Kapital - Verbrechen

Kurdischer Hungerstreik

Hartz V

 

 

SENDEMANUSKRIPT

 
Sendung :
Kapital - Verbrechen
Kurdischer Hungerstreik
Hartz V
 
Redaktion und Moderation :
Walter Kuhl
 
gesendet auf :
Radio Darmstadt
 
Redaktion :
Alltag und Geschichte
 
gesendet am :
Montag, 27. Oktober 2003, 17.00-18.00 Uhr
 
wiederholt am :
Montag, 27. Oktober 2003, 23.10-00.10 Uhr
Dienstag, 28. Oktober 2003, 08.00-09.00 Uhr
Dienstag, 28. Oktober 2003, 14.00-15.00 Uhr
 
 
Studiogast :
Ercan Ayboğa
 
 
URL dieser Seite : https://www.waltpolitik.de/kv/kv_hartz.htm
 
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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 : Einleitung
Kapitel 2 : Kurdischer Hungerstreik
Kapitel 3 : Die Grünen verstehen die Welt nicht mehr
Kapitel 4 : Christdemokratische Jugendpolitik
Kapitel 5 : Schluß

 

Einleitung

Jingle Alltag und Geschichte -

heute mit zwei Themen. Von Freitag bis Sonntag haben auf dem darmstädter Friedensplatz rund 20 Kurdinnen und Kurden einen begrenzten Hungerstreik durchgeführt. Ercan Ayboğa vom Kurdistan Beratungs- und Informationszentrum Darmstadt wird darüber gleich mehr berichten. In der zweiten Hälfte dieser Sendung geht es um die rot-grüne Politik der neoliberalen Ausgrenzung.

 

Kurdischer Hungerstreik

Eine schriftliche Fassung des Gesprächs mit Ercan Ayboğa vom Kurdistan Beratungs- und Informationszentrum Darmstadt ist nicht vorhanden. Inhalt des Gesprächs waren Hintergründe und Ziele eines dreitägigen Hungerstreiks auf dem darmstädter Friedensplatz. Dabei kamen wir natürlich auch auf die politische und gesellschaftliche Situation in der Türkei und Kurdistan zu sprechen.

 

Die Grünen verstehen die Welt nicht mehr

Arbeitslose wehren sich. Die Zumutungen von Rot-Grün in Berlin werfen ihre Schatten auch auf Darmstadt. Während die rot-grüne Klientel aus Darmstadt sich über Kochs Sparprogramm mokiert und zu Schröders neoliberalem Durchmarsch schweigt, nehmen die millionenfach Betroffenen das ihnen Zugemutete nicht hin. Am vergangenen Montag besuchte die gewerkschaftliche Arbeitsloseninitiative GALIDA das grüne Parteibüro in Bessungen.

Diese Aktion war Teil einer Mobilisierungskampagne für eine bundesweite Demonstration am 1. November in Berlin. Auch in anderen Städten dieser Republik waren Arbeitslosen- und Sozialhilfeinitiativen aktiv. Zur Demonstration in Berlin am 1. November fahren um 4.30 Uhr zwei Busse vom DGB-Haus ab. Das Motto der Demonstration lautet Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag! und wir werden auf dieser Demonstration garantiert nicht Jochen Partsch [1] oder den ehemaligen darmstädter DGB-Kreisvorsitzenden Walter Hoffmann antreffen, von Silke Lautenschläger ganz zu schweigen.

Das Darmstädter Echo hat sich der Aktion vom vergangenen Montag besonders eifrig angenommen. Klaus Staat hat darin in der vergangenen Woche mehrfach durch Artikel und Kommentare gezeigt, daß er ein offensichtlich ungestilltes Rachebedürfnis gegen Michael Siebert [2] ausleben muß. Obwohl Siebert absolut nichts mit der Besetzung des Grünen Parteibüros zu tun hatte, mußte er als Buhmann für den bösen bösen Angriff der Arbeitslosen herhalten. Mit der fadenscheinigen Begründung, daß Helmut Angelbeck [3] und Michael Siebert einst bei den Grünen waren und später gemeinsam auf der Kommunalwahlliste von OS/3 kandidierten, wird Siebert zum Prügelknaben, wenn nicht gar Drahtzieher, der Aktion erklärt.

Doch was war so Schlimmes passiert? Böse scheint es ja nicht zu sein, den Arbeitslosen die Existenzgrundlage zu entziehen. Böse ist auch nicht, Rentnerinnen und Rentner dafür zur Kasse zu bitten, damit der notleidende Mittelstand (also der mit fortlaufenden Rekordprofiten) weiter kräftig subventioniert werden kann. Nein - böse ist, wenn die so Geschröpften und Schikanierten sich wehren. Nun mag man und frau über die Methoden streiten. Aber solange sich dieselben Zeitungsredakteure, die bei der Agenda 2010 die Klappe halten, hier ereifern, ist das nicht nur unlauter, sondern verlogen.

Witzig fand ich das ja schon: da werden Joschka-Jubelbilder und Computer-Monitore mitgebracht, um sie unter lautem Getöse zu zerreißen (die Bilder) oder aus dem Fenster zu werfen (die Monitore). Angeblich sollen die grünen Bürokräfte hierdurch eingeschüchtert worden sein.

Aber Herr Staat! Wer Arbeitslose und Rentnerinnen einschüchtert und abkassiert, darf sich nicht beschweren, wenn er oder sie selbst erfahren darf, was seine oder ihre Partei anderen antut. Auch Iris Bachmann [4] kann überhaupt nicht verstehen, warum ausgerechnet ihr so übel mitgespielt worden ist. Aber dies scheint ein psychologisches Grundproblem aller Täter und Mitläuferinnen zu sein. Jochen Partsch hatte in einem am 12. Juni im Darmstädter Echo abgedruckten Interview die Gewissensqualen der grünen Partei beschrieben. Die grüne Parteibasis aus Darmstadt fand die Agenda 2010 unausgewogen, stimmte ihr aber im Juni auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Cottbus zu. Begründung: stimmen wir nicht zu, platzt die Koalition, und die CDU kommt an die Regierung und setzt noch viel Schlimmeres durch.

Das einzig Richtige daran ist, daß die CDU tatsächlich weitreichendere Pläne hat. Eine Partei mit Gewissen würde dennoch nicht zustimmen, sondern den Widerstand sowohl gegen die Agenda 2010 als auch gegen die Operation Sichere Zukunft organisieren. Aber die Fleischtöpfe der Macht sind einfach allzu verlockend. Soviel zum grünen Gewissen.

Und nur deshalb regen sich Iris Behr und Iris Bachmann von den Grünen so maßlos auf: Weil sie in ihrer Verlogenheit eiskalt erwischt worden sind. Dies, und nicht die angeblich schmerzvolle Rangelei zwischen Bachmann und Angelbeck, ist der wahre Grund der grünen Empfindlichkeit und Empörung bei der Bürobesetzung der GALIDA.

 

Christdemokratische Jugendpolitik

Doch die hessische CDU ist längst einen Schritt weiter. Während sich Arbeitslose noch mit grünen Parteibüros abgeben, gedenkt die CDU, Schulschwänzer mit einer Fußfessel auszustatten. Der Überwachungsstaat ist maßlos und muß einschreiten, wenn die sozialen Sicherungssysteme abgebaut werden. Schule Schwänzen ist, wenn es (angeblich) zum Massenphänomen wird, Ausdruck sozialer Perspektivlosigkeit. Keine Lehrstellen, keine Jobs oder allenfalls die Drecksarbeit im Dumpinglohnsektor.

Und angeblich seien die Schulschwänzerinnen und Schulschwänzer alles potentielle Kriminelle. Ja, wer mit schwarzen Koffern jongliert, hat gut reden. Aber von sich auf andere zu schließen, führt meist dann doch zu einem Kurzschluß. Jörg Schönbohm, CDU-Innenminister von Brandenburg, hat die Dumpfbackigkeit der neoliberalen Kurzdenker dann auch auf den Punkt gebracht: Die Fußfessel könne, so sagt er, "eine vorbeugende wie abschreckende Möglichkeit sein, um die Gesellschaft vor extrem kriminellen Schulschwänzern zu schützen." [5]

Das meint der wirklich ernst: Schule Schwänzen als schwerstkriminelles Delikt. Denken wir den Gedanken doch konsequent zu Ende. Wenn Jugendliche unter Generalverdacht geraten - außer vielleicht die Jugendorganisation der CDU, die Rentnerinnen und Rentner auf kaltem Wege abservieren lassen will, aber das ist ja kein Verbrechen, sondern marktwirtschaftlich geboten -, dann ist der Weg nicht weit, auch Arbeitslose wie Schwerkriminelle zu behandeln. Wer arbeitslos ist, leistet nichts und schadet der Wirtschaft. Und dies ist ein Verbrechen an der Marktwirtschaft und gehört natürlich bestraft.

Und von der Fußfessel - wie kennen das ja aus US-amerikanischen Knastfilmen - ist es nicht weit zur Zwangs- oder Sklavenarbeit. Und damit erfüllt sich der Traum aller Sklavenhalterfirmen, pardon: Zeitarbeitsunternehmen, denen die fußgefesselten und gehirngewaschenen Arbeitslosen vom Arbeitsamt oder der Überwachungspolizei zugeführt werden.

 

Schluß

So dumm ist der Gedanke nicht. Peter Hartz hat sich vor kurzem wieder einmal ganz eigene Gedanken hierzu gemacht. Jüngere und Ältere sollen demnach nach ihrer Leistungsfähigkeit zum Wohle des Kapitals unterschiedlich lange malochen, aber einheitlich nach einer fiktiven Lebensarbeitszeit entlohnt werden. Die stuttgarter Gruppe Gegenstandpunkt hat sich dieser Radikalisierung des Hartz-Konzeptes angenommen und den Beitrag im Freien Radio für Stuttgart dazu gesendet, den ich zum Schluß der heutigen Sendung einspielen werde. [6]

Hinweisen möchte ich noch auf die vierte Folge unserer Sendereihe Einführung in den Marxismus am kommenden Mittwoch um 23 Uhr. Wir lesen dort aus dem gleichnamigen Buch von Ernest Mandel. Mehr zu dieser Sendereihe könnt ihr im Internet unter www.einfuehrung.de.vu finden.

Die heutige Sendung wird wiederholt in der Nacht zum Dienstag, wahrscheinlich um 23 Uhr, und dann noch einmal am Dienstag um 8 und um 14 Uhr. Es folgt nun eine Sendung der Kulturredaktion von Radio Darmstadt. Am Mikrofon war Walter Kuhl.

 

 

ANMERKUNGEN

 

[1]   Grüner Funktionär aus Darmstadt
[2]   Michael Siebert war Mitte der 90er Jahre Bürgermeister der ersten darmstädter rot-grünen Koalition. Das Auseinanderbrechen dieser Koalition wurde Siebert angelastet, obwohl hierfür eher die auf Machterhaltung bestrebte SPD unter Oberbürgermeister Peter Benz verantwortlich gewesen sein dürfte. Siebert wurde anschließend bei den sich neoliberalisierenden Grünen kaltgestellt. Wegen der grünen Zustimmung zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien verließ er 1999 die Partei und gründete mit dem zuvor aus der grünen Fraktion ausgeschlossenen Bastian Ripper und mit Erol Polat die Stadtverordnetenfraktion OS/3. Bei der anschließenden Kommunalwahl wurde nur Michael Siebert wiedergewählt.
[3]   Helmut Angelbeck ist Aktivist der GALIDA und weist als deren Sprecher seit Jahren auf die unsoziale Politik gegenüber Arbeitslosen hin. So skandalisierte er 1999 als einer der ersten den Einsatz von Arbeitslosen für die Spargelernte und belegte, daß auf den Spargelfeldern gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Nicht zuletzt seinem Einsatz ist es zu verdanken, daß dieser "Arbeitsdienst" für Arbeitslose weitestgehend wieder eingestellt worden ist. Am 9. April 1999 habe ich darüber in einem einstündigen Feature berichtet; ein Sendemanuskript hierüber existiert jedoch leider nicht.
[4]   Grüne Funktionärin aus Darmstadt
[5]   Darmstädter Echo, 22.10.2003
[6]   Der Beitrag ist als Audiofile (ca. 5½ MB, 11:26 Minuten) auf den Seiten des Bundesverbandes Freier Radios als MP3-File vorhanden: http://freieradios.nadir.org/portal/content.php?id=5230.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt am 21. Dezember 2004 aktualisiert.
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©  Walter Kuhl 2001, 2004
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