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Medienhaus Südhessen.

Darmstadt 2013

Blutlache hinter den Kulissen

Dokumentation eines Nachrichtenangebots

Am 21. März 2013 kollidierten zwei Hubschrauber der Bundespolizei bei einer Übung in der Nähe des Berliner Olympiastadions miteinander [meldung]. Etwa 580 Beamte sollen hierbei den Einsatz gegen Fußball-Hooligans geprobt haben. Ich frage mich, was für eine Sorte Kampfeinsatz die dort aus der Luft eingeübt haben wollen. Zwar ist es unbestritten, daß es randalierende Fans gibt. Aber die Unverhältnis­mäßigkeit, mit der hier präventiv vorgegangen wird, ist bezeichnend. Gezeigt wird mit derartigen Übungen und Bildern: Gewaltbereite Paramilitärs treffen auf terroristische Fangruppen. Wie lächerlich derlei Szenarien sein können, bewies kürzlich auch ohne Hubschrauber die provinzielle Darmstädter Polizei.

Vor einem Drittligaspiel am Böllenfalltor wurden zwei Gästefans aus Halle einer unwürdigen Kontroll­maßnahme unterzogen [meldung]. Mit der bescheuerten Begründung, ihr Gang sei „auffällig“ gewesen, durften sie sich ausziehen und wurden im Anal- und Genitalbereich auf versteckte bengalische Feuerchen untersucht. Einer Polizei, die ihre Maßnahmen auch dann als „verhältnismäßig“ betrachtet, wenn sie offenkundig rechtswidrig sind. fiel beim hier geschilderten Anlaß nichts besseres ein, als zu behaupten, die beiden Gästefans hätten sich verdächtig verhalten [meldung] und [nachschlag]. Wer nach dieser Sprachregelung beispielsweise nicht laut herumgrölt, sondern mit seinen Nebenleuten flüstert, gilt als verdächtig. Gefunden wurde bei den beiden Jungs, wie bei derartigen Maßnahmen fast zwangsläufig zu erwarten, dann auch nichts, was den Verdacht erhärtet haben könnte.

Bald werden wir dann wohl nicht nur abstürzende Hubschrauber über Fußballstadien zu erwarten haben, sondern Drohnenangriffe und flächen­deckende Vollkörper­kontrollen, um die bösen, bösen Pyromaniker dingfest zu machen. Wetten, daß all diese Maßnahmen nichts nutzen werden und allenfalls geeignet sind, die Eskalation der „Gewalt“ auf deutschen Fußballplätzen zu steigern?

Zurück zum Hubschrauberabsturz im Schneetreiben: Die Nachrichten­agentur dpa bot Journalisten, aber nicht Journalistinnen, bald darauf recht abgebrüht Bildmaterial an. Darauf zu sehen sei, so die Mitteilung, auch eine Blutlache. Also genau das, was ein sensationsgeiles Publikum von sensationsgeilen Medien heutzutage erwarten darf. Ich weiß – das ist alles völlig normal. Und doch ist es bezeichnend, wie der Kameramann, den es „beinahe selbst erwischt“ hat, hier verkauft wird. Die Mitteilung war am 21. März 2013 auf der Webseite des „Darmstädter Echo“ zu finden und gibt einen Einblick in die Methoden, wie die Sensationsgier verkauft wird. Ob die Veröffentlichung so geplant war? Etwa zwei Stunden später veröffentlicht das „Echo“ eine weitere derartige Ankündigung, verbunden mit dem Link zu einem Filmschnipsel. Die redaktionelle Arbeit wird hier ohne sinnige Begründung zum Thema des Onlineangebots einer südhessischen Tageszeitung gemacht.


Screenshot der Mitteilung.

Screenshot der von dpa verbreiteten Mitteilung an die „lieben Kollegen“.


Diese Seite wurde zuletzt am 30. März 2013 aktualisiert. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. ©  Walter Kuhl 2001, 2013. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.

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