Eisenbahnbrücke
Eisenbahn­brücke bei Worms

Geschichte

Mit allen Wassern gewaschen

Sendemanuskript

Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte

Radio: Radio Darmstadt

Redaktion und Moderation: Walter Kuhl

Ausstrahlung am:

Montag, 21. Dezember 2009, 17.00 bis 18.00 Uhr

Wiederholt:

Montag/Dienstag, 21./22. Dezember 2009, 23.10 bis 00.10 Uhr
Dienstag, 22. Dezember 2009, 08.00 bis 09.00 Uhr
Dienstag, 22. Dezember 2009, 14.00 bis 15.00 Uhr

Zusammenfassung:

Vorstellung der Nordsee als archäologischer Raum. Eisenbahntrajekte überbrückten Rhein und Bodensee. Ein lospolternder Manager, der ein konservativ patriarchales Sozialbild vertritt. Eine Untersuchung zu Arbeitsgerichten und ein anthropologischer Völkermord.

Besprochene Bücher und Zeitschriften:

Zwischenmusik:

Steve Miller Band : Book of Dreams


Inhaltsverzeichnis


Einleitung: Moderner Krieg in mehreren Akten 

Jingle Alltag und Geschichte

Es ist schon eine absonderliche Geschichte. Erst ist ein Krieg offiziell kein Krieg und dann stellt sich heraus, daß gezielt getötet wird. Ist das dann Terrorismus? Da werden in Afghanistan zwei Tanklastzüge bombardiert, da tritt ein Minister zurück, der Chef der Bundeswehr wird zurückgetreten, und dann erfahren wir doch so langsam, daß der Luftangriff nicht den Tankzügen galt, sondern dem gezielten Töten von Männern, Frauen und Kindern, die einfach mal so geschwind als Taliban bezeichnet werden. Nur ein toter Afghane ist eben ein guter Taliban.

Dies ist dann wohl die zeitgenössische Interpretation des Tucholsky'schen Diktums, wonach Soldaten Mörder sind. Nun lautet die Schlußfolgerung der Politik hieraus jedoch nicht, die deutschen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Vielmehr soll das nachträgliche Anerkennen der Tatsache, dort Krieg zu führen, ein fortgesetztes mörderisches Treiben legitimieren. Vor allem die grüne Kriegspartei ehemaliger Pazifistinnen und Pazifisten entzückt mich immer wieder. Hier wird Gutmenschentum einmal richtig plastisch – bloßgestellt. Interessant ist auch die vom neuen SPD-Chef Sigmar Gabriel angekündigte Volte. Hatte nicht ausgerechnet die SPD einmal Deutschland am Hindukusch verteidigt?

Eigentlich ist die von der Bundesregierung mitgetragene ISAF-Strategie ein klarer Fall für ein Kriegsverbrecher­tribunal. Aber vor einem derartigen imperialistischen Weltgericht landen natürlich nur die Schurken aus dem ehemaligen Jugoslawien, Ruanda und anderen Drittwelt­ländern. Kann der Krieg in Afghanistan gewonnen werden? Ja, natürlich. Bislang sind die Afghanen mit Invasoren immer noch fertig geworden. Der Preis hierfür ist jedoch hoch, zumal die afghanischen Warlords eben auch Kriegsverbrecher sind.

ScreenshotDie Kriegserklärung an die islamische Welt findet selbstredend auch andernorts statt, beispielsweise in der Schweiz. Wer nun glaubt, das gehe ihn oder sie nichts an, möge sich die Online-Umfrage des Darmstädter Echo zum Ausgang des Schweizer Volks­entscheids anschauen. 70% der, wie das Neudeutsch heißt, Voter fanden die Schweizer Entscheidung gegen den Bau von Minaretten verständlich [1]. Dabei gibt es nun wirklich häßlichere Gebäude. Darmstadt ist eben ein bigottes Nest.

Krieg, wenn auch ganz anders, wird derzeit in Kopenhagen geführt. Ob der Klimagipfel als Erfolg verbucht werden kann oder nicht, halte ich für eine absolut uninteressante Frage. Denn wenn die Reichen und Mächtigen sich einigen, dann kann einfach nichts Gutes dabei herauskommen. Klimaziele sind wenig verbindlich, und vor allem: sie ändern nichts an der grundsätzlichen Orientierung auf profitable und deshalb auch zerstörererische Produktionsprozesse. Die Präsidenten Boliviens, Evo Morales, und Venezuelas, Hugo Chávez, haben deshalb einen grundsätzlichen, einen Systemwandel gefordert. Solange in Darmstadt, aber auch von den Autonarren im Landkreis, an der Nordost­umgehung festgehalten wird, müssen wir in Darmstadt über Klimawandel kein Wort verlieren. Das Signal aus Kopenhagen ist klar: weitermachen wie bisher, es aber besser verpacken.

Proteste gegen diese absurde Politik werden in Kopenhagen mit Polizeigewalt erstickt. Selbst die staatstragenden Rundfunkanstalten ARD und ZDF meldeten sich mit einem zaghaften Protest über die Behinderungen und Beschränkungen der Pressefreiheit zu Wort. Schlimmer erging es zwei Radiokolleginnen aus Rostock, die gleich einkassiert und eingeknastet wurden. Irgendeine Begründung wird sich schon finden – und sie fand sich auch. Angeblich wurden Polizisten attackiert. Das Signal ist klar: kritische Presse ist unerwünscht, wenn es um ein kapitalisten­freundlich gutes Klima geht. Wenn das Klima eine Großbank wäre, dann wäre es ja schon längst gerettet worden, meinte folgerichtig Hugo Chávez; und er steht mit dieser Aussage nicht alleine da. Denn wie sagte es Karl Marx schon 1867 im ersten Band des "Kapital" ganz richtig? Die rastlose Jagd nach Profit untergräbt die Springquellen allen Reichtums, die Erde und den Arbeiter. Das Motto lautet daher: Nach mir die Sintflut!

Siehe hierzu auch:

Und damit bin ich schon fast beim Thema meiner heutigen Sendung angelangt, in der es irgendwie auch um Wasser geht. Ich werde eine archäologische Zeitschrift vorstellen, die einen Klimawandel vor mehreren tausend Jahren beschreibt, und ein Buch über Eisenbahn­trajekte, mit denen Wasser überquert wurde. Mit allen Wassern gewaschen ist Bayern Münchens ja nun ehemaliger Manager Uli Hoeneß, über den eine Biografie erschienen ist. Hingegen etwas aus dem Rahmen fällt die Vorstellung des Oktoberheftes der Zeitschrift Mittelweg 36, denn diese kommt ganz ohne Wasser aus.

Am Mikrofon ist Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt.

 

Als das Klima die Nordsee unter Wasser setzte

Besprechung von : Archäologie in Deutschland, Heft 6, November/Dezember 2009, 82 Seiten, € 9,95

Wer über Klimaveränderungen redet, vergißt leicht, daß derartige Änderungen des globalen Klimas eine Konstante der Erdgeschichte darstellen. Nicht einmal wirklich neu sind anthropogen, also von Menschenhand verursachte Klima­veränderungen. Es gibt beispielsweise gute Gründe anzunehmen, daß die Vorfahren der heutigen Aborigines vor mehreren zehntausend Jahren ganz im Einklang mit der Natur [2] die australische Vegetation in eine Wüste umgewandelt haben. Insofern ist das Ergebnis des Gipfels von Kopenhagen nichts weiter als ein weiterer Meilenstein im verantwortungs­losen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Dennoch ist das Gejammer über das Klima und dessen Erwärmung nur begrenzt stichhaltig.

Cover AiDEben weil seit Millionen von Jahren kältere und wärmere Zeiten aufeinander folgen, gibt es keine Veranlassung, von „dem Klima“ zu sprechen, was zu retten sei. Wir müssen da schon genauer werden. Ist es wirklich angebracht, den heutigen Zustand zu konservieren, oder handelt es sich bei derartigen Vorstellungen nicht um das Spiegelbild eines (männlich dominierten) technik­fetischisierten Machbarkeits­wahns? Grund­sätzlich halte ich es für durchaus angebracht, sich Gedanken über die Beeinflussung unserer ökologischen Umgebung zu machen, allerdings nach anderen Kriterien und vor allem auf einer rationalen und demokratischen Grundlage. Es geht darum, diese Welt lebenswerter zu gestalten, und nicht darum, sie zu vernutzen und zu zerstören. So gesehen ist auch der Kampf gegen Klima­zerstörung Klassenkampf. Die einzigen, die das begriffen haben, saßen in Kopenhagen.

Vielleicht ist es deshalb ganz nützlich, sich den Klimawandel nach Ende der letzten Eiszeit genauer anzuschauen, um zu begreifen, daß das, was wir heute vorfinden, auch schon vor einigen Jahrhunderten, gar Jahrtausenden, nicht der Normal­zustand war. Die November­ausgabe der Zeitschrift Archäologie in Deutschland befaßt sich schwerpunkt­mäßig mit der Nordsee als jahrtausende­alter Kultur­landschaft. Und wenn ihr nun fragt, was Steinzeit­menschen mit dem heutigen Klima zu tun haben, dann lautet die Antwort, daß die Nordsee – zusätzlich zur Förderung von Gas und Öl – zu einer gigantischen Windenergie­maschine umgemodelt werden soll, und dies auf dem Boden früherer Kulturen.

Als vor rund 12.000 Jahren die letzte Eiszeit zu Ende ging und die Eismassen nach Norden zurückwichen, wurde eine Land­verbindung zwischen Dänemark und Nordengland sichtbar. Die wenigen Menschen, die sich danals im heutigen Mitteleuropa aufhielten, konnten trockenen Fußes über Flächen streunen, die heute von der Nordsee bedeckt sind. Erst vor etwa achttausend Jahren hatte das Meer die heutige Küstenlinien erreicht und verlangsamte seinen Anstieg, die nord­friesischen Inseln entstanden. Die Doggerbank, noch heute eine für die Meeres­schiffahrt problematische Untiefe, war damals noch besiedelt. Mit dem Meeresanstieg ertranken Moore und Wälder und deren vom flutenden Wasser konservierte Überreste geben uns heute Aufschluß über die damaligen klimatischen Verhälrnisse.

Gezielte Bohrungen belegen zudem, daß weite Teile der Nordsee auch in früheren Warmperioden, etwa während der Eem-Warmzeit vor rund 120.000 Jahren, bewaldet waren. Die Vegetation der Nord­deutschen Tiefebene erstreckte sich demnach weit nach Norden. Der älteste bekannte Siedlungsplatz im deutschen Küstengebiet ist über zehntausend Jahre alt. Es spricht nichts dagegen zu vermuten, daß weitere Siedlungs­plätze von den Wassermassen verschlungen wurden. Erst um die Zeitenwende, also zu einem Zeitpunkt, als die Römer versuchten, Germanien zu erobern, wurden verstärkt künstliche Hügel angelegt, um dem Wasseranstieg zu entgehen. Zuweilen können im Wattenmeer einzelne Befunde archäologisch erfaßt werden, doch handelt es sich hier beim Wechsel von Ebbe und Flut immer um eine Arbeit, die rasch und gezielt vonstatten gehen muß.

Was immer dort versunken ist – Wälder, Siedlungen, Schiffe, Mammuts und andere Tiere – liegt dort nicht unbedingt sicher und kann nach und nach erforscht und ausgewertet werden. Die moderne Schleppnetz­fischerei planiert den Meeresboden geradezu, und die Suche nach Erdöl und Erdgas hinterläßt einen Pfad der Zerstörung. Hinzu kommen Tiefseekabel und Kiesabbau. Dieses im Grunde einzigartige Bodenarchiv ist ebenso gefährdet wie jede Fundstelle, die dem Tagebau, einem Gewerbegebiet oder einer Erdgasleitung, Autobahn oder ICE-Trasse weichen muß.

Wenn sich beispielsweise die Entega damit brüstet, Ökostrom durch Windenergie aus der Nordsee zu beziehen, so werden hierbei nicht die ökologischen und archäologischen Schäden gigantomanischer Windparks thematisiert. Auch Ökostrom ist nur dann profitabel, wenn er in großen Einheiten ohne Rücksicht auf Verluste über weite Strecken transportiert werden kann. Nachhaltig ist dieses Konzept nicht; es setzt den gegebenen Wachstumspfad nur unter anderen Vorzeichen fort.

Dieser Zwiespalt wird deutlicher anhand eines Forschungs­projekts namens Geopotenzial Deutsche Nordsee, welches den deutschen Nordseesektor prospektieren und erfassen soll. Die wirtschaftliche Erschließung wird hierbei kombiniert mit wissenschaftlicher Erforschung; auch für die Archäologie fallen als Brosamen einige Forschungsmittel und Artefakte ab. Man und frau muß sich nur die Partner dieses Projekts genauer anschauen, um zu begreifen, wer hier federführend sein wird. Neben mehreren Forschungs­instituten sind die Energiekonzerne E.On, GDF Suez und RWE beteiligt.

Was findet sich noch in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Archäologie in Deutschland? Berichtet wird unter anderem über eine Kirchengrabung in Magdeburg, die Cheops-Pyramide und die Kunst der Eiszeit. Informationen über aktuelle Grabungs­projekte und Ausstellungen runden das Heft ab. Die alle zwei Monate erscheinende Zeitschrift ist über den Buch- und Zeitschriften­handel oder im Abonnement über den Theiss Verlag in Stuttgart erhältlich. Das Einzelheft kostet 9 Euro 95.

 

Nasse Füße für die Eisenbahn

Besprechung von : Hans Schlieper – Eisenbahntrajekte über Rhein und Bodensee, Alba Publikation 2009, 132 Seiten, € 22,00

Die Geschichte der Eisenbahn begann in Südhessen in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Mit der Eröffnung der Main-Neckar-Bahn im Jahr 1846 zog der Dampfgeruch der großen weiten Welt in die noch recht beschauliche Residenzstadt ein. Die zunächst nur eingleisig gebaute Nord-Süd-Verbindung erwies sich alsbald als Goldgrube. So war es wenig verwunderlich, daß auch andernorts Gesellschaften entstanden, die im Personen- und vor allem im Güterverkehr ein profitables Ein- und Auskommen sahen. Mainz, das damals mitsamt des links­rheinischen Rheinhessen zum Groß­herzogtum Hessen gehörte, war zunächst noch vom technisch modernen Fernverkehr ausgeschlossen.

Dort gründete sich die Hessische Ludwigs-Eisenbahngesellschaft und baute zunächst eine Eisenbahn nach Worms und darüber hinaus zur pfälzischen Landesgrenze. Unter Umgehung Frankfurts wurde alsbald eine zweite Magistrale errichtet, die Ende der 1850er Jahre von Bingen an der preußischen Grenze über Mainz und Darmstadt nach Aschaffenburg in Bayern führte. Bis Anfang der 1870er Jahre mußten alle Personen- und Güterzüge dieser Bahnstrecke in Darmstadt Kopf machen [3]. Dabei besaß die Hessische Ludwigsbahn in Darmstadt zunächst kein eigenes Bahnhofsgebäude, sondern nutzte die Anlagen der Main-Neckar-Bahn auf Pachtbasis mit.

Buchcover Eisenbahntrajekte über Rhein und BodenseeErst als die vier Gleise des einen Empfangs­bahnsteigs mit weiteren Zuglinien ins Ried und in den Odenwald überfordert waren, wurde ein eigenes repräsentatives Bahnhofs­gebäude unvermeidlich. Dieses stand dort, wo heute das Landessozial­gericht am Steubenplatz zu finden ist. Mit der Eröffnung des heutigen Hauptbahnhofs 1912 wurde der Bahnhof geschlossen, das Gebäude wurde kriegszerstört 1955 abgerissen. Die 1869 eröffnete Eisenbahn ins Ried endete jedoch nicht in Worms, wie dies in der großherzoglichen Konzession festgelegt war, sondern auf der rechten Rheinseite, also am entgegengesetzten Ufer, beim kleinen Flecken Rosengarten. Die zweigleisige Eisenbahn­brücke über den Rhein bei Worms entstand erst 1900, nachdem die Hessische Ludwigsbahn verstaatlicht worden war. Militärische Gründe erforderten den Brückenbau genauso energisch wie die unzureichende Abwicklung des Verkehrs über den Rhein in den drei Jahrzehnten zuvor.

Die Hessische Ludwigsbahn hatte 1869, um sich den Bau der teuren Brücke zu ersparen und – damit einhergehend – die Dividende seiner Aktionäre zu sichern, ein sogenanntes Eisenbahntrajekt eingerichtet. Mittels Dampfschiffen und Ponten wurden die Güterwagen und Passagiere über den Rhein geschippert. Zudem bestand seit 1855 eine Schiffsbrücke über den Rhein, über welche die Passagiere zu Fuß das andere Ufer erreichen konnten. Diese Schiffsbrücke mußte jedoch jedesmal aufgelöst werden, wenn ein Schiff rheinaufwärts oder rheinabwärts segelte oder dampfte. Diese nur begrenzt sinnvolle Einrichtung entsprach jedoch lange Zeit dem Stand der Technik, sie war gar nicht so ungewöhnlich. Hans Schlieper hat hierzu in diesem Herbst im Verlag Alba Publikation einen 132 Seiten umfassenden Band herausgebracht, welcher die „Eisenbahn­trajekte über Rhein und Bodensee“ beschreibt.

Nicht immer waren es einfache Profiterwägungen, aufgrund derer der Bau einer Brücke vermieden wurde. Zuweilen standen auch handfeste militärische Gründe einem Brückenbau entgegen. Das preußische Militär beispielsweise widersprach lange Zeit einem Eisenbahn­brückenbau im Rheinland, und selbst in Mainz konnte die heutige Südbrücke durch die Hessische Ludwigsbahn nur nach hartnäckigen Verhandlungen und unter Inkaufnahme kostspieliger militärischer Zusatzbauten durchgesetzt werden. Hier wirkten die Erfahrungen der Napoleonischen Eroberungskriege nach, für den Fall aller Fälle dem Feind keine Operationsbasis zu bieten.

Am Bodensee lagen die Verhältnisse ein wenig anders. Hier spielten militärische Überlegungen so gut wie keine Rolle. Wenn es dennoch zunächst keinen durchgehenden Eisenbahnverkehr rund um den Bodensee gab, so lagen hier typisch egoistische kapitalistische Interessen vor. Die diversen privaten Bahn­gesellschaften versuchten, den Güter­transport so lange wie möglich über eigene Gleise zu führen, um sich einen möglichst hohen Anteil an den Frachtgebühren zu sichern. Sie nahmen hierzu auch größere Umwege über ihr eigenes Streckennetz in Kauf, nur um die Übergabe an die nächste Bahn­gesellschaft möglichst hinauszuzögern. Da Züge mehrerer Gesellschaften am Bodensee endeten, vereinbarten einzelne dieser Gesellschaften quasi bilateral ein Trajekt über den See, um sich die hiermit erschundenen Kilometer und Fracht­gebühren zu teilen. Hierzu wurden spezielle Dampfschiffe erbaut, die zusätzlich mehrere Frachtflöße hinter sich her ziehen konnten.

Nicht ganz so kraß, aber durchaus ähnlich verhielt es sich am Rhein. Ehe eine Gesellschaft die Güter an eine andere übergab, baute sie lieber ein eigenes Trajekt. Vorbild waren britische Fähr­verbindungen über die zuweilen weit ins Landesinnere einschneidenden Buchten der Nordsee. Interessant hieran ist, daß keine einheitliche Lösung gefunden wurde, sondern jede Gesellschaft sozusagen das Rad neu erfand. Die Hessische Ludwigsbahn betrieb zwei Trajekte bei Mainz und Worms, sowie ein weiteres zusammen mit der Taunusbahn über den Rhein auf die Kasteler Seite. Das von ihr alleine betriebene Mainzer Trajekt war ein Provisorium und bestand auch nur vier Jahre von 1858 bis 1862. So lange benötigte die Gesellschaft, um die Brücke von Mainz nach Gustavsburg fertigzustellen, auf der der Verkehr nach Darmstadt und Frankfurt befördert werden konnte. Mit den Trajektbooten wurden weder Lokomotiven noch Personenwagen überführt, sondern nur Güterwagen. Passagiere mußten vom Bahnhof aus zu Fuß aufs Fährboot gelangen.

Wie müssen wir uns den Betriebsablauf vorstellen? Zuweilen wurden flache oder steile Rampen zum Fluß hinuntergebaut, auf denen die Güterwagen (und bei einigen Trajekten auch Personenwagen) zu den Fährschiffen oder Begleitbooten geschoben wurden. Es gab jedoch auch Hebevorrichtungen, ja richtige Hebetürme, mit denen die Wagen auf die Boote gesetzt wurden. So besaß das von der Hessischen Ludwigsbahn zusammen mit der Taunusbahn betriebene Trajekt aufgrund der Steilheit des Ufers und aus Gründen des Hochwasser­schutzes auf der Mainzer Seite eine Kaimauer mit einem Drehkran.

Hans Schlieper informiert über derartige Trajekte bei Kleve, Duisburg, Bonn, Koblenz, Rüdesheim, Mainz, Worms und Mannheim. Neben detaillierten technischen Beschreibungen erfahren wir auch Einzelheiten aus dem Betriebsablauf und können uns eine Vorstellung von den Umständen machen, die ein Trajektbetrieb aufwarf. Ausbaden mußten es die dort Beschäftigten, denn nicht immer ging alles glatt. So kam es durchaus vor, daß einzelne Güterwagen im Rhein oder Bodensee versanken, und 1876 verloren elf Fahrgäste durch die Explosion eines nicht gewarteten Kessels auf einem Fährdampfer zwischen Bingen und Rüdesheim ihr Leben. In der Regel war die Überfahrt jedoch ungefährlich, und die Transport­leistungen waren enorm. So schaffte es beispielsweise ein Trajekt bei Duisburg, in seinen Hochzeiten über 100.000 Waggons in einem Jahr überzusetzen, also rund 300 pro Tag.

Dem Fährbetrieb auf dem Bodensee machten eher Nebel und Stürme zu schaffen, während die Rheintrajekte ab und zu mit wandernden Sandbänken, Niedrig- und Hochwasser, sowie Eisgang zu kämpfen hatten. Nicht ungewöhnlich war, daß der Betrieb deshalb für mehrere Wochen ruhen mußte, was natürlich finanzielle Einbußen und Liefer­schwierigkeiten nach sich zog. Wenn der Autor zu Ende seines Bandes danach fragt, welches denn aufgrund der gewählten technischen Ausführung das beste Trajekt gewesen sei, dann liegt der Schluß nahe – eine Brücke.

Diese wiederum versuchte die Hessische Ludwigsbahn bei Worms zu vermeiden, und sie kam damit knapp drei Jahrzehnte bis zu ihrer Verstaatlichung 1897 durch. Die von ihr gewählte Trajektlösung war minimalistisch. Eine schräge Rampe führte die Wagen bis zum Wasserrand, wo sie mühsam auf Ponten gesetzt wurden. Ponten, manchmal wird auch von Schalden gesprochen, waren antriebslose Schwimmkörper, meist aus Holz, die entweder geschleppt oder, wie bei Worms, seitlich an den Dampfschiffen befestigt wurden. Ein zeit­genössisches Foto zeigt eine Entgleisung eines Wagens, der von einer solchen Ponte an Land gezogen werden sollte, und es bedurfte der Muskelkraft mehrerer Männer, um sie im Ufergewässer wieder auf das Gleis zu setzen. Rosengarten war die Zwischen­station gleich dreier Bahnlinien, nämlich der (ursprünglichen) Riedbahn von Darmstadt nach Worms, der Nibelungenbahn (die damals noch nicht so hieß) aus Bensheim sowie einer Stichstrecke nach Lampertheim und Mannheim.

Wenn der Autor für das Trajekt Rosengarten von einer doch recht hohen Zugfrequenz von fünfzehn Zugpaaren pro Tag schreibt, dann müssen wir das in Relation zu den drei Verkehrs­verbindungen setzen. Allerdings war der Personenverkehr im 19. Jahrhundert auch eher den wohlhabenderen Schichten und Klassen vorbehalten und deshalb lange nicht so umfassend wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder später; Arbeiterinnen und Arbeiter gingen eher noch längere Strecken zu Fuß, weil sie sich lange Zeit dieses moderne Verkehrsmittel schlicht nicht leisten konnten.

Das Trajekt Rosengarten und seine Bauten waren aufgrund ihrer Lage direkt am Rheinufer extrem hochwasser­gefährdet, und in der Tat wurden die Bahnhofs­anlagen mehrfach unter Wasser gesetzt. Der Eisenbahn­betrieb war dann für mehrere Tage gestört und konnte nur notdürftig aufrecht erhalten werden. Beim großen Hochwasser im Dezember 1882 und Januar 1883 brachen gleich mehrere Deiche, so daß der Verkehr auf der Riedbahn, aber auch auf Strecke zwischen Darmstadt und Mainz längere Zeit unterbrochen war. Selbst der Bahnhof von Biblis stand unter Wasser. Dennoch änderte die Hessische Ludwigsbahn an diesem Zustand nichts. So etwas mag heute unvorstellbar sein, aber im 19. Jahrhundert wurde noch nicht jede Minute dreifach verplant, so daß der umständliche Übergang über den Rhein zwar unangenehm war, aber nicht wirklich genervt hat. Dieses Trajekt ließ sich die Hessische Ludwigsbahn mit einem Aufpreis über dem regulären Fahrpreis vergüten.

Da das Wormser Trajekt im Großherzogtum Hessen lag, war ein eigener Fürsten­pavillon für den Großherzog und seine Gäste unvermeidlich. Dieser wurde zwar kaum genutzt, doch hiermit zeigte die Bahn­gesellschaft ihre Ergebenheit, die sie sich natürlich an anderer Stelle gut bezahlen ließ. Mit der Einweihung der Eisenbahn­brücke 1900 endet die Geschichte dieses Trajekts. Im Jahr darauf wurden die Anlagen komplett entfernt, so daß heute nichts mehr daran erinnert.

Hans Schliepers Buch über die „Eisenbahntrajekte über Rhein und Bodensee“ ist eine brauchbare Übersicht über ein Stück Eisenbahn­geschichte, das nicht allzu bekannt ist. Seine weiterführenden Literatur­angaben befriedigen aufkommende Neugier. Die im Buch abgebildeten Pläne und Fotos verhelfen uns zu einem realistischen Bild der damaligen Zeit. Zwei kleinere Kritikpunkte hätte ich dennoch. Mir leuchtet nicht ein, weshalb wir auf den Seiten zum Trajekt Rosengarten eine moderne topografische Karte sehen, die uns nichts über das Trajekt verrät. Zudem schreibt er von einer „Hessische(n) Staatsbahn“, die es unter dieser Bezeichung nie, und 1890 schon gar nicht gegeben hat. [4]

Das Buch „Eisenbahntrajekte über Rhein und Bodensee“ von Hans Schlieper ist im Verlag Alba Publikation zum Preis von 22 Euro erhältlich.

 

Lederhosen in sozialem Gewand

Besprechung von: Christoph Bausenwein – Das Prinzip Uli Hoeneß. Ein Leben für den FC Bayern, Verlag Die Werkstatt 2009, 447 Seiten, € 28,00

Uli Hoeneß muß man wohl nicht vorstellen. Oder doch? Vielleicht schon. Denn der Lospolterer aus der Lederhosen­stadt ist womöglich nicht der, den er darstellt. Oder doch. Vielleicht beides. Christoph Bausenwein hat, passend zum Ende der Amtszeit Hoeneß als Manager des FC Bayern eine Biografie geschrieben, die auch dann lesenswert ist, wenn nicht so recht klar ist, wohin uns der Autor führt. Denn eines ist sicher: vom Autor des Klassikers „Geheimnis Fußball“ dürfen wir so einiges erwarten. Womöglich, so denke ich, hätte dem Band etwas mehr Kompression gut getan. Manchmal wurde ich den Eindruck nicht los, als hätte noch jede einzelne gesammelte Meldung, jedes aufgezeichnete Wort des Unterhaltungs­künstlers Hoeneß seinen Platz zwischen den beiden Buchdeckeln finden müssen. Umso erstaunter sind wir dann, wenn wir keinerlei Quellenangaben erhalten. Wir müssen es halt glauben, was wir lesen.

Uli Hoeneß, Jahrgang 1952, ist ein zielstrebiger und ehrgeiziger Mensch. Er ist jedoch auch Patron und von seiner Gesinnung her sozialer Kapitalist. Er ist knallhart und besitzt ein Herz. Und vor allem anderen liebt er den FC Bayern, den er als Spieler und vor allem als Manager zu dem gemacht hat, was er heute ist. Christoph Bausenwein stellt uns diesen Menschen fußball­gerecht in elf Kapiteln vor, und während ich das schreibe, löst sich schon die erste Seite aus dem Leim.

Wo Uli Hoeneß ein Geschäft riecht, ist er dabei. Was er hierbei nicht verkauft bzw. nicht verkaufen will, ist seine Seele. Jedenfalls nicht bewußt. Denn wer immer im Kapitalismus Geschäfte macht, kommt gar nicht darum herum, seine Seele zu verkaufen. Die Waren­transaktion findet nicht nur zwischen zwei Marktteil­nehmerinnen und Marktteil­nehmern statt, sondern auch im Kopf. Wer sein ganzes Leben lang Zahlen und Profit, Erfolg und Arbeit im Kopf hat, denkt auch so, lebt auch so und handelt auch so, behandelt auch andere so, soziales Gewissen hin oder her. Insofern beschreibt uns Christoph Bausenwein auch einen Zauberlehrling, der versucht, das Unmögliche miteinander zu verbinden. Den FC Bayern erfolgreich zu machen, ohne ihn dem Kommerz auszuliefern. Wie dieser Spagat gelingen soll, ist mir schleierhaft.

Uli Hoeneß, der Erfolgreiche, ist im Grunde gescheitert. Sein Anspruch war immer der, mit dem FC Bayern die Nummer Eins in Europa zu werden. Sportlich ist ihm das nicht gelungen, wirtschaftlich schon. Wo die Top-Klubs aus England, Italien oder Spanien die Titel abräumen, sind sie entweder hoch verschuldet oder von Frischgeld abhängig. Insofern macht Geld Erfolg, aber Erfolg bringt nicht genug Geld. Es sei denn, jemand betreibt eine grundsolide Haushalts­führung wie Uli Hoeneß, der Schulden Machen für unmoralisch hält. Hier kommt die Klassen­ideologie des Kleinbürgers zum Tragen. Man oder frau kann nur so viel ausgeben, wie man oder frau auch hat. Nur – so funktioniert der Kapitalismus nun einmal nicht. Ohne fiktives Kapital, geliehenes Geld, Produktion auf Pump und Geldschöpfung aus dem Aktienmarkt wäre das profitorientierte Gesellschafts­system schon vor der Industriellen Revolution kollabiert.

Uli Hoeneß ist so betrachtet auch ein Utopist. Er glaubt den Legenden von Anstand und Treue, als wenn Betrug und knallharter Egoismus nicht das Markenzeichen dieses Wirtschafts­systems wären. Dennoch war und ist er mit seinen unzeitgemäßen Ansichten höchst erfolgreich gewesen, sowohl privat als auch als Manager. Auch privat hat er längst ausgesorgt und die eine oder andere Million gut angelegt.

Der Fußballer Uli Hoeneß war kein großes Talent. Er hat für seinen Erfolg hart gearbeitet. Dieses Arbeitsethos, das er sich von seinen Eltern abgeschaut hat, prägt sein Denken und Handeln. Er erwartet von Anderen, daß sie genauso denken – und handeln. Es ist die typisch kapitalistische Marotte, daß Andere genauso bescheuert sein sollen wie eine oder einer selbst. Überstunden sind hier genauso selbst­verständlich wie die totale Identifikation mit dem, was einer oder einem nicht gehört. Deshalb ist er dann auch erbost, wenn Fußballprofis keinem Verein die Treue schwören, sondern als moderne Legionäre dort absahnen, wo es am meisten zu holen gibt. Hart gearbeitet hat Uli Hoeneß schon als Jugendlicher, und es ist kein Zufall, daß er neben dem Job als Fußballer auch ein Studium abgeschlossen hat. Er suchte sich als Jugendlicher das Angebot eines Profivereins aus, das ihm die besten Aufstiegschancen bot. So wurde er Vertrags­amateur des FC Bayern und gleichzeitig Beschäftigter der Geschäftsstelle.

Als er den Job als Manager im Alter von 27 Jahren antrat, hatte er eine erfolgreiche Karriere hinter sich. Als Fußball­spieler wurde er Deutscher Meister und Pokalsieger, Europapokalsieger, Europa- und Weltmeister. Unvergessen sein verschossener Elfmeter beim Russischen Roulette im Finale der Europa­meisterschaft 1976. Soll vorkommen. Eine Sportverletzung beschleunigte das Ende seiner Karriere, aber er schaffte rechtzeitig den Absprung. An seinem ersten Arbeitstag wußte er noch nicht so recht, welches Aufgabenfeld ihn erwartete. Eine Stellen­beschreibung gab es nicht, und im Grunde genommen war es Uli Hoeneß, der dem Job des Managers eines Bundesliga­vereins ein Gesicht gab. Christoph Bausenwein sieht schon in dem jungen Streber

nicht nur eine perfekte Symbiose aus Fußball- und Wirtschaftskompetenz, sondern auch aus mittelständischer Bodenständigkeit und innovativem Geschäftssinn. [5]

Als Uli Hoeneß beim FC Bayern als Manager einstieg, machte der Verein gerade einmal 12 Millionen DM Umsatz, zudem war er verschuldet. Das sollte sich schnell ändern. Zumindest in Deutschland ist der Verein die Nummer Eins, und das liegt nicht nur an Uli Hoeneß. Franz Beckenbauer hat den entscheidenden Mann des Erfolgs einmal ganz klar benannt: Gerd Müller. Genau genommen war es so: die junge Truppe um Beckenbauer, Maier und Müller war im richtigen Moment erfolgreich und konnte diesen Erfolg als Sprungbrett nutzen. Ohne die Tore eines Gerd Müller wäre die Mannschaft schnell wieder im Mittelmaß verschwunden. Aber genauso wichtig war das für die Olympischen Spiele 1972 erbaute Stadion, das dem FC Bayern quasi als Geschenk zufiel. Damals waren Zuschauereinnahmen noch eminent wichtig, heute bilden sie eher ein Zubrot.

Buchcover (Ausschnitt) Das Prinzip Uli HoeneßDie Anekdote will nun, daß Uli Hoeneß an seinem ersten Arbeitstag als Manager nach zwei Stunden wieder nach Hause ging. Er dachte nach und fand, daß es viel zu tun gab, vor allem bei der Akquise. Er, der finanziell schon ausgesorgt hatte, sollte dabei nicht zu kurz kommen, aber es war ihm durchaus peinlich, wenn seine Geschäfts­modelle derart erfolgreich waren, daß ihm der Zuverdienst unverhältnis­mäßig viel einbrachte.

Nun bedeutet das nicht, daß Uli Hoeneß nur Erfolg hatte. Die Spielertransfers, die er tätigte, waren alles in allem eher ein Verlust­geschäft. Zumindest auf den ersten Blick. Manchmal nämlich engagierte er neue Spieler nicht nach rein sportlichen Gesichtspunkten. Alexander Zickler etwa wurde nach München geholt, um den ostdeutschen Markt nach der Wende zu erschließen. Jürgen Klinsmann sollte das weibliche Publikum ins Stadion locken. Als er dann, wie später auch Luca Toni, auch noch Tore schoß, war das natürlich ein unerwarteter Glückstreffer. Der Geschäfts­mann Uli Hoeneß denkt eben nicht nur an den Erfolg, sondern auch an das Merchandising und ans Image. Am Image bastelte er ohnehin eifrig mit. Deutschlands meistgehaßte Fußball­mannschaft ist auch die beliebteste. Und das ist gut fürs Geschäft.

Anders als auf den schleimigen Popwellen der Hörfunk­sender, bei denen jeder Song darauf abgeklopft wird, ob er nicht zu sehr polarisiert und damit vom Zuhören bis zum nächsten Werbeblock abschreckt, war die Polarisierung für oder gegen die Bayern ein wichtiger Bestandteil des Marketings. Die einen sonnen sich gerne im Erfolg ihrer Mannschaft; und wer Fan des FC Bayern ist, ist es in der Regel um des narzisstischen Mehrwerts wegen. Deswegen ist der FC Bayern schon aus Marketing­gründen zum Erfolg verdammt. Zu viel Erfolg ist jedoch schädlich, denn nichts ist langweiliger und uninteressanter als eine Meisterschaft, bei der nur eine Mannschaft gewinnen kann. Deshalb, und das klingt schon arg unglaubwürdig, ist jedoch verbürgt, sorgt der Geschäftsmann Uli Hoeneß dafür, daß auch die Konkurrenten eine Chance bekommen. Nur so hat der Erfolg des FC Bayern auch einen Wert, der sich dann in klingender Münze bezahlt macht.

Doch was tragen die Bayernhasser zum Erfolg bei? Nun – zu den erfolgreichen Marketing­strategien gehört, daß über einen geredet wird. Auch negative Werbung ist Werbung. Negative Äußerungen zum FC Bayern sorgen dafür, daß die Bayernliebhaberinnen und -freunde ihren Verein umso mehr lieben. Und sie kaufen Accessoires als Statussymbol ein, bei denen eine Gratwanderung zwischen Nippes und Gebrauchswert anzutreffen ist. Wer braucht schon Bayern München-Bettwäsche oder mit Bayerm-Logo verzierte Kaffeetassen? Als Statussymbol sind die Gebrauchswerte jedoch wichtig. Sehen und gesehen werden. Wer in Bayern München-Bettwäsche schläft, kann sich zumindest einbilden erfolgreich zu sein, und wer in den Betrieb den entsprechenden Kaffeebecher mitbringt, suggeriert, um jeden Preis erfolgreich sein zu wollen.

Kommen wir zur sozialen Seite des Patriarchen Uli Hoeneß. Christoph Bausenwein trägt den einen oder anderen Fall vor, aus dem hervorgeht, daß der FC Bayern auch hier ein besonderer Verein ist. Mag sein, daß es daran liegt, daß der Verein von ehemaligen Fußballprofis geleitet wird. Uli Hoeneß sorgte als Manager sehr schnell dafür, daß sich die Spieler wohlfühlen. Auch dies war seinerzeit eine echte Innovation. Dabei lag der Gedanke nahe. Alles, was Uli Hoeneß als Spieler an sozialer Fürsorge, an Ausstattung und Professionalität vermißt hatte, konnte er nun einführen. Natürlich dachte er hierbei auch an den Erfolg. Zufriedene Spieler sind bessere Spieler. Andere Mannschaften, auch europäische Spitzen­mannschaften, dachten nicht so.

Hierin drückt sich seine spezifisch soziale Ader aus. Wer zur Familie des FC Bayern gehört, wird wie ein Familien­mitglied behandelt. Wenn ein Spieler verletzt ist, wird der Vertrag auch dann verlängert, wenn unklar ist, ob der Spieler seine Leistung wieder wird bringen können. Alleine die Grundhaltung, nicht den Wölfen zum Fraß vorgeworfen zu werden, schafft ein Betriebsklima, das Erfolg ermöglicht. Das muß nicht funktionieren, kann aber. Vor allem, wenn der Verein über genügend Geld verfügt, um diese Grundhaltung zu finanzieren.

Selbstverständlich ist das nicht, schon gar nicht in der neoliberalen Wolfsgesindel­gesellschaft. Der Patriarch denkt jedoch nicht nur an seine Spieler, sondern auch an die anderen Beschäftigten des Vereins. Ist der Verein erfolgreich, haben alle dazu beigetragen, also werden auch alle am finanziellen Erfolg beteiligt. Natürlich ist das kein marktkonformes, kein rationales Verhalten im auf unmittelbaren Profit getrimmten Kapitalismus. Ein Uli Hoeneß könnte so weder die Deutsche Bank noch Karstadt oder Porsche führen. Aber mit dem FC Bayern hatte er auf diese Weise Erfolg.

Christoph Bausenwein schildert uns auf 447 Seiten den erfolgreichen Fußballprofi, Manager und Geschäfts­mann Uli Hoeneß. Er scheint mit dem Subjekt seines Buches jedoch nicht selbst gesprochen zu haben. Statt dessen fügt er aus Zeitungs­berichten, Fernseh­interviews und vielen anderen Quellen ein irgendwie stimmiges Bild zusammen, dem jedoch eines fehlt: eine radikale, ideologie­kritische Auseinander­setzung mit dem Geschäft des Fußballs. Christoph Bausenwein verfängt sich auf seine Weise in derselben Falle wie Uli Hoeneß, der Falle zwischen Fußball als Fußball und Fußball als Kommerz. Man kann aber nicht das Geschäft Fußball so betrachten, als gehe es um Fußball. Es geht ums Geschäft.

Jeder und jede Fußballfan mag das bedauern. Aber verarscht werden wir alle – das Motto lautet „Brot und Spiele“. Uli Hoeneß, so scheint es, hat das durchaus begriffen. Manche Innovation hat er aus den USA abgeschaut, wo Football und Baseball die Kommerziali­sierung in ganz andere Dimensionen voran­getrieben haben. Und doch gab er diesem Geschäft seine ganz eigene Note und er erkannte, daß Geld nicht alles ist und nicht Alles zu Geld zu machen ist. Auf seine Weise ist er mit allen Wassern gewaschen.

War er demnach nicht doch erfolgreich? Seinen eigenen Anspruch, so erfolgreich wie Real Madrid sein zu wollen, hat er nicht erfüllen können. Dennoch hat er etwas hinterlassen, das mit seinem Namen verbunden bleibt. Und wer kann das schon von sich sagen, selbst wenn es sich um eine Kunstwelt handelt? Dies und noch einiges mehr ist nachzulesen in einem locker geschriebenen, mitunter arg ausschweifenden, dafür jedoch sauber lektorierten Buch mit dem Titel „Das Prinzip Uli Hoeneß. Ein Leben für den FC Bayern“. Das Buch ist im Verlag Die Werkstatt zum Preis von 28 Euro erschienen.

 

Arbeitsrecht, unpolitisch politisch

Besprechung von: Mittelweg 36, Heft 5, Oktober/November 2009, 92 Seiten, € 9.50

Wenn das Kapital die wohldosierte Arbeitslosigkeit dazu nutzt, seine Forderungen nach Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Löhnen durchzusetzen, haben Arbeitsgerichte vermehrt Arbeit. Die Maßlosigkeit, mit denen Arbeitgeber­verbände und ihre ideologischen Lakaien in der Politik und den Mainstream-Medien ihre Forderungen durchzu­peitschen suchen, beeinflußt auch das Arbeitsrecht. Auf der einen Seiten gibt die Politik vor, was auf der anderen Seite von Gerichten bewertet und entschieden werden muß. Die Oktober­ausgabe der Zeitschrift Mittelweg 36 aus dem Hamburger Institut für Sozialforschung stellt ein Projekt vor, mit dem Arbeits­richterinnen und -richter und deren Gerichtsbarkeit soziologisch erforscht werden sollen. Erste vorsichtige Annäherungen vermitteln hierbei zwei Aufsätze, die Arbeitsgerichte als Ort gesellschaftlicher Gestaltung betrachten.

Arbeitsgerichte haben Recht auf der Basis gegebener gesetzlicher Normen zu sprechen. Ein eigener Gestaltungswille der Richterinnen und Richter ist hierbei weder vorgesehen noch erwünscht. Andererseits können Arbeitsgerichte als Appellations­instanz gegen die Interessen des Kapitals betrachtet werden, um deren Maßlosig­keit einzuschränken. Wie nun gehen Richterinnen und Richter damit um? Aufgrund der Auswertung von Interviews läßt sich sagen, daß viele Richterinnen und Richter sich als politische Menschen begreifen, die

zum einen gesellschaftliche Entwicklungen im Blick, ein Interesse an Fragen des Allgemeinwohls haben, und die zum anderen klare Positionen zu gesellschaftlich relevanten Themen vertreten. Sie verstehen sich als politische Subjekte, die mitdenken und sich einmischen. [6]

Dennoch legen sie Wert darauf, daß ihre politischen Vorstellungen sich auf ihre Tätigkeit nicht auswirken. Der Idealtypus des unpolitischen Richters bzw. der Richterin wirkt hier nach. In der Praxis tauchen daher unterschiedliche Handlungsmodelle auf, die sowohl mit dem geltenden Recht vereinbar sind, die andererseits aber auch Freiräume nutzen, um Konflikte zu entschärfen. Gefragt sind hier Kommunikation und Sozial­kompetenz. Da Arbeitsgerichts­verfahren zunächst einen Gütetermin vorsehen, können Richterinnen und Richter, ohne auf die konkrete Rechtslage zu schauen, versuchen, einen Interessen­ausgleich durch Mediation zu erreichen. Erst wenn hier keine Einigung möglich ist, besteht der kommunikative Akt in einer zweiten Stufe darin, den Beteiligten die abstrakten Normen der Gesetzeslage so zu verdeutlichen, daß nach einem Urteil eine relative Befriedung möglich wird.

In gewisser Weise handelt es sich um Grenzgänger und Übersetzerinnen zwischen der Welt der Normen und der sozialen Wirklichkeit. Die gestaltende Kraft der Recht­sprechung sollte daher nicht unterschätzt werden. Dabei ist noch nicht ausgemacht, in welche politische Richtung diese Recht­sprechung tendiert, welche Klassen­interessen sich hierin ausdrücken. Der Druck auf die Arbeitsgerichte, flexibleren Arbeitsmodellen den Vorzug vor individuellen Urteilen zugunsten der Beschäftigten zu geben, ist jedenfalls vorhanden.

 

Massenmord als anthropologische Konstante

Die Literaturbeilage des Hefts befaßt sich in zwei Aufsätzen mit dem politischen Publizisten und Literaten Hans Magnus Enzensberger und mag für diejenigen von Interesse sein, die zu seinem 70. Geburtstag eine Einschätzung seiner Handlungen und Wandlungen wünschen. Enzensberger, der in den 60er Jahren mit seinen Kursbüchern ein wichtiges Sprachrohr der außer­parlamentarischen Linken herausgab, gehört zu denen, die sich für wichtig halten, ohne noch zu dem stehen zu müssen, was sie vor vierzig Jahren vertreten haben.

Cover Mittelweg 36Interessanter finde ich die Überlegungen des Historikers Stig Förster, obwohl ich sie nicht teile. Stig Förster war, nur um einen lokalen Bezug in meine Sendung einzuflechten, Anfang der 80er Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter an der damaligen Technischen Hochschule Darmstadt. Heute lehrt er Politische Geschichte und betreibt Genozid­forschung an der Universität Bern.

Der in Mittelweg 36 abgedruckte Aufsatz stellt „Überlegungen zum Problem extremer Gewalt in universal­historischer Perspektive“ an und lädt hierdurch ein, sich der Frage zu stellen, ob Gewalt eine anthropologische Konstante darstellt. Nun wissen wir nicht, wie friedlich oder gewaltsam sich die Entwicklung des homo sapiens vollzogen hat. Alles, was nicht schriftlich belegt ist, enthält Elemente von Spekulation und – selbstredend – der ideologischen Position und Einstellung des Forschers oder der Verfasserin eines Textes. Die ältesten schriftlichen Zeugnisse kriegerischer Akte sind knapp fünftausend Jahre alt, entstanden also zu einer Zeit, als die ersten Stadtstaaten Mesopotamiens und die ersten Pharaonen Ägyptens schon auf zweifellos vorher ausgeübter Gewalt aufbauten.

Stig Förster steigt mit der Bemerkung ein, daß die Steinzeit alles andere als eine Epoche friedfertiger Jägerinnen und Sammler gewesen sei. Unsere Vorfahren stünden im Verdacht, den Seitenzweig der menschlichen Evolution, den Neandertaler, gezielt ausgerottet zu haben. An zwei Fundorten, bei Schletz in Österreich und Talheim nahe Heilbronn, seien Skelette gefunden worden, die gezielten Massenmord vermuten lassen. Auch Ötzi starb an einem in seinen Rücken geschossenen Pfeil. Und die Pfahlbauten in die Nähe von Bern seien von Palisaden umgeben worden, aus Furcht vor fremden Gruppen.

Stig Förster behandelt sein Thema in Auseinandersetzung mit Lawrence H. Keeleys Werk War Before Civilization. Die damit verbundene Fragestellung lautet, ob vorstaatliche Gesellschaften eine unbegrenzte, zum Genozid neigende Kriegs­führung kannten und ausübten. Keeley geht davon aus, daß ein Krieg unter diesen Bedingungen keine Grenzen kannte, Grenzen, wie sie erst in historisch faßbaren, zivilisierten Gesellschaften gezogen wurden. Nun wäre es absurd, die Geschichte der Zivilisation ohne Massenmord und Genozid zu schreiben. Dies gilt selbst dann, wenn es bis heute keine allgemeingültige Definition von Genozid gibt. Stig Förster geht in die Antike zurück und verweist auf genozidale Elemente im Pelopon­nesischen Krieg des 5. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung oder Caesars Kriegsführung in Gallien.

Die Gemeinsamkeit derartiger Beispiele besteht darin, daß hier eine Art asymmetrischer Krieg vorlag. Die Überlegenen dezimierten die Unterlegenen, weil sie sicher sein konnten, keine Rache befürchten zu müssen. Demnach wäre die viel beschriebene Einhegung der Kriegsführung nach dem Dreißig­jährigen Krieg dem Umstand geschuldet, daß es keine eindeutigen Asymmetrien unter den Mächten Europas mehr gab. Genozidale Kriegsführung fand unter imperialistischen Vorzeichen nur dort statt, wo das Völkerrecht nicht galt, also in Lateinamerika, Afrika, Asien und Australien. Damit gelangen wir ins 20. Jahrhundert, ein Jahrhundert des Völkermords – auch und vor allem in Europa. Doch hilft uns hier eine universal­geschichtliche Betrachtung weiter? Ich habe meine Zweifel.

Genozid, so Stig Förster, wurde nur dort verhindert, wo der Preis für die potentiellen Täter zu hoch zu sein schien oder andere Kriegsziele im Vordergrund standen. Für mich stellt sich als Schlußfolgerung daraus jedoch nicht die Frage, ob es eine internationale Instanz gibt, die den Krieg aller gegen alle im Sinne von Thomas Hobbes zu vermeiden helfen kann.

Nun wäre es eine eigene Untersuchung wert, ob die von Lawrence Keeley und Stig Förster angeführten historischen Beispiele wirklich weiterhelfen. Es ist eine Sache, Belege für eine These zusammenzutragen, aber eine andere, die ganze Geschichte zu betrachten. Zwei Fundorte in Österreich und Süddeutschland sagen uns allenfalls etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt aus, nämlich dem – archäologisch bislang nur vermuteten – Zusammenbruch der bandkeramischen Gesellschaften vor rund siebentausend Jahren. Wir wissen weder, ob es sich um Einzelfälle handelt, noch haben wir einen Überblick über alle möglichen Fundplätze. Und ob die Neandertaler von unseren Vorfahren wirklich ausgerottet wurden oder einfach ausstarben, wird zwar kontrovers diskutiert; inzwischen geht man und frau jedoch eher davon aus, daß es keinen Massenmord an den Neandertalern gegeben hat.

Ich denke, universalgeschichtliche Ansätze haben den grundsätzlichen Mangel, daß sie von sozio­ökonomischen Faktoren abstrahieren. Nun ist die Entwicklung von sozialer Schichtung und darauf aufbauend von Klassen­gesellschaften seit der Jungsteinzeit kein Faktum, das bedeutungslos wäre. Es macht einen Unterschied, ob Besitz und Reichtum vorhanden sind oder nicht. Die Entwicklung des Kapitalismus vor rund fünfhundert Jahren bildet den zweiten entscheidenden Einschnitt in die Menschheits­geschichte. Seither werden Menschen und ihre Handlungen einem abstrakten Wertprinzip unterworfen, das den handelnden Personen in der Regel unverstanden bleibt, aber den Geist prägt und bestimmte Handlungen belohnt und fördert.

Richtig ist, daß ungehemmte Kriegsführung dort anzutreffen ist, wo keine Strafe zu befürchten ist, wo die Täter davon ausgehen können, nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Interessant ist jedoch auch, daß zu allen Zeiten auch dort keine genozidalen Handlungen durchgeführt wurden, wo die Sieger klar überlegen waren. Die Kriege der Assyrer beispielsweise mögen grausam gewesen sein, aber die Besiegten wurden in der Regel deportiert, nicht vernichtet. Ob Caesar wirklich eine Million Gallier und Gallierinnen hat umbringen lassen oder ob es sich um ein politisch motiviertes Gerücht im Kampf um die Macht in Rom gehandelt hat, ist so klar auch nicht.

Daß Kriegsführung zu allen Zeiten grausam und tödlich war, kann als Allgemeinplatz gelten. Siehe Afghanistan heute. Es wäre demnach der spezifische Grund herauszuarbeiten, weshalb unter welchen Bedingungen Massenmord nicht nur akzeptabel, sondern notwendig erschien. Warum ist nur ein toter Taliban ein guter Afghane? Ich habe daher Zweifel, ob die Genozid­forschung sich ihrer Grundlagen wirklich bewußt ist, auch im Aufsatz von Stig Förster. Aber wenn euch das näher interessiert, könnt ihr das ja selbst nachlesen und selbst darüber nachdenken, was hierzu im Oktoberheft der Zeitschrift Mittelweg 36 zu finden ist.

Das Einzelheft kostet 9 Euro 50, ein Abonnement ist möglich. Soeben erschienen ist die Dezemberausgabe mit dem Schwerpunkt zur Planbarkeit von Gesellschaften.

 

Sucht euch einen anderen Planeten!

Jingle Alltag und Geschichte

Heute mit etwas mehr Geschichte, ohne die Politik aus den Augen zu verlieren. Vorgestellt habe ich das Novemberheft der Zeitschrift Archäologie in Deutschland zur Nordsee und den Funden der früheren Landbrücke zwischen Dänemark und England. Danach das Buch über Eisenbahn­trajekte über Rhein und Bodensee von Hans Schlieper. Christoph Bausenweins Biografie des ehemaligen Managers und nun Präsidenten von Bayern München, Uli Hoeneß, schloß sich an. Und zum Schluß besprach ich die Oktoberausgabe von Mittelweg 36 über Arbeitsrecht und Genozid.

In meinem Briefkasten landete dieser Tage das neue Heft der ökonomiekritischen Zeitschrift Lunapark21. Im Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen wird hier die Wirtschaft nicht schöngeredet und ist das alltägliche Elend der Ausbeutung genauso Gegenstand der Betrachtungen wie die Versuche, der kapitalistischen Walze Widerstand entgegenzusetzen. Jürgen Kuczynski betrachtet von Menschen gemachte Klima­katastrophen in historischer Perspektive und Mike Davis stellt den Zusammenhang zwischen dem Klima und der sozialen Frage her. Manchmal ist es ganz einfach:

Wie wir alle wissen, bräuchten wir mehrere Planeten, um die gesamte Menschheit in Vorstadthäusern mit zwei Autos und Vorgärten unterzubringen. [7]

Ich schlage vor, die Kapitalisten, ihre Manager, Politikerinnen und Chefideologen setzen sich auf die Raumstation ISS ab und fliegen mit irgendeiner Raumfähre ins All, um sich einen neuen Planeten zu suchen, den sie verunstalten können, während wir diesen in ein Paradies verwandeln. Na gut, das ist wahrlich nicht ernsthaft gedacht. Aber etwas besseres als die profitabel organisierte Zerstörung durch Kapital und kapitalistisch organisierte Arbeit bekommen wir doch allemal hin, oder? Am Mikrofon war für die Redaktion Alltag und Geschichte Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt.

 

ANMERKUNGEN

 

Mittels eines Klicks auf die Nummer der jeweiligen Anmerkung geht es zur Textpassage zurück, von der aus zu den Anmerkungen verlinkt wurde.

 

»» [1]   Screenshot vom 3. Dezember 2009. Ob sich das Ergebnis dieser Online­abstimmung irgendwo in den dunklen Datenwelten von Darmstadts Lokalzeitung wiederfinden läßt, habe ich noch nicht herausfinden können.

»» [2]   Idyllisierend werden gerne „Naturvölker“ als besonders naturnah dargestellt. Es handelt sich um eine weiße Metropolen­projektion. Das einzige, was daran richtig ist, ist, daß vorkapitalistischen Gesellschaften die Mittel (und vielleicht auch die Motivation) gefehlt haben, die natürlich Ressourcen derart zu vernutzen, wie es der kapitalistische Raubbau seit 500 Jahren vorantreibt.

»» [3]   Der Güterverkehr konnte seit 1874 unter Umgehung des Darmstädter Haupt­bahnhofs nördlich an Darmstadt vorbei geführt werden.

»» [4]   Topografische Karte auf Seite 93, Hessische Staatsbahn auf Seite 94. – Auf Seite 90 zeigt uns der Verfasser zwei Aufnahmen eines beim Übergang vom Trajektboot auf das Wormser Hafengleis havarierten Zuges und datiert das Ereignis auf 1892. Das kann nicht sein, denn die Lokomotive trägt die Bezeichnung „1501 Mainz“. Erst nach der Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn 1897 wurden deren Lokomotiven nach einem einheitlichen Schema preußischer Eisenbahn­direktionen umgezeichnet, so daß das Mißgeschick auf den Zeitraum von Frühjahr 1897 bis Januar 1901 eingegrenzt werden kann. Siehe auch eine vergrößerte Ansicht der Aufnahmen im Historischen Forum von Drehscheibe Online.

»» [5]   Christoph Bausenwein : Das Prinzip Uli Hoeneß, Seite 88.

»» [6]   Birte Hellmig : Richterbilder und der Begriff des Politischen. Ein empirischer Beitrag zu den Selbst- und Rechts­verständnissen der Arbeitsrichter­schaft, in: Mittelweg 36, Heft 5, Oktober-November 2009, Seite 8–27, Zitat auf Seite 25.

»» [7]   Mike Davis : Das Klima, die soziale Frage und die Notwendigkeit der Utopie, in: Lunapark21, Heft 8, Winter 2009/2010, Seite 56–59, Zitat auf Seite 59.


Diese Seite wurde zuletzt am 9. November 2014 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. ©  Walter Kuhl 2001, 2009, 2014. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.

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