Sonja Vogel |
Reisen in das Land der Kriege |
(Rezension) |
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REZENSION VON SONJA VOGEL |
Reisen in das Land der KriegeKurt Köpruners Reisen in das Land der Kriege Erlebnisse eines Fremden in Jugoslawien gibt Einblick in die Geschehnisse auf dem Balkan ab 1990, dem Beginn der Sezessions und Bürgerkriege, bis zum "Kosovokrieg" 1999. Köpruner zeichnet sehr plastisch die Zerschlagung Jugoslawiens nach und zeigt die Auswirkungen der fatalen Politik der Westmächte, speziell der deutschen und österreichischen, aus einer zunächst politisch Als Manager eines österreichischen Maschinenbauunternehmens bereiste Kurt Köpruner ab 1990 vielfach das ehemalige Jugoslawien. Er, der den Balkan nur aus westlichen Presseberichten kannte, machte dabei erstaunliche Erfahrungen. Durch viele Bekanntschaften und unzählige Gespräche, fand er sich schließlich in einem politischen Kontext wieder, der so gar nicht dem entsprechen mochte, was die heimischen Politiker sagten, die Medien kolportierten und mit ihnen die meisten Menschen. An die Stelle anfänglicher, etwas hilfloser Naivität etwa der Überzeugung, die EU würde Nationalisten generell (also auf allen Seiten) ausbremsen und neue kriegerische Grenzziehungen zu verhindern wissen tritt mit der Zeit ernüchternde Erkenntnis. Die EU hat nichts verhindert. Im Gegenteil. Gegen internationalen Widerstand erkannten Deutschland und Österreich die jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien an und setzten so die Spirale der blutigen Sezessions und Bürgerkriege in Gang. Reisen in das Land der Kriege ist in drei große Abschnitte unterteilt, die chronologisch die Stadien der Kriege von Kroatien 1991 bis Kosovo 1999 nachzeichnen. Der erste Teil widmet sich dem Krieg in Kroatien. Hierin finden sich bewegende Berichte, etwa über die sogenannte "dalmatinische Kristallnacht" ein von offiziellen Stellen organisiertes anti- so etwas wäre bei uns im Fernsehen gekommen, mindestens in einer Zeitung hätte ich darüber wenigstens eine kleine Notiz lesen müssen, wo doch täglich auch über viel unspektakulärere Zwischenfälle in Jugoslawien berichtet wurde. Über hundert Geschäfte zu zerstören, ohne dass die Polizei dieses sich über einen vollen Tag hinziehende Spektakel stoppte, das ist völlig ausgeschlossen. Und auch der Leser denkt, während er stockend weiterliest: "Völlig ausgeschlossen." Aber so war es. Auf diese Art und Weise, anhand präziser Menschenzeichnungen und fragmentarischen Erzählungen, bekommt man Stück für Stück ein Kroatien vor Augen geführt, wie man es vom hiesigen Medientenor her nicht kannte - ein nationalistisch Der nächste Teil steht im Zeichen des Bosnienkrieges, einem Krieg der aufgrund von Bosniens traditioneller Multiethnizität nur besonders grausam sein konnte. Im Kapitel Anmerkung zur Architektur eines Krieges wird aufgezeigt, wie westliche Medienagenturen systematisch Falschinformationen streuten um Rückhalt für ihre Interventionen in der Bevölkerung zu sichern. Über die angeheuerten PR Offenbar genügt es, komplexe Vorgänge geschickt mit emotionsgeladenen Bildern zu versehen, die Rolle von Gut und Böse in der gewünschten Weise klar zuzuordnen, und wenn dieses Gebräu erstmal in den Köpfen verankert ist, prallt jede andere Darstellung ab. Seit dem erfolgreichen Engagement von Ruder Finn und anderen Agenturen derselben Art war praktisch die ganze Welt davon überzeugt, was man bei uns in Österreich und Deutschland schon längst wusste: Die Serben sind Bestien. Dementiert wurde in dieser Propagandaschlacht manchmal auch allerdings erst, wenn bereits erfolgreich Stimmung gemacht worden war. Im dritten und letzten Teil geht es um die Vorgeschichte des Kosovokonfliktes, der schließlich im März 1999 im 79 Nach und nach erst lässt Kurt Köpruner Sekundärliteratur einfließen und nutzt präzise Quellenangaben so das die letzten Kapitel immer analytischer und schärfer werden. Gekonnt werden Erlebnisse mit recherchierten historischen und aktuellen Hintergründen verknüpft. Sicher sind diese persönlichen Momentaufnahmen nicht immer "richtig" oder zu verallgemeinern "falsch" sind sie deshalb noch lange nicht. So zeigt diese Buch, dass es etwas gibt zwischen trockener, politisch Reisen in das Land der Kriege, so lässt sich abschließend festhalten, ist erschreckend schön auch wenn ich weiß, diese Kategorie ist für jenen tragischen Abschnitt der jugoslawischen Geschichte mehr als unpassend. Kurt Köpruner ist aber eben auch ein Erzähler. Er schafft es, gefangen zu nehmen mit seinen Berichten und Erzählungen, die bestechen durch die packende Ehrlichkeit des Erlebten. Es bleibt ein Eindruck, den es erstmal zu verarbeiten und auch nachzuprüfen gilt. Und obwohl der Autor stets sagt, es sei ein "Verbrechen, Bücher zu schreiben" ob der publizierten Massen, gehört sein Buch ganz bestimmt zu jenen, die nötig waren. Das Buch Reisen in das Land der Kriege Erlebnisse eines Fremden in Jugoslawien von Kurt Köpruner ist erstmals erschienen im Espresso- |
ANMERKUNGEN |
[1] Die Besprechung von Sonja Vogel wurde als Vorspann zu einem Veranstaltungsmitschnitt mit Kurt Köpruner gesendet. |
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