Fire in the field
Koreanische Apokalypse

Kapital – Verbrechen

Kalte und heiße Kriege

Sendemanuskript

 

Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte

Radio: Radio Darmstadt

Redaktion und Moderation: Walter Kuhl

Ausstrahlung am:

Montag, 10. November 2008, 17.00 bis 18.00 Uhr

Wiederholt:

Montag, 10. November 2008, 23.00 bis 24.00 Uhr
Dienstag, 11. November 2008, 08.00 bis 09.00 Uhr
Dienstag, 11. November 2008, 14.00 bis 15.00 Uhr [1]

Zusammenfassung:

Der Kalte Krieg ist die Umschreibung eines in Mitteleuropa nicht militärisch ausgetragenen Konflikts zwischen den USA und der Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg. In anderen Teilen der Welt wurde dieser Kriegszustand wesentlich konfrontativer ausgetragen. Tariq Ali beschreibt Pakistan als einen Frontstaat gegen die Sowjetunion, nachdem diese in Afghanistan intervenierte. Danach kamen die Taliban und die Zauberlehrlinge bekamen ein Problem. Das Hamburger Institut für Sozialforschung versucht einen Querschnitt durch den kalten Kriegszustand zu ziehen. Das Ministerium für Staatssicherheit bot kampfmüden Militanten aus der RAF eine Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen. Die deutsche Zeitgeschichte der Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg wandelte auf dem schmalen Grat am Eisernen Vorhang entlang.

Besprochene Bücher:

Playlist:

Die Trenner zwischen den einzelnen Buchvorstellungen entstammten der CD „Balkea“ des „Sandy Lopicic Orkestar“

 

Das Foto zeigt einen Ausschnitt des Gemäldes „Fire in the field“ des südkoreanischen Minjung-Künstlers Oksang Lim. Das Bild entstand 1979 und zeigt eine endzeitliche Vision der verbrannten Erde Koreas. Es wurde in der Minjung-Ausstellung „The Battle of Visions“ im Herbst 2005 in der Kunsthalle Darmstadt gezeigt. Ein Dank geht hier an Peter Joch, der kenntnisreich durch die Ausstellung geführt hat. [2]

 


 

Inhaltsverzeichnis

 


 

Einleitung: Von der Kunst, Hecken zu schützen

Jingle Alltag und Geschichte

Was am vergangenen Montag in Wiesbaden geschehen ist, war Schmierentheater vom Feinsten. Während der ehemalige hessische SPD-Innenminister Bökel schon am Freitag vorsichtshalber bei der geschäftsführenden Landesregierung um Polizeischutz für die drei Abweichlerinnen und den einen Abweichler aus den Reihen der SPD gebeten hatte, wußte Frau Ypsilanti noch nicht, was auf sie zukommen würde. Innerhalb der SPD gibt es demnach Kräfte, die lieber ihre Partei an die Wand fahren als die Interessen ihrer in Freundschaft verbundenen lobbyistischen Wirtschaft zu gefährden. Fraport wird sich gefreut haben.

Nun behauptet ja Dagmar Metzger, wie ihre Gesinnungsgenossinnen und -genossen in Wiesbaden und Kranichstein [3], Andrea Ypsilanti habe ein Wahlversprechen gebrochen. Dieses Herumreiten auf einer Duldung durch die nun wirklich handzahme Partei Die Linke führt vollkommen in die Irre. Denn die SPD hatte ihren Wählerinnen und Wählern noch etwas Anderes versprochen: Koch muß weg!

Und in der Tat war dies ein starker Beweggrund für Tausende Männer und Frauen, zähneknirschend eine Partei zu wählen, von der sie wußten, daß sie genauso knallhart sanieren, betonieren und umverteilen kann wie die Riege um Roland Koch. Aber jedes zugemachte Frauenhaus und jede Minute Verlängerung der Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst wurde Roland Koch um die Ohren gehauen. Das war ein Wahlversprechen: Koch muß weg!

Dieses Versprechen wollte Andrea Ypsilanti tatsächlich halten. Und bei der Abwägung zweier Wahlversprechen, die sich gegenseitig ausschlossen, hat sie sich für das entscheiden, wofür sie gewählt worden war. Wir können aber alle einmal gedanklich den Lackmustest machen, welches Wahlversprechen die Wählerinnen und Wähler lieber umgesetzt haben wollten. Stellt euch vor, die SPD schart sich um Dagmar Metzger und Jürgen Walter und sagt: wir versprechen – kein Bündnis mit der Linken! Und stellt euch eine SPD vor, die zufälligerweise einmal so etwas wie ein funktionierendes Rückgrat wiederentdecken sollte, und die sagt: Lieber die Linke als Roland Koch. Welche Wahlstrategie wird wohl mehr Stimmen erhalten? Ich glaube wir sind uns einig, daß Dagmar Metzger fürchterlich abschmieren würde.

Aber das ist nun etwas, was der SPD bei den anstehenden Neuwahlen ohnehin passieren wird. Da sie nicht in der Lage ist, offensiv mit den Heckenschütz(inn)en aus den eigenen Reihen umzugehen, und da sie ohnehin lieber einen wirtschaftsfreundlichen als einen bürgerinnenfreundlichen Kurs fährt, ist das Wahlergebnis schon jetzt abzusehen: Koch erhält eine Verschnaufpause von weiteren fünf Jahren. Danke, Dagmar Metzger! Sagt Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt.

 

Was die SPD von Barack Obama noch lernen kann

Dabei könnte sich die SPD, und das nicht nur in Hessen, eine Scheibe von Barack Obama abschneiden. Damit meine ich nicht das windelweiche Wahlprogramm eines „Wechsels“, bei dem uns nicht verraten wird, wohin der Wechsel auf die Zukunft uns denn nun führen wird. Nein, ich meine die absolut intelligente, moderne und vor allem mitreißende Wahlstrategie. Während die SPD ihre linke Flanke verloren gibt, meint sie, durch das Wildern in rechten Gewässern Erfolge verbuchen zu können. Müntefering und Steinmeier stehen für die schlimmsten Auswüchse der letzten Jahre in einer Volkspartei, die nur noch an sich denkt – und natürlich an die Interessen ihrer Freunde von der Wirtschaftsfront, die ja auch bedient werden wollen.

Während der eine mit der Agenda 2010 den sozialen Kahlschlag erst so richtig bei der eigenen Klientel salonfähig gemacht hat, bevor er zur Ablenkung die Heuschrecken als Schreckgespenst in den gesellschaftlichen Diskurs einführte, war der andere als Geheimdienstkoordinator fleißig daran beteiligt, den bürgerlichen Rechtsstaat zu demontieren. Natürlich wußte Steinmeier nichts von den Foltercamps der CIA und auch nichts davon, daß seine US-amerikanischen Geheimdienstfreunde Entführung, Folter und Mord als ihre Agenda 2001 betrachten. Ein solches Wissen ist für einen Geheimdienstkoordinator auch zuviel verlangt. Und weil er das alles nicht weiß, müßte man und frau ihn doch eigentlich als unfähig und inkompetent in die Wüste schicken. Statt dessen wird so ein Nullchecker Kanzlerkandidat! Keine Frage, das ist kein Nullchecker. Auch Steinmeier und Müntefering haben eine Vision.

Barack Obama zeigt hingegen, wie sich Kapitalfreundlichkeit mit Massenmobilisierung vereinbaren läßt. Anstatt in der Mitte der Gesellschaft zu wildern, mobilisierte er diejenigen, die vom US-amerikanischen Wahlsystem die Schnauze voll hatten – also die Marginalisierten und Nichtwählerinnen. Einfache, in die Runde geworfene Floskeln wie „change“ und „hope“ reichen in diesem durchaus immer noch strukturell rassistischen Land aus, Massen für etwas zu begeistern, was sie noch gar nicht kennen. „Yes we can.“

Die Wahlaussagen sind flau und soweit wir Konkreteres hören, müssen wir schwer schlucken. Natürlich wird auch Barack Obama Steuergeschenke an die Reichen verteilen. Woher, bitte sehr, hat er denn seinen Wahlkampffonds von rund 700 Millionen Dollar erhalten? Aus den mickrigen Dollarspenden seiner unzähligen Unterstützerinnen und Unterstützer? Quark. Das US-amerikanische Kapital weiß, wen es schmieren muß, und vor allem, wann es angebracht ist, die Seiten zu wechseln.

Dennoch wird auch Barack Obama nicht umhin kommen, der recht hohen Erwartungshaltung seiner Unterstützerinnen und Wähler nachzukommen. Es wird also auch ein paar Plätzchen für diejenigen geben, die keine Krankenversicherung haben, die auch mit zwei Jobs nicht satt werden und die in den schwarzen Ghettos der Großstädte leben. Immerhin kennt Obama diese Ghettos aus eigener sozialpolitischer Erfahrung, auch wenn er der wohlhabenden schwarzen Mittelschicht zuzurechnen ist. Aber den großen Kuchen futtern dann andere. Es ist so wie hierzulande. Die einen kriegen Hartz IV und die anderen 500 Milliarden. Das nennen Herr Müntefering und Herr Steinmeier dann „soziale Gerechtigkeit“. [4]

Weitaus schlimmer sind jedoch die Worte des President Elect, wenn es um die weltweite Verbreitung des US-amerikanischen Traums geht. Da gibt es klare Ansagen: Terroristen werden entweder gefangen genommen oder umgebracht: dead or alive. Und während die US-Truppen den Irak verlassen sollen, wird der Krieg in Afghanistan und gegen die dortige Zivilbevölkerung ausgedehnt werden. Und wenn sich das eingebildete Al Qaida in Pakistan trifft, dann, das hat Obama schon klargestellt, dann wird auch Pakistan die Segnungen der US-amerikanischen Militärtechnologie kennenlernen. „Change has come to America.“ In der Tat, to America – in Afghanistan können auch in Zukunft Hochzeitsgesellschaften ihres Lebens nicht sicher sein. Und in Pakistan in Zukunft wohl ebenfalls nicht. [5]

 

Die pakistanische Bombe und das Ziehkind des Westens

Besprechung von : Tariq Ali – Pakistan. Ein Staat zwischen Diktatur und Korruption, Diederichs Verlag 2008, 334 Seiten, € 22,00

Welchen Krieg will Barack Obama in Pakistan führen? Wenn wir der Mainstream-Medienberichterstattung Glauben schenken wollen, dann bedroht ein militanter Islamismus die Grundfesten des pakistanischen Staates. Pakistan ist eine Nuklearmacht, und wer sieht es schon gerne, daß derartige Waffen in die Hände seines schlimmsten Feindbildes geraten? Nun sind die suggestiven Bilder und die beängstigenden Worte das eine, die damit verbundenen politischen Absichten das andere. Tatsache ist jedoch, daß Pakistan nur dann in seinen Grundfesten erschüttert würde, wenn die US-amerikanische Militärwalze auch in Pakistan einfällt.

Weshalb das so ist, erklärt uns der international renommierte Historiker und Schriftsteller Tariq Ali in seinem Buch Pakistan – Ein Staat zwischen Diktatur und Korruption. Im Gegensatz zur landläufig verbreiteten Meinung hätten der pakistanische Geheimdienst und das pakistanische Militär die Taliban weitgehend unter Kontrolle gehalten. Wenn jedoch die USA in Pakistan Krieg führen würden, dann, so Tariq Ali, müsse sich das Militär entscheiden zwischen der Waffenbrüderschaft unter Paschtunen und dem Erhalt des Staates Pakistan auf Kosten der Waffenbrüder. Das ist das eine. Das andere ist: ohne eine Lösung des Konflikts im benachbarten Afganistan, und das bedeutet: ohne einen vollständigen Rückzug aller neokolonialen Besatzungstruppen, kann es keinen Frieden in der Region geben.

Buchcover Tariq Ali PakistanWenn es jemanden gibt, der sachlich fundiert, politisch geschult und ohne ideologische Scheuklappen das Schicksal Pakistans beschreiben kann, dann ist es Tariq Ali. Er selbst wurde 1943 im später pakistanischen Teil von Britisch-Indien geboren. Als Student organisierte er Demonstrationen gegen die damalige Militärdiktatur und mußte das Land verlassen. Er ging nach London, schloß sich dort der britischen Bewegung gegen den Vietnam-Krieg an und wurde einer ihrer wichtigsten Wortführer. Es ist vielleicht nicht allzusehr übertrieben, wenn ich sage, daß Tariq Ali für London das war, was Daniel Cohn-Bendit angeblich für den Pariser Mai '68 gewesen ist.

Er kennt Pakistan von innen, weil er in den langen Jahren zwischen seinem ersten Exil und heute immer wieder nach Pakistan zurückkehrte und dort mit den Machthabern und überhaupt der herrschenden Klasse in Kontakt stand. Schließlich entstammte er selbst der pakistanischen herrschenden Klasse. Gleichzeitig kann er aufgrund seines langen Auslandsaufenthalts Pakistan auch distanziert von außen betrachten. Die Attitüden westlicher Politologen oder anderer intellektueller Anbeter der Macht sind ihm fremd. Das heißt: er kann sein Sujet schonungslos betrachten, gibt sich keinen Illusionen hin und plappert nicht den Unsinn US-amerikanischer Nachrichtenagenturen nach. Hinzu kommt eine tiefe Verbundenheit mit den Menschen, die sich gegen Ausbeutung, Hunger, Elend und Unterdrückung zur Wehr setzen.

Nicht nur in Pakistan. Während des Vietnam-Kriegs war er Teilnehmer einer Solidaritäts-Delegation aus England und erlebte im Norden des damals noch geteilten Landes hautnah mit, was eine moderne Kriegsführung bedeutet: Massenmord an der Zivilbevölkerung [6]. Als das damalige Ostpakistan von Westpakistan Autonomie forderte, sprach er auf dem Campus der Universität von Dhaka und rief dazu auf, das Land in die eigenen Hände zu nehmen. Tariq Ali kannte den westpakistanischen chauvinistischen Nationalismus nur zu gut, und er befürchtete ein Blutbad.

Er sollte Recht behalten. Der Wirbelsturm, der Ostbengalen 1970 verwüstete, forderte 200.000 Menschenleben. Als im Jahr darauf die westpakistanische Armee einmarschierte, wurden unzählige Frauen vergewaltigt, Millionen Menschen vertrieben oder liquidiert. Das nicht ganz uneigennützige Eingreifen Indiens führte zur Kapitulation Pakistans und zur Unabhängigkeit von Bangladesch.

Tariq Ali führt uns zurück in die Zeit vor der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans vom Britischen Empire und zeigt dabei auf, daß die mit religiösen Vorwänden vollzogene blutige Teilung des Subkontinents alles andere als zwangsläufig war. 1946 lähmte eine Meuterei der indischen Flotte die Kolonialherrschaft. Plötzlich wurden Klasseninteressen thematisiert, plötzlich bemerkten indische Kongreßpartei und pakistanische Muslimliga, daß es noch eine dritte Kraft im Ringen um Unabhängigkeit und Macht geben könnte. Sie spielten die ethnisch-religiöse Karte aus. 1946 streikten Hindus, Muslime und Sikhs einträchtig. Und die Landlords und Kleinkapitalisten wußten, was das für sie bedeutete. Dann lieber eine Teilung mit möglichst viel verbrannter Erde, so mögen sie sich gedacht haben.

Das ist die Geburtsstunde Pakistans – eines in zwei Hälften geteilten Landes ohne Vorgeschichte. Die Herrschaft übernahm die herrschende Klasse im Westen des Landes, während der Osten quasikolonial ausgebeutet wurde. Dieser Gegensatz konnte nur mit Waffengewalt aufrecht erhalten werden und führte zur Militarisierung des Landes. Eine Militärdiktatur war die Folge. Dann, Mitte der 60er Jahre, kam die Zeit von Zulfiqar Ali Bhutto, dem Vater der vor einem Jahr ermordeten Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto.

Auch Pakistan hatte sein 1968. Und was für eines! Als der Diktator Ayub Khan die Feierlichkeiten zu seinem zehnten Jahrestag feiern wollte, nachdem er kurz zuvor einen sinnlosen Krieg gegen Indien verloren hatte, gingen in Rawalpindi und Dhaka, im Westen und im Osten Pakistans zunächst die Studenten auf die Straße. An dem darauf folgenden Aufstand nahmen 10 bis 15 Millionen Menschen teil. Die Antwort des Militärs war Waffengewalt. Islamische Gruppierungen waren chancenlos: „Die Bewegung von 1968 war überwiegend säkular, nationalistisch und antiimperialistisch.“ [7] Ayub Khan mußte zurücktreten, sein Nachfolger wurde Yahya Khan. Die ostpakistanische Awami-Liga gewann erdrutschartig die Wahlen im Dezember 1970. Ihr stand die Bildung der Zentralregierung zu. Das konnten die westpakistanischen Eliten nicht zulassen; der Krieg gegen den Osten des Landes war die Folge.

Bhutto war in die Wahlen mit einem relativ radikalen und sozialen Programm gegangen. Es war wenig wahrscheinlich, daß er all diese Wahlversprechen würde halten können.

Seine Parteiorganisation war eine lose Ansammlung von Feudalherren, Geschäftemachern, Anwälten und kleinbürgerlichen Trittbrettfahrern, der allerdings auch einige höchst engagierte studentische Aktivisten angehörten, die geholfen hatten, die Diktatur zu stüren. [8]

Nachdem der Ostteil des Landes verloren war, blieb Bhutto übrig. Zwar gelang es ihm, die Macht der 22 Familien zu zerschlagen, die zuvor die Wirtschaft des Landes dominiert hatten, aber daraus folgte keine positive Entwicklung, sondern Vetternwirtschaft, Korruption und staatliche Bürokratie. Drei Jahrzehnte und etliche Jahre Militärherrschaft später wird an der Westgrenze des Landes Krieg geführt, ein Krieg, den auch die USA nicht gewinnen können.

Benazir Bhutto, die in den westlichen Medien als Hoffnungsträgerin aufgebaut wurde und die im Dezember des vergangenen Jahres bei einem Attentat ums Leben kam, gehörte zu dieser kleptokratischen Klasse. So erbte ihr Mann nicht nur das Vermögen, sondern auch die Partei Bhuttos und vor allem die politische Herrschaft. Es bleibt eben alles in einer großen Familie, auch wenn innerhalb dieser mehrere Fraktionen miteinander um die Macht streiten. Die Mehrheit der Bevölkerung bleibt ausgeschlossen. Und obwohl die Islamisierung des Landes von oben durchgeführt wurde, ist Pakistan immer noch ein bemerkenswert wenig islamistisches Land. Bombenattentate zeigen eher die Schwäche als die Stärke fundamentalistischer Gruppierungen. Interessant ist auch, daß sich die pakistanische Bevölkerung auch heute noch für durchaus emanzipatorische Forderungen und Ziele mobilisieren läßt.

Die jüngere Geschichte Pakistans ist nicht zu verstehen ohne die Ereignisse im Nachbarland Afghanistan. Die Grenze zwischen beiden Ländern wurde im 19. Jahrhundert von den Briten willkürlich gezogen. Auf beiden Seiten der Grenze leben Paschtunen. Spätestens mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen im Dezember 1979 wurde Pakistan in das große Spiel um die Zukunft Zentralasiens hineingezogen. Pakistan wurde zum Bollwerk und zur Infiltrationszone gegen den gottlosen Kommunismus aufgebaut.

Was auch immer in Afghanistan geschieht – es muß Auswirkungen auf die Politik und Gesellschaft seines Nachbarlandes haben. Dabei geht es weniger um religiösen Fundamentalismus, als vielmehr um die Kontrolle Afghanistans. Die Taliban waren mit einem Teil des pakistanischen Sicherheitsapparates liiert, wurden jedoch beim Einmarsch der sogenannten Nordallianz und der Invasionstruppen zurückgepfiffen. Teile des pakistanischen Militärs haben diesen Rückzug als Schmach empfunden. Sollten die USA den Krieg auch auf pakistanischem Boden führen, ist ein Bürgerkrieg nicht ausgeschlossen.

Tariq Alis nicht nur lesenswertes, sondern auch gut lesbar geschriebenes Buch über Pakistan gibt uns Einblicke in das Funktionieren eines Drittweltlandes, die wir aus der bürgerlichen Presse niemals gewinnen können. Die Fakten sind untermauert und die Wertungen nachvollziehbar. Hier wird Klartext geredet. Tariq Ali lebt zwar in London, aber ihm ist deshalb keinesfalls egal, was in und was mit Pakistan geschieht. Und das, was Barack Obama hier ankündigt, ist definitiv ein Schritt in die falsche Richtung. Tariq Alis 334–seitiges Buch ist im Diederichs Verlag zum Preis von 22 Euro erschienen.

 

Schüttelfrost unter Palmen

Besprechung von : Bernd Greiner, Christian Th. Müller, Dierk Walter (Hg.) – Krisen im Kalten Krieg, Hamburger Edition 2008, 547 Seiten, € 35,00

Die Militarisierung Afghanistans ist ohne den Kalten Krieg nicht zu verstehen. Als eine moskautreue Fraktion der afghanischen Kommunisten in Gefahr geriet, Macht und Leben zu verlieren, ließ der Kreml sowjetische Panzer und Sturmtruppen in Kabul einmarschieren. Seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts galt Afghanistan als Teil der russischen Einflußsphäre, und die Sowjetunion mußte befürchten, die Kontrolle über das Land zu verlieren. Für Jimmy Carters – ihr erinnert euch: Jimmy Carter, das ist der, der mit den Menschenrechten wedelt und dafür 2002 den Friedensnobelpreis bekam – Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski war der Einmarsch ideal. Man konnte der Sowjetunion ihr eigenes Vietnam verpassen.

Der Kalte Krieg erwärmte sich zu Beginn der 80er Jahre noch einmal, bevor die Sowjetunion, auch aufgrund des verlorenen Krieges in Afghanistan, zerbröselte. Der Kalte Krieg begann kurz nach dem Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland und endete, als Gorbatschow und Jelzin die Sowjetunion kapitalkonform abgewickelt hatten. Die NATO stationierte Anfang der 80er Jahre Mittelstreckenraketen in Mitteleuropa und die Sowjetunion ließ sich da auch nicht lumpen.

Es gab jedoch einen strategischen Unterschied: der Westen konnte sich das finanziell leisten, die Wirtschaft der Sowjetunion war dem nicht gewachsen. So konnten Ronald Reagan und sein Beraterteam mit Hilfe von CIA und Militärs so viel Druck ausüben, daß ein heißer Krieg vermieden wurde, aber auch so viel, daß die Sowjetunion in diesem strategischen Spiel nicht gewinnen konnte.

Buchcover Krisen im Kalten KriegDer Kalte Krieg ist auch das Thema eines soeben in der Hamburger Edition des Hamburger Instituts für Sozialforschung herausgebrachten Bandes über die Krisen im Kalten Krieg. Bemerkenswert ist, daß weder Afghanistan noch Vietnam als Schauplätze der Auseinandersetzung zwischen West und Ost, USA und Sowjetunion, in einem eigenen Kapitel gewürdigt werden. Diese Ungereimtheit wird noch verstärkt dadurch, daß von den achtzehn Kapiteln zwischen Berlin-Krise und Korea-Krieg, zwischen Ungarn-Aufstand und Jom Kippur-Krieg nur ein einziges von einer Frau geschrieben wurde. Es ist offensichtlich ein Männerthema. Und ich denke, diese sicherlich von den Herausgebern nicht reflektierte Herangehensweise hat Auswirkungen auf die Präsentation des Themas.

Dabei geht es weniger darum, ob das Thema „übermäßig akademisch“ behandelt wird, wie der Rezensent der Frankfurter Rundschau angemerkt hat [9]. Eher wäre die Frage zu stellen, ob die Fixierung auf das persönliche Verhalten einzelner Staatsführer etwas mit einem „männlichen Blick“ zu tun hat. Ich möchte den Punkt hier nicht weiter vertiefen, obwohl ich denke, daß es einen Unterschied macht, wer mit welchem Blickwinkel einen Gegenstand betrachtet. Ich wette, wenn die Autorinnen und Autoren aus Drittweltländern gekommen wären, würde hier ein ganz anderes und sicherlich nicht weniger interessantes Buch vorliegen.

Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Geschichte des Kalten Krieges auch in der öffentlichen Wahrnehmung sehr auf bestimmte Krisenherde fixiert worden ist: Berlin, Kuba und Korea. Das mag damit zusammenhängen, daß es nach der Kuba-Krise vom Oktober 1962 andere und mehr ritualisierte Formen des Umgangs der Supermächte miteinander gegeben hat, welche die Gefahr „heißer Kriege“ eingedämmt hat. Zudem war spätestens 1962 klar geworden, daß in dieser Auseinandersetzung die Sowjetunion immer den schwächeren Part spielte, was im Einzelfall ein nach außen hin aggressiveres Auftreten, quasi als Kompensationsleistung, erklären mag.

Einen Aufsatz möchte ich jedoch hervorheben, eben weil er nicht eindimensional dem Pfad des Handelns großer Männer folgt. Marc DeVore beschreibt darin die militärischen Pläne Großbritanniens und Frankreichs während der Suezkrise 1956. Präsident Nasser hatte kurz zuvor den Suezkanal verstaatlicht und damit einen Teil neokolonialer Ausbeutung beendet.

Das konnten sich Briten und Franzosen nicht gefallen lassen, genauer gesagt: deren Regierungen und die dahinter stehenden politischen und wirtschaftlichen Interessen, und so verfielen sie auf den Gedanken, Nasser zu stürzen. Hierzu planten sie eine kombinierte Luft- und See-Operation, um mit konventionellen Truppen die ägyptische Armee zu besiegen, den Kanal zu besetzen und Nasser abzusetzen. Daß ihnen dies nicht gelang, lag nicht nur an der politischen bzw. diplomatischen Intervention der USA bzw. der UNO, sondern auch an der Eigendynamik politischer und militärischer Entscheidungsprozesse.

Grundsätzlich sind es die sozialen, gesellschaftlichen Triebkräfte, welche die Politik eines Landes bestimmen. In einer Demokratie werden regelmäßig Wahlen abgehalten, um das politische Personal zu bestätigen oder zu erneuern. Neues Personal bedeutet frischen Wind, und es bedeutet auch, daß andere wirtschaftliche Interessen zum Zuge kommen können. Deshalb unterstützen in den USA die großen Konzerne vorsichtshalber beide Parteien. Sobald das Personal jedoch gewählt worden ist, entzieht es sich der Kontrolle und verfolgt die Interessen derjenigen, die ihnen zur Macht verholfen haben. Diese sind nicht identisch mit dem Wahlvolk.

Marc DeVore zeigt nun anhand der Suezkrise auf, wie gruppendynamische Prozesse innerhalb kleiner Entscheidungsgremien, verbunden mit bürokratischen Eigeninteressen und politischen Eigendynamiken innerhalb eines Staatenbündnisses mit unterschiedlichen Zielen (hier: Großbritannien, Frankreich und Israel) zu einem politisch-militärischen Desaster geführt haben. Trotz militärischer Erfolge konnte Nasser nicht gestürzt werden. Ursprünglich entworfene Pläne wurden solange umgeworfen, bis sie das eigentliche Ziel nicht mehr erreichen konnten. Es fehlte eine Rückkopplung an politische und militärische Berater, welche die strategischen Schwächen der Planung sofort hätten aufdecken können. Der Gruppendruck im kleinen Kämmerlein machte Dissens jedoch unmöglich, so daß auch Plänen zugestimmt wurde, die als fehlerhaft hätten erkannt werden können.

Etwas Ähnliches können wir durchaus auch beim Politbüro der KPdSU unter Chruschtschow beobachten, worauf Joshua Andy in seinem Aufsatz über die sowjetische militärische Führung während der Kubakrise 1962 verweist.

Was die Suez-Krise jedoch mit dem Kalten Krieg zu tun hat, bleibt unklar. Denn die Sowjetunion war in Ungarn involviert und daher gar nicht in der Lage, Nasser zu Hilfe zu kommen. Überhaupt fehlen in diesem Buch einige wichtige Fragestellungen. Der Zweite Weltkrieg endete mit einer auf der Konferenz von Jalta weitgehend beschlossenen Aufteilung Europas in Einflußzonen. Diese Einflußzonen resultierten aus den militärischen Kräfteverhältnissen innerhalb der Alliierten. Die Aufteilung Europas mit nachfolgendem „Eisenern Vorhang“ läßt sich also auf die Kurzformel Jalta bringen. Ich habe den Namen dieses Ortes im gesamten Buch vergeblich gesucht, vielleicht habe ich ihn auch nur überlesen. Aber faktisch wird uns eine Reihe von Einzelereignissen präsentiert, die mehr oder weniger losgelöst voneinander betrachtet werden.

Der Kalte Krieg ist ohne Atomwaffen nicht denkbar. Ohne Atomwaffen wären Kriege zwischen den Gewinnern des Zweiten Weltkriegs vielleicht wahrscheinlicher geworden. Vielleicht. Wir werden die Antwort niemals kennen. Dennoch bedeutet die Verfügungsgewalt über Atomwaffen auch immer die Gefahr, daß diese auch eingesetzt werden. Ob die im gesamten Band mehrfach beschriebenen Krisenszenarien wirklich überzeugend belegen, wie nahe die Erde am Atomkrieg stand, möchte ich dahingestellt sein lassen. Ich persönlich bin da nicht so überzeugt. Aber – es gibt auch keinen Grund anzunehmen, daß die politischen und militärischen Führer der Atomstaaten rationaler handeln als die sie umgebende Irrationalität kapitalistischer Gewaltverhältnisse. Vielleicht hatten wir Glück. Insbesondere 1983, als das Planspiel Able Archer der NATO in der Wahrnehmung der Sowjetunion realistische Kriegszüge trug.

In den Beiträgen des Sammelbandes finden sich immer wieder Hinweise auf paranoide Weltbilder in den Führungskreisen der USA wie der Sowjetunion. Während in den USA von einer allgegenwärtigen kommunistischen Verschwörung gefaselt wurde – und davon lebt bis heute eine ganze Filmindustrie –, hatte die Sowjetunion durchaus realistische Gründe, dem kapitalistischen Westen alles Böse zuzutrauen. Nicht vergessen war die Invasion mehrerer ausländischer Armeen in den Jahren nach der Oktoberrevolution und erst recht nicht vergessen war der Vernichtungskrieg der Wehrmacht.

Insofern war Argwohn durchaus angebracht. Andererseits hätte eine solide marxistische Analyse zeigen können, daß es auch im hochgerüsteten Westen strukturelle Gründe für einen Krieg gegen die Sowjetunion geben mußte. Jeder Krieg ist ein Geschäft, bei dem die prognostizierten Gewinne die Verluste aufwiegen sollten. Die Verluste eines Atomkriegs waren jedoch unkalkulierbar.

Vielleicht galten daher die Grenzen von Jalta auch in den spannungsgeladendsten Phasen des Kalten Krieges, weil der kapitalistische Machtbereich bis Mitte der 60er Jahre in einem Maße prosperierte, wie es sich niemand 1939 erträumt hätte. Nur einzelne Krisensymptome zu Beginn der 50er Jahre mögen geschockt haben, als der Nachkriegsboom stockte, aber zum Glück für die US-Wirtschaft gab es den Korea-Krieg. Seither ist die ölbasierte permanente Rüstungswirtschaft ein zentraler Pfeiler der kapitalistischen Ökonomie.

Woraus sich jedoch die gesamte Dynamik des Kalten Krieges speist, nämlich aus einem Systemgegensatz zwischen ordinärem Kapitalismus und bürokratisch verzerrten … naja, Sozialismus war es ja nun auch nicht, das wird uns nicht erklärt. Anstatt aus der Geschichte der Teilung Europas zu begreifen, weshalb beispielsweise die Ungarn 1956 keine Hilfe aus dem Westen erhielten, nämlich deshalb, weil die Grenzen von Jalta nicht angetastet wurden, werden uns die Irrungen und Wirrungen einer US-amerikanischen Schlingerpolitik serviert.

Nun kann man und die eine Frau das politologisch so zusammentragen. Vielleicht ist der Band deshalb für das Studium an Hochschulen recht nützlich, weil: dort werden solch seltsame Theorieansätze in der Regel unkritisch von Generation zu Generation weitergetragen. Aber ehrlich gesagt: Ich war enttäuscht. Aus dem Thema wäre so viel mehr herauszuholen gewesen, um die tatsächliche Dynamik einer aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Teilung Europas mitsamt einer nicht aufgeteilten restlichen Erdkugel zu analysieren und darzustellen.

Wenn überhaupt, dann ist der Aufsatz von Oliver Bange über das Ende des Prager Frühlings als ein Schritt in diese Richtung zu begreifen. Er führt uns hier die durchaus miteinander konfligierenden Interessen zwischen Sowjetunion und tschechoslowakischer Führung, zwischen USA und der Bundesrepublik Deutschland, zwischen CDU und SPD selbst innerhalb ein- und derselben Regierung – damals gab es ja auch eine Große Koalition – vor Augen. Dennoch fehlt die Einbettung in einen Zusammenhang, der aufgrund der Weltwirtschaftskrise Mitte der 60er Jahre den Wandel in der Ostpolitik erklären könnte. Willy Brandt ist nicht vom Himmel gefallen. Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort – doch dazu mußte zwischen 1966 und 1969 erst einmal das Personal ausgetauscht werden.

Zwei kleine Fehler wären noch nachzutragen. Auf Seite 76 wird der britische Verteidigungshaushalt zu Beginn der 50er Jahre um eine Zehnerpotenz zu hoch angegeben und auf Seite 321 wird die sogenannte „Anti-Partei-Gruppe“ der Gegner Chruschtschows auf eine Person reduziert.

Der von Bernd Greiner, Christian Müller und Dierk Walter in der Hamburger Edition herausgegebene Band trägt den Titel Krisen im Kalten Krieg. Seine 547 Seiten kosten 35 Euro.

 

Die Welt der Geheimdienste

Besprechung von: Robert Allertz – Die RAF und das MfS. Fakten und Fiktionen, edition ost 2008, 224 Seiten, € 14,90

Am Samstag [8. November 2008] beschrieb Markus Kompa auf dem Internetportal Telepolis ausführlich das Bedrohungsszenario des Jahres 1983 [10]. Seine Ausführungen widerlegen die besondere Effizienz des KGB und verweisen darauf, daß ein Großteil der sowjetischen Spionage-Erkenntnisse aus dem Ministerium für Staatssicherheit gestammt haben soll. Vojtech Mastny, der in dem soeben besprochenen Band über die Krisen im Kalten Krieg einen Aufsatz über das NATO-Manöver Able Archer 83 beigesteuert hat, fragt in einem im Internet veröffentlichten Artikel auch ganz direkt, ob nicht ostdeutsche Spione einen Dritten Weltkrieg verhindert hätten.

Die Stasi als Friedensstifter – dies ist ein Gedanke, der in der deutschen Realitätswahrnehmung sicherlich nicht auf fruchtbaren Boden fallen wird. Dennoch sollten wir die Effizienz des MfS nicht unterschätzen, denn es hatte seine Spione so geschickt plaziert, daß es über die westdeutsche Ostpolitik ziemlich gut informiert war, aber auch über die Planungen der NATO.

Buchcover Die RAF und das MfSEinen gänzlich anderen Fall deeskalierender Maßnahmen schildert der von Robert Allertz redaktionell aufbereitete Band über die Rolle des MfS beim Unterbringen ehemaliger Mitglieder der Roten Armee Fraktion in den 80er Jahren. Der Hintergrund ist Folgender: Nachdem die RAF 1977 beim Versuch, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan Carl Raspe und andere Gefangene freizupressen, gescheitert war, befand sich die Gruppe in einem relativ desolaten Zustand.

Ein Teil der Gruppe wollte weiterkämpfen, ein anderer fühlte sich dem Leben im Untergrund nicht gewachsen. Der Wunsch auszusteigen wurde akzeptiert und so wurde fieberhaft nach einer Möglichkeit gesucht, die Aussteigergruppe in einem Drittweltland unterzubringen. Unter anderem waren Angola oder Mosambik im Gespräch, obwohl dort eine Gruppe weißer Männer und Frauen auffallen mußte.

1978 waren drei Mitglieder der Bewegung 2. Juni, der Stadtguerillagruppe aus Westberlin, in Prag festgenommen und anschließend nach Ostberlin überstellt worden. Eine der Frauen war Inge Viett, die in den folgenden beiden Jahren mit dem MfS über die Möglichkeit sprach, diese Aussteigerinnen und Aussteiger unauffällig in das Leben der DDR zu integrieren. Klar war dabei, daß diese Gruppe dann keinen Kontakt mehr zum Westen würde unterhalten können. Acht Aussteigerinnen und Aussteiger übersiedelten dann 1980 in die DDR, zwei weitere 1982.

Weiterhin, das wurde 1990 im Zuge der Annexion der DDR medial ausgeschlachtet, gab es wohl weitere Kontakte zwischen dem MfS und der noch aktiven RAF. Unter anderem wurde ein Panzerfaustanschlag nachgestellt. Damals hieß es, die Stasi habe die RAF logistisch unterstützt. Das von Robert Allertz in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen MfS-Generalleutnant Gerhard Neiber geschriebene Buch über Die RAF und das MfS beansprucht eine andere Sicht der Geschehnisse, versucht, zwischen Fakten und Fiktionen zu unterscheiden. Tatsächlich haben sich viele der auch strafrechtlich verfolgten Anschuldigungen als nicht haltbar erwiesen.

Gerhard Neiber legt in diesem Buch ausführlich den Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit dar, zu dem unter anderem die Terrorabwehr gezählt hat. Nun haben in den 70er und 80er Jahren durchaus einige als terroristisch gekennzeichnete Gruppierungen das Luftkreuz Berlin-Schönefeld für ihren Transit in und aus dem Westen genutzt. Und das MfS hatte durchaus ein Interesse daran mitzubekommen, was diese Gruppierungen beabsichtigten, um möglichen Schaden von der DDR fernzuhalten. Und in diesem Zusammenhang wurde auch die RAF mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht.

Robert Allertz und Gerhard Neiber legen in ihrem Buch nun die Lesart dar, daß die Unterbringung der zehn Aussteigerinnen und Aussteiger sowohl im Interesse der alten Bundesrepublik als auch im Interesse der Sicherheit der DDR gelegen habe. Der seit 1990 vorhandene Verdacht, daß die Bundesregierung schon recht früh über dieses Aussteigerprogramm informiert gewesen sein soll, wird auch hier eingeführt. Den Nachweis werden wahrscheinlich nur Dokumente aus westdeutschen Ministerien erbringen können, und die Wahrscheinlichkeit, Einblick hierin zu erhalten, dürfte auf absehbare Zeit gering sein. Insofern wird dem Verdacht nichts substanziell Neues hinzugefügt.

Dennoch erhalten wir in diesem Band eine andere Sicht auf die Motive und die Realität der Unterbringung ehemaliger Mitglieder der Roten Armee Fraktion. Dabei müssen wir uns selbstverständlich der Intention bewußt sein, die Arbeit des MfS in einem guten Licht darzustellen. Wenn wir allerdings berücksichtigen, daß das MfS im Grunde nichts anderes getan hat als westliche Geheimdienste, dann erübrigt es sich, sich über dessen Handlungen zu ereifern. Ein Geheimdienst ist eben ein Geheimdienst, und seine Methoden entziehen sich rechtsstaatlichen Normen. Allerdings sei der Hinweis angebracht, daß die justizielle Verfolgung ehemaliger Akteure der DDR durch westdeutsche Gerichte auch Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit dieser Verfahren aufgeworfen hat.

Die zehn Aussteigerinnen und Aussteiger führten ein Leben, das später in der Boulevardpresse als spießbürgerlich denunziert wurde. Es war jedenfalls ein Leben, das sie, zumindest solange die DDR existierte, davor bewahrt hat, das Innenleben deutscher Isolationsgefängnisse kennenzulernen. 1990 war dann Abschwören angesagt, und fast alle haben brav den Kronzeugen oder die Kronzeugin gegen ihr altes Leben gemimt. Aber das ist eine andere Geschichte, die eher mit der Abwicklung von 1968 und deren Folgen zu tun hat.

Ärgerlich finde ich die diesen Band durchziehende Bezugnahme auf den Kolportageroman Das RAF Phantom von Gerhard Wisnewski und seinen Kumpanen. Dieses den Fakten nun wirklich nicht standhaltende Machwerk als Quelle aller möglichen Verschwörungs­theorien einzuführen, entwertet die Absicht, die mit dem Buch verfolgt wird. Ohnehin legen auch einige falsche Daten und unpräzise wiedergegebene aufgeschnappte Inhalte den Verdacht nahe, daß die Autoren von der Geschichte der RAF nur eine begrenzte Ahnung gehabt haben. Gerhard Neiber starb kurz nach Vollendung des Buches Anfang dieses Jahres.

Buchcover Ulf Stuberger "In der Strafsache …"Dennoch ist nicht jeder sachliche Fehler auf dem Mist von Robert Allertz oder Gerhard Neiber gewachsen. Mit Bezug auf den Journalisten Ulf Stuberger heißt es, daß das RAF-Mitglied Gerhard Müller zusammen mit Ulrike Meinhof festgenommen worden sei:

Angeblich soll die Polizei im Juni 1975 über einen Hinweisgeber, der geheim gehalten wird, erfahren haben, wo die Terroristin wohnte. [11]

Ulf Stuberger interessierte in diesem Zusammenhang die durch Aktenvernichtung unterstützte Vertuschung eines Vorgangs, bei dem deutsche Behörden vermutlich einen Polizistenmörder mit einer neuen Identität versehen hatten, weil er ihnen belastendes und – wie es sich für einen Kronzeugen gehört – wahrscheinlich auch erfundenes Material gegen die RAF geliefert hatte. Stuberger schrieb hierzu am 5. April dieses Jahres einen Artikel für die Frankfurter Allgemeine. Die zugehörige Akte wurde zur geheimen Staatssache erklärt, bevor sie vor kurzem verschwand. Auch in diesem Artikel findet sich als Angabe das Jahr 1975.

Er sollte es besser wissen. Denn er war der nach eigener Auskunft einzige Journalist, der von 1975 bis 1977 an allen Verhandlungstagen im Stammheimer Verfahren gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan Carl Raspe zugegen war. Tatsächlich wurde Ulrike Meinhof im Juni 1972 festgenommen. Ich gehe einmal davon aus, daß ein Tippfehler seinen Eingang in die Zeitung für kluge Köpfe gefunden hat, der dann beim Lektorat des Buches übersehen und übernommen wurde.

Das von Robert Allertz zusammengetragene Buch über Die RAF und das MfS ist in der edition ost erschienen. Es umfaßt 224 Seiten und kostet 14 Euro 90.

 

Geballte Einblicke mit und ohne Brille

Besprechung von : Clemens Burrichter, Detlef Nakath, Gerd-Rüdiger Stephan (Hg.) – Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000, Karl Dietz Verlag Berlin 2006, 1359 Seiten plus 1 CD-ROM, € 98,00

Ein ganz anderes Kaliber ist das vor zwei Jahren im Karl Dietz Verlag Berlin herausgebrachte Handbuch Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000. Es ist insofern bemerkenswert, als es Autorinnen und Autoren aus dem Westen und dem Osten Deutschlands vereint und hierdurch einen Blickwinkel eröffnet, der über den politologischen und zeitgeschichtlichen Mainstream hinausweist. Nun handelt es sich um kein Lesebuch, sondern um ein Nachschlagewerk. Von daher stellt sich die Frage, wer sich so etwas in seinen oder ihren Bücherschrank stellt. Vielleicht liegt die Antwort darin, daß dieses Handbuch die deutsche Geschichte der letzten sechzig Jahre auf eine Weise aufbereitet, die Zusammenhänge, Parallelen und Dissonanzen klarer erkennen läßt.

Buchcover Deutsche ZeitgeschichteEingeleitet wird das Handbuch durch einen historischen Überblick. Jörg Roesler führt uns auf rund hundertfünfzig Seiten durch die Geschichte der beide deutschen Staaten bis zum Jahr 1990. Sein Schwerpunkt liegt auf der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beider deutscher Teilstaaten. Seinen Ansatz, Parallelen in wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in der Bundesrepublik und DDR aufzufinden, kann ich nur begrenzt nachvollziehen; es erscheint mir zu konstruiert. Dennoch finden wir hier insbesondere, was die Geschichte der DDR betrifft, einige bemerkenswerte Einsichten vor, welche gängige Klischees widerlegen. Walter Ulbricht als Wirtschaftsreformer darzustellen, der in den 60er Jahren versuchte, Weichen für eine verbesserte ökonomische Effizienz zu stellen, ist sicherlich ein interessanter Ansatz.

Die DDR besaß wirtschaftlich von vornherein die schlechteren Startchancen. Einmal abgesehen davon, daß das kapitalistische Leistungsprinzip mit der Erfolgsauswertung über Marktmechanismen gefehlt hat, wird viel zu oft vergessen, daß zunächst einmal gerade im Osten Deutschlands die industrielle Infrastruktur erheblich demontiert worden war. Als Reparation für die ungeheure Zerstörung durch den Vernichtungskrieg Hitlers und seiner Wehrmacht wurde das 1944 vorhandene industrielle Anlagevermögen um ein Drittel reduziert. Bis 1990 war die Wirtschaft der DDR nicht in der Lage, diese Demontage in allen Bereichen wieder aufzufangen. An kapitalistischen Maßstäben gemessen war die DDR-Wirtschaft das ineffizientere System. Aber Markteffizienz ist nicht alles und vor allem ist sie menschenverachtend.

Der strukturelle Kollaps war insofern von vornherein angelegt. Die überlegene Wirtschaft des Westens mußte auf lange Sicht die im Einzelfall durchaus vorhandenen sozialistischen Ideale unterminieren. Allerdings besitzt der wirtschaftliche Erfolg des Westens auch seine Schattenseiten, die nicht nur in Finanzkrisen sichtbar werden.

Vierzig Autorinnen und Autoren führen uns durch alle sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Bereiche der Bundesrepublik und der DDR. Medien- und Agrarpolitik, Frauen- und Familienpolitik, Wohnungsbau und Umweltschutz sind nur einige Beispiele. Interessant ist die Rezeption dieses Bandes in dem ansonsten durchaus nützlichen Rezensionsportal H-Soz-u-Kult. Der Rezensent aus der Kalten Kriegsschule der Totalitarismusforschung beschwert sich beispielsweise darüber, daß Jörg Roesler in seinem einleitenden Aufsatz konsequent vom Anschluß der DDR schreibt oder Wilfriede Otto sich weigert, die DDR eine Diktatur zu nennen. [12]

Während der Rezensent in diesem Handbuch eine Apologie der DDR vermutet, ist es doch vielleicht eher so, daß es manche westliche Zeithistoriker immer noch nicht begriffen haben, daß ihr eindimensionales Weltbild aus den Zeiten des Kalten Krieges zur Erfassung der Wirklichkeit nicht taugt. Umgekehrt läßt sich hieraus der Schluß ziehen, daß das Handbuch einen sinnvollen Zweck erfüllt, nämlich geistige Barrieren aufzusprengen und eine Sicht zuzulassen, die bei einer weniger ideologisch gefärbten Brille zu nützlichen Erkenntnisgewinnen führen kann.

Befremdlich finde ich jedoch einige Detailpunkte, die auch ein ideologisch verfärbtes Weltbild wiedergeben. So schreibt Jörg Roesler beispielsweise über die Wirtschaftspolitik zu Anfang der sozialliberalen Koalition, dem damaligen Wirtschaftsminister Schiller wäre nichts anderes übrig geblieben, als „die steigende Verschuldung der öffentlichen Haushalte einzudämmen.“ Hierbei benennt er eine „unzureichende Finanzdisziplin der Regierung“ [13]. Hiermit zeigt der Autor doch eigentlich nur, daß er auf der Höhe wirtschaftspolitischer Vokabeln ist, die unhinterfragt eine bestimmte Form kapitalistischen Wirtschaftens als Norm setzt.

Dabei ist es doch so, daß jede kapitalistische Gesellschaft ohne den Wechsel auf die Zukunft nicht existieren kann. Die öffentliche Verschuldung ist ja kein willkürlicher Akt, sondern entsteht aus der Notwendigkeit, Investitionsleistungen jetzt und nicht in der Zukunft zu erbringen. Anders gesagt: Man und frau wartet nicht, bis der Sparstrumpf voll ist, sondern investiert in der Hoffnung darauf, daß der zukünftige Sparstrumpf die vorgezogenen Ausgaben wieder deckt.

Wenn wir dann noch kurz darüber nachdenken, welche öffentlichen Ausgaben in wessen Interesse getätigt werden, dann ergibt sich der ideologische Gehalt dieses Sparappells ganz von selbst. Keine und niemand käme auf die Idee, so etwas Unnützes wie die Bundeswehr abzuschaffen. Da werden Straßen, Kongreßhäuser und Wasserplanschanlagen in Millionenhöhe subventioniert, während essentielle Basisleistungen mit Verweis auf das „Sparen“ unterbleiben. Aber das ist Kapitalismus. Deshalb bekommen die Banken 500 Milliarden, und bei Hartz IV-Anträgen wird grundsätzlich vermutet, man oder frau wolle die öffentlichen Kassen bescheißen.

Ähnlich seltsam finde ich es, wenn Johannes Kuppe in einem durchaus realitätsgerechten Argumentationsstrang zur Lebenswirklichkeit ostdeutscher Jugendlicher mitsamt massiver Arbeits- und Perspektivlosigkeit auf einmal den Begriff „Anspruchskultur“ einführt [14]. Natürlich generiert ein Sozialsystem auch Ansprüche. Natürlich greifen im Kapitalismus auch Nichtbedürftige zu. Wo leben wir denn? Kapitalismus ist nicht nur Markt und Profit, sondern auch Lug und Betrug. Vielmehr wäre zu benennen, wer bei unserem nun wirklich nicht übermäßig aufgeblähten Sozialsystem absahnt und wer auf der Strecke bleibt. Allerdings ist dem Autor seine gute Absicht zugute zu halten, einzufordern, nämlich daß die soziale Schere zwischen Ex-BRD und Ex-DDR endlich geschlossen wird, und zwar nach oben.

Wer demnach unreflektiert die Vokabeln der neoliberalen Gesundheitsapostel nachbetet, trägt nicht zu einer fundierten Erfassung seines Gegenstandes bei. Allenfalls hätte hier egsagt werden müssen, daß der Sparzwang damals so begründet wurde, und diese Aussage hätte in einer sorgfältigen Analyse kapitalistischer Sachzwänge eingebettet werden müssen. Ich möchte dies hier nur als einen Hinweis verstanden wissen, selbst die dem politologischen und zeitgeschichtlichen Mainstream nicht entsprechenden Druckwerke gesellschaftskritisch – im Zweifelsfall auch gegen den Strich – zu lesen.

Das von Clemens Burrichter, Detlef Nakath und Gerd-Rüdiger Stephan herausgebene Handbuch Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000 erweist sich demnach nicht als frei von ideologischen Zaubersprüchen. Insofern unterscheidet sich das Handbuch nicht von dem, was an deutschen Universitäten so dahergeplappert wird. Andererseits ist festzuhalten – und dies im Gegensatz zu dem, was der Rezensent aus dem Dunstkreis der Totalitarismustheorie hervorhebt –, daß der andere Blick, meinetwegen auch die ostdeutsche Brille, uns davor bewahrt, mit jahrzehntelanger Westsozialisation Dinge für selbstverständlich zu halten, die es nicht sind. Der andere deutsche Staat war vielleicht nicht der bessere, aber in bestimmten Bereichen gewiß auch nicht der schlechtere. Eine solche Sicht fundiert das Handbuch und zieht hieraus seine Existenzberechtigung.

Das Handbuch Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000 ist im Karl Dietz Verlag Berlin herausgebracht worden. Es umfaßt 1359 Seiten, enthält eine zusätzliche CD mit weiteren Informationen und kostet 98 Euro.

 

Schluß

Jingle Alltag und Geschichte

In der vergangenen Stunde habe ich vier Bücher vorgestellt, die sich unmittelbar oder mittelbar mit dem Kalten Krieg und seinen heißen Konflikten beschäftigen. Es handelt sich hierbei um folgende Titel:

Ich danke der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt für ihre Unterstützung bei der Produktion dieser Sendung. Im Anschluß folgt eine Sendung der Kulturredaktion von Radio Darmstadt. Die politische Kultur, die in dieser nachfolgenden Sendung verbreitet wird, unterscheidet sich erheblich von der meinen. Ich verbreite keine Illusionen über den Wahnsinn einer durchgeknallten kapitalistischen Welt und ich bemäntele auch nicht Unrecht, wo ich es antreffe. Und vor allem: ich mache nicht mit.

Ganz im Sinne von Rosa Luxemburg benenne ich seit elf Jahren auf diesem Sender das, was ist. Das neunmonatige rechtswidrige Sendeverbot, das ich wegen meiner klaren Worte im vergangenen Jahr erhalten und das mit dazu beigetragen hatte, daß RadaR um seine Sendelizenz fürchten mußte, hat der Redakteur der nachfolgenden Sendung mitbeschlossen. Zensur ist eben auch eine Form von politischer Kultur [15]. Am Mikrofon für die Redaktion Alltag und Geschichte war Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt.

 

ANMERKUNGEN

 

Mittels eines Klicks auf die Nummer der jeweiligen Anmerkung geht es zur Textpassage zurück, von der aus zu den Anmerkungen verlinkt wurde.

 

»» [1]   Die Originalausstrahlung der zwangsweise vorproduzierten Sendung wurde durch eine Mischung aus „menschlichem Versagen“ und ungenügenden technischen Rahmenbedingungen vorzeitig abgebrochen. Die Wiederholungen um 23.00 Uhr und um 14.00 Uhr entsprachen der Originalausstrahlung. Für die Wiederholung der Sendung um 8.00 Uhr wurde die Original-CD verwendet und vollständig abgespielt. Siehe hierzu auch meine Pressemitteilung vom 11. November 2008, in der ich diesen Vorgang erkläre und als ein Beispiel dafür herausarbeite, warum die gesetzlich vorgeschriebene „Zugangsoffenheit“ zum Sender als nicht ausreichend angesehen werden muß.

»» [2]   Siehe hierzu auch das Manuskript zu meiner Sendung Minjung – Kunst zwischen Widerstand und Kitsch vom 24. Oktober 2005.

»» [3]   Entsetzen und Freude über Abweichler, Frankfurter Rundschau (online) am 3. November 2008.

»» [4]   Nur, damit wir uns richtig verstehen: ich lamentiere hier nicht über fehlende soziale Gerechtigkeit. Vielmehr will ich zum Ausdruck bringen, daß diese Diskrepanz tatsächlich soziale Gerechtigkeit ist! Wer den Kapitalismus als Grundlage der eigenen Gesellschaftlichkeit versteht, darf diese Diskrepanz nicht kritisieren, sondern muß sie als Inbegriff der Funktionsweise des Kapitals bejubeln.

»» [5]   Die Hoffnungen, die nicht nur die nichtweiße Bevölkerung in Barack Obama setzt, ist nicht nur der Frustration über fast drei Jahrzehnte neoliberaler Konterrevolution geschuldet. Es macht in der Tat einen Unterschied, daß der neue Präsident afroamerikanische Wurzeln hat. Die vor der Wahl immer wieder gestellte Frage, ob der neue Präsident „schwarz genug“ sei, wurde von der schwarzen Wahlbevölkerung demonstrativ eindeutig mit über 95% der abgegebenen Stimmen beantwortet. Insofern ist es reichlich peinlich, wenn ein Unterhaltungsredakteur bei Radio Darmstadt an einem 9. November (!) von einem „halbfarbigen“ Präsidenten faselt. Von hier zu „Vierteljuden“ ist es dann nicht weit. – Dennoch wird die afroamerikanische Bevölkerung wohl auch mit ihrem Präsidenten dieselbe Erfahrung machen wie zuvor mit schwarzen Polizeichefs, Bürgermeistern und anderen Politikern. Diese sind nicht einer Hautfarbe, sondern dem Wohlergehen ihrer kapitalistischen Auftraggeber verpflichtet.

»» [6]   Siehe hierzu seine spannend zu lesende Autobiografie „Street Fighting Years“ [engl. 1987, dt. 1998]. Siehe meine Besprechung in der Sendung Weihnachten naht! am 7. Dezember 1998.

»» [7]   Tariq Ali : Pakistan, Seite 90.

»» [8]   Ali Seite 118.

»» [9]   Matthias Becker : Szenarien der Eskalation, in: Frankfurter Rundschau am 25. Oktober 2008, Seite 37.

»» [10]   Markus Kompa : Die RYAN-Krise – als der Kalte Krieg beinahe heiß geworden wäre, in: Telepolis am 8. November 2008.

»» [11]   Robert Allertz : Die RAF und das MfS, Seite 62–63, Anmerkung 1.

»» [12]   Clemens Vollnhals : Rezension zu: Burrichter, Clemens; Nakath, Detlef; Stephan, Gerd-Rüdiger (Hrsg.): Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000. Gesellschaft – Staat – Politik. Ein Handbuch. Berlin 2006. In: H-Soz-u-Kult, 15.06.2007 <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-2-162>.

»» [13]   Jörg Roesler : Zur Geschichte der beiden deutschen Staaten von 1945 bis 1990 mit dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, in: Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000, Seite 19–160, Zitat auf Seite 118.

»» [14]   Johannes L. Kuppe : Das vereinigte Deutschland nach Überwindung der Zweistaatlichkeit, in: Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000, Seite 161–179, Zitat auf Seite 170.

»» [15]   Die nachfolgende Sendung firmiert unter dem Titel Politische Kultur unter der redaktionellen Verantwortung von Rüdiger G. – Dieser hatte am 8. Januar 2007 als Sprecher der Kulturredaktion einem Sendeverbot zugestimmt, das er bei reiflicher Überlegung und bei Beachtung seiner sonst so gerne in die Welt gesetzten politischen Überzeugung niemals hätte aussprechen dürfen.

 


 

Diese Seite wurde zuletzt am 20. November 2008 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. ©  Walter Kuhl 2001, 2008. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.

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