Das Zelt der Landesausstellung beim Hessentag in Stadtallendorf bot den fünf im Hessischen Landtag vertretenen Parteien Raum, sich ihrer Klientel un dem immer abstinenter werdenden Wahlpublikum angemessen zu präsentieren.
Standsgemäß präsentierte sich die Partei des Mittelstandes und der Freien Berufe mit Sekt auf der Theke. Der gelbliche Charme der Bourgeoisie sprühte nur so vor sich in.
Die orange gewendete CDU (schwarz assoziiert einfach zu sehr den biederen Charme schwarzer Koffer) fischt sich ihren Nachwuchs mit Videospielen, bei denen man und frau nichts denken muß, sondern nur mitzumachen braucht. Es liegt dann an der hessischen Landesmedienanstalt, mit Hilfe von sogenannten Medienkompetenzprojekten den schon früh verführten Kids den gesellschaftlich erwünschten Umgang mit dem Konsum fremdbestimmender Medien nahezubringen. Aber da ist das Kind längst in den Brunnen gefallen …
Eher hemdsärmelig und volksnah gibt sich die SPD. Der Kicker als Blickfang verlockt zum Daddeln mit der kleinen Kugel. Das Gefühl der Geselligkeit ersetzt das Argument des Sozialen. Und wer am Rad etwas Glück hat, wird vielleicht von den Folgen sozialdemokratischer Politik verschont.
Noch ein Kicker? Es scheint, als wäre der Partei der ergrauten Protestler von damals nichts Eigenes eingefallen, und so kopierten sie das soziale Konzept der SPD. Mir stellt sich hier eher die Frage, ob die drehbaren Plastikjungs ökologisch zusammengebaut und biologisch abbaubar sind. Ich zweifle.
Draußen auf dem Gang fragten sie die an den Parteienständen Vorbeiziehenden nach ihrer Meinung zum Afghanistan-Einsatz. Drinnen versprachen sie … Wasser.
Völlig unbeanstandet mischt sich Deutschlands „Verteidigungs“armee unters Volk, um die Zweifler und Kritikerinnen auf den Krieg in fernen Ländern und Kontinenten einzustimmen. Wo war hier eigentlich die Friedensbewegung?
Auf dem Stand der LPR Hessen wurde täglich acht Stunden lang das Radio zur Veranstaltung produziert. Die Interviewgäste gaben sich die Klinke in die Hand und die Redakteure, Moderatorinnen und Techniker (und Technikerin!) sorgten für (fast) störungsfreie Eindrücke eines Events, das außerhalb des Zeltes des Landesausstellung fast durchgehend kommerzialisiert daherkam. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite zum Hessentagsradio 2010 in Stadtallendorf.
Auch die Klimafraktion des Stromgiganten RWE bemühte sich, ihre Werbebotschaft unters Volk zu bringen. Sie erhitzen das Rheinwasser und strahlen ein bißchen herum, aber das ist sicherlich klimaneutral. Weder verraten uns diese Vertreter des Stroms, der einfach nur aus der Steckdose kommt, mit welchen Umweltschweinereien ihre Brennstoff Uran abgebaut wird, noch haben sie ein Konzept, ihren Müll sicher zu entsorgen. Frei nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“ verkaufen sie uns ihr Atomdesaster als Beitrag zum Klimaschutz. Daß zumindest Biblis A als Schrottreaktor gilt, war am Stand des grünen Würfels sicherlich auch kein Thema.
Ähnlich unkritisch und unkritisiert volksnah durfte sich auch die lärmende Lobby des Flughafenbetreibers Fraport geben.
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