Kapital – Verbrechen

Aus der Kälte des Eises in die Hitze des Krieges

 

 

SENDEMANUSKRIPT

 
Sendung :
Kapital – Verbrechen
Aus der Kälte des Eises in die Hitze des Krieges
 
Redaktion und Moderation :
Walter Kuhl
 
gesendet auf :
Radio Darmstadt
 
Redaktion :
Alltag und Geschichte
 
gesendet am :
Montag, 25. November 2002, 17.00-18.00 Uhr
 
wiederholt am :
Dienstag, 26. November 2002, 00.00–01.00 Uhr
Dienstag, 26. November 2002, 08.00–09.00 Uhr
Dienstag, 26. November 2002, 14.00–15.00 Uhr
 
 
Playlist :
  • Rolling Stones : Paint It Black
  • Bob Dylan : Maggie's Farm
  • Sameera and Silinder : Jab Tere Nain
  • Yulduz Usmanova : Adolik
 
 
URL dieser Seite : https://www.waltpolitik.de/kv/kv_eisbg.htm
 
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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 : Einleitung
Kapitel 2 : Survival–Training mit Peter Hartz
Kapitel 3 : Kriegstrommeln
Kapitel 4 : Veranstaltungshinweise

 

Einleitung

Jingle Alltag und Geschichte

Während der Bethlehem–Terror so langsam in seine heiße Phase kommt, will der Winter noch nicht so recht einkehren. Trübe sieht es auf dieser Welt aus. Peter Hartz beklagt, daß die Bundesregierung sein tolles Konzept nicht so richtig umsetzen will. Auch das ZDF, das bekanntlich besser sieht, aber jeden wirtschaftspolitischen Unsinn bedenkenlos nachplappert, setzt die Arbeitslosen dem Trommelfeuer der Marktwirtschaft aus. Nun ja, sie ist in bester Gesellschaft. Auch der darmstädter Wirtschaftsweise Bert Rürup will dem Sozialstaat ans Leder. So gesehen ist Hartz natürlich gut; nur der Kanzler ist derzeit eine Lachnummer. Um dem abzuhelfen, hat der Kanzler beschlossen, seine Jungs für die kommenden schweren Zeiten abzuhärten. Davon handelt mein erster Beitrag.

Doch von der Eiseskälte der Arktis kommen wir zum Aufwärmen in die Hitze des Gefechts. Ohne Moos nichts los, und ohne Krieg keinen Sieg an der Wirtschaftsfront. Das muß sich auch George Dubya Bush gedacht haben, doch auch unsere Menschenrechtsregierung probt den Ernstfall. Dazu mehr in einem Interview mit Winfried Wolf. Zum Schluß noch zwei Veranstaltungshinweise und keine Aussicht auf Besserung.

Am Mikrofon für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt begrüßt euch Walter Kuhl.

 

Survival–Training mit Peter Hartz

Die Aufbruchstimmung bei Rot–Grün nach der glücklich gewonnenen Bundestagswahl hat nicht lange gehalten. Die monatelang unter den Teppich gekehrten Wirtschaftsdaten konnten jedoch nutzbringend eingebracht werden. Gerhard Schröder setzt auf Supermänner und findet, daß wir viel zu viele Arbeitslose haben. Ein frischer Wind muß also her. Wie aus gut unterrichteten Kreisen der Bundeshauptstadt zu erfahren war, haben drei auserwählte Supermänner neue Wege beschritten, um den zukünftigen Aufgaben gewachsen zu sein.

Der Superminister für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement, der Superminister für Verkehr und den Aufbau Ost Manfred Stolpe und Superhirn Peter Hartz haben unmittelbar nach Abschluß der Koalitionsverhandlungen ein Survival–Training im arktischen Eismeer absolviert. Ihr Abenteuerurlaub stand unter dem Motto Weg mit den Arbeitslosen – egal wohin. Mein zweiter Beitrag wird übrigens das egal wohin noch verdeutlichen.

Jedenfalls standen sie unter fachfraulicher Leitung einer Survival–Trainerin. Die unerschrockene Redakteurin Birgit vom Freiburger freien Radio Dreyeckland hat sich als blinde Passagierin auf das Schiff eingeschlichen und belauschte die Supermänner bei ihrem Aktivurlaub. Walter Hoffmann – aufgepaßt! Auch hierbei will dein Supermann Wolfgang Clement von dir begleitet werden, wie du so schön in deiner Pressemitteilung verkündet hast.

Der folgende Beitrag ist als Audiofile verfügbar. Das Minihörspiel trägt den Titel: Hartz, Clement, Stolpe auf Survival–Training im arktischen Eismeer.

Doch eine Frage habe ich dann doch: seit wann gibt es Pinguine im arktischen Eismeer? Sind sie durch die Globalisierung auch schon gezwungen worden, sich den Millionen und Abermillionen Flüchtlingen anzuschließen, die die Erde umrunden, nur um ein warmes Plätzchen zu finden? Nun – Peter Hartz und seine Combo werden es schon richten.

 

Kriegstrommeln

Aus dieser Eiseskälte befreit uns nur ein neuer Krieg mit deutscher Beteiligung. Wer weiß, wann deutsche Arbeitslose die Statistik dadurch frisieren helfen, indem sie sich mit Hurra!–Geschrei auf den Schlachtfeldern in aller Welt zur Ruhe betten dürfen. Der drohende Krieg der USA gegen den Irak gab Anlaß für die Gruppe Salon Rouge, für das Freie Sender Kombinat, das nichtkommerzielle Lokalradio in Hamburg, etwas tiefer nach Gründen und Hintergründen zu forschen.

Winfried Wolf, ehemals Bundestagsabgeordneter für die PDS und Autor des jüngst erschienenen Buches Afghanistan, der Krieg und die neue Weltordnung, gehört zu denjenigen, die insbesondere auf die deutschen Kriegsvorbereitungen und  –einsätze hinweisen. Als George Dubya Bush im Mai dieses Jahres im Bundestag reden durfte, gehörte Winfried Wolf zu den drei Bundestagsabgeordneten, die das Transparent ausrollten, auf dem sie Bush und Schröder aufforderten, keine Kriege zu führen. Die PDS fand das überhaupt nicht komisch. Was auch etwas aussagt.

Doch nun das Interview mit Winfried Wolf zu den wirtschaftlichen und geostrategischen interessen der USA und der Bundesrepublik Deutschland – im Irak und anderswo. Das Gespräch mit Winfried Wolf drehte sich jedoch nicht nur um die US–amerikanischen Interessen in der Golfregion. Spannend wird es ja, wenn wir den Blick nach Berlin werfen, wo unsere Menschenrechtsregierung den Ernstfall vorbereitet. Winfried Wolf im Gespräch mit Sven von Salon Rouge für das Freie Sender Kombinat aus Hamburg.

Das Interview ist sowohl schriftlich als auch als Audiofile verfügbar.

Das Gespräch mit Winfried Wolf zum drohenden Krieg gegen den Irak und seinen Hintergründen führte Salon Rouge für das Freie Sender Kombinat, das nichtkommerzielle Lokalradio für Hamburg. Das Interview ist noch einmal in Ruhe nachzulesen auf der Homepage des Salon Rouge: www.salonrouge.de.

Von Winfried Wolf ist zu diesem Thema vor kurzem das im Interview auch kurz angesprochene Buch Afghanistan, der Krieg und die neue Weltordnung im Konkret Literatur Verlag erschienen. Preis: 15 Euro. Winfried Wolf analysiert darin die Bundestagsentscheidung vom 16. November 2001 als das Ende der deutschen Nachkriegszeit. Vordergründig drückt der deutsche Beitrag im Krieg gegen den Terrorismus die Bereitschaft aus, sich den USA ein weiteres Mal als militärischer Juniorpartner anzudienen.

Doch darüber hinaus verfolgen Bundesregierung, Bundeswehr und maßgebliche Kreise der deutschen Wirtschaft hiermit die klassischen Interessen deutscher imperialistischer Politik. Eine bekannte Traditionslinie dieser Expansionspolitik verläuft über den Balkan und die Türkei bis zum Nordirak. Winfried Wolf hat einfach recht, wenn er darauf besteht, daß bei aller Kritik an der aggressiven US–Politik die Softie–Variante deutscher Menschenrechtspolitik nicht vergessen werden darf.

 

Veranstaltungshinweise

Jingle Alltag und Geschichte

Zum Schluß der heutigen Sendung, die ich Aus der Kälte des Eises in die Hitze des Krieges genannt habe, noch zwei Veranstaltungshinweise für die kommende Woche:

Natürlich gibt es einen logischen Zusammenhang zwischen den Vorschlägen der Hartz–Kommission, dem Auftrag der neuen Rürup–Kommission, dem neuen deutschen Militarismus und der Flüchtlingspolitik in Bund und Ländern. Nun mag es Flüchtlinge geben, die auch ein wenig am Wohlstand der reichen Metropolen des Westens teilhaben möchten; und das ist ihr gutes Recht. Die meisten jedoch können froh sein, der Verfolgung, dem Elend und dem aus dem Westen gegen sie gerichteten Krieg entronnen zu sein. Doch der Krieg geht weiter. Er wird nur mit anderen Mitteln geführt. Unter der blaßrosarot–NATOlivgrünen Menschenrechtsregierung nennt sich dies euphemistisch Ausreisezentrum. Oder wie das einmal ein Landrat aus Tübingen korrekter genannt hat: Lager sind dafür da, um die Rückkehrbereitschaft der Flüchtlinge zu fördern.

Deutsche Asylpolitik ist also konkrete Menschenrechtspolitik. Und so wissen wir alle, auch die, die lieber weghören und wegschauen (und die sollen Gerüchten zufolge gerade bei den GRÜNEN immer öfter anzutreffen sein), was es mit den Menschenrechten so auf sich hat. Bewachte Lager und Stacheldraht ist also das, was Flüchtlinge in Zukunft immer öfter zu erwarten haben, sollten sie es überhaupt einmal geschafft haben, die hermetisch abgeriegelten Grenzen zu überwinden. Die deutsche Flüchtlingspolitik fördert so gesehen das Schlepperunwesen.

Die PDS Darmstadt/Odenwald hat beschlossen, nicht wegzuschauen, und lädt daher zu einer Veranstaltung am Dienstagabend um 19 Uhr 45 ins Alte Hauptgebäude der TU Darmstadt in der Hochschulstraße 1 ein. Am Anfang des Abends soll ein Filmvortrag über die Zustände im australischen Flüchtlings–Internierungslager in Woomera stehen.

Das dortige Flüchtlingslager ist eines von sechs in Australien, das mitten in der Wüste die Rückkehrbereitschaft fördern soll. Woomera liegt in einer ökologisch und ökonomisch toten Einöde, die zudem in den 50er Jahren als Atomwaffentestgelände des britischen Militärs genutzt wurde. Noch bis 1982 war der Zutritt im kompletten Stadtgebiet von Woomera verboten und bis heute steht das Gebiet unter direkter militärischer Kontrolle. Woomera geriet Anfang des Jahres in die internationalen Schlagzeilen. Denn die dort internierten Flüchtlinge traten in einen Hungerstreik, einigen von ihnen gelang es, aus diesem hermetisch abgeriegelten Gelände zu fliehen. Im Anschluß an den Film über die dortigen Zustände soll es jedoch darum gehen, wie die Situation der Migrantinnen und Migranten in deutschen Lagern aussieht und welche Handlungsmöglichkeiten es vor Ort gibt. – Dienstagabend [26.11.2002], 19 Uhr 45, Altes Hauptgebäude der Technischen Universität.

Dann habe ich noch eine Veranstaltung am kommenden Sonntag in Frankfurt mit Eilat Benda von der israelischen Antikriegsgruppe New Profile. Eilat Benda wird über Ursachen und gesellschaftliche Auswirkungen des israelisch–palästinensischen Konflikts reden, sowie über die Möglichkeiten der Kriegsdienstverweigerung und deren politischer Bedeutung in und für Israel. Weiterhin wird sie von den Aktivitäten der israelischen Friedensbewegung berichten und von Initiativen zur israelisch–palästinensischen Verständigung. New Profile ist eine feministische Antikriegsgruppe, die eine Zwei–Staaten–Lösung befürwortet. Veranstalter ist u. a. die DFG–VK Frankfurt. Die Veranstaltung findet am kommenden Sonntag [1.12.2002] um 18 Uhr im Dritte Welt Haus in der Falkstraße 74 in Bockenheim statt. Im April dieses Jahres war eine andere Vertreterin von New Profile zu Gast in Darmstadt. In einem kurzen, auf Englisch geführten Interview fragte ich Keren Assaf nach dem feministischen Hintergrund von New Profile. So etwas macht mich einfach neugierig, da ich denke, daß soziale Emanzipation ohne politischen Feminismus undenkbar ist. Was also meint in diesem Zusammenhang feministisch?

Keren Assaf : Feminist in our sense means being equal. And the first meaning of New Profile in this sense is that the Israel society is a militaristic society. And what means that? Women could never be equal in this society because they are not fighters. They are less equal because they could never be equal inside a system which is built by men for men, by male codes, maturist[?] codes. This is not codes of women and they could not be equal in this system.

Frage : Wenn New Profile eine feministische Organisation ist, ist es eine Frauenorganisation, also eine Organisation von Frauen, oder eine Organisation für Frauen?

Keren Assaf : Most of the people in New Profile are women. And it was established by a group of women, from an organisation called Women and Mothers for Peace. And there are some men there, not enough, but they are. But still the majority is mothers of young people, some of them soldiers. They decided that they are not willing to sacrify their children any longer, and decided that their voice is important enough to be heard. It is not less important as the voice of the men. That is the main point.

Frage : Gibt es dafür ein theoretische Konzept, eine Grundlage, auf der sie sich organisiert haben, und wenn ja, welches?

Keren Assaf : We want to civilize the Israel society which is now an army society. And the army is the most important thing in it. And we want to civilize it. And a feminist society is the same thing like democratical one or civil one. It means there is no hierarchy built on power but on totally different level. We want to create an alternative code for our society. And this code should be based on listening and understanding and not on achieving war résumées. So this is the theory (I do not know how to describe ist). Yeah, that is the point. And it was also supported by struggles like in South Africa for example, in which women took a very special place in creating a change for peace direction. The voice of women is very important because we represent a different line from the men line now in Israel which is a men, menly line of fighting. And we can not take part of this discussion. It is not our discussion. And we must create a new one if we want to build trust between people.

Frage : Nun ist das nicht gerade üblich, das eigene politische Selbstverständnis explizit auf eine feministische Basis zu stellen, um eine Zivilgesellschaft zu begründen. Wie kommt's?

Keren Assaf : Because that women are discriminated all the time in Israel all along because we have no part in the historical narrative. We have much less respect because we are women, because in wars we did not take a part as fighters. We could not be important enough. The only role, the classical role of the Israeli woman is to be the mother of a soldier, to cook for her son-soldier, to make him sweaters, and to ask not so many questions about it. And this was the classical role of the Israeli women. And this women are educated to sacrify their children, to sacrify them, and when they are eighteen to hand them over to the army and let the army decide what is their destiny. And this is not normal, and this is a big sacrifying, and it is not justified.

Frage : Golda Meir war vor etwa 30 Jahren Ministerpräsidentin Israels. Wie paßt das zusammen, wenn es sich doch um eine exklusive Männergesellschaft handelt?

Keren Assaf : Golda Meir would not survive if she would not play by the men codes. She was acting by codes of men and she was acting basically like a general in her policy. She led a policy of war and aggression. And if she would act differently she would not survive in the political life. It was not a victory for women. It was like women going to combat units. She had to play by the codes of the men to survive. And this is not equal.

Keren Assaf von der israelischen Antikriegsgruppe New Profile.

Von der Kälte des Eises in die Hitze des Krieges – von Peter Hartz zu Schröder und Fischer; und wo mag das alles noch enden? Nun, das Beste scheint zu sein, daß wir jeden Abend die Glotze einschalten und uns von den neuesten Horromeldungen berieseln lassen. Vielleicht sehen wir dabei ja mal ab und zu im Bundestag Walter Hoffmann und Andreas Storm bei ihrer parlamentarischen Arbeit. Sie bringen Wladimir Putin standing ovations dar, begleiten Wolfgang Clement dabei, wie er die Arbeitslosen ins eiskalte Wasser schmeißt und finden das auch noch anständig. – Wer das anders sieht, findet in diesem reichen Land ein reiches Betätigungsfeld für nützliche außerparlamentarische Arbeit. In diesem Sinne verabschiede ich mich für heute. Am Mikrofon für die Redaktion Alltag und Geschichte auf Radio Darmstadt war Walter Kuhl. – Und gleich gibt's Äktschn!

 

Diese Seite wurde zuletzt am 21. Dezember 2004 aktualisiert.
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