Sendung der Redaktion Alltag und Geschichte
Radio: Radio Darmstadt
Redaktion und Moderation: Walter Kuhl
Ausstrahlung am:
Mittwoch, 17. Februar 2010, 19.00 bis 21.00 Uhr
Wiederholt:
Donnerstag, 18. Februar 2010, 01.10 bis 03.10 Uhr
Donnerstag, 18. Februar 2010, 10.00 bis 12.00 Uhr
Donnerstag, 18. Februar 2010, 16.00 bis 17.00 Uhr (erste Stunde)
Zusammenfassung:
Ein Geschichtsrundgang durch die Darmstädter Innenstadt besucht die Orte nationalsozialistischer Verfolgung und Herrschaft. Zuvor wird ein Institut vorgestellt, das durch unbelegte Schmähkritik auffällt. Abschließend wird auf die ziemlich tödliche Strategie zur Beherrschung Afghanistans eingegangen.
Playlist:
Alexandra Tehovnik : Songs From Slovenia
Jingle Alltag und Geschichte
Das heutige Magazin der Redaktion Alltag und Geschichte wird aus zwei Teilen bestehen – einem längeren zu Beginn und einem kürzeren zu Ende der Sendung. Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 16. Februar 2008, begleitete Norbert Büchner mit Mikrofon und Aufnahmegerät einen Stadtrundgang in den finstersten Teil der Darmstädter Stadtgeschichte. Nein, es handelt sich nicht um die alliierte Bombardierung der ehemaligen Residenzstadt am 11. September 1944. Vielmehr geht es um Darmstadt im Nationalsozialismus. Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 wählte mehr als die Hälfte der hiesigen Einwohnerschaft mehr oder weniger freiwillig die Nazipartei und tat hiermit kund, wes Geistes Wesen die Heiner und Datteriche beflügelt. Damit übertraf Darmstadt übrigens den Reichsdurchschnitt, bei dem die NSDAP keine absolute Mehrheit erringen konnte.
Der von der Darmstädter Geschichtswerkstatt in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten gemeinsam konzipierte Rundgang führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Luisenplatz über den Marktplatz und die Stadtbibliothek zum Mercksplatz vor dem Finanzamt und Jugendstilbad. Von dort ging es zurück über die Rundeturmstraße zum Karolinen- und Mathildenplatz, und von dort über die Bismarckstraße zur Schulinsel. An all diesen Orten und Plätzen ist die Darmstädter Geschichte präsent, zumeist auf Hinweistafeln, die ihrerseits Spuren des Vergessens aufweisen.
Im zweiten Teil, etwa in anderthalb Stunden, wird Matin Baraki zu Wort kommen. Matin Baraki ist Politikwissenschaftler und Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen. Selbst aus Afghanistan stammend wirft er einen Blick auf die imperialistische Strategie zur Beherrschung seines Heimatlandes, wie wir ihn in den Mainstream-Medien ganz selbstverständlich nicht vorfinden. Das Gespräch, das ihr hören könnt, wurde seitens der Redaktion Trotzfunk beim freien Radio Unerhört Marburg mit Matin Baraki geführt.
Die Zwischenmusik zum heutigen Magzin stammt von Aleksandra Tehovnik und ihrer CD Songs From Slovenia. Aleksandra Tehovnik ist eine slowenische Sängerin, die in Österreich häufiger auf antirassistischen oder ähnlichen Veranstaltungen auftritt.
Doch laßt mich zunächst ein Wort in eigener Sache einflechten. Oder vielleicht auch zwei. Vor einigen Monaten hatte ich an dieser Stelle Zeugnisse und Stimmen zum nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Sinti und Roma vorgestellt und hinzugefügt, daß die Geschichte der Diskriminierung dieser Minderheit bis heute andauert. In einer internen Programmanalyse befand im vergangenen Sommer ein Praktikant dieses Lokalradios, daß diese Sendung nicht ihm zugedacht sei. Nach mir vollkommen schleierhaften Kriterien kam er zu dem Schluß, daß die Zielgruppe dieser Sendung wohl aus den Überdreißigjährigen zu bestehen habe. Er selbst war damit nicht gemeint. Das ist ja auch bequem, sich mit der eigenen Geschichte besser nicht auseinanderzusetzen; so etwas könnte ja Konsequenzen einfordern, denen man und frau lieber aus dem Weg geht.
Deshalb sei hier ausdrücklich angemerkt: Diese meine heutige Sendung ist für Jugendliche über 16 Jahren besonders geeignet.
Das andere Wort in eigener Sache betrifft eine Organisation, die so geheim ist, daß sie keine und niemand kennt. Vor rund zweieinhalb Jahren, am 13. Oktober 2007, schrieb ein Darmstädter Institut für Faschismusforschung an die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Anlaß dieses Schreibens war, daß die Sendezulassung von Radar aufgrund mehrerer Vorkommnisse gefährdet war. Dieses Institut, das meines Wissens nie Mitglied des Trägervereins dieses Lokalradios war, schrieb der für die Sendelizenz zuständigen Landesmedienanstalt, ich zitiere:
„Konkreter Anlass für uns zum Verlassen von Radar e. V. waren antisemitische Äusserungen von Walter Kuhl über den Äther und bei anderen Gelegenheiten. U. a. stellt er sich bzgl. des Nahostkonflikts einseitig auf die Seite der Hamas, die er als demokratisch bezeichnet, während er gleichzeitig die israelische Regierung als Terror-Regime beleidigt, die er obendrein völlig einseitig für die Eskalation der Gewalt in dieser Region verantwortlich macht. […] Bestimmte (über den Äther gegangene) Äußerungen von Kuhl legen nahe, dass er zumindest großes Verständnis für den Terroranschlag auf das WTC hat, wenn nicht gar mehr.“
Unterzeichnet ist dieses Schreiben von einem gewissen Günter Mergel, der seit zwei Jahren als Vorstand des Trägervereins dieses Lokalradios dessen Geschicke maßgeblich mitbestimmt. Nun wären seine persönlichen Anfeindungen, die er in einem ziemlich verquasten Tonfall seiner Landesmedienanstalt beichtet, kein Grund, sich mit ihnen zu befassen, wenn nicht der Trägerverein selbst sich diesen Unfug zu eigen gemacht hätte.
Der Verein, dessen lokales Radio ihr zu Zeit hört, definiert Zugangsoffenheit zu seinem Medium seit September 2006 über Haus- und Sendeverbote. Einer der Hausverbotenen, Norbert Büchner, dessen Mitschnitt ich gleich zu Gehör bringen werde, klagte hiergegen. Wunderlicherweise tauchte nun dieses Schreiben des Günter Mergel alias Darmstädter Institut für Faschismusforschung als Einlassung der Gegenseite, also Radar, auf, um damit den antisemitischen Charakter auch des Norbert Büchner zu begründen, mit dem ich seit vielen Jahren befreundet bin.
Nun können wir uns fragen, weshalb Radar einen derartigen Dreck heranzieht, um ein Hausverbot zu begründen, zumal in Mergels Schreiben der Name Norbert Büchner gar nicht auftaucht. Das fragte sich auch der Rechtsanwalt von Norbert Büchner, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft sich von dieser Instrumentalisierung des Vorwurfs des Antisemitismus persönlich angegriffen sah. Seine geharnischte Entgegnung führte dazu, daß dieser Vorwurf im weiteren Verfahren stillschweigend fallengelassen wurde. Hinzuzufügen ist, daß der Verein Radar e. V. als Entgegnung zu meiner Klage gegen ein mich betreffendes Hausverbot gleich ganz auf das Einbringen dieser Schmiererei verzichtete. Das ist ja auch zu peinlich. Wobei Günter Mergel aufgefordert ist, seine Behauptungen des Antisemitismus anhand meiner im Internet nachzulesenden Sendemanuskripte zu belegen. Derartige Behauptungen fallen nur dort auf fruchtbaren Boden, wo Nichtinformierte auf Gutgläubige treffen und solche, die genau so etwas glauben wollen.
Bleibt noch zu erwähnen, daß das Darmstädter Institut für Faschismusforschung eine Briefkastenadresse angegeben hat, unter der es vollkommen unbekannt ist, wie eine Nachfrage ergeben hat. Insofern frage ich mich, ob für die von Günter Mergel vorgebrachten hauptamtlichen Mitarbeiter dieses Instituts, so sie denn existieren, auch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind.
Durch das heutige Magazin der Redaktion Alltag und Geschichte führt Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt.
Eine Verschriftlichung des Stadtrundgangs liegt nicht vor. Eine Podcastfassung ist in Vorbereitung.
In den vergangenen anderthalb Stunden hörtet ihr einen Mitschnitt eines Darmstädter Geschichtsrundgangs, der sich mit Darmstadt im Nationalsozialismus auseinandersetzte. Der Rundgang wurde vor zwei Jahren von Norbert Büchner aufgezeichnet, dessen Mitschnitt ich in redaktioneller Bearbeitung heute vorgestellt habe. Zu hören waren Hanni Skroblies und Christoph Jetter von der Darmstädter Geschichtswerkstatt bzw. der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Und damit komme ich zum zweiten Teil des Alltag und Geschichte Magazins. Über die aller-, aller-, allerneueste Strategie zur Kriegsführung in Afghanistan sprach die Redaktion Trotzfunk des freien Radios Radio Unerhört Marburg mit dem Politikwissenschaftler Matin Baraki.
Die allerneueste Strategie umfaßt nicht nur die Bombardierung von Zivilistinnen und Zivilisten, die sich um zwei Tanklastzüge geschart hatte. Der durch das Recht der Besatzung legitimierte Mord an der Zivilbevölkerung findet auch andernorts statt. Derzeit läuft eine ISAF-Offensive namens Operation Muschtarak. Diese wurde vorab angekündigt, damit die Zivilbevölkerung sich darauf einstellen kann. Natürlich erreichte die imperialistische Propaganda nicht alle und jeden. Und überhaupt, was soll uns das sagen? Geht aus unserem freien Schußfeld, dann passiert euch nichts? Nun, es kam, wie es kommen mußte und was als Kollateralschaden durchaus beabsichtigt war. Mindestens zwölf Zivilistinnen und Zivilisten wurden durch angebliche Fehlschläge zweier Raketen getötet. Anschließend entschuldigte man sich beim lokalen Marionettenpräsidenten Hamid Karsai. Das ist ja auch einfach.
Stellt euch mal vor, hierzulange ballert jemand herum und sagt dann: „'Tschuldigung, war nicht so gemeint.“ Das ist arrogante westliche Herrenmenschenmentalität. Das Leben der Menschen in der Dritten Welt zählt eben nichts auf der imperialistischen Richterskala. Und da diese Menschen das wissen, erklärt dies auch zu einem wesentlichen Teil die verbitterte Radikalität des Widerstandes. Kommen wir nun zum Gespräch mit Matin Baraki. Ich verabschiede mich schon einmal; durch das heutige Magazin der Redaktion Alltag und Geschichte führte Walter Kuhl von der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt, der seit vielen Jahren mit der VVN zusammenarbeitet.
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Diese Seite wurde zuletzt am 3. April 2010 aktualisiert. Grund: fehlende Überschrift ergänzt. Links auf andere Webseiten bedeuten keine Zustimmung zu den jeweiligen Inhalten, sondern sind rein informativer Natur. © Walter Kuhl 2001, 2010. Die Wiedergabe, auch auszugsweise, ist nur mit dem Einverständnis des Verfassers gestattet.
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