bevölkerungs-Entwicklung. Zitat Hornung: "Die demographische Katastrophe in Deutschland und Europa wird unterschätzt." Zitat Ende. In hundert Jahren würde es nur noch 32 Millionen Deutsche geben, das Ende naht also. Nun weiß jedes Kind, was von Zukunftsprognosen dieser Art zu halten ist. Doch warum ist es eigentlich so wichtig, wie viele Deutsche es gibt? Und vor allem: Was sind eigentlich richtige Deutsche? Etwa Kreuzungen aus Blutsdeutschen mit Blutsdeutschen? Nun denn, wenn der Professor das gemeint hat, könnte er sogar recht haben mit seiner Prognose, nur ist das letzten Endes völlig unerheblich. Denn mittlerweile leben wir in einer Gesellschaft, in der auch Deutscher werden kann, wer nicht in diesem Land geboren ist, und das kann nur gut sein. Zweites Problem des Herrn Hornung: Der deutsche Staat befindet sich in einer Schuldenfalle. Das muss aufhören, meint der Professor, aber wie das gehen soll, war nicht zu erfahren. Darüber redet man vielleicht auch nicht gerne. Es ist bekannt, wie sich manche Großmächte in bestimmten historischen Situationen aus Schuldenfallen befreit haben. Sie haben Kriege angefangen. Drittes Problem: Der deutsche Schuldkomplex. Zitat: "Adolf Hitler bestimmt immer noch die Richtlinien unserer Politik." Zitat Ende. So was aber auch: Nach all den Schlussstrichreden und nach den rotgrünen Kriegen der letzten Jahre steht uns die geschichtliche Bürde des Faschismus immer noch im Weg. Oder umgekehrt gedacht, und das hat der Professor wiederum nicht ausgesprochen: Wenn wir die geschichtliche Verantwortung für die Verbrechen des Faschismus nicht mehr auf uns nehmen würden, dann würde was aus Deutschland werden. Wie die Arbeitslosen an der Arbeitslosigkeit Schuld sind, ist bei Hornung der Schuldkomplex an allem schuld. Noch ein Zitat: "Der Schuldkomplex ist die Ursache unserer Blockade und Lähmung – auch ökonomisch." Zitat Ende. Selbstverständlich steht für Prof. Hornung fest, dass ein solcher Schuldkomplex auch wirklich existiert und als Wissenschaftler muss er das natürlich nicht begründen. Schuld am Schuldkomplex ist natürlich nicht der Faschismus, sondern es sind die deutschen Lehrer, Zitat: "Man hat aus der deutschen Geschichte ein einziges Verbrecheralbum gemacht. … Nationaler Selbsthass kommt dabei heraus." Zitat Ende. Und schuld sind natürlich die 68er. Zitat: "Selbstverwirklichung – eines der fürchterlichsten Worte der 68er. Wir sind ein Volk von materialistischen Egoisten geworden." Zitat Ende. Schließlich darf auch das Lamento über die Globalisierung, wie sie die Rechten verstehen und fürchten, nicht fehlen. Die deutschen Interessen seien bedroht, aber zur selbst gestellten Frage, was denn die deutschen Interessen seien, fällt ihm nur ein, dass deutsche Unternehmen nicht in Billiglohnländer abwandern sollen. Und natürlich gehören die Deutschen nicht zu den Profiteuren des globalisierten Kapitalismus, sondern sie werden davon überrollt. Zitat: "Der Islam wehrt sich gegen die Globalisierung. Alle wehren sich: Polen, die Spanier, Franzosen, aber die Deutschen sagen nicht, was sie wollen und wo das Ende der Fahnenstange ist." Zitat Ende. Nach so viel Gejammer wollte der Professor am Schluß auch noch etwas Positives sagen. Dabei kam er zum ersten mal auf das eigentliche Thema des Vortrags zu sprechen und zwar auf die von den Rechten heißgeliebte multikulturelle Gesellschaft. Und das sagte der Professor: Zitat: "Wir haben jahrzehntelang vom Umweltschutz gesprochen – wir müssen auch unsere Identität schützen wie unsere Gewässer." Zitat Ende. Und voller Stolz verkündete er einen wichtigen Leitsatz des Studienzentrums Weikersheim. Der heißt: "Zukunft kommt nur aus Herkunft". Zitat Ende. Will sagen, wir müssen die Reinheit des deutschen Blutes erhalten, Zitat: "oder wir nehmen hin, dass diese Nation untergeht." Zitat Ende. Damit hat Prof. Dr. Hornung auch noch brav sein rassistisches Sprüchlein aufgesagt und seine Anhänger waren nun zufrieden. Zum Beispiel auch ein Pfarrer Digel vom CDU-Arbeitskreis Christ und Politik, dem es wichtig war, zu betonen, dass man Moslems nun mal nicht in Deutschland integrieren könne. Auch nach dieser Veranstaltung drängt sich erneut die Frage auf, wie lange sich die Christlich Demokratische Union eigentlich noch mit ihrem reaktionären Flügel schmücken möchte. Ihr Mitglied Prof. Hornung ist sicher kein Holocaust-Leugner und auch kein Neonazi, aber seine geschichtsrevisionistischen und rassistischen Positionen bewegen sich außerhalb des demokratischen Meinungsspektrums. Unglaublich jedenfalls, dass eine Person mit einer solchen Vita und solchen Auffassungen viele Jahre lang Schüler und Studierende unterrichten durfte und immer noch unter dem Dach der CDU Politik macht. Das finde ich allerdings alles andere als unglaublich, denn die Integration derartiger Postionen gehört zu den wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben der CDU. Und zwar nicht, um sie mittels Integration unschädlich zu machen, sondern um sie für eine deutschnationale Expansionspolitik zu verwerten. Rechtskonservative think tanks benötigen – zumindest in Deutschland – unbedingt frisches deutsches Blut. [121] Dies erklärt vielleicht am besten die Affinität von Organisationen wie der IGfM zu rechtskonservativen Positionen und Organisationen, die sich diesseits und jenseits des rechten Randes dieser Gesellschaft bewegen. Insofern war ich in der Wortwahl meiner Charkterisierung des Herrn Hornung doch ein bißchen übervorsichtig. So schriebt die taz in den 1990er Jahren regelmäßig über den Rechtsradikalen Klaus Hornung [122]. Bernd Siegler berichtete in der taz vom 9. Oktober 1993 über das "Studienzentrum Weikersheim als Scharnier zwischen reputierlichen Konservativen und Rechtsradikalen" unter dem Titel "Der Schweigespirale entgegenwirken": Innerhalb des Kuratoriums und als Referenten brachten sie honorige Persönlichkeiten aus Politik, Klerus und Militär mit Professoren zusammen, die in einschlägigen rechtsradikalen Kreisen verkehren. Das Studienzentrum Weikersheim dient damit als Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, als Forum für Ideologen, für die sich bislang die Verfassungsschutzämter interessiert hatten. "Wir versuchen seit langem der Schweigespirale entgegenzuwirken", gestand Kuratoriumsmitglied Klaus Hornung, der für den rassistischen "Schutzbund für das deutsche Volk" schreibt, in der rechtsextremen Postille Junge Freiheit. Und um auf die staatspolitisch wichtige Funktion einer derartigen Institution zurückzukommen, fährt Bernd Siegler fort: Kein Wunder also, daß insgesamt knapp 400.000 DM aus dem Bundeshaushalt dem Studienzentrum für dessen Aktivitäten zur "geistig-moralischen Erneuerung der deutschen Nation" zuflossen. 80.000 DM brachte die Bundeszentrale für politische Bildung in den Jahren 1988 bis 1993 auf, das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen steuerte 1989 bis 1991 125.000 DM bei, und das Presse– und Informationsamt von 1989 bis 1993 gar 188.000 DM. [123] |
Das Kuratoriumsmitglied Vytautas Landsbergis kommt aus Litauen. Auch dort ist die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte aktiv. Daß er ebenfalls in der Jungen Freiheit zu Wort kommt, wollen wir ihm nicht verübeln, den darin anläßlich der 60–Jahr-Feier zur Befreiung vom Faschismus am 6. Mai diesen Jahres [2005] verzapften Antikommunismus wohlwollend überlesen [131]. Interessanter ist ein Beschluß des litauischen Parlamentes vom 12. September 2000, in dem die Unabhängigkeitserklärung des Landes im Jahre 1941 den gleichen Stellenwert erhalten solle wie die von 1918 und 1990 – nämlich die Anerkennung als Nationalfeiertag.
Eingebracht wurde die Beschlußvorlage von den litauischen Konservativen unter Führung des Parlamentspräsidenten Vytautas Landsbergis, der von 1990 bis 1992 auch Staatspräsident des kleinen Landes an der Ostsee gewesen ist. Dessen Vater stand der Provisorischen Regierung vor, welche 1941 die einmarschierenden Nazis freundlich begrüßt hatte, Pogrome organisierte und Konzentrationslager einrichtete. Dieser Beschluß des litauischen Parlamentes mußte auf internationalen Protest hin wieder zurückgezogen werden [132]. Ich frage lieber nicht danach, was dieser Beschluß mit Menschenrechten zu tun hat. Aber irgendwie … eine würdige Wahl zum Kuratoriumsmitglied.
Nach den Rechten sehen, Ausgabe 9, Oktober 2000 [133]: Wilna/Litauen. Die konservative Mehrheit im litauischen Parlament hat der im Jahre 1941 beschlossenen "Unabhängigkeitserklärung" Litauens den gleichen rechtlichen Rang wie den Erklärungen von 1918 und 1990 eingeräumt. Litauische Nationalisten hatten am 23. Juni 1941, zwei Tage nach dem Überfall des Naziregimes auf die Sowjetunion, die Unabhängigkeit Litauens erklärt. Ein großer Teil der litauischen Bevölkerung hieß die Nazi-Wehrmacht willkommen, viele kollaborierten mit ihr. Viele Gegner der Nazis, darunter zahlreiche Juden, die z.B. später mehr als die Hälfte der neu gebildeten litauischen Schützendivision in der "Roten Armee" stellten, flüchteten in den unbesetzten Teil der Sowjetunion. Die Mehrheit der 220.000 litauischen Juden blieb jedoch im Land, obwohl es bereits im Vorfeld des Einmarsches der deutschen Wehrmacht zu antisemitischen Pogromen gekommen war. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht wurden in Zusammenarbeit mit litauischen Kollaborateuren in Dutzenden von litauischen Städten antisemitische Pogrome und Überfälle durchgeführt. Nur etwa 8.000 litauische Jüdinnen und Juden überlebten letztlich das nazistische Terrorregime in Litauen. Forciert wurde der litauische Parlamentsbeschluss zu Beginn vom konservativen Parlamentspräsidenten Vytautas Landsbergis, dessen Vater der damaligen "Provisorischen Regierung" Litauens angehört hatte, die sich 1941 in einem Telegramm an Adolf Hitler für die "Befreiung Litauens" bedankt hatte. Erst kurz vor der Abstimmung habe Landsbergis bemerkt, welches verheerende internationale Echo die rechtliche Aufwertung der Nazi-Kollaboration Litauens haben würde, heißt es. Landsbergis habe daraufhin dem litauischen Präsidenten Valdas Adamkus empfohlen, sein Veto gegen das Gesetz einzulegen und den Beschluss als Fehler zu deklarieren. Den erreichte die Entscheidung des litauischen Parlamentes in der Olympiastadt Sydney. Nach Protesten litauischer und internationaler jüdischer Organisationen hat Adamkus nun angekündigt, sein Veto gegen den litauischen Parlamentsbeschluss einzulegen. Der 1926 geborene Adamkus gehörte ab 1944 der nationalistischen litauischen "Sonderkommission zum Schutze des Vaterlandes" an. Zahlreiche litauische Nazi-Kollaborateure verließen das Land mit dem Abzug der deutschen Wehrmacht. Adamkus nahm später die US-Staatsbürgerschaft an. Natürlich ist die Wahl eines veritablen Antikommunisten zum IGfM-Kuratoriumsmitglied konsequent. Durchaus ins Bild paßt dann, wenn Vytautas Landsbergis am 14. November 1993 an der Mahn– und Gedenkstätte Buchenwald in einer Rede vor rund 1.500 von der Gesellschaft für bedrohte Völker mit Bussen herangebrachten bosnischen Flüchtlingen die Frage stellt: "Wird ein neuer Holocaust zugelassen?" Es war nicht erst Joschka Fischer, der Auschwitz im Kosovo gesucht hat – es waren schon andere vor ihm, die mit systematischen Nazivergleichen die antiserbische Kriegspropaganda schürten. Bemerkenswert ist vor allem, daß dies in Buchenwald geschehen konnte. Doch Landsbergis ging in seiner Rede weiter. Er macht Rußland als Nachfolgestaat der Sowjetunion für alles Übel verantwortlich, was eine/n Leserbriefschreiber/in am 25. November 1993 zu der Bemerkung veranlaßte: Im "Landsbergis-Schmid-back-to–the-future-Remix" hörte sich das dann ungefähr so an: Der Autor Thomas Schmid oder ein/e Redakteur/in der taz nahmen Landsbergis' Rede (wohlwollend?) auf und betitelten den Artikel zur Rede mit "Bosnien: Ein später Sieg Hitlers". [134] Am 7. Januar 1993 schrieb Matthias Lüfkens in der taz als Porträt über Vytautas Landsbergis: Landsbergis wird vorgehalten, Litauen in zwei Lager, in Gut und Böse, gespalten zu haben. Alle, die ihn nicht unterstützten, wurden bezichtigt, an der Wiedereingliederung Litauens in die Sowjetunion zu arbeiten. Landsbergis sah sich als Verfolgter, verfolgt von "dunklen Kräften, aus Moskau gesteuert". Das Werk Moskaus sah er überall, vor allem in den Oppositionszeitungen. Nur die Regierungszeitung stand auf seiner Seite und publizierte seine wöchentlichen Tiraden gegen die "rote Gefahr". [135] Welch bessere Qualifikation konnte der ehemalige litauische Staatspräsident in die IGfM einbringen? |
Das Kuratoriumsmitglied Konrad Löw haben wir ja schon kennengelernt. Selbiger fand sich 2004 unfreiwillig geoutet. Nun sind Löws Kontakte zum rechten Rand legendär und sein offenes Eintreten für die Mun-Sekte kein Geheimnis [141]. Insofern muß man und frau sich eigentlich wundern, wieso ausgerechnet die Bundeszentrale für politische Bildung auf die Idee kam, in ihrer hauseigenen Zeitschrift Deutschland-Archiv den Professor zum Thema "Deutsche Identität in Geschichte und Verfassung" schreiben zu lassen. Aber wahrscheinlich hat die Bundeszentrale besseres zu tun, als sich ihre Autorinnen und Autoren anzuschauen. Ganz wie der Programmrat von Radio Darmstadt.
Marcus Hammerschmitt kommentiert den Vorgang um Löws Artikel am 13. Juni 2004 in Telepolis [142] leicht süffisant: Ein emeritierter Politologe legt die Bundeszentrale für politische Bildung aufs Kreuz Die Bundeszentrale für politische Bildung ist umtriebig. Man gibt Schriftenreihen, Bücher, Reader, Periodika heraus, dass es nur so brummt. Viele Themen, viele Autoren, viel bedrucktes Papier. Da kann es doch mal passieren, dass in einer hauseigenen Zeitschrift namens Deutschland-Archiv ein Artikel gedruckt wird, der sich am Anfang um die Fundamente des Grundgesetzes sorgt, und am Ende den Juden eine Mitschuld am Holocaust zuschustert. Oder? Nun ja, eigentlich nicht. Denn der Autor, um den es hier geht, Konrad Löw, ist kein Unbekannter. Man kann seine politischen Vorlieben mit ein paar Mausklicks in Erfahrung bringen, wenn man nur will. Und beim "Deutschland-Archiv", so nimmt man an, werden die Texte, die veröffentlicht werden sollen, vor Abdruck gründlich geprüft. Der verantwortliche Redakteur Marc Dietrich Ohse entschuldigt sich mit der Behauptung, ihm sei die Brisanz des Artikels nicht klar gewesen (Frankfurter Rundschau, 15.4.04). Das mutet einigermaßen seltsam an, denn es läuft auf das Bekenntnis eines Deutschlandspezialisten hinaus, weder die Hohmann-Affäre im letzten Jahr […] noch die betreffende Rede […] auch nur oberflächlich wahrgenommen zu haben. Der Text Löws ist nämlich nichts anderes als der schlecht verkappte Versuch, Hohmann durch die Hintertür zu rehabilitieren, eine Lanze zu brechen für die Hohmannschen Weisheiten in einem Organ, das als regierungsnah und offiziell gelten muss, das im Impressum gewissermaßen den Bundesadler trägt. Dank Ohses Blindheit hatte diese Strategie Erfolg. |
Peinlich nur für ihn, daß das daraus resultierende antisemitische Elaborat zum Eklat führte. Die Bundeszentrale stoppte die Auslieferung der Restauflage der betreffenden Ausgabe des Deutschland-Archivs und entschuldigte sich bei den Leserinnen und Lesern für den Abdruck des Textes von Konrad Löw. Die ja nun wirklich nicht linken Gedankenguts verdächtige Zeitung Die Welt überschrieb ihren zugehörigen Bericht am 15. April 2004 mit den Worten: "Eine Ansammlung antijüdischer Klischees" [143]. Marcus Hammerschmitt schreibt hierzu in der Telepolis-Ausgabe vom 13. Juni 2004:
Dass die Restauflage (ca. 1000 Stück) zur Verhinderung von Nachbestellungen nun eingestampft wird, beschreien die üblichen Verdächtigen als Zensur und Beschneidung ihrer Bürgerrechte, womit sie wahrscheinlich die Beschneidung ihres gottgewollten Bürgerrechts auf Giftspritzerei meinen. [144]
Das konnte Konrad Löw nun nicht auf sich sitzen lassen. Also gab er der Jungen Freiheit ein Interview, um sich zu rechtfertigen, und ließ auch die National-Zeitung des DVU-Chefs Gerhard Frey nicht rechts liegen. Gleich und gleich gesellt sich eben gern. Jedenfalls weiß der Herr Professor, warum die bewußte Ausgabe des Deutschland-Archivs mit seinem Beitrag eingestampft wurde: Sie haben es angesprochen, es ist eine neurotische Reaktion. Die Erklärung liegt auf der Hand: Zur "Political Correctness" gehört auch die Annahme, die Mehrheit der Deutschen, die damals lebten, habe nicht nur versagt, sondern schwere Schuld mit Blick auf die Massenvernichtung der Juden auf sich geladen. Und folgerichtig wurden die Nationalsozialisten nicht deshalb gewählt, weil sie ein klares Programm hatten. Sondern – in den Worten unseres Professors: Die seriösesten Historiker, deren Position ich insofern teile, bestätigen: Hitler wurde nicht wegen seines Antisemitismus gewählt, sondern weil die etablierten Parteien kein Rezept hatten, um die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. [145] Das Interview entstand im Anschluß an eine Veranstaltung, die nicht im Löwenbräukeller in München stattfinden durfte und deshalb in das Haus der Burschenschaft Danubia verlegt wurde. Dort ist uns ja auch schon Klaus Hornung begegnet. So ein Zufall aber auch! Fast schon kurios muß es anmuten, wenn ausgerechnet der als rechter Hardliner bekannte bayerische Innenminister Beckstein im Jahr 2001 vor einer zunehmenden Unterwanderung der Hochschulen durch Rechtsextremisten warnte und hierbei ausdrücklich die Danubia nannte [146]. |
Konrad Löw ist, wie gesagt, Kuratoriumsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Laut Satzung des Vereins wird Kuratoriumsmitglied des Vereins nur, wer für die Ziele des Vereins eintritt. Die Kuratoriumsmitglieder, so heißt es weiter, beraten den Vorstand. Also, ehrlich gesagt, ich würde mir ernsthafte Gedanken darüber machen, ob ich mich von solchen Kuratoriumsmitgliedern beraten lassen wollte.
Das Vorgehen, die IGfM anhand ihrer Kuratoriumsmitglieder politisch einzuordnen, ist durchaus legitim. Jürgen Wüst geht in seiner Studie Menschenrechtsarbeit im Zwielicht näher auf Aufgaben und Zusammensetzung des Kuratoriums ein und benennt die für die Außendarstellung der Gesellschaft wichtige Funktion der Kuratoriumsmitglieder, beispielsweise auf dem bzw. für den Briefkopf. Insofern muß sich die IGfM in der Tat fragen lassen, weshalb sie bekannte Rechtsradikale und/oder Antisemiten und/oder NS-Verniedlicher und/oder Rassisten auf ihrem Briefkopf aufführt, wo keine Notwendigkeit hierfür besteht … Die heute auf dem Briefbogen der IGFM aufgeführten Kuratoriumsmitglieder stellen nur einen Teil der tatsächlichen Mitglieder dar, was durch den Hinweis "u.a." kenntlich gemacht ist. Durch repräsentative Befragungen werden aus dem Kreis der Gewählten jene ermittelt, die weiterhin öffentlich für die Gesellschaft in Erscheinung treten wollen. Daher gibt es Personen im Kuratorium, zu denen seit Jahren kaum noch Kontakt besteht, die jedoch nie ihren Rücktritt erklärt haben. Sie gehören zwar offiziell weiterhin dem Kuratorium an, ihre Namen werden jedoch von Seiten der IGFM nicht mehr verwendet. [151] Lassen wir die damit verbundene Problematik einmal beiseite, daß sich die im Briefkopf mit aufgeführten verstorbenen Kuratoriumsmitglieder nicht mehr gegen ihre Instrumentalisierung wehren können. Jürgen Wüst fährt dann fort: Aufgrund seiner primär repräsentativen Funktion kann das Kuratorium als Spiegel des politischen Standorts der Menschenrechtsgesellschaft angesehen werden. […] Um eine ausgewogene Besetzung unter Einbeziehung von Persönlichkeiten aus dem eher links-liberalen Lager war die Menschenrechtsgesellschaft mangels potentieller Ansprechpartner nicht bemüht. So wirkte das Kuratorium in seiner Besetzung nahezu ausschließlich in das bürgerlich-konservative Lager hinein. [152] Auf einem mir vorliegenden Briefkopf vom Juli 2005 [153] firmieren als Kuratorium u.a. die Herren Auf der im Herbst 2005 neu gestalteten Webseite der IGfM wird dieser illustre Kreis ergänzt durch Klaus Motschmann, Helmut Nitsche und Julio Prado Vallejo aus Ekuador. Die auf dem Briefkopf und der Webseite genannten verstorbenen Kuratoriumsmitglieder lassen wir einfach einmal in Ruhe schlafen. Dies ist also das Spiegelbild dieser Menschenrechtsorganisation. Wer will, kann sicher zu dem einen Herren oder der anderen Dame weiteres interessante Material beisteuern. Da gibt es die verschiedentlich in der Literatur herumgeisternde Verbindung des Kuratoriumsmitglieds Otto von Habsburg zum faschistischen Regime im Spanien der Francozeit. Auch Alfred de Zayas' Verbindungen zu den deutschen Vertriebenenverbänden wären eine eingehendere Untersuchung wert. Seine mehr oder weniger wissenschaftlichen Publikationen reihen sich jedenfalls nahtlos in die Aktivitäten anderer Kuratoriumsmitglieder ein. Rainer Ohliger schrieb beispielsweise in einer Rezension des Buches A Terrible Revenge. The Ethnic Cleansing of the East European Germans, 1944–1950 von de Zayas einige bedenkenswerte Sätze: Folgt man de Zayas Interpretation, sind alle Katzen des Nationalismus nachts auf einmal grau, die des deutschen allerdings noch ein wenig grauer. Bevor der Autor die Vertreibungen und ihre Begleitumstände selbst schildert, deutet er die außenpolitischen Zusammenhänge der unmittelbaren Nachkriegszeit, in die die Vertreibungen nach seiner Ansicht einzuordnen seien. Zentral sei das Versagen der Westalliierten Großbritannien und USA gewesen, die sowjetischen Expansionsbestrebungen auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam nicht nachhaltig Einhalt geboten hätten und so die politische und moralische Verantwortung für die völkerrechtswidrigen Vertreibungen trügen. Eine These, auf der auch schon die Dissertation des Autors beruhte. Immerhin wird zuvor auf immerhin anderthalb Seiten (27–29) erwähnt, daß es eine revisionistische, expansionistische und letztlich mörderische Außenpolitik von Seiten Nazi-Deutschlands gegeben hatte, die von 1938 bis 1945 andauerte und die zur Vorbedingung der Vertreibungen wurde, ohne die dieses Unrecht nicht zu erklären ist. Allerdings bleibt dieser kausale Zusammenhang, ohne den die Vertreibungen der Jahre 1945 bis 1947 nicht zu verstehen sind, deutlich unterbelichtet, was den analytischen Wert des Buches stark mindert und den Verdacht entstehen läßt, daß es sich um ein geschichtsrevisionistisches Werk handelt, das einen nur eindimensionalen Blickwinkel hat. [Der Autor] hält friedliche territoriale Veränderungen zugunsten Deutschlands und auf Kosten Polens bzw. Rußlands durchaus für möglich (und auch wünschenswert), sofern Polen bzw. Rußland dafür ökonomisch kompensiert werden. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das Buch zwar über die Betroffenenschilderungen landsmannschaftlicher Darstellungen hinausgeht, allerdings ist der Grundtenor des Buches ähnlich revisionistisch gestimmt wie bei Publikationen dieser Interessenvertreter. Der Erfolg der Bücher von de Zayas in Deutschland bedarf allerdings der Erklärung. Er ist u. a. darauf zurückzuführen, daß der Autor ausspricht, was einem Teil der (west)deutschen Öffentlichkeit in den Nachkriegsjahrzehnten zum (stillschweigenden) Grundkonsens wurde, nämlich, daß auch oder vielleicht sogar insbesondere die Deutschen zu Opfern des Nationalsozialismus geworden sind. […] De Zayas stellt sich damit in das Lager der Geschichtsrevisionisten […]. [154] Von Alfred M. de Zayas wurde 2006 das Buch Die Nemesis von Potsdam neu aufgelegt. In einer Besprechung für Radio Darmstadt ging ich auf die problematischen Thesen des Autors näher ein und erklärte hierzu: Das Buch von Alfred de Zayas entzieht sich jedoch einer rationalen Auseinandersetzung, weil die Basis seiner Argumentation ideologisch motiviert ist. Gegen ethnischen, nationalistischen und geschichtsuminterpretierenden Unsinn läßt sich schlecht argumentieren. Deshalb ist es auch müßig, von Seite zu Seite dem Autor die Haltlosigkeit seiner Ausführungen nachzuweisen. Hier geht es nämlich um Geschichtspolitik, nicht um ehrliche Geschichtsschreibung. [155] Nicht im Briefkopf aufgeführt war (aus Platzgründen?) Klaus Motschmann. Auf der neugestalteten Webseite kommt er neu dazu, und das bedeutet, daß die IGfM einen ganz besonderen Wert auf seine Außenrepräsentanz legt. Vielleicht soll hiermit die evangelikale Klientel der Organisation angesprochen und integriert werden. Doch dieser Klaus Motschmann liefert mir weiteres Material zur Charakterisierung der IGfM als einer Organisation, die auf einem Sendeplatz von Radio Darmstadt nichts zu suchen hat. Ok, ständiger redaktioneller Mitarbeiter der Jungen Freiheit zu sein, sich im Parteiorgan der Republikaner interviewen zu lassen, im Hohenrain-Verlag des Rechtsaußen Wigbert Grabert zu publizieren oder auch in der einschlägig bekannten Zeitschrift Criticon, das alles mag ja noch angehen [157]. Dazu paßt, daß sein Werk vom "Mythos Sozialismus – von den Schwierigkeiten der Entmythologisierung einer Ideologie" 1990 selbstverständlich im Verlag der neurechten (und manche AutorInnen bleiben mit guten Argumenten dabei: rechtsextremen [158]) Zeitschrift MUT erschienen ist. Rechtes Gedankengut fließt halt dorthin, wo es auch hingehört. Kerstin Binder beschreibt am 15. September 1999 in der Zeitschrift Jungle World den Aufruhr, den die Wahl einer Frau (Margot Käßmann) zur Bischöfin von Hannover bei den evangelikalen Rechtsablegern ausgelöst hatte: Die Kritik an der Wahl einer Frau ins höchste Amt der Landeskirche kommt vom konservativen Rand der Gemeindemitglieder. Bei den ehrenwerten Herren, die anläßlich der Hannoveraner Bischöfinnenwahl eine "Notsynode" abhielten, handelt es sich jedoch nicht um eine Handvoll durchgeknallter Sektierer, sondern um eine Bewegung innerhalb der Protestanten, die päpstlicher als die Deutsche Bischofskonferenz argumentiert und sich um weit mehr als nur Kirchenpolitik kümmert: Die Evangelikalen sind protestantische, bibeltreue Fundamentalisten, die sich unter anderem durch ihren Antifeminismus auszeichnen. Nach Ansicht ihrer Sprecher dürfen Frauen in der Kirche nicht Männern übergeordnet sein […]. Nun wäre dies eigentlich allenfalls eine weitere Randepisode in dem beliebten Spiel Männerbündler unter sich, wenn nicht Freund Motschmann in der Jungen Freiheit diese Notsynode "schon vorab, unabhängig vom Verlauf und ihren Ergebnissen, als vollauf gelungen" bezeichnet hätte [159]. Vielleicht sollten wir das so verstehen, daß es Menschenrechte gibt, von denen Frauen von vornherein ausgeschlossen sind, es also im Grunde genommen Männerrechte sind. Hier ist der Unterschied zwischen christlichen und muslimischen Fundamentalisten, welche religiöse Dogmen vorschieben, um ihr Frauenbild zu legitimieren, kaum wahrnehmbar. Sollten wir hieraus womöglich den Schluß ziehen, daß Klaus Motschmann wegen dieser klaren Haltung zu den männlichen Menschenrechten ins Kuratorium berufen wurde? Daß Helmut Nitsche dem Kuratorium nicht nur angehört, sondern auch repräsentativen Zwecken dient, finde ich eher erstaunlich. So schreibt Jürgen Wüst über den ehemaligen Vorsitzenden [von 1978 bis 1981] der Gesellschaft: Bei der Durchsicht von Akten des MfS hat Hafen festgestellt, daß Nitsche über seine Tätigkeit für das MfS einiges verschwiegen hatte und daher auch um belastendes Material gegen sich wußte. Die beiden Kritikerinnen, die in der westdeutschen Presse als Kronzeugen gegen Nitsche und die GFM gehandelt wurden, setzten sich einige Jahre später wieder in die DDR ab. Rückblickend war die Wahl dieses Vorsitzenden wohl in mancher Beziehung ein Fehlgriff, der dem öffentlichen Ansehen der GFM mehr geschadet als genutzt hat. [160] Nicht unspannend sind auch die Eskapaden des Kuratoriumsmitglieds Siegmar Faust, um somit zum vorläufigen Abschluß der Auflistung der repräsentativen Persönlichkeiten einer entsprechend eingefärbten Gesellschaft zu kommen. Doch in der Regel dürfte das entscheidende Kriterium für die Aufnahme ins Kuratorium nicht eine wie auch immer geartete Menschenrechtsarbeit gewesen sein, wahrscheinlich nicht einmal die Ausflüge ganz weit nach Rechtsaußen – das vereinigende Merkmal scheint eher ein anerkannter Gesinnungsantikommunismus zu sein. Das hält zusammen und reinigt die Herzen, um mit Beate Gabel zu sprechen. Sollte diese offiziell verlautete Zusammensetzung des Kuratoriums die politische Position der Organisation widerspiegeln, wie es uns Jürgen Wüst plausibel erklärt, dann läßt sich die eingangs erwähnte Einschätzung einer Scharnierfunktion zwischen konservativen Kräften auf der einen und dem rechtsextrem-neonazistischen Spektrum auf der anderen Seite durchaus belegen. Hierdurch wird auch verständlich, weshalb demokratische konservative Kräfte wenig Berührungsängste haben und damit einer derartigen "Grauzonenorganisation" (Platzdasch/ So finden sich in der Ausgabe 2/2004 der IGfM-Zeitschrift Menschenrechte Grußworte an die Jahreshauptversammlung 2004 von Kardinal Karl Lehmann, der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, der grünen Staatsministerin Kerstin Müller, des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth, des Bundestagsabgeordneten Rainer Funke (FDP) und des Präsidenten der Paneuropa Union Deutschland Bernd Posselt [161]. Daraus jedoch den Schluß zu ziehen, die IGfM sei eine seriöse demokratische Organisation ohne Fehl und Tadel, wäre mehr als gewagt. Gerade Kerstin Müller beispielsweise hat am 16. November 2001 bei der Vertrauensfrage des Bundeskanzlers Gerhard Schröder im Bundestag lauthals erklärt: Wir GRÜNE beteiligen uns an diesem Regierungsbündnis, um eine Politik zu verwirklichen, die auf festen, unveränderlichen, moralischen Überzeugungen begründet ist. Womit gemeint war: Wir, die Grünen, ziehen in jeden Krieg mit, bei dem wir die Menschenrechte herbeibomben dürfen [162]. Angela Merkel und Edmund Stoiber stehen hier gewiß nicht abseits. Von derartigen Äußerungen und inneren Grundeinstellungen zu grenzüberschreitenden Pamphleten und Handlungen einzelner IGfM-Kuratoriumsmitglieder ist es dann wahrlich nicht weit. Doch sei darauf hingewiesen, daß der IGfM die politischen Positionen ihrer (ehemaligen) Vorstandsmitglieder und Kuratoriumsmitglieder selbstverständlich bekannt waren und sind. Die Tatsache, daß die Organisation diese Zeitgenossen als ihr Aushängeschild betrachtet, anstatt das Fischen in rechtsrandigen Gewässern zumindest durch Herausnahme exponierter Personen aus Briefkopf und Webauftritt stillschweigend unter den Tisch fallen zu lassen, spricht demnach eine eindeutige Sprache. Insofern ist es wenig verwunderlich, wenn die IGfM immer wieder darüber jammert, verleumdet zu werden [163]. Denn im Grunde genommen kann sie es schon aufgrund ihrer politischen Grundeinstellung nicht verstehen, warum das publizistische Wirken ihrer Vorzeigekader zu beanstanden sein soll. Und damit gelangen wir zu einem Phänomen rechter Selbstwahrnehmung, über das wir – wenn wir freundlich gesinnt sind – nur den Kopf schütteln können. Ansonsten bleibt zu sagen: Das politische Spiegelbild der Organisation findet sich auf dem Briefkopf treffend wiedergegeben. Bleibt noch anzumerken, daß beim Mitgliedsantrag ausdrücklich ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlangt wird, sowie die Versicherung, keiner extremistischen Vereinigung anzugehören. Auf der FAQ-Seite ist abweichend hiervon von einer "extremistischen Organisation" statt einer "extremistischen Vereinigung" die Rede. Ein Schelm, wer sich etwas dabei denkt, oder? |
Jingle Alltag und Geschichte
Für meine heutige Sendung habe ich eine Sendung der Redaktion treffpunkt eine welt zum Anlaß genommen, mich mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte näher zu befassen. Die Sendung vom vergangenen Donnerstag über Menschenrechte in China, gestaltet von zwei Mitgliedern der IGfM und im Programmrat von der Redaktion trotz meines Widerspruchs durchgeboxt, entsprach, wie ich gezeigt habe, nicht den Standards journalistischer Sorgfaltspflicht. Einmal unabhängig davon, wie wir die IGfM in Zukunft einschätzen werden, zeigte sich angesichts der Sendung das Unvermögen der Redaktion treffpunkt eine welt, Information von Sektenwerbung unterscheiden zu können.
Wieso eigentlich Sektenwerbung?
Ich habe mehrfach angeführt, daß Beate Gabel und Volker Dietz als Redakteurin und Moderator (und umgekehrt) bei ihrer Darstellung der Menschenrechte in China ungehemmt aus dem ideologischen Fundus von Falun Gong abgekupfert haben. Dies wurde nicht kenntlich gemacht. Mehr noch, es wurde nicht deutlich gemacht, daß IGfM und Falun Gong näher zusammenhängen, als dies dem unbedarften Hörer oder der neugierigen Hörerin klar sein dürfte. Ein Vorstandmitglied der Sekte ist gleichzeitig Vorstandsmitglied der IGfM. Das darf er, aber damit ist es mit der journalistischen Unabhängigkeit vorbei, wenn die beiden als IGfM-Mitglieder über die Verfolgung von Falun Gong berichten, also sozusagen über sich selbst.
Wer oder was ist Falun Gong? Der Erfinder dieser Meditationsbewegung, Li Hongzhi, trat mit Falun Gong Anfang der 90er Jahre an die chinesische Öffentlichkeit. Seine buddhistisch angehauchte QiGong-Variante fand schnell Zuspruch, und es kann durchaus sein, daß die chinesische Führung sich dadurch herausgefordert fühlte. Es kann aber auch sein, daß die Bewegung von Anfang an gar nicht so unpolitisch war, wie sie sich gab. Jetzt ist sie es auf jeden Fall nicht. Sie greift die chinesische Kommunistische Partei offen an und macht damit Politik.
Bei Falun Gong handelt es sich um eine Erlösungsideologie mit einem unfehlbaren Meister an der Spitze. Was er sagt, ist Gesetz. Im "Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen" der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche [171], das in der 5. Auflage im Jahr 2000 erschienen ist, heißt es hierzu:
Durch die Bindung der Schüler an die Lehren allein ihres Meisters, die unentwegte Lektüre seiner Schriften sowie den Verzicht auf jegliche Interpretation ist die Gefahr kritikloser Abhängigkeit und geistig-seelischer Isolation gegeben. [172]
Den Übenden drohen große Gefahren, etwa, wie der Meister erklärt, die "Besessenheit durch niedrige Geister" oder gar Dämonen – zum Beispiel "Sex-Dämonen", "klingelnde Telefone" oder "Informationen, die aus anderen Räumen kommen" [173]. So schreibt der Meister über die Wirksamkeit seiner Lehre:
"Erreicht der Körper den milchweißen Zustand, dann wird der Praktizierende nie mehr krank." [174]
Bezeichnend sind hierbei auch die im Internet kursierenden Anweisungen des Meisters. Auf einer Falun Gong-Seite kommentiert der Meister am 8. Mai 2004: Wenn du als ein Dafa-Schüler den Erfordernissen des Meisters nicht entsprichst, dann ist das auf keinen Fall eine einfache Sache. Die alten Mächte haben für alle Dafa-Schüler eine Reihe von ihren Dingen arrangiert, wenn also ein Dafa-Schüler nicht den Erfordernissen des Meisters entspricht, muss er den Arrangements der alten Mächte folgen. Die alten Mächte sind im wesentlichen gewaltige Prüfungen und Drangsale, die dich ständig begleiten, und darauf konzentriert sind, ob die Dafa-Schüler in der Zeit der Fa-Berichtigung in der Lage sind, voranzukommen. Wenn einige Schüler immer noch nicht klar sind, nachdem sie durch die harten Prüfungen hindurchgekommen sind, dann werden sie die darin enthaltenen Gelegenheiten verpasst haben. Nur wenn du den Erfordernissen des Meisters entsprichst, bestätigst du das Fa und kultivierst dich als ein Dafa-Schüler und nur dann bist du ein wahrer Dafa-Schüler. Darauf folgt eine Anweisung des Meisters aus dem Jahr 1997, unautorisierte Texte oder Video-CDs zu vernichten: Ich denke, die Schriften, die die Schüler von sich aus hin und her verbreiten, und die nicht von mir veröffentlicht wurden, sind auf der Stelle zu zerstören. […] Außer Veranstaltungen, um das Fa zu lernen und Erfahrungen der Schüler auszutauschen, sowie Aktivitäten, die verschiedene Hauptstationen organisieren und denen vom Hauptverein zugestimmt wurde, merke dir, alle Dinge, die nicht Dafa sind und innerhalb von Dafa verbreitet werden, sind alle Sabotage gegen Dafa. Es gibt eben nur den Einen, der die Welt mit seiner Weisheit erleuchtet, der Rest ist Sabotage. Solche Texte lassen sich beliebig auf den Falun Gong-Seiten im Internet finden. [175] |
Nachdem im Herbst 2001 einige Falun Gong-Praktizierende zwei ahnungslose RadaR-Mitglieder übertölpelt hatten, um ihre Botschaft in deren Sendung in die Welt zu setzen, hatte sich der Programmrat mit der Sekte befaßt und entschieden, daß Falun Gong-Inhalte auf diesem Sender nicht gesendet werden dürfen [176]. Hierbei berief er sich auch auf eine Pressemitteilung der DLM vom 8. Januar 2002, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß der Rundfunkstaatsvertrag politische, weltanschauliche und religiöse Werbung im Rundfunk verbietet: "In den Sendungen seien die journalistischen Grundsätze zu beachten." [177]
Die Sendung vom vergangenen Donnerstag bediente sich fleißig der auf Falun Gong-Internetseiten nachlesbaren Texte und zitierte hieraus, ohne die Quelle anzugeben. Hiermit liegt ein weiterer Verstoß vor, der zu beanstanden ist. Und zuguterletzt noch ein aktuelles Gerichtsurteil zu Falun Gong. Das Landgericht Leipzig entschied am 20. Januar [178] diesen Jahres, daß Falun Gong als eine Psychosekte bezeichnet werden darf. Der Falun Dafa e.V., die Vertretung von Falun Gong in Deutschland, hat das Urteil akzeptiert, sein Vorstandsmitglied Manyan Ng (das ist der, der auch Vorstandsmitglied der IGfM ist) meinte hierzu zum Focus [179]:
Wenn wir schon eine Sekte sein sollen, dann mit Sicherheit eine harmlose und gute.
Sekten haben jedoch auf diesem Sender schon einmal gar nichts zu suchen. Auch nicht gute Sekten. Gute Sekten gibt es genauso oder genausowenig wie gute Diktaturen.
Zum Schluß möchte ich auf ein Arbeitspapier von Thomas Heberer vom Institut für Ostasienwissenschaften an der Universität Duisburg hinweisen. Der Autor beschäftigt sich mit Falun Gong unter dem Blickwinkel einer Heilsgemeinschaft als Manifestation von Modernisierungsproblemen und sozialen Entfremdungsprozessen. Seine Studie Falungong – Religion, Sekte oder Kult erschien im April 2001 und ist im Internet als PDF verfügbar. Ich denke, das Fazit dieser Studie ist es wert, in seinen wesentlichen Aussagen zitiert zu werden. Thomas Heberer schreibt:
Bei den Anhängern von Falungong handelt es sich zum großen Teil um Personen, die durch die Wirtschaftsreformen, den ihnen folgenden marktwirtschaftlichen Umbau und den damit verbundenen massiven sozialen Wandel benachteiligt wurden oder sich benachteiligt fühlen (wie Ältere, Arbeitslose, kleine Funktionäre) sowie um sozial und politisch frustrierte Personen. Der Umfang der Bewegung verdeutlicht allerdings, dass eine gesellschaftliche Gegenbewegung entstanden ist, die nicht alles dem Profit und Mammon unterwerfen will oder kann […] und zugleich darauf hinweist, dass es einen spirituellen Bedarf gibt, den das gegenwärtige System nicht zu befriedigen vermag. Im Rückzug aus dem System ins Innenleben zelebriert sich dann das eigentlich Politische: der politische Exit als Massenphänomen.
[…]
Im Prinzip handelt es sich auch um einen Konflikt zwischen dem Monopol der Parteiherrschaft und autonomen gesellschaftlichen Sphären. […] Dabei bewerten wir solche Autonomiebestrebungen nicht, auch wenn die Lehre Li Hongzhis nahelegt, dass Falungong nicht dazu beiträgt, die Menschen zu selbstbewußten und liberalen Bürgern zu erziehen, sondern Aberglaube, Abhängigkeit und Weltentzug zu den Grundlagen dieser Lehre zählen.
Selbstverständlich rechtfertigt all dies in keiner Weise die […] Verletzungen von Menschenrechten gegenüber den Anhängern der Bewegung. Auch für Bewegungen, die den politische Herrschenden nicht passen, gelten selbstverständlich die Menschen– und andere Rechte. Die Unfähigkeit, mit zivilen Mitteln gegen Andersdenkende vorzugehen und gesellschaftliche Konflikte zivil zu lösen, ist nicht nur Ausdruck der Unsicherheit des politischen Systems, sondern auch Ausdruck der Hilflosigkeit und Schwäche dieses Systems. Letztlich ist es das System selbst, das solche Bewegungen hervorbringt. […] [180]
Dem kann ich mich nur anschließen.
Für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt war am Mikrofon Walter Kuhl. Aus rechtlichen Gründen, die mit der Klagebereitschaft der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zusammenhängen, erkläre ich abschließend noch einmal: Die redaktionelle Verantwortung für diese Sendung zu Menschenrechten liegt allein bei mir. Ich entbinde sowohl RadaR e.V. als Trägerverein wie auch das von ihm betriebene Radio Darmstadt ausdrücklich von dieser redaktionellen Verantwortung inklusive aller möglichen presserechtlichen oder finanziellen Folgen. Dies gilt auch in Bezug auf meine Kollegin Katharina Mann an der Technik, der ich hierfür danke, die jedoch in keinster Weise für die Inhalte dieser Sendung verantwortlich ist.
Es folgt nun die Sendung Electronic RadaR der Musikredaktion von Radio Darmstadt.
Für Hinweise auf (unbeabsichtigte!) Irrtümer oder Ungenauigkeiten, die sich in einem derart umfangreichen Manuskript fast zwangsläufig finden lassen, bin ich dankbar (»» Email). Denjenigen, welche diese Seite als Steinbruch für eigene Argumente nutzen wollen, gebe ich den Ratschlag, die Inhalte bzw. Zitate vorsichtshalber noch einmal selbst zu überprüfen. Wie das anfangs zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg zeigt, werden an Äußerungen über die IGfM Maßstäbe angelegt, die über den Rahmen der üblichen Sorgfaltspflicht hinausgehen. Sicherlich wird der IGfM dieses erweiterte Sendemanuskript nicht gefallen. Ich mache die Organisation in Bezug auf rechtliche Schritte deshalb schon jetzt darauf aufmerksam, daß ich den zukünftigen Schriftverkehr in dieser Sache publizieren werde. Ich verfüge über ausreichend Webspace und Sendeplatz. Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß es mir ein besonderes Vergnügen bereiten wird, die in derartigen Schreiben enthaltene Argumentation genüßlich zu zerpflücken. Soll heißen: die als Sendung der IGfM auf einem Sendeplatz der Redaktion treffpunkt eine welt angekündigte und ausgestrahlte Sendung über Menschenrechte in China war ein Fehler. Ohne diese Sendung hätte ich die Organisation dem Schlaf des Vergessens überantwortet. Das nebenstehende Foto zeigt den verlassenen Stand der IGfM auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2005. |
WEITERFÜHRENDE TEXTE |
Arbeitskreis Nicaragua Frankfurt (Hg.) : Propagandisten des Krieges – Hintermänner der Contra: "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte"; Broschüre aus dem Jahr 1986 oder 1987
Trotz einiger Mängel in der Darstellung und des zeitgeistgemäß bedingten linken Sprachstils wohl immer noch die Darstellung zur IGfM schlechthin. Wahrscheinlich nur in gut geführten Archiven einzusehen.
Thomas Heberer : Falungong – Religion, Sekte oder Kult? Eine Heilsgemeinschaft als Manifestation von Modernisierungsproblemen und sozialen Entfremdungsprozessen; Institut für Ostasienwissenschaften an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg 2001
Arbeitspapier, das sich mit den ideologischen Grundlagen von Falun Gong auf einer sozialwissenschaftlichen Ebene auseinandersetzt. Knappe, aber treffende Darstellung. Zu finden als PDF.
Günter Platzdasch und Rainer Fromm : Die sogenannte Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Eine rechte Grauzonenorganisation; Herausgegeben vom Büro der Stadtverordnetenversammlung, Wiesbaden 1990
Eine der beiden grundlegenden Materialsammlungen zur IGfM. Die Darstellung endet mit dem Jahr 1990. Zu finden als PDF.
Jürgen Wüst : Menschenrechtsarbeit im Zwielicht. Zwischen Staatssicherheit und Antifaschismus; Bouvier Verlag, Bonn 1999
Eine für die Buchveröffentlichung überarbeitete Dissertation, welche sich hauptsächlich mit der Verfolgung der IGfM durch die Stasi (MfS) auseinandersetzt. Dem Autor fehlt die wissenschaftliche Distanz zum Objekt seiner Darstellung, was womöglich an einer gewissen inhaltlich begründeten Nähe liegt. Der Rezension von Dennis Kuck ist daher durchaus zuzustimmen. Dennoch als Selbstspiegelung der Organisation ein interessantes Dokument. Keine Online-Fassung verfügbar. Zur Rezension von Dennis Kuck.
ANMERKUNGEN |
[1] Eckard Nachtwey und Peter Willers : Rechtshandbuch Bürgermedien, Seite 114 |
[2] Schreiben der LPR Hessen an RadaR e.V. – Radio Darmstadt vom 19. Juni 2001. Hierin heißt es u. a.: Im Übrigen ist das Konzept der nichtkommerziellen Lokalradios in Hessen grundsätzlich darauf ausgerichtet, gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern des lokalen Kommunikationsraums sowie des jeweiligen Verbreitungsgebietes die Möglichkeit zur Beteiligung am Programm zu geben. Eine Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen sowie Bürger außerhalb des Verbreitungsgebietes ist nicht zwingend. |
[3] Rechtshandbuch Bürgermedien, Seite 114 |
[4] Rechtshandbuch Bürgermedien, Seite 115 |
[5] Protokoll der Mitgliederversammlung von RadaR e.V. in Gründung vom 23. März 1994. Im Archiv des Autors. |
[6] HPRG, §13 (1) und (2) |
[7] Rechtshandbuch Bürgermedien, Seite 39 |
[8] ebd. |
[9] In der E–Mail stand statt "zum" das Wort "des". Für die Sendung habe ich auf die (mir auch erst nachträglich aufgefallene) hierbei mögliche mißverständliche Verwendung des Genitivs verzichtet. |
[10] Siehe hierzu :
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[11] Protokoll der Vorstandssitzung vom 27. Juli 2005 in Verbindung mit dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 24. August 2005. Das Protokoll ist für Vereinsmitglieder einsehbar. |
[11a] Siehe meine Besprechung in der Sendung Arbeit und Folter vom 13. Juni 2005 |
[11b] ai–Journal, Juni 2005 |
[12] E–Mail eines Programmratsmitglieds, das in der Sendung nicht namentlich genannt werden wollte, vom 9. August 2005. Der Name dieses Programmratsmitglieds tut in der Tat nichts zur Sache. Es wäre jedoch zu wünschen, daß dieses Programmratsmitglied aus der hier dokumentierten Sendung etwas über unseren Programmauftrag hat lernen können. – Ein Mitglied der Redaktion treffpunkt eine welt meinte im Anschluß an diese Sendung, mir inkonsistentes Verhalten und Argumentieren vorhalten zu müssen. Einerseits bezeichne ich die Weiterleitung einer internen E–Mail als Vertrauensbruch, andererseits zitiere ich aus einer ebensolchen internen E–Mail. Genau hier liegt der Unterschied. Gerade weil es in unserem internen Verteiler hoch hergeht und Worte fallen, die durchaus zivil– oder strafrechtliche Konsequenzen haben könnten, sollte dieser Schriftverkehr wirklich intern bleiben. Im Gegensatz hierzu habe ich mir ein symptomatisches Zitat aus einer E–Mail herausgesucht, ohne hiermit eine bestimmte Person bloßzustellen. |
[13] HPRG, § 14 |
[14] Am Abend der Erstausstrahlung dieser Sendung spielte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen die Niederlande. |
[15] Auch hier werden keine Namen veröffentlicht. E–Mails vom 11. und 10. August 2005. |
[15a] IGfM : Pressefreiheit in Deutschland, 11. November 2005 |
[15b] Korrigierte Fassung des gesendeten Textes, der ursprünglich |
[16] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. Anzumerken wäre zusätzlich, daß es vielleicht seitens der Redaktion treffpunkt eine welt nützlich gewesen wäre, selbst zu recherchieren. Die von Heinz Bachschuster als "recherchiert" bezeichneten Vorkommnisse der Vergangenheit entsprangen meiner Intervention im Sender. |
[17] Dies wäre sicher kein Kritikpunkt, wenn der Rest der Sendung unproblematisch gewesen wäre. Doch sei hier auf eine alte journalistische Weisheit verwiesen: "Alles darf falsch sein, nur der Name muß stimmen." Nach acht Jahren bei Radio Darmstadt möchte ich ergänzen: "Der schlimmste Feind des Moderators oder der Moderatorin ist der Eigenname." |
[18] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. Der gesprochene Text weicht ein wenig von der Vorlage ab; ob dies daran liegt, daß die Neun Kommentare schon in einem anderen Falun Gong-Text verändert wurden, oder ob der Text der besseren Lesbarkeit wegen modifiziert wurde, oder ob einfach beim Lesen etwas anderes gelesen wurde als im Original zu finden ist, kann uns wohl nur das Dreigestirn Volker Dietz, Beate Gabel und Heinz Bachschuster sagen. |
[19] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. |
[20] Heinz Bachschuster fand die Nennung seines Namens nicht so geglückt. Allerdings halte ich nichts von unsinnigen Umschreibungen, wie etwa: "der Techniker der Sendung". Selbiger hatte sich ja im Vorspann zur IGfM-Sendung selbst vorgestellt. Hier tut der Name etwas zur Sache. Ich dokumentiere hiermit die unkritische Herangehensweise der Redaktion treffpunkt eine welt, wie sie sich auch bei der Vorstellung der Sendung im Programmrat widerspiegelt. Da der Programmrat öffentlich tagt, sind die dort fallenden Äußerungen ebenso öffentlich. |
[21] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 70–71. Der Text ist als PDF zu finden auf der Falun Gong-Webseite Die Neue Epoche. Die rot markierten Stellen geben die Stellen wieder, die auch beim Vorlesen in der IGfM/t1w-Sendung verwendet wurden. |
[22] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 91 |
[23] Bodo Wiethoff : Grundzüge der älteren chinesischen Geschichte, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1971, 2. unveränderte Auflage 1988, Seite 23 |
[24] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 74–75. Auch hier geben die rot markierten Stellen die Stellen wieder, die auch beim Vorlesen in der IGfM/t1w-Sendung verwendet wurden. |
[25] http://de.wikipedia.org/ |
[26] Wiethoff Seite 113–119 |
[27] Wiethoff Seite 156–158 |
[28] Wiethoff Seite 188–190 |
[29] Aus Zeitgründen zum Ende der Sendung fehlte die angekündigte Empfehlung an den Programmrat. |
[30] Eigene Abschrift des von Volker Dietz und Beate Gabel gesendeten Textes. Zu Eutelsat siehe die Falun Gong-Seite www.freerepublic.com. Zu den US–Abgeordneten siehe die Falun Gong-Seite Minghui.de. Die Links führen direkt zu den jeweiligen Fundstellen. |
[31] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. |
[32] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. Zu Gao Rongrong siehe die Seite des Falun Gong Informationszentrums. |
[33] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. Beate Gabel scheint keine Ahnung von dem zu haben, was sie hier nachplappert, denn sie plappert auch noch falsch nach. Auch wenn Stalin später die Komintern als Machtinstrument gegenüber allen angeschlossenen Parteien benutzen sollte, so war die KP Chinas am Anfang eben kein Zweig der russischen Kommunisten, schon gar kein "asiatischer", sondern ein Zweig der Komintern. Der Versprecher "erst seit 56 Jahren" paßt zu dieser unreflektierten Abkupferei.. |
[34] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 1–2. Auch hier geben die rot markierten Stellen die Stellen wieder, die auch beim Vorlesen in der IGfM/t1w-Sendung verwendet wurden. |
[35] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 12–13 |
[36] Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, Seite 18–19 |
[37] Siehe hierzu beispielsweise Roland Lew : Hat sich der chinesische Kommunismus nicht gewandelt? in: Jens Mecklenburg / Wolfgang Wippermann : |
[38] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. |
[39] So auf den Seiten 96, 97, 98, 115 und 116. Auf Seite 115 gibt es immerhin einen Anhaltspunkt für diese Zahl, der allerdings so nebulös ist, daß er als Beleg nichts taugt: Die "Washington Post" schätzte die Zahl der durch Verfolgungskampagnen der KPC ums Leben Gekommenen auf 80 Millionen [36]. Die angegebene Anmerkung 36 vermerkt: "Von: www.laojiao.org/64/article0211.html (in Chinesisch)." Wir werden also nur bei guten Chinesischkenntnissen erfahren, wie die Washington Post auf ihre Zahl gekommen ist. Angesichts dessen, daß die Neun Kommentare ein mit rund 200 Anmerkungen versehenes Pamphlet sind, ist die Abwesenheit von Belegen für diese ungeheuerliche Zahl frappierend. |
[40] Neun Kommentare, Seite 113 |
[41] Neun Kommentare, Seite 6 |
[42] Lew Seite 189 |
[43] Lew Seite 190–191 |
[44] Jung Chang und Jon Halliday : Mao – The unknown story. Die deutsche Ausgabe erscheint Ende September 2005 im Blessing Verlag. |
[45] Jonathan Mirsky : Mao: The Unknown Story – a review; in: The Far Eastern Economic Review, 1. Juli 2005. Gefunden am 12. August 2005 auf der Seite von Howard French. |
[46] Perry Link : Mad, bad Mao, in: The Times Literary Supplement vom 20. Juli 2005. Gefunden am 20. November 2005 auf der Seite von Howard French. Der ursprüngliche Links auf die Times war nicht mehr gültig. |
[47] [Anmerkung folgt] |
[48] Siehe hierzu das Kapitel Vietnam und Kambodscha nach dem Krieg bei Jonathan Neale : Der amerikanische Krieg – Vietnam 1960–1975, Atlantik Verlag Neuer ISP Verlag 2004, Seite 192224– |
[49] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. |
[49a] Carl Haub : Dynamik der Weltbevölkerung 2002, als PDF. Das vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Statistische Jahrbuch 2003 für das Ausland nennt folgende Zahlen:
|
[50] Gerhard Wahrig : Deutsches Wörterbuch, München 1986 |
[51] Karl–Dieter Bünting : Deutsches Wörterbuch, Isis Verlag 1996, Seite 1342 |
[52] Neun Kommentare, Seite 13 |
[53] Neun Kommentare, Seite 97 |
[54] Neun Kommentare, Seite 113 |
[55] The Government of Tibet in Exile : Population transfer and control. Zu finden auf http://www.tibet.com/ |
[56] The Government of Tibet in Exile : Human rights. Zu finden auf http://www.tibet.com/ |
[57] The Government of Tibet in Exile : Population transfer and control |
[58] John Feffer : Nordkorea und die USA, Diederichs Verlag 2004, Seite 29 |
[59] Feffer Seite 66 |
[60] amnesty international München : Nordkorea – Regierung für Hungersnot mitverantwortlich. Als PDF zu finden. |
[61] IGfM : Verbrechen und Terror in Nordkorea. Diese IGfM-Seite ist nach Umstellung auf CMS nicht mehr aufrufbar. |
[62] Holger Hansen : 50iger Statistik. Statistisches Bundesamt (Hg.) : Statistisches Jahrbuch 2003, Seiten 311 und 330. |
[63] Neun Kommentare, Seite 109 |
[64] Neale Seite 199 |
[65] Neale Seite 204 |
[66] Eigene Abschrift des gesendeten Textes. Einzelne Textbausteine lassen sich aus den Neun Kommentaren rekonstruieren, etwa: "Die Falun Gong-Praktizierenden haben weder ein Vergehen begangen noch das Land verraten noch sind sie gegen die Regierung. Sie glauben lediglich an ‘Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht'." [Seite 38] |
[67] Thomas Heberer : Falungong – Religion, Sekte oder Kult?, Duisburg 2001, Seite 16–17 und 19 |
[68] Eigene Abschrift des von Volker Dietz gesprochenen gesendeten Textes mit allen grammatischen Unsauberheiten, wie sie für eine freie Rede üblich sind. Hier waren ausnahmsweise einmal nicht die Neun Kommentare die Vorlage. |
[69] Dieser Sonderdruck von Die Neue Epoche ist vom 13. Mai 2005 datiert. |
[70] Alexander Hamrle : Die "Neun Kommentare über die Kommunistische Partei" erschüttern das offizielle China |
[71] Yun Fan : Die Wichtigkeit der Austritte aus der KPC aus der Perspektive der Aberkennung der amerikanischen Staatsbürgerschaft von Ex–Nazis. Kommentar auf der Falun Gong-Webseite Minghui.de. |
Die Anmerkung 72 wird für Ergänzungen freigehalten. |
[73] Wolfgang Tücks : IGFM gewinnt Prozeß vor dem Oberlandesgericht Oldenburg, in: Menschenrechte [IGfM-Zeitschrift], Heft 1/2/1998. Diese IGfM-Seite ist nach Umstellung auf CMS nicht mehr aufrufbar. |
[74] Dennis Kuck : [Rezension von:] Jürgen Wüst: Menschenrechtsarbeit im Zwielicht. Zwischen Staatssicherheit und Antifaschismus |
[75] Platzdasch/Fromm Seite 14 |
[76] Platzdasch/Fromm Seite 15. In der Broschüre "Propagandisten des Krieges" steht auf Seite 29, daß die Gründung in einem Burschenschaftsgebäude stattfand, und, daß die erste Meldeadresse die des ersten Vorsitzenden gewesen ist. Schon im Oktober 1972 zieht sie in ein dem NTS zuzurechnendes Haus ein, und zieht 1973 in ein ebensolches um. |
[77] Karl Schlögel : Der renitente Held. Arbeiterprotest in der Sowjetunion 1953–1983, Seite 9–13 |
[78] Schlögel Seite 13 |
[79] Zur NTS-Geschichte und damit Vorgeschichte der GfM/IGfM vergleiche: Platzdasch/Fromm Seite 14–19; Propagandisten des Krieges Seite 7–31 |
[80] Hierzu ausführlich die Dokumentation "faschismus in der brd", 1977 herausgegeben vom Tübinger Antifaschismus-Komitee. |
[81] Jürgen Wüst : Menschenrechtsarbeit im Zwielicht, Seite 214–215 und 202 |
[82] Schwäbisches Tagblatt, 29. September 1980: "In Weilheim unterm Giebel" |
[83] Südwestpresse 3. Juni 1981 |
[84] Antifaschismus-Komitee Tübingen (Hg.) : Faschismus in der BRD, II. Teil, 1978, Seite 26–27 |
[85] Faschismus in der BRD, II. Teil, Seite 27 |
[86] Schwäbisches Tagblatt, 10. Dezember 1976: |
[87] faschismus in der brd, Seite 48. Der Politologe Gerd Meyer ist nicht mit Gert Meyer identisch; auf der Morgenstelle befnden sich die naturwissenschaftlichen Fakultäten sowie eine Mensa der Universität Tübingen. |
[88] Wenn es denn eines war … vergleiche Wüst Seite 214–215. |
[89] zit. in: Propagandisten des Krieges, Seite 42 |
[90] Die Anzeige ist abgedruckt in: Propagandisten des Krieges, Seite 4; dort ist als Datum der 30. März vermerkt. In der Großen Anfrage der grünen Bundestagsfraktion vom 3. Juli 1986 [siehe Anmerkung 98] wird der 29. März 1985 angegeben. |
[91] Ein Vorstandsmitglied des Trägervereins des Darmstädter Weltladens fand in einem persönlichen Gespräch Anfang September 2005 sogar, daß sich die IGfM "im Umbruch" befinde. Was immer er damit gemeint haben mag: ein solcher "Umbruch" ist weder den Publikationen der IGfM noch den Aktivitäten der Führungskader dieser Organisation zu entnehmen. Da geht alles wie gehabt seinen bisherigen Gang. Eine Distanzierung von bestimmten Aspekten der Vergangenheit fehlt zudem. Da machen sich und uns offensichtlich die Darmstädter UnterstützerInnen der Organisation gezielt etwas vor. Belege für diese Behauptung werden folgerichtig auch nicht vorgelegt. |
[92] Wüst Seite 26–27 |
[93] Wüst Seite 174, Anmerkung 40 |
[94] Zu finden in der UNO-Datenbank unter http://www.un.org/ |
[95] Zu finden in der UNO-Datenbank unter http://www.un.org/ |
[96] Platzdasch/Fromm Seite 29 |
[97] Die hier dokumentierte Presseerklärung befindet sich in meinem Archiv. |
[98] Bundestags-Drucksache 10/5816 vom 3. Juli 1986, zu finden über das Portal www.parlamentsspiegel.de, dort Dokumentenarchiv » Bund » Drucksache 10/5816 eingeben. |
[99] Spiegel vom 4. August 1980 |
[100] taz 27. Juli 1989 |
[101] Die Satzung mit Stand vom 22. März 1998 war bis zur Umstellung der Webseite auf ein Content Management System im Herbst 2005 auf der IGfM-Webseite zu finden. |
Die Anmerkungen 102 bis 110 werden für Ergänzungen freigehalten. |
[111] Das Manuskript zur Panorama-Sendung 614 vom 6. Juni 2002 findet sich auf der Webseite hagalil.com: Rechtsradikale in der CDU. |
[112] Informationsdienst gegen Rechtsextremismus : Studienzentrum Weikersheim |
[113] Informationsdienst gegen Rechtsextremismus : Hornung, Klaus |
[114] Klaus Hornung : Richtigstellungen zu "antifaschistischen" Behauptungen über mich im Internet |
[115] Esoterik und Holocaust. Verlage am rechten Rand. Als PDF auf der Seite der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung zu finden. Sich auf Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu stützen, mag mitunter für die politische Argumentation hilfreich sein. Dennoch ist zu berücksichtigen, daß die Verfassungsschutzbehörden grundsätzlich eine kapitalistisch verfaßte Gesellschaft zu schützen haben. Kapitalismus und Faschismus sind – was historisch eindeutig belegt ist – durchaus kompatibel. Das Beispiel der Unterwanderung der NPD durch die Verfassungsschutzbehörden (oder gar umgekehrt?) zeigt die Kontinuitäten dieser Kompatibilität auf. |
[116] Ebenda. |
[117] Klaus Hornung : Multikultistan, in: Junge Freiheit, 47/02, 15. November 2002 |
[118] Klaus Hornung : Multikultistan, in: Junge Freiheit, 13/03, 21. März 2003 |
[119] Die Audiofassung dieses Beitrags ist auf dem Audioportal des Bundesverbandes Freier Radios anzuhören bzw. downzuloaden. Länge 10:09 Minuten, Dateigröße 7,1 Megabyte. Zu dieser 66. Ausgabe der Reihe TÜFUNK gibt es ein eigenes Skript. |
Die Anmerkung 120 wird für Ergänzungen freigehalten. |
[121] Siehe hierzu auch die Studie von Gerd Wiegel : Die Union und der rechte Rand. Zur Strategie der CDU/CSU-Fraktion im Umgang mit Parteien der extremen Rechten, 2002 herausgegeben von der PDS-Bundestagsfraktion |
[122] So Bernd Siegler und A[nton] Maegerle in der taz vom 4. März 1994: "Neue ‘rechte Mitte' ohne Berührungsängste". |
[123] Bernd Siegler : "Der Schweigespirale entgegenwirken", in: taz, 9. Oktober 1993, Seite 12 |
Die Anmerkungen 124 bis 130 werden für Ergänzungen freigehalten. |
[131] Moritz Schwarz im Interview mit Vytautas Landsbergis: "Haß statt Befreiung", in: Junge Freiheit, 19/05, 6. Mai 2005 |
[132] Siehe hierzu:
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[133] Die Fundstelle war am 20. November 2005 auf der VVN–BdA-Webseite nicht mehr auffindbar. Ausdruck des Textes im Archiv des Autors. |
[134] Thomas Schmid : "Bosnien: Ein später Sieg Hitlers", in: taz vom 15. November 1993, Seite 3. Vytautas Landsbergis : "Wird ein neuer Holocaust zugelassen?", ebenda, gekürzter Abdruck seiner Rede in Buchenwald. T. Lilienfein : "Back-to–the-future-Remix", LeserInbrief in: taz vom 25. November 1993, Seite 18 |
[135] Matthias Lüfkens : V. Landsbergis, in: taz vom 7. Januar 1993, Seite 11 |
Die Anmerkungen 136 bis 140 werden für Ergänzungen freigehalten. |
[141] Informationsdienst gegen Rechtsextremismus : Löw, Konrad |
[142] Marcus Hammerschmitt : Hohmann reloaded, in: Telepolis vom 13. Juni 2004 |
[143] Sven Felix Kellerhoff : Eine Ansammlung antijüdischer Klischees, in: Die Welt vom 15. April 2004 |
[144] Marcus Hammerschmitt : Hohmann reloaded, in: Telepolis vom 13. Juni 2004 |
[145] "Eine neue Erfahrung". Interview mit Konrad Löw, in: National-Zeitung, Nr. 32[?]/2004 |
[146] "Beckstein besorgt über Rechtsextremisten an Hochschulen", in: Augsburger Allgemeine vom 14. Juni 2001. Siehe zur Burschenschaft Danubia auch den Artikel von Constanze Beck im Informationsdienst gegen Rechtsextremismus. |
Die Anmerkungen 147 bis 150 werden für Ergänzungen freigehalten. |
[151] Wüst Seite 115 |
[152] Wüst Seite 117 |
[153] Es handelt sich hierbei um das Schreiben von Karl Hafen an den Vorstand von RadaR e.V. vom 27. Juli 2005, von dem zu Anfang der Sendung schon die Rede war. |
[154] Rezension von Rainer Ohliger für H–Soz–u–Kult; die Umlaute wurden dem normalen Schriftgebrauch angepaßt |
[155] Siehe meine Besprechung von Die Nemesis von Potsdam in der Sendung Im Fluß der Geschichte vom 22. Mai 2006. Diese Besprechung hat übrigens eine heftige Reaktion des Verlegers Herbert Fleissner hervorgerufen. |
[156] Die im Herbst 2005 neu gestaltete Webseite der IGfM nennt Agrusov ausdrücklich als "Initiator der Gründung". Wir erfahren hierbei auch, daß er als 20jähriger als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden ist. |
[157] Anton Maegerle : "Junge Freiheit"-Autoren und ihr politisches Umfeld, in: Informationsdienst gegen Rechtsextremismus |
[158] So Margret und Siegfried Jäger : Die Restauration rechten Denkens. Dagegen ist der unentschiedene Artikel der Wikipedia nur für diejenigen zu empfehlen, die einmal ganz genau wissen wollen, wie die politische Etikette der Neutralität sich negativ auf die Behandlung eines Themas auswirkt. Dieses Phänomen tritt in dieser Enzyklopädie regelmäßig dort auf, wo eine emanzipatorische politische Positionen und nicht neutralisierendes Geschwafel verlangt ist. Die zu den Artikeln zugehörigen Diskussionsseiten sind hier sehr beredt. |
[159] Klaus Motschmann : Lohnender Einsatz, in: Junge Freiheit, Nr. 35, 27. August 1999. Vgl. hierzu auch: Kerstin Binder : Männer in Not, in: Jungle World 38/1999. |
[160] Wüst Seite 73. Er bezieht sich hierbei auf ein Gespräch mit Karl Hafen am 22. Februar 1996. |
[161] Zu finden unter http://igfm.pageo.de/ |
[162] Siehe hierzu auch das Manuskript meiner Sendung Green green grass of home, gesendet am 30. September 2002 bei Radio Darmstadt. Das Zitat entstammt ihrer Bundestagsrede. Kerstin Müller gehört unter den heuchelnd moralisierenden Betroffenheits-Softies der alternativen Kleinbourgeoisie zweifellos zu meinen LieblingsschauspielerInnen. |
[163] So schrieb Karl Hafen am 26. Juli 2005 an Volker Dietz u. a.: Sehr geehrter Herr Dietz, seit Jahren bin ich mit der Materie befaßt und bin immer wieder niedergeschlagen, wie lange sich solche Behauptungen halten können nur mit dem Ziel, anderen zu schaden. Es ist mir unerklärlich, wer und warum immer wieder jemand Informationen an Wikipedia schickt, die einfach jeglicher Wahrheit entbehren. Was kann man dagegen tun? Der Klageweg ist sicherlich nicht der richtige, denn er bindet dann wirklich meine letzten Kräfte. Außerdem, ob dieser Leute davon abhält, die ohne eigenen Schaden zu nehmen, einfach was zu behaupten, wage ich zu bezweifeln. Dieser Brief wurde mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen, ihn an geeigneter Stelle vorzulesen. Statt dessen flatterte er mir als eingescannter E–Mail-Anhang in meinen virtuellen Briefkasten, versandt von einem Redaktionsmitglied von treffpunkt eine welt. Zur Frage, was man dagegen tun könne, gibt es eine einfache und naheliegende Antwort. |
Die Anmerkungen 164 bis 170 werden für garantiert notwendige Ergänzungen freigehalten. Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell man und frau selbst bei oberflächlicher Recherche in Bezug auf die IGfM auf Namen und Institutionen stößt, die sicher kein demokratisches, schon gar kein emanzipatorisches Gedankengut vermuten lassen. |
[171] Lassen wir hier einmal die Problematik beiseite, daß und wie die Kirchen in spirituellen oder religiösen Sekten eine Konkurrenz sehen. Manche der Vorwürfe, die hierbei (durchaus zurecht!) Sekten gemacht werden, dürften bei genauerer Prüfung auch auf die Urheber/innen zurückfallen. |
[172] Falun Dafa / Falun Gong – 1999, in: Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen, 5. Auflage 2000, Seite 874–879, Zitat auf Seite 879 |
[173] Handbuch Seite 876. Daß man und frau sich in der neoliberal allseits verfügbar gemachten Handywelt von Telefonklingeln verfolgt betrachten kann, ist zwar eine richtige Feststellung, aber Dämonen sind daran gewiß nicht beteiligt. Es ist der ganz normale kapitalistische Wahnsinn. |
[174] Li Hongzhi zitiert in: Handbuch Seite 877 |
[175] Strikt das Fa als Meister nehmen – Alle VCDs, die nicht vom Meister veröffentlicht wurden, sollen in eigener Initiative vernichtet werden (mit Kommentar des Meisters); gefunden am 11. September 2005 auf Minghui.de. Die kursiven Hervorhebungen stammen von mir. |
[176] Beschluß des Programmrats von Radio Darmstadt vom 14. Januar 2002 |
[177] Pressemitteilung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten vom 8. Januar 2002: TV–Werbung für "Kraft zum Leben" unzulässig |
[178] In der Sendefassung hiesß es irrtümlich "Das Oberlandesgericht Dresden entschied am 2. Mai". Siehe hierzu auch Anmerkung 15b. |
[179] Focus vom 7. Mai 2005. Der gesamte Vorgang ist gut dokumentiert auf der sektenkritischen Webseite von Ingo Heinemann, die mir in Bezug auf Falun Gong wertvolle Hinweise gegeben hat. |
[180] Heberer Seite 22–23 |
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